BT-Drucksache 16/5428

Für eine nachhaltige und umfassende Meerespolitik für die Europäische Union

Vom 23. Mai 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5428
16. Wahlperiode 23. 05. 2007

Antrag
der Abgeordneten Rainder Steenblock, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck
(Köln), Cornelia Behm, Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, Hans-Josef Fell, Winfried
Hermann, Peter Hettlich, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Dr. Anton Hofreiter,
Thilo Hoppe, Ute Koczy, Sylvia Kotting-Uhl, Renate Künast, Fritz Kuhn, Undine
Kurth (Quedlinburg), Dr. Reinhard Loske, Nicole Maisch, Kerstin Müller (Köln),
Winfried Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Jürgen Trittin
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine nachhaltige und umfassende Meerespolitik für die Europäische Union

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Europäische Union ist von Meeren umgeben, mehr als die Hälfte der knapp
500 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger lebt in Küstennähe. Gesunde Meere
und Ozeane beherbergen einen enormen Reichtum an Meeresorganismen. Diese
Artenvielfalt und die vielfältigen Lebensräume sind für unser soziales und wirt-
schaftliches Wohlergehen sowie unsere Lebensqualität von großer Bedeutung.
In ihrer Funktion als globale, lebenserhaltende Systeme für die Regulierung des
Klimas und von Wettersystemen sind sie für uns überlebenswichtig. Die
Notwendigkeit einer intakten Meeresumwelt darf nicht nur mit einer rein öko-
nomischen Sichtweise begründet werden, die auf die Optimierung der wirt-
schaftlichen Nutzbarkeit der Meere abzielt. Meeresökosysteme besitzen einen
schutzwürdigen Eigenwert „an sich“.

Das Vorsorgeprinzip muss in der gesamten Meerespolitik zum Tragen kommen.
Auch wenn Wirkungsweisen menschlicher Aktivitäten auf die biologische
Vielfalt und Meeresökosysteme noch nicht vollständig erforscht sind, müssen
im Rahmen der Meerespolitik Maßnahmen zum Schutz der Meeresumwelt und
-natur zur Vermeidung und Minimierung möglicher negativer Folgen ergriffen
werden.

Meere und Ozeane sind einer zunehmend hohen Belastung durch menschliche
Aktivitäten ausgesetzt; teilweise in einem Ausmaß, das ihren Aufbau und ihre
Funktion akut gefährdet. Der Rückgang von Fischbeständen und der Arten-
vielfalt sowie die immer häufiger auftretenden schädlichen Algenblüten gehören
zu den Folgen dieser Überlastung. Die Ursachen für diese massiven und teil-

weise irreversiblen Veränderungen von Meeresökosystemen sind vielfältig:
Überfischung, Grundschleppnetzfischerei, Schiffsemissionen, Schiffsverkehr,
Tankerunglücke und Abwassereinleitungen und Nährstoffeinträge aus der Land-
wirtschaft sowie Verschmutzung mit Abfällen (insbesondere Kunststoffabfällen),
aber auch die Belastungen durch Unterwasserlärm. Die irreversible Zerstörung
des Meeresbodens und der marinen Lebensräume wird zudem verursacht durch
Ölverschmutzung, Erdgasexploration sowie Sand- und Kiesabbau. Um eine

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nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich zu erreichen, muss der ökosyste-
mare Ansatz für das Management menschlicher Aktivitäten, wie vom Oslo-
Paris-Abkommen OSPAR und dem ICES (International Council for the Explo-
ration of the Sea) definiert, umgesetzt und in einem entsprechenden Konzept für
die Umgestaltung der relevanten Politikbereiche vorgestellt werden.

Die biologische Vielfalt der Meere und Ozeane ist durch den Klimawandel
bedroht. Gleichzeitig schützen die Meere und Ozeane aktiv das Klima durch
ihren Beitrag zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Eine umfassende Meeres-
politik der Europäischen Union sollte den Klimawandel und dessen Auswir-
kungen auf die Meere und Ozeane mit einbeziehen, um möglichst schnell die
nötigen Maßnahmen umzusetzen.

Die konkurrierenden Nutzungsansprüche machen für die Europäische Meeres-
politik einen integrierten Ansatz notwendig, der vom Schutz des Ökosystems
Meer über Fischfang und Einträge aus der Landwirtschaft bis hin zur Klima- und
Energie-, Verkehrs- und Tourismuspolitik die verschiedenen Politikbereiche
umfasst. Dieser integrierte Ansatz muss den ökologischen Rahmenbedingungen
entsprechen, die zum Erhalt der Meeresumwelt und -natur sowie der biologi-
schen Vielfalt erforderlich sind. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass die Europä-
ische Kommission mit dem Grünbuch „Die künftige Meerespolitik der EU: Eine
europäische Vision für Ozeane und Meere“ (KOM (2006) 275 endgültig) die
Entwicklung eines Konzepts hin zu einem Politikansatz vorantreiben will, der
alle relevanten Politikbereiche umfasst. Allerdings wird die Notwendigkeit ei-
ner intakten Meeresumwelt mit einer rein ökonomischen Sichtweise begründet,
die auf die Optimierung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit der Meere abzielt:
„Eine gesunde Meeresumwelt ist unerlässliche Voraussetzung für die Nutzung
des vollen Potenzials der Meere […]. Die Verschlechterung der Meere mindert
das Potenzial als Grundlage für Einkommen und Beschäftigung.“ (S. 10). Schutz
und Nutzung der Meere sind jedoch zwei Seiten einer Medaille. Ohne konkrete
Maßnahmen für mehr Meeresschutz können wir unsere Meere langfristig nicht
nutzen. Entscheidend ist, dass die Meere nicht auf ihre Funktion als ökonomi-
sche Ressource reduziert werden, sondern ihr schutzwürdiger Eigenwert und
ihre Bedeutung für die Stabilität des Gesamtökosystems Erde erkannt und ge-
würdigt werden. Dieser Eigenwert muss im Grünbuch ausreichend berücksich-
tigt werden. Der Meeresschutz ist in der „Meeresstrategie-Richtlinie“ (KOM
(2005) 505 endgültig) besser verankert. Allerdings wird es nicht ausreichen, die
Meeresstrategie-Richtlinie als „Umweltsäule“ ins Grünbuch Meerespolitik auf-
zunehmen. Vielmehr muss das Leitprinzip eines umfassenden und nachhaltigen
Meeresschutzes Grundlage für alle Politikbereiche sein. Das Grünbuch sollte
diesbezüglich also vor allem die Einbeziehung von Umweltbelangen in allen
Politikbereichen fördern. Zudem muss die Meeresstrategie-Richtlinie so gestal-
tet werden, dass alle Mitgliedstaaten gleichermaßen verpflichtet sind, ein hohes
Schutzniveau für die Meere sicherzustellen.

Im Rahmen regionaler und internationaler Vereinbarungen zum Meeresschutz
existieren bereits ehrgeizige und teilweise verpflichtende Meeresschutzziele.
Allerdings scheitert die Umsetzung oft an der mangelnden Durchsetzungsbefug-
nis. Zudem verursachen Fischerei, Landwirtschaft und Verkehr die gravierend-
sten Belastungen für Meeresökosysteme, die zu einem wesentlichen Teil nur auf
der Gemeinschaftsebene der EU geregelt werden können. Die Entwicklung und
Umsetzung einer Meeresschutzpolitik in der EU, die eine umweltverträgliche
und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung aller relevanten Bereiche ermög-
licht und gleichzeitig ein hohes Schutzniveau für die Meeresumwelt und -natur
sicherstellt, ist daher nur als verantwortlich gestaltete Querschnittsaufgabe unter
der Verantwortung und Kontrolle der EU realisierbar. Der Bundesregierung als
Trägerin der Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 kommt daher die

besondere Verantwortung zu, eine effiziente, nachhaltige und umfassende
Meeresschutzpolitik für die EU mitzugestalten.

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Für ein nachhaltiges Fischereimanagement und eine nachhaltige Agrarpolitik

Im Grünbuch Meerespolitik wird das Ziel einer nachhaltigen Fischerei formu-
liert: „Umwelt- und Fischereipolitik müssen auf gemeinsame Ziele hinwirken.
[…] In der EU ist der allmähliche Wandel zu einer nachhaltigeren Fischerei be-
absichtigt.“ (S. 10; 8). Konkrete Vorschläge für ein nachhaltiges Fischereima-
nagement macht die Kommission jedoch nicht. In der Meeresstrategie-Richt-
linie bleibt die Gemeinsame Fischereipolitik sogar völlig ausgeklammert. Die
derzeit praktizierte Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) der EU ist im ökologi-
schen und im ökonomischen Sinn nicht nachhaltig. Nach wie vor werden die
wissenschaftlichen Empfehlungen des internationalen Wissenschaftsgremiums
ICES (International Council for the Exploration of the Sea) bei der Festlegung
der Gesamtfangmengen (TAQs) weit überschritten. So sind die Kabeljaube-
stände in der Nordsee fast leergefischt. Entgegen den wissenschaftlichen Emp-
fehlungen einer Nullquote hat der EU-Ministerrat für Fischerei für das Jahr 2007
jedoch eine Fangquote von 23 000 Tonnen für die Nordsee beschlossen. Der
Ministerratsbeschluss kann zum endgültigen Zusammenbruch der Kabeljau-
bestände führen und Arbeitsplätze in der Fischereiwirtschaft gefährden. Um
bedrohte Fischbestände zu schonen, sollten im Rahmen einer effektiven und
nachhaltigen marinen Raumordung große Teile der Nord- und Ostsee als Mee-
resschutzgebiete ausgewiesen werden. Wissenschaftler empfehlen, 40 Prozent
der Meere als Meeresschutzgebiete auszuweisen.

Die Seefischerei hat weltweit zur Überfischung vieler kommerziell genutzter
Bestände geführt. Viele Fischereien sind nicht nachhaltig, sondern betreiben
Raubbau an den Fischbeständen. Weltweit werden jährlich rund 85 Mio. Tonnen
vermarktungsfähiger Fisch gefangen. Zusätzlich werden jährlich geschätzte
30 Mio. Tonnen Beifänge aus den Meeren gefischt, die meist tot bzw. nicht über-
lebensfähig zurück ins Meer geworfen werden, da sie sich nicht zum direkten
Verkauf eignen. Ein verbindliches Rückwurfverbot für Beifänge und eine An-
rechnung des Beifangs würde das Interesse der Fischwirtschaft an selektiveren
Fischereimethoden massiv erhöhen und zur Schonung der Fischbestände beitra-
gen. Außerdem könnten so die tatsächlich gefangenen Fischmengen ermittelt
werden. Der Beifang selber sollte als Fischöl und -mehl weiter verwertet wer-
den, wobei jedoch gleichzeitig darauf geachtet werden muss, dass die für Fischöl
und -mehl bezahlten Preise keinen Anreiz für eine gezielte „Beifangfischerei“
darstellen. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Initiative der EU-Kommission
für die Einführung von Rückwurfverboten.

Weitere Gefährdungen sind die Grundschleppnetzfischerei in der Tiefsee und
die illegale, unregulierte und ungemeldete Fischerei (IUU-Fischerei). Schätzun-
gen zufolge macht der Anteil nicht gemeldeter Fänge auf den Dorschbestand in
der östlichen Ostsee zwischen 35 bis 45 Prozent zusätzlich zu den gemeldeten
Anlandungen aus. Weltweit wird der Wert von Anlandungen aus der illegalen
Fischerei auf vier bis neun Mrd. US-Dollar geschätzt. Der Deutsche Bundestag
begrüßt die Initiative der EU-Kommission, einen Vorschlag mit umfassenden
Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Fischerei vorzulegen.

Eine der Ursachen für die illegale Fischerei ist die vorhandene Überkapazität
von Fischereifahrzeugen auch in den EU-Mitgliedstaaten. Neben dem Abbau
der Flottenkapazität wären optimierte Kontrollen der Fangfahrzeuge aus
EU- Mitgliedstaaten und Nichtmitgliedstaaten ein wesentlicher Beitrag, der
IUU-Fischerei entgegenzuwirken. Die Fischereiaufsichtsbehörde kann wirk-
same Kontrollen im gesamten EU-Raum jedoch nur durchführen, wenn sie mit
angemessenen Sach- und Personalmitteln ausgestattet wird. Eine stärkere
Vernetzung der zuständigen Behörden wie z. B. Zoll und Fischereiaufsicht kann
wesentlich dazu beitragen, den Informationsaustausch zwischen Mitgliedstaaten

über illegal operierende Fischereifahrzeuge zu verbessern.

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Oft fahren Schiffe unter Billigflaggen, nicht zuletzt in der Fischerei. Auf diese
Weise werden Bestimmungen und Kontrollen in Bezug auf den Schutz der
Meeresumwelt und -natur, den Erhalt von Fischbeständen sowie der See- und
Arbeitssicherheit umgangen. Diese Praxis bringt in der Regel gravierende
Auswirkungen auf Meeresökosysteme mit sich.

Es ist kaum noch zu verantworten, dass die EU im Rahmen der internationalen
Zusammenarbeit mit zahlreichen Ländern Fischereiabkommen abschließt. Diese
führen nämlich – aller Nachhaltigkeitslyrik in den Abkommen zum Trotz –
dazu, dass die übergroße EU-Fischereiflotte neben den europäischen Gewässern
auch insbesondere die afrikanischen Küstengewässer übernutzt. Dies ist nicht
nur unter Gesichtspunkten der internationalen Zusammenarbeit und der öko-
logischen Nachhaltigkeit bedenklich, sondern liegt auch wirtschaftspolitisch nur
vordergründig im europäischen Interesse. Denn auf Dauer lässt sich der notwen-
dige Abbau der EU-Fischereiflotte so nicht verhindern.

Die Förderung von Aquakulturen als Antwort auf die weltweit wachsende Nach-
frage nach Fisch kann verheerende Umweltfolgen für Küsten- und Meeresöko-
systeme mit sich bringen. Sie muss daher nachhaltig und umweltgerecht geregelt
werden. Zu einheitlichen Standards und Vorschriften könnten ein Verhaltensko-
dex für verantwortungsvolle Aquakulturen sowie Richtlinien für eine obligato-
rische Prüfung der Umweltverträglichkeit von Aquakulturen gehören. Zudem ist
sicherzustellen, dass keine Individuen aus Aquakulturen in die Umwelt entkom-
men, da sie häufig überzüchtet und/oder Fremdarten sind und Wildbestände ver-
drängen könnten. Dies gilt in besonderem Maße für gentechnisch veränderte
Fische, sollten diese jemals für die kommerzielle Aquakultur zugelassen wer-
den. Diesen Forschungsansatz lehnen wir grundsätzlich ab, da die Entwicklung
von gentechnisch veränderten Fischen für die Aquakultur mit unkalkulierbaren
Risiken verbunden ist und einem nachhaltigen und umweltgerechten Ansatz
widerspricht. In diesem Sinne begrüßt der Deutsche Bundestag die aktuelle
Konsultation der EU-Kommission zur Entwicklung eines ökologischeren Aqua-
kulturen-Sektors und unterstreicht die Wichtigkeit einer richtungsweisenden
Umorientierung weg von chemiereichen hin zu umweltschonenden Aquakulturen.

Die Landwirtschaft gehört zu den Hauptverursachern von Einträgen an Nähr-
und Schadstoffen wie Kohlendioxid, Stickoxiden, Phosphaten und Nitrat, Schwe-
feldioxid, Öl u. a. in Nord- und Ostsee. Etwa 70 Prozent der Stickstoff- und Phos-
phoreinträge in die Ostsee stammen aus menschlichen Aktivitäten, der größte
Teil aus der Landwirtschaft. Daher muss die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP)
stärker daran ausgerichtet werden, Nährstoffüberschüsse und -austräge und den
Eintrag von nicht abbaubaren Pestiziden in die Gewässer zu vermindern.

Für einen nachhaltigen Schiffsverkehr

Schiffe haben zwar das Potenzial zum ökologisch verträglichsten Transport-
mittel – aktuell ist der Schiffsverkehr jedoch mit rund 157 Mio. Tonnen jährlich
für mehr CO2-Ausstoß verantwortlich als der Luftverkehr im EU-Luftraum.
2,7 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen auf das Konto der Seeschiff-
fahrt, Tendenz steigend. Der Seeverkehr wird nach Prognosen der EU-Kommis-
sion bis 2020 um knapp 60 Prozent zunehmen und ist damit nach dem Luft-
verkehr der am zweitstärksten wachsende Verkehrsträger. Mit zunehmendem
Schiffsverkehr steigen auch die Schadstoffemissionen von Treibhausgasen,
Feinstaub, Ruß sowie giftigen Schwefel- und Stickoxiden. Werden keine neuen
Maßnahmen eingeleitet, dürften die NOx-Emissionen von Schiffen Schätzungen
zufolge bis zum Jahr 2020 höher sein als die von allen Quellen an Land
zusammengenommen.

Daher ist die aktuelle Initiative der EU-Kommission, die Schifffahrt in den

Handel mit CO2-Zertifikaten einzubeziehen, sehr zu begrüßen. Im Schiffs-
verkehr wird hauptsächlich hochtoxisches Schweröl (Rückstandsöl) als Treib-

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stoff verwandt, bei dessen Verbrennung Emissionen entstehen, die Umwelt und
Gesundheit wesentlich stärker belasten als andere Treibstoffe. Neben einem Ver-
bot von Schweröl ist die Entwicklung alternativer Treibstoffe und Antriebs-
systeme ein zentraler Schritt zur Energieeinsparung. Eine bessere Energieeffi-
zienz ist auch durch eine Diversifizierung des Kraftstoffverbrauchs in der
Schifffahrt zu erreichen. Die Nutzung von Biokraftstoffen, vor allem Pflanzen-
ölen, kann die CO2-Emissionen der Schifffahrt senken. Allerdings müssen die
Biokraftstoffe aus ökologisch nachhaltigem Anbau gewonnen werden. Ziel ist
es, Anreizmechanismen für Schiffsbetreiber zu schaffen, eine gute Umwelt-
bilanz anzustreben und auf „clean shipping“ umzusteigen.

Neben Sanktionen und Anreizen gilt es, Umweltstandards für den Schiffsver-
kehr analog den Standards für den Verkehr an Land festzulegen, u. a. durch die
Einführung strenger Abgasnormen respektive Grenzwerte für Emissionen von
Schwefel- und Stickoxiden, Feinstaub und Ruß sowie Treibhaus- und Ozon-
schicht schädigenden Gasen. Die Festlegung auf den ab 2010 gültigen
EU- Grenzwert von 0,1 Prozent Schwefelgehalt für Treibstoffe, die während der
Hafenliegezeit genutzt werden, ist zu begrüßen. Die Bereitstellung von Land-
anschlüssen zur Stromversorgung von Schiffen in europäischen Häfen sowie die
zügige Erarbeitung gemeinsamer technischer Standards in Zusammenarbeit mit
den Mitgliedstaaten sollte gefördert werden. Ziel sollte sein, die Schadstoffemis-
sionen möglichst gering zu halten. Daher sind ein EU-weites Verbot für die Ver-
wendung von Abfallstoffen aus Raffinerien und die Verbesserung der Qualität
der Brennstoffe notwendig.

Für effektive Überwachungssysteme und einen nachhaltigen Küstenschutz

Obwohl für die Meeres- und Küstengewässer strenge internationale Sicherheits-
und Umweltschutzregeln gelten, kommt es immer noch sehr häufig zu Verstößen
wie der illegalen Einbringung von Abfällen und Ladungs- und Betriebsrückstän-
den auf See. Eine der Hauptursachen ist die mangelnde Überwachung von
Schiffsbewegungen und Aktivitäten im Meeresbereich und die unzureichende
Verfolgung rechtswidriger Praktiken. Um den Missbrauch der Meere als „kos-
tenlose Mülldeponie“ zu stoppen, ist der Aufbau eines umfassenden Netzes von
Überwachungssystemen zur Schiffserkennung und -verfolgung in den Meeres-
und Küstengewässern der EU eine entscheidende Maßnahme. Entsprechende
Datenbanken auf EU-Ebene können nur durch koordiniertes Vorgehen der EU-
Agenturen aufgebaut werden. Für eine effiziente Küstenüberwachung und eine
verbesserte Seesicherheit ist die stärkere Vernetzung zwischen den verantwort-
lichen Behörden, den Mitgliedstaaten und der EU unerlässlich.

Die EU-Agenturen für Seeverkehrsicherheit und Fischerei haben sich bereits im
Hinblick auf die Schaffung einheitlicher Sicherheits- und Umweltschutzregeln
im Meeresbereich bewährt, wie der Entwicklung von Standards zur Vorsorge ge-
gen schifffahrtsbedingte Meeresverschmutzung. Eines der Hauptprobleme ist
jedoch die mangelnde Umsetzung der Schiffs- und Fischereikontrollen durch die
Mitgliedstaaten. Die Frage, ob für die Kontrolltätigkeiten der EU speziell eine
europäische Küstenwache geschaffen werden muss und welche Aufgaben diese
erfüllen sollte, muss besonders im Hinblick auf alternative Möglichkeiten
gründlich geprüft werden. Es sollte daher geklärt werden, inwiefern bereits
vorhandene Strukturen der Mitgliedstaaten für Küstenschutz und Küstenüber-
wachung im Rahmen einer verstärkten Kooperation auf EU-Ebene genutzt wer-
den können. Grundsätzlich sollte die EU auf eine Stärkung der Koordination und
Zusammenarbeit zwischen benachbarten Ländern sowie mit der EU hinwirken.

Für mehr Klimaschutz und nachhaltige Energiegewinnung
Das Grünbuch Meerespolitik der Europäischen Kommission erwägt die Entsor-
gung von Kohlendioxid im Meer als Beitrag zum Klimaschutz. Die Kommission

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sieht in der CO2-Abscheidung und -lagerung eine Option, Kohlendioxid zu ent-
sorgen und Potenziale für die Wirtschaft zu nutzen. Eine nachhaltige Meeres-
schutzpolitik sollte jedoch prinzipiell an der Wurzel ansetzen und auf Energie-
effizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien ausgerichtet sein, statt auf die
Entsorgung von Abfallprodukten aus der Energiegewinnung.

Es ist noch völlig unklar, ob die CCS-Technologie Klimaschutz tatsächlich leis-
ten kann und wird. Es sind grundlegende Forschungsarbeiten sowohl zur Ab-
scheidungstechnologie als auch zur sicheren und umweltfreundlichen Lagerung
notwendig. Der Transport riesiger Mengen CO2 beinhaltet Risiken und hohe
Anforderungen an Logistik und Infrastruktur. Die Lagerung ist ein Großexperi-
ment mit den Ökosystemen Meer und Erde, dessen Auswirkungen bei einem
eventuellen Entweichen katastrophal sein können. Es ist unbestreitbar, dass CCS
in den energiepolitisch entscheidenden Jahren bis 2020 im großindustriellen
Maßstab nicht eingesetzt werden und somit keinen Beitrag zur Erreichung der
Klimareduktionsziele der EU leisten kann.

Der Abbau von Methanhydraten als Energiequelle birgt ebenfalls sehr hohe
Risiken für die Umwelt. Durch die Destabilisierung von Methanhydraten wäh-
rend des Abbaus können große Mengen des sehr potenten Treibhausgases in die
Atmosphäre entweichen und diese zusätzlich belasten. Zudem kann der Abbau
der Hydrate zu unterseeischen Rutschungen führen, die wiederum Tsunamis
auslösen können. Selbst wenn der Abbau der Methanhydrate umweltfreundlich
gelänge, so würde das bei der Verbrennung des Methans freiwerdende CO2 den
Treibhauseffekt zusätzlich verstärken.

Durch Wind-, Gezeiten-, Wellen-, Temperaturdifferenz-, Salzgradienten- und
Strömungsenergie dagegen lässt sich die Energieerzeugung im Meer gezielt för-
dern. Investitionen in diese erneuerbaren Energiequellen sind Investitionen in
nachhaltige Energiequellen und in Zukunftstechnologien mit erheblichen öko-
nomischen Potenzialen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das unter der
grün-roten Bundesregierung verabschiedet wurde, hat sich als erfolgreiches Ein-
führungsprogramm für erneuerbare Energien bewährt. Das EEG sollte Vorbild
für die „Renewables Energy Directive“ der EU werden und wirtschaftliche An-
reize für den Ausbau erneuerbarer Energien auch im Meeresbereich bieten.

Durch den Ausbau erneuerbarer Energien im Meer werden zunehmend Flächen
in Anspruch genommen, die für andere Nutzungen wie die Schifffahrt und die
Fischerei nicht mehr oder nur noch begrenzt zur Verfügung stehen. Zudem kön-
nen besonders in ökologisch sensiblen Gebieten Konflikte mit Natur- und Um-
weltbelangen auftreten. Um diese Konflikte von vorneherein zu minimieren und
sichere rechtliche Rahmenbedingungen für Betreiber bei der Planung von Vor-
haben bezüglich erneuerbarer Energien im Meeresbereich zu schaffen, ist eine
nachhaltige marine Raumplanung unerlässlich, in der die Interessen aller Nutzer
und die Natur- und Umweltschutzbelange berücksichtigt und ggf. ausgeglichen
werden. Daneben sollten auch die Chancen für die Natur betrachtet werden. So
können sich diejenigen Gebiete mit Nutzung erneuerbarer Energien zu Rück-
zugs- und Erholungsgebieten entwickeln, die durch die Fischerei nicht mehr
oder nur noch eingeschränkt genutzt werden können.

Für ein europäisches Seehafenkonzept

Die maritime Wirtschaft ist mit insgesamt 215 000 Arbeitsplätzen und einem
Umsatz von 36 Mrd. Euro jährlich einer der global am schnellsten wachsenden
Wirtschaftszweige. Der Containerumschlag im Hamburger Hafen hat sich in den
Jahren 1997 bis 2004 auf mehr als sieben Millionen verdoppelt. Studien im Auf-
trag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gehen von
einem Wachstum des Containerumschlags in den deutschen Seehäfen von

sieben Prozent aus. Nach dieser Prognose wird das Containeraufkommen von
90,4 Mio. Tonnen im Jahr 2004 auf 370 Mio. Tonnen im Jahr 2025 steigen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/5428

Mit dem tatsächlichen oder prognostizierten steigenden Containerumschlag
geht die Forderung nach einem verstärkten infrastrukturellen Ausbau in vielen
europäischen Häfen einher. Auch aufgrund befürchteter Wettbewerbsnachteile
betreiben konkurrierende Hafenstandorte gleichzeitig einen Ausbau der Hafen-
und Verkehrswegeinfrastruktur mit massiver Unterstützung durch staatliche
Subventionen. Umweltbelange und die gesamtwirtschaftliche Effizienz haben
dabei kaum Berücksichtigung gefunden. Dies hat zu Fehlinvestitionen und gra-
vierende Umweltschäden geführt. Untersuchungen belegen, dass der Kosten-
deckungsgrad der staatlichen Hafeninfrastruktur in Hamburg, Bremen und Nie-
dersachsen mit rund 30 Prozent sehr niedrig ist.

Um zukünftige planlose Investitionen und Überkapazitäten in der Hafen- und
Verkehrswegeinfrastrukturplanung sowie gravierende Umweltschäden zu ver-
meiden, ist es notwendig, für die Häfen und ihre Verkehrswege in der EU eine
gemeinschaftsweite Bedarfs- und Raumplanung zu entwickeln. Ziel ist ein inte-
griertes Gesamtkonzept zur Seehafenentwicklung in der EU. Die europäische
Hafenkonkurrenz darf nicht dazu führen, dass sich die Häfen in Vorschriften z. B.
bezüglich Umwelt-, Sicherheits- und Entsorgungsbestimmungen unterbieten. So
verlangen beispielsweise Schweden und Norwegen Schadstofffilter für Schiffs-
motoren, Deutschland nicht. EU-weit einheitliche Standards und harmonisierte
Hafenwettbewerbsbedingungen könnten den fairen Wettbewerb zwischen den
Seehäfen fördern. Integrierte, standortübergreifende Hafenentwicklungskon-
zepte sind auch auf nationaler Ebene notwendig. Statt der ökologisch und öko-
nomisch unsinnigen Vertiefungen von Elbe und Weser wäre eine vernünftige
Arbeitsteilung der deutschen Seehäfen dahingehend Ziel führend, als deutsche
Seehäfen nicht auf Kosten des Naturschutzes konkurrenzfähig werden können.

Pilotregionen in Nord- und Ostsee fördern

Für bestimmte Meeresregionen wie die Nord- und Ostsee besteht aufgrund des
hohen Belastungsdrucks und der akuten Gefährdung sofortiger Handlungsbe-
darf. In Kooperation mit bereits bestehenden regionalen Meeresschutzkonven-
tionen bieten sich Pilotprojekte „Modellregionen Nord- und Ostsee“ an, in denen
Best-practice-Modelle zur vorbildlichen Entwicklung nachhaltiger wirtschaft-
licher Nutzungen entwickelt werden könnten. Für die Ostsee ist der Baltic Sea
Action Plan (BSAP) im Rahmen der Helsinki-Konvention in Arbeit. Dieser setzt
ambitionierte Ziele, um den Zustand der Ostsee auf Basis des ökosystemaren
Ansatzes für das Management menschlicher Aktivitäten zu verbessern.

Für die Nordsee sind im Rahmen der Internationalen Nordseeschutzkonferenz
(INK) bereits umfassende Vorschläge für eine nachhaltige Bewirtschaftung und
zum Schutz des Meeres erarbeitet und von den Umweltministern der Anrainer-
staaten beschlossen worden. So gibt die Ministererklärung von Göteborg (2006)
umfassende Empfehlungen für die Entwicklung eines ökosystemorientierten
Managementregimes für die Fischerei und eine nachhaltige Entwicklung der
Schifffahrt in der Nordsee. Wie bereits in der Bergen-Deklaration (2002) gefor-
dert, sollten die bei OSPAR entwickelten ökologischen Qualitätsziele (EcoQUs)
für die Festlegung klarer, operationeller Umweltziele im Rahmen einer regiona-
len Meeresstrategie für die Nordsee zugrunde gelegt werden. Dabei ist darauf zu
achten, dass das Nicht-EU-Mitglied Russland in die Planungen und Durchfüh-
rungen einbezogen wird. Ähnliche Abkommen und Kooperationen wären auch
für die neuen Nachbarregionen der EU sinnvoll, z. B. im Rahmen der Schwarz-
meerkooperation. Dabei ist darauf zu achten, dass das Nicht-EU-Mitglied Russ-
land in die Planungen und Durchführungen einbezogen wird.

Für einen nachhaltigen Küstentourismus
Die Inseln und Küstenregionen tragen zum Erfolg der europäischen Reiseindus-
trie bei. Über 60 Prozent der Europäer machen Urlaub in einer Küstenregion.

Drucksache 16/5428 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Aufgrund des Klimawandels sind Verschiebungen bei den Reisezielen und der
saisonalen Auslastungen der einzelnen Destinationen zu erwarten. Insbesondere
an der Nord- und Ostseeküste wird es zumindest zeitweise zu klimatisch güns-
tigeren Bedingungen für den Sommertourismus kommen. Gleichzeitig sind
klassische alternative Reiseziele wie etwa die mediterranen Länder stärker ne-
gativ betroffen.

Das veränderte Reiseverhalten wird eine verstärkte touristische Landschafts-
erschließung an der Nord- und Ostseeküste zur Folge haben. Doch unterliegt ge-
rade die touristische Nutzung der Küsten natürlichen Grenzen. Der Tourismus
lebt von einer gesunden Umwelt: Die touristische Attraktivität einer Region
steht in einem direkten Zusammenhang mit ihrem Umweltzustand. Die zu
erwartende verstärkte touristische Landschaftserschließung muss umweltver-
träglichen Standards folgen. Notwendig ist eine nachhaltige Raumnutzung, die
die individuelle Belastbarkeit einer Destination berücksichtigt und die touris-
tischen Konzepte darauf abstimmt.

Durch die in den nächsten Jahrzehnten zu erwartenden Klimaveränderungen be-
steht für die Küstenregionen aber auch das Risiko von Extremsituationen wie
massiven Algenblüten, Hitzewellen, Wirbelstürmen oder dem Verlust ganzer
Küstengebiete infolge ansteigender Flutwasserstände. Darauf müssen sowohl die
Tourismuswirtschaft, als auch die öffentliche Tourismusförderung reagieren. Die
erforderlichen Anpassungsmaßnahmen betreffen insbesondere den Schutz der
Küsten, die Stadt- und Raumplanung, aber auch die Installation von Vorsorge-
und Frühwarnsystemen für Extremwettersituationen oder Krankheitserreger. Ge-
rade angesichts des Klimawandels ist es unverzichtbar, Fördergelder für die tou-
ristische Entwicklung von Destinationen an Nachhaltigkeitskriterien zu knüpfen.

Ein weiterer wesentlicher Baustein der nachhaltigen touristischen Entwicklung
von Küstenregionen ist die Ausweitung der touristischen Nutzung auf das Hin-
terland. Der Ausbau zielgruppenspezifischer Attraktionen jenseits der Küsten
bietet eine gute Entlastungsmöglichkeit. Voraussetzung für diese Maßnahme ist
allerdings der Ausbau bzw. Aufbau einer Infrastruktur, die ein umweltverträg-
liches Reisen ermöglicht.

Für eine meerespolitische Forschungsstrategie der EU

Um eine verbesserte Wissensgrundlage für künftige Entscheidungsfindungen im
Rahmen eines nachhaltigen, ökologischen Managements menschlicher Akti-
vitäten zu schaffen, sollten die Schwerpunkte einer europäischen Forschungs-
strategie in den marinen Wissenschaften liegen, vor allem auf der Forschung
zum Schutz und zur Wiederherstellung von Meeresökosystemen sowie ihrer
biologischen Vielfalt und zum Schutz der Küstenbereiche. In diesem Zusam-
menhang gilt es, die direkten und indirekten Auswirkungen menschlicher Akti-
vitäten auf Arten, Lebensräume, Ökosysteme und Ozeanregime zu untersuchen.
Breit angelegte Langzeituntersuchungen im Rahmen zukünftiger EU-For-
schungsprogramme könnten Aufschluss über den Zustand und die Variabilität
der Meere und Ozeane geben und langfristige Trends erfassen. Auch die Bildung
und Stärkung von wissenschaftlichen Clustern in der Meeresforschung sollten
international wie national unterstützt werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die deutsche Ratspräsidentschaft auf,

sich im Konsultationsverfahren zum Grünbuch europäische Meerespolitik, aber
auch darüber hinaus, dafür einzusetzen:

a) als übergeordnete Leitprinzipen einer nachhaltigen umfassenden Meeres-
politik,
1. Ziele und Maßnahmen für einen umfassenden und nachhaltigen Meeres-
schutz als Leitprinzip und Grundlage für alle Politikbereiche ins Grün-

10. zusätzlich zu den nationalen Meeresstrategien für jede Meeresregion
eine übergreifende, regionale Strategie mit verbindlichen, einheitlichen
Zielen und Standards zu entwickeln. Ziel ist, den Meeresschutz nicht
durch eine Zersplitterung in nationale „Unterstrategien“ zu schwächen
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buch europäische Meerespolitik aufzunehmen und die Einbeziehung von
Umweltbelangen in allen Politikbereichen der zukünftigen Meerespoli-
tik zu fordern;

2. den schutzwürdigen Eigenwert von Meeresökosystemen „an sich“ und
ihre Bedeutung für das Gesamtökosystem Erde und das Überleben der
Menschen anzuerkennen;

3. anspruchsvolle Richtlinien für eine Umweltverträglichkeitsprüfung
(UVP) für sämtliche Eingriffe im Meer einschließlich Sand- und Kiesab-
bau, Öl- und Gasexploration sowie Fischereiaktivitäten vorzuschreiben,
und zwar analog zu den Anforderungen im Genehmigungsverfahren für
Offshore-Windkraftanlagen in der deutschen AWZ (Ausschließlichen
Wirtschaftszone);

4. das Vorsorge- und Verursacherprinzip in allen EU-Regelungen und
Politikbereichen zu verankern, insbesondere wenn sie die maritime Wirt-
schaft betreffen;

5. den „guten Umweltzustand“ im derzeitigen Entwurf der Meeresstrate-
gie-Richtlinie wesentlich genauer zu definieren, und zwar anhand klar
formulierter Schutz- und Erhaltungszustände sowie verbindlicher, über-
prüfbarer Qualitätsziele und Belastungsgrenzen;

6. ein EU-weites grenzüberschreitendes Kartensystem mit grenzüber-
schreitenden ökologisch sensiblen Gebieten in den Meeren und Ozeanen
zu entwickeln;

7. eine nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich zu erreichen, hierfür
muss der ökosystemare Ansatz für das Management menschlicher Akti-
vitäten, wie von OSPAR und ICES definiert, umgesetzt und in einem
entsprechenden Konzept für die Umgestaltung der relevanten Politikbe-
reiche vorgestellt werden;

8. in Kooperation der EU mit bestehenden regionalen Meeresschutzkonven-
tionen zügig Pilotprojekte zur vorbildlichen Entwicklung nachhaltiger
wirtschaftlicher Nutzungen zu initiieren, um noch vor 2015 den „guten
Umweltzustand“ in diesen Meeren herzustellen. Dabei sollte sich die EU
z. B. am Baltic Sea Action Plan der Helsinki-Kommission (HELCOM)
für die Ostsee und den Vorschlägen der Internationalen Nordseeschutz-
konferenz (INK) für die Nordsee orientieren. Für die Bereiche, die im
BSAP noch nicht ausreichend berücksichtigt werden, wie Auswirkungen
der Fischerei und der Umgang mit Munitionsaltlasten, sind Qualitätsziele
und entsprechende Maßnahmen zu entwickeln. Ähnliche Abkommen und
Kooperationen sollten auch für die neuen Nachbarregionen der EU ent-
worfen werden, z. B. im Rahmen der Schwarzmeerkooperation. Bei allen
Abkommen und Kooperationen ist darauf zu achten, dass das Nicht-EU-Mit-
glied Russland in die Planungen und Durchführungen einbezogen wird;

9. im Rahmen regionaler Meeresschutzkonventionen vereinbarte Meeres-
schutzziele als verbindliche „Umweltziele“ in die Meeresstrategie-
Richtlinie zu übernehmen. Vorbilder können das Oslo-Paris-Abkommen
(OSPAR) und das Helsinki-Abkommen sein. So sollten auch die bei
OSPAR entwickelten ökologischen Qualitätsziele (EcoQUs) übernom-
men werden;
und eine hohe Kohärenz in der EU-Meeresschutzpolitik zu erreichen.
Die EU sollte dabei eine koordinierende Rolle übernehmen;

Drucksache 16/5428 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

11. den Zeitplan in der Meeresstrategie-Richtlinie mit Zwischenzielen zu
versehen, die die Mitgliedstaaten verpflichten, so früh wie möglich Mee-
resschutzmaßnahmen zu implementieren und nicht erst im Jahr 2018,
wie in der derzeitigen Fassung vorgesehen;

12. die Gestaltung und Umsetzung der Meeresschutzziele nicht allein in die
Hände der Mitgliedstaaten zu legen, sondern auf EU-Ebene anzusiedeln
und ausreichende Vollzugskompetenzen, strenge Sanktionsmöglichkei-
ten und administrative Kapazitäten zu schaffen;

13. einen Finanzierungsrahmen festlegen, um hinreichende finanzielle und
administrative Unterstützung der Mitgliedstaaten sicherzustellen, z. B.
durch einen „Meeresstrategiefonds“, einen Küstenfonds bzw. entspre-
chende Strukturförderungsmaßnahmen;

14. das international vereinbarte Generationenziel, bis 2020 die Null-Emis-
sion von gefährlichen Stoffen im Meer zu erreichen, in die Meeresstrate-
gie-Richtlinie, in das Grünbuch und in sämtliche relevante EU-Vorschrif-
ten verbindlich zu übernehmen, insbesondere die Chemikalienpolitik;

b) für eine nachhaltige Gemeinsame Agrarpolitik und nachhaltiges Fischerei-
management,

1. die Auszahlung von Fördermitteln im Rahmen der Gemeinsamen Agrar-
politik (GAP) stärker als bisher von der Verminderung der diffusen
Phosphor-, Phosphat- und Nitrit-Belastungen für die Gewässer abhängig
zu machen;

2. sich auf europäischer Ebene im Rahmen der Zwischenbewertung der
Agrarreform mit Nachdruck für eine bessere Finanzausstattung der
zweiten Säule stark zu machen und dafür einzusetzen, dass – wie von
EU-Kommissarin Mariann Fischer-Boel bereits angesprochen – die ob-
ligatorische Modulation erhöht wird;

3. im Rahmen von OSPAR und HELCOM konkrete Initiativen zur Vermin-
derung der Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft in Nord- und Ost-
see zu vereinbaren;

4. die europäischen Umweltrichtlinien, d. h. die Wasserrahmen-, Nitrat-
und Kommunalabwasserrichtlinien, an die Anforderungen des Meeres-
schutzes anzupassen;

5. im Rahmen der Weiterentwicklung der Gemeinsamen Fischereipolitik
(GFP) ein gänzliches Verbot ökologisch besonders schädigender Fische-
reien, wie der Industriefischerei und Grundschleppnetzfischerei in der
Tiefsee, durchzusetzen;

6. die Gesamtfangmengen in der GFP streng nach wissenschaftlichen Emp-
fehlungen auszurichten sowie mehrjährige Bestandserhaltungs- und Wie-
derauffüllungspläne besonders für überfischte Arten zu implementieren;

7. die Auszahlung von Fördermitteln im Rahmen der GFP stärker als bisher
an die Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips und von Erhaltungsmaß-
nahmen abhängig zu machen, wie z. B. Mindestanlandegrößen und Be-
grenzungen von Beifängen;

8. keine Subventionen für neue Fangschiffe mehr zu zahlen und künftige
Subventionen ausschließlich für die Umstrukturierung des Fischerei-
sektors einzusetzen, indem umweltverträgliche und bestandsschonende
Fischereien gefördert werden;

9. einen Rahmen aus integrierten Managementinstrumenten wie der mari-
nen Raumordnung und einer damit einhergehenden Strategischen Um-

weltprüfung zu konzipieren, der die Fischerei mit einem effektiv geführ-
ten Schutzgebietsnetzwerk einbezieht;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/5428

10. 40 Prozent der Nordsee als Meeresschutzgebiet einzurichten und für den
Fischfang zu schließen und nach wissenschaftlichen Empfehlungen aus-
gerichtete Meeresschutzgebiete in der Ostsee einzurichten;

11. den Abbau der Flottenkapazität in der EU auf ein Maß, das nicht mehr als
die Nutzung der Gesamtfangmengen ermöglicht, zügig voranzubringen;

12. EU-weit ein verbindliches Rückwurfverbot für Beifänge festzulegen und
jeglichen Beifang auf die Fangquoten anzurechnen, selektivere Fang-
methoden zu fördern und beifangintensive Gebiete für die Fischerei zu
schließen;

13. für Aktivitäten der EU-Fischereiflotte außerhalb der EU-Gewässer den
Verhaltenskodex der Welternährungsorganisation (FAO) für verantwor-
tungsvolle Fischerei zugrunde zu legen und Fischereiabkommen mit
Drittländern – insbesondere im Rahmen der internationalen Zusammen-
arbeit – nicht mehr abzuschließen;

14. Anlandungen in EU-Häfen nur dann zuzulassen, wenn die Flaggenstaa-
ten der betreffenden Fischereifahrzeuge anhand eines zu entwickelnden
Zertifizierungssystems bestätigen können, dass die Fischereiprodukte an
Bord aus legaler Fischerei stammen;

15. nichtkonformen Fischereischiffen bzw. Fangflotten den Zugang zu
EU- Häfen zu verwehren, ein EU-Register über Fischereifahrzeuge auf-
zubauen, die für illegale Fischereiaktivitäten eingesetzt werden, sowie
Sanktionsmaßnahmen für sämtliche Verantwortliche zu schaffen und
einheitlich umzusetzen;

16. eine Verordnung zu entwerfen und zügig zu implementieren, nach der
Billigflaggenschiffe internationale und gemeinschaftliche Bestimmun-
gen und Kontrollen nicht mehr umgehen können, die sich auf den Schutz
der Meeresumwelt und -natur, den Erhalt von Fischbeständen, die See-
und Arbeitssicherheit beziehen. Darüber hinaus ist es notwendig, dass
die Überwachungs- und Kontrollmechanismen sowie die gesetzlichen
Mindestsicherheitsvorschriften für die Schifffahrt in der EU verschärft
werden und die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) zügig
die Durchsetzung international geltender Bestimmungen, sowohl mit
Blick auf die Flaggenstaaten als auch die Hafenstaaten, optimiert;

17. dass die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) die Mechanis-
men zur Überwachung und Umsetzung internationaler Bestimmungen
prüft und weitere, verstärkte Maßnahmen ergreift, um die Durchsetzung
dieser Bestimmungen zu optimieren;

18. einen EU-weiten „Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Aquakultu-
ren“ und Richtlinien für die Prüfung der Umweltverträglichkeit von
Aquakulturen zu entwickeln und zu implementieren;

19. die EU-Fischereipolitik und die Meeresstrategie-Richtlinie zu verknüp-
fen. Dafür ist das Ziel eines „guten Umweltzustands“ der Meere bis 2021
als verbindliches Ziel auch für die Fischereipolitik vorzuschreiben;

c) für einen nachhaltigen Schiffsverkehr,

1. das Verursacherprinzip in Bezug auf Schiffsemissionen anzuwenden und
Umweltfolgekosten zu berücksichtigen, z. B. durch eine ökologische
Tonnagesteuer auf Schiffsbetreiber;

2. Umweltstandards, die für den Verkehr an Land gelten, zügig auf den See-
verkehr anzuwenden z. B. durch die Einführung strenger Grenzwerte für

Emissionen in EU-Gewässern, die Verbesserung der Qualität der Treib-
stoffe im Seeverkehr, die Einführung schwefelarmer Treibstoffe und ein

4. eine stärkere Vernetzung zwischen den verantwortlichen Behörden, den
Mitgliedstaaten und der EU aufzubauen, wobei die EU eine koordinie-
rende und kontrollierende Rolle übernehmen sollte. EU-Kontrollinstanzen
sind mit ausreichenden Überwachungs- und Koordinierungskompetenzen
sowie angemessenen Personal- und Sachmitteln auszustatten;

5. ein zuverlässiges und effizientes Seeverkehrsmanagement aufzubauen
sowie die hinreichende Kontrolle der Einhaltung von Umweltschutz- und
Drucksache 16/5428 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

EU-weites Verbot für die Verwendung von Abfallstoffen aus Raffinerien
und Schweröl. Der ab 2010 gültige EU-Grenzwert von 0,1 Prozent Schwe-
felgehalt für Treibstoffe, die während der Hafenliegezeit genutzt werden,
sollte nicht nur für Schiffsneubauten vorgeschrieben werden, sondern für
alle Schiffe;

3. den Grenzwert für den Schwefelgehalt in Schweröl im Internationalen
Übereinkommen zur Verhütung von Meeresverschmutzung durch Schiffe
(MARPOL) von 4,5 Prozent auf höchstens ein Prozent zu senken;

4. energieeffiziente sowie auf erneuerbaren Energien basierende alternative
Antriebssysteme wie z. B. optimierte Windantriebe zu fördern, die auf
möglichst vielen Schiffstypen eingesetzt werden können. Zudem sollte ein
„European Clean Ship“ entwickelt werden, d. h. ein Niedrigemissions-
schiff sowie gemeinsame Standards für ein Zertifizierungssystem verein-
bart werden;

5. den infrastrukturellen Ausbau von Landanschlüssen zur Stromversorgung
für Schiffe in Häfen der EU zu fördern sowie im Rahmen der IMO einheit-
liche weltweite Normen und gemeinsame technische Standards in Zusam-
menarbeit mit den Mitgliedstaaten zu erarbeiten;

6. im Rahmen der IMO einen international anwendbaren Umweltindex zu
entwickeln, der die Umweltverträglichkeit von Schiffen auf Basis ihrer
Öko-Bilanz bewertet;

7. nach Umweltkriterien gestaffelte Hafengebühren in allen Häfen der EU
einzuführen;

8. den Seeverkehr in das Kyoto-Protokoll einzubeziehen und die Schifffahrt
damit in den Handel mit CO2-Zertifikaten zu integrieren;

d) für effektive Überwachungssysteme und einen nachhaltigen Küstenschutz,

1. eine integrierte Seeraumüberwachung sowohl für küstennahe als auch
küstenferne Meeresgebiete zu entwickeln. Dabei ist zu prüfen, inwiefern
eine Kombination aus verschiedenen Überwachungssystemen – wie dem
Vessel Monitoring System (VMS) aus der Fischereiüberwachung, dem
Automatischen Schiffsidentifizierungssystem (AIS) aus der Seeverkehrs-
überwachung sowie die Satellitensysteme Galileo und GMES (Global
Monitoring for Environment and Security) – in ein flächendeckendes
Küstenüberwachungsnetz integriert werden kann;

2. die Entwicklung und den Ausbau eines integrierten Informationssystems
zur Küstenüberwachung, wie das SafeSeaNet-System der Europäischen
Maritimen Sicherheitsagentur (EMSA), zu fördern, so dass Daten in ein
übergreifendes Datennetzwerk eingespeist werden können und auf unter-
schiedlichen Ebenen verfügbar sind;

3. Risikoanalysen zu erstellen und einzusetzen, um Havarierisiken und die
Auswirkungen umweltschädlicher Praktiken in der Schifffahrt genauer
einzuschätzen, auch um Umweltfolgekosten gemäß des Verursacherprin-
zips auf Schiffsbetreiber umzulegen;
Sicherheitsbestimmungen sowie strengen Sanktionsmaßnahmen bei Miss-
achtung zu gewährleisten;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/5428

e) für mehr Klimaschutz und nachhaltige Energiegewinnung,

1. die CO2-Sequestrierung in geologischen Gesteinsformationen unter dem
Meer nur unter der Bedingung zuzulassen, dass zuvor alle Risiken hin-
sichtlich der Umweltverträglichkeit ausgeschlossen sind;

2. die direkte CO2-Entsorgung in das Meerwasser oder in „Kohlendioxid-
Seen“ am Meeresgrund zu verhindern;

3. die Methanhydrat-Forschung auf Grundlagenforschung im Bereich der
Umwelt- und Klimaforschung zu beschränken, d. h. keine Methanhydrat-
forschung zum Zwecke der späteren Energiegewinnung zu unterstützen;

4. EU-weite verbindliche Ausbauziele für erneuerbare Energien im Meer zu
formulieren, die „Renewables Energy Directive“ der EU ähnlich dem
EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) zu gestalten und wirtschaftliche An-
reize für den Ausbau erneuerbarer Energien auch im Meeresbereich zu
schaffen;

5. das deutsche EEG stärker auf Meeresenergien auszurichten. Hierzu gehört
für eine Markteinführungsphase auch die Einführung eines Bonus für
Wellen-, Gezeiten-, Strömungs-, Temperaturgradienten- und Osmose-
kraftwerke;

6. neben dem geplanten Offshore-Windpark auch Parks für Wellen-, Gezei-
ten-, Strömungs- und Osmosekraftwerke zu unterstützen;

7. den Wind-Offshore-Ausbau und die Nutzung der Meeresenergietechno-
logien aufeinander abzustimmen;

8. den Ausbau eines transeuropäischen Stromnetzwerkes zu fördern, um
Netz-Engpässe durch die schwankende Stromerzeugung aus erneuerbaren
Energien mit einer besseren Übertragungskapazität zwischen den Ländern
ausgleichen zu können, sowie die im Meer erzeugten Energien besser
anzulanden und zu verteilen;

f) für ein europäisches Seehafenkonzept,

1. eine gemeinschaftsweite Bedarfs- und Raumplanung mit dem Ziel eines
integrierten Gesamtkonzepts zur Seehafenentwicklung zu entwickeln, das
u. a. für mehr Transparenz in der Vergabe und Verwendung staatlicher Fi-
nanzmittel und einheitliche Maßstäbe bei der Finanzierung von Infrastruk-
turmaßnahmen in Häfen sorgt;

2. eine standortübergreifende Seehafenpolitik der EU-Mitgliedstaaten mit
einer vernünftigen Arbeitsteilung zu entwickeln und umzusetzen und
durch verbesserte Koordination und Kapazitätenverteilung zwischen den
EU-Häfen Landtransporte zu verringern. Dabei sind Naturschutzinteres-
sen und Hochwasserschutz stärker als bisher in die Flächenplanung einzu-
beziehen;

3. durch einheitliche Vorschriften und Standards für Umwelt-, Entsorgungs-
und Sicherheitsbestimmungen EU-weit gleiche Rahmenbedingungen für
einen fairen Wettbewerb zwischen den Seehäfen zu schaffen;

4. für die umweltgerechte Entsorgung von Schiffen in europäischen Häfen
entsprechende Anlagen bereitzustellen, um der extrem gesundheits- und
umweltschädlichen Verschrottung von Schiffen in Südasien entgegenzu-
wirken;

5. staatliche Subventionen für die Hafenentwicklung abzubauen und das
Verursacherprinzip anzuwenden, indem zukünftig die Kosten für den
Infrastrukturausbau und Umweltfolgekosten stärker auf die Nutzer umge-

Drucksache 16/5428 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

legt werden, die von den öffentlich zur Verfügung gestellten Strukturen
profitieren;

6. in der Flächenplanung Naturschutzinteressen und Maßnahmen zum Hoch-
wasserschutz wesentlich stärker als bisher einzubeziehen, z. B. durch
Rückbau von Deichen und Schaffung von Überschwemmungsflächen;

7. dass die Sicherstellung der Hinterlandverkehre über den Ausbau der
Schienenanbindung durch ausreichende Finanzierung gewährleistet ist;

g) für einen nachhaltigen Küstentourismus,

1. die Förderung von Tourismusprojekten an Kriterien der Nachhaltigkeit zu
orientieren;

2. ein einheitliches touristisches Konzept für eine nachhaltige Entwicklung
des Küstentourismus zu erstellen, das insbesondere die Folgen des Klima-
wandels und die individuelle Belastbarkeit der Destination berücksichtigt;

3. sicherzustellen, dass die notwendige Sanierung bzw. Weiterentwicklung
touristischer Infrastrukturen ressourcen- und energieeffizient erfolgt;

h) für eine meerespolitische Forschungsstrategie der EU,

1. den integrierten ökosystembasierten Forschungsansatz zu meeresschutz-
politischen Fragestellungen durch die Förderung multi-disziplinärer For-
schungsprojekte stärker zu berücksichtigen;

2. die Entwicklung eines EU-Meeresforschungsnetzwerkes zu fördern im
Hinblick auf die Zusammenführung und Bereitstellung von Daten und
Ergebnissen und auf einen verstärkten Wissensaustausch und dieses auch
mit den Ressourcen für eine weltweite Vernetzung auszustatten;

3. die Entwicklung neuer Schwerpunkte für Meeresenergieforschung an den
Meeresforschungszentren zu fördern;

4. als Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte weiterhin insbesondere
zu verstärken:

● Funktionsweisen von Meeresökosystemen und die Wirkungsweisen
anthropogener Belastungen;

● Förderung erneuerbarer Energien und die Forschungsförderung im
Rahmen der nationalen Forschungsförderung und der EU-Forschungs-
rahmenprogramme bezüglich der Entwicklung ökologisch verträg-
licher Offshore-Technologien wie Wind-, Gezeiten-, Meeresströ-
mungs-, Temperaturgradienten- und Wellenkraftwerke;

● Technologien zur Verringerung des Schadstoff- und CO2-Ausstoßes in
der Schifffahrt, die Entwicklung alternativer Antriebstechnologien
sowie des „European Clean Ship“;

● der nachhaltige Küstenschutz mit den Schwerpunkten Küsten- und
Hochwasserschutz, Entwässerung in die Küstengewässer und Bau und
Unterhaltung von Wasserstraßen und Häfen;

● Vermeidungsforschung zu Eintragungen von Risiko- und Gefahrstof-
fen, Forschung zur Abschätzung von Folgekosten von Eingriffen in
Ökosysteme wie z. B. der durch Ölunfälle entstehenden Folgekosten
für die Meeresumwelt und -natur bzw. der externen Kosten;

● Forschung zum Schutz und zur Überwachung der Fischbestände, u. a.
durch Monitoring der Fischbestände in den EU-Gewässern und Über-
wachungsmethoden für die Datenerhebung über die Nutzung von

Fischereiressourcen;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 – Drucksache 16/5428

● ökologisch verträgliche Aquakulturen und Zuchtforschung;

● nachhaltige interdisziplinäre Nutzungskonzepte für die europäischen
Meeresregionen;

● Vermeidung von Einträgen aus der Landwirtschaft in Küstengewässer
und ökosystemgerechte Bearbeitung der Entwässerung bzw. der Ablei-
tungen aus der Landwirtschaft in die Küstengewässer.

Berlin, den 23. Mai 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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