BT-Drucksache 16/5758

Ermäßigung der Visumgebühr für Bürger aus Belarus

Vom 20. Juni 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5758
16. Wahlperiode 20. 06. 2007

Antrag
der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln),
Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln),
Winfried Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock,
Jürgen Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ermäßigung der Visumgebühr für Bürger aus Belarus

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Seit 1994 leidet Belarus unter der autoritären Herrschaft des Präsidenten
Alexander Lukaschenko. Nach den Präsidentschaftswahlen am 19. März 2006,
die die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa als weder frei
noch fair bezeichnete, sind die Opposition und die Zivilgesellschaft weiter unter
Druck geraten. Der Oppositionskandidat Alexander Kosulin ist wegen seines
Aufrufs zu Protesten gegen das gefälschte Wahlergebnis zu fünfeinhalb Jahren
Haft verurteilt worden. Nichtregierungsorganisationen werden in ihrer Arbeit
massiv eingeschränkt, engagierte Bürger verlieren ihren Studien- oder Arbeits-
platz. Es gibt keine Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung in den elektroni-
schen Medien, unabhängige Zeitungen dürfen nicht mehr vertrieben werden.

In zwei Anträgen vor und nach den Präsidentschaftswahlen in Belarus hat der
Deutsche Bundestag in breiter Übereinstimmung den demokratischen Kräften in
Belarus seine Unterstützung zugesichert. Neben der Forderung nach einer Aus-
weitung des Visumbanns für Mitglieder der Regierung und andere verantwort-
liche Personen und dem Einfrieren von Konten haben sich Mitglieder aller Frak-
tionen in diesem Zusammenhang für die Intensivierung des Jugend- und Studen-
tenaustausches ausgesprochen. Dahinter steht die Überzeugung, dass gerade der
jungen Generation in Belarus das Reisen in das westliche Ausland ermöglicht
werden soll, um so die Entwicklung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu
fördern.

Der Rat der Justiz- und Innenminister der Europäischen Union hat am 1. Juni
2006 über die Erhöhung der Visumgebühren für Schengen-Visa von 35 Euro auf
60 Euro zum 1. Januar 2007 entschieden (ABl. EU Nr. L 175 vom 29. Juni 2006
S. 77). Belarus ist das einzige Land in Osteuropa, bei dem die Gebühren-
erhöhung voll zum Tragen kommt. Für Russland und die Ukraine gelten geson-
derte Abkommen über Visumerleichterungen. Das Regime Lukaschenko hat
eine solche Visumerleichterung nicht beantragt und damit dokumentiert, dass es
an der Reisefreiheit der belarussischen Staatsangehörigen kein Interesse hat.

Mit der Anhebung der Visumgebühr auf 60 Euro erreicht diese circa ein Drittel
eines weißrussischen Monatseinkommens und läuft damit dem Ziel nach ver-
mehrtem Austausch zuwider, da ein Visum für den Großteil der Bevölkerung
nicht mehr finanzierbar ist. Für Reisen in das westliche Ausland sollten daher

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keine finanziellen Hürden errichtet werden und die Erhöhung der Visumgebühr
von 35 Euro auf 60 Euro nicht uneingeschränkt Anwendung finden.

Im Einklang mit der Entscheidung des Rates vom 1. Juni 2006 sieht das natio-
nale Recht dabei – neben einer Begünstigung bestimmter Gruppen (§ 52 Abs. 8
der Aufenthaltsverordnung – AufenthV) – auch vor, dass die Gebühren im Ein-
zelfall ermäßigt oder von ihrer Erhebung abgesehen werden kann, wenn die Vi-
sumerteilung „der Wahrung kultureller, außenpolitischer, entwicklungspoliti-
scher oder sonstiger erheblicher Interessen dient oder sonst aus humanitären
Gründen erfolgt“ (§ 52 Abs. 7 AufenthV). Aus den genannten Gründen ist eine
großzügige Anwendung dieser Bestimmung geboten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. von der Regelung des § 52 Abs. 7 AufenthV bei Staatsangehörigen von Bela-
rus generell großzügig Gebrauch zu machen und

2. insbesondere folgende Personen zur Wahrung kultureller, außenpolitischer
und der genannten (I.) weiterer erheblicher Interessen der Bundesrepublik
Deutschland im jeweiligen Einzelfall von der Visumsgebühr zu befreien:

– Personen bis zum vollendeten 26. Lebensjahr,

– Künstler, die von einer kulturellen Organisation eingeladen sind,

– Mitglieder von Menschenrechtsorganisationen, sowie

3. die Visumsgebühr zu ermäßigen, wenn die Antragsteller nur über ein gerin-
ges Einkommen verfügen.

Berlin, den 20. Juni 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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