BT-Drucksache 16/5679

Stufenbesteuerung und Quotenpflicht bei Biokraftstoffen zurücknehmen - Nachhaltigkeitskriterien umgehend einführen

Vom 14. Juni 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5679
16. Wahlperiode 14. 06. 2007

Antrag
der Abgeordneten Hans-Kurt Hill, Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann, Dr. Gesine
Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Karin Binder, Heidrun Bluhm, Roland Claus,
Heike Hänsel, Katrin Kunert, Michael Leutert, Dorothee Menzner, Dr. Ilja Seifert,
Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Stufenbesteuerung und Quotenpflicht bei Biokraftstoffen zurücknehmen –
Nachhaltigkeitskriterien umgehend einführen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– die stufenweise Besteuerung sowie die Quotenpflicht bei Biokraftstoffen der
ersten Generation sofort zurückzunehmen und diese Biokraftstoffe bis Ende
2009 steuerfrei zu stellen;

– unverzüglich den Entwurf eines Zertifizierungssystems vorzulegen, das so-
wohl nachhaltige Anbaumethoden von Bioenergiepflanzen in Deutschland
sicherstellt als auch den Import klimaschädlicher und Naturraum zerstören-
der Pflanzenöle bzw. den daraus erzeugten Biokraftstoffen verhindert;

– bei der Überkompensationsprüfung die Effekte für den Klima- und Umwelt-
schutz, den Schutz natürlicher Ressourcen, die externen Kosten fossiler
Kraftstoffe, die Versorgungssicherheit und die Realisierung eines Mindest-
anteils an Biokraftstoffen, wie von der europäischen Biokraftstoff-Richtlinie
gefordert, umfassend zu berücksichtigen. Diese Faktoren sind dann zur
Grundlage einer dynamischen Besteuerung heranzuziehen, die sich am
schwankenden Marktpreis mineralischer Kraftstoffe orientiert;

– den Biokraftstoffbericht unverzüglich vorzulegen.

Berlin, den 14. Juni 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion
Begründung

Im Verkehrssektor erwartet die EU für die kommenden Jahre die größten Zu-
wächse bei den Treibhausgasen. In Deutschland ist der Ausstoß von Kohlen-
dioxid (CO2) im Verkehr seit 1990 um 6 Prozent gestiegen, während die Emis-
sionen in allen anderen Sektoren gesunken sind. Um dem Klimawandel effektiv
entgegenzuwirken und um die Importabhängigkeit von fossilen Energieträgern

Drucksache 16/5679 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
zu verringern, muss neben der Durchsetzung nachhaltiger Verkehrskonzepte
der Anteil klimaneutraler Biokraftstoffe deutlich gesteigert werden.

Der Fortschrittsbericht Biokraftstoffe der EU-Kommission macht deutlich, dass
u. a. mit der Steuerbefreiung von Biokraftstoffen der ersten Generation dabei
die „größten Fortschritte“ erzielt werden können. Es wird darauf hingewiesen,
dass diese auch mittelfristig nicht mit fossilen Kraftstoffen konkurrieren kön-
nen und Biokraftstoffe der zweiten Generation noch nicht verfügbar sind.

Die stufenweise Besteuerung von Biokraftstoffen der ersten Generation behin-
dert die Entwicklung klimafreundlicher Kraftstoffe insgesamt. Die Steuer hat
dazu geführt, dass vor allem klein- und mittelständische Unternehmen insolvent
werden, da deren biogene Produkte unter jetzigen fiskalen Bedingungen – wie
von der EU-Kommission zutreffend beschrieben – nicht mit den mineralischen
Kraftstoffen konkurrieren können. Dadurch gehen öffentliche Fördergelder und
mehrere tausend Arbeitsplätze verloren. Bei der von der EU vorgesehenen
Überkompensationsprüfung sind von der Bundesregierung die Aspekte Klima-
schutz, Importabhängigkeit und Nachhaltigkeit (soziale und ökologische Fakto-
ren) weitgehend unberücksichtigt geblieben.

Auch der Zwang zur anteiligen Beimischung von Biokraftstoffen zu minera-
lischen Produkten hat wesentlich zur Schwächung klein- und mittelständischer
Biokraftstoffbetriebe beigetragen und leistet keinen Beitrag zum Klimaschutz.
Die kartellartig strukturierten Mineralölkonzerne erzwingen zur Erfüllung der
Quotenpflicht Niedrigpreise für Biokraftstoffe, die z. T. unter den Produktions-
kosten kleinerer Betriebe liegen. Das führt bei Bioenergiepflanzen zu klima-
schädlichen Anbaumethoden in Monokulturen sowie zur Bevorteilung von
Import-Biokraftstoffen, die unter zweifelhaften sozialen und ökologischen
Bedingungen erzeugt werden und deren Klimabilanz deutlich negativ ausfällt.
Eine Aufhebung der Quotenpflicht stärkt daher heimische Biokraftstoffbe-
triebe, nachhaltige Anbaumethoden sowie den regionalen Absatz von Biokraft-
stoffen. Darüber hinaus wird einer weiteren Monopolbildung in der Mineral-
ölwirtschaft und dem ökologischen Raubbau entgegengewirkt.

Unter Berücksichtigung nachhaltiger Anbaumethoden und bei Einbindung in
regionale Wirtschaftskreisläufe leisten Pflanzenöle und Biodiesel als Biokraft-
stoffe der ersten Generation einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Sie
wurden vor allem von klein- und mittelständischen Unternehmen im ländlichen
Raum in Deutschland etabliert, deren Investitionen die Basis zur Fortentwick-
lung des Biokraftstoffmarktes und Durchsetzung zukünftiger Biokraftstoff-Pro-
dukte bilden. Mit der Quotenpflicht und der Stufenbesteuerung wird den Unter-
nehmen die Grundlage für notwendige Investitionen in den Klimaschutz
genommen.

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