BT-Drucksache 16/5115

Eintreten für die Beendigung der von den USA auferlegten Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade gegen Kuba

Vom 25. April 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5115
16. Wahlperiode 25. 04. 2007

Antrag
der Abgeordneten Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke, Dr. Lothar Bisky, Monika
Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, Sevim Dag˘delen, Dr. Diether Dehm, Cornelia
Hirsch, Inge Höger, Ulla Jelpke, Dr. Hakki Keskin, Katrin Kunert, Michael Leutert,
Kornelia Möller, Dr. Norman Paech, Paul Schäfer (Köln), Alexander Ulrich,
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Eintreten für die Beendigung der von den USA auferlegten Wirtschafts-, Handels-
und Finanzblockade gegen Kuba

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und in Übereinstimmung
mit der seit 1992 vielfach erneuerten Beschlusslage der Vereinten Nationen,
auf dem EU-USA-Gipfel am 30. April 2007 in Washington und darüber hi-
naus gegenüber der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika aktiv für
eine Beendigung deren Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade gegen
Kuba einzutreten;

– darauf hinzuwirken, dass die Europäische Union auf dem EU-USA-Gipfel
und bei späteren Gelegenheiten auf gemeinsame Erklärungen mit den Ver-
einigten Staaten von Amerika bezüglich der gesellschaftlichen Entwicklung
in Kuba verzichtet, die auf eine Verurteilung Kubas im Widerspruch zur
Erklärung des IV. EU-Lateinamerika-Gipfels hinauslaufen.

Berlin, den 24. April 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung

Seit 1992 erneuert die Vollversammlung der Vereinten Nationen regelmäßig und
mit überwältigender Mehrheit ihre Forderung an die USA, ihr Handels-, Wirt-

schafts- und Finanzembargo gegen Kuba aufzuheben. Eine Aufhebung aller
Sanktionen könnte auch in der kubanischen Gesellschaft neue Impulse frei-
setzen.

Die Regierungen der USA ignorierten bislang die Aufforderungen der VN hart-
näckig. 1992 hatte die US-Regierung das Embargo durch den Cuban Democracy
Act (sog. Torricelli Act) drastisch verschärft, indem sie es auf Tochtergesell-
schaften von US-Unternehmen in Drittstaaten ausdehnte. Mit dem Cuban

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Liberty and Democratic Act (sog. Helms-Burton Act) von 1996 können sogar
Sanktionen gegen Unternehmen aus Drittstaaten verhängt werden, wenn sie
wirtschaftliche Beziehungen zu kubanischen Firmen unterhalten, die nach 1960
verstaatlicht wurden. Durch eine Klage der EU vor der Welthandelsorganisation
konnte die extraterritoriale Wirkung des Helms-Burton Act zwar abgemildert
werden, mit der Anwendung des Torricelli Act und im Kontext zunehmender
internationaler Unternehmensverflechtungen verliert Kuba jedoch immer wie-
der kurzfristig wichtige Lieferanten und Abnehmer auf dem Weltmarkt.

Davon sind in vielen Fällen Medikamenten- und Nahrungsmitteleinfuhren
betroffen. Die stärksten Einschränkungen durch die US-Sanktionen erfährt des-
halb die kubanische Bevölkerung. Alle sozialen und wirtschaftlichen Bereiche
werden durch das Embargo geschädigt. Der Warenaustausch mit den USA ist
fast vollständig unterbunden, der mit anderen Staaten wird behindert, ebenso
wie Kreditgeschäfte, die Allokation von ausländischen Investitionen und damit
die Weiterentwicklung wichtiger Wirtschaftszweige wie des Tourismus. Die
kubanische Regierung beziffert den Schaden, der ihrem Land seit der Inkraft-
setzung der Sanktionen im Jahr 1960 bis 2005 entstanden ist, auf über 80 Mrd.
US-Dollar.

Angesichts jüngster Anstrengungen der USA, in der Europäischen Union Part-
ner für ihre aggressive Haltung gegenüber Kuba zu finden und eine diesbezüg-
liche Koordinierung mit der EU herbeizuführen, ist mit einer Aufsetzung der
Kuba-Politik auf die Agenda des EU-USA-Gipfels zu rechnen. Mit ihrem Ein-
verständnis, eine US-typische Verurteilung Kubas in den Text einer Erklärung
des EU-USA-Gipfels aufzunehmen, würde die Europäische Union diesem
Druck der Vereinigten Staaten nachgeben und auf die Formulierung einer eigen-
ständigen Kuba-Politik zugunsten der Unterordnung unter die Interessen der
Vereinigten Staaten verzichten.

Die Abschlusserklärung des EU-Lateinamerika-Gipfels im Mai 2006 in Wien
bekräftigte die Notwendigkeit, „die Souveränität, die territoriale Integrität und
das Recht auf Selbstbestimmung gebührend zu achten“, und wies unter aus-
drücklichem Bezug auf die US-Blockade „mit Nachdruck alle Zwangsmaßnah-
men einseitiger Art mit extraterritorialer Wirkung zurück“. Die Bundesregie-
rung bestätigte in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE
LINKE. (Bundestagsdrucksache 16/4715) diese Haltung und betonte, dass sich
das Embargo im Widerspruch zu anerkannten internationalen Handelsregeln be-
fände. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft und insbesondere der EU-USA-
Gipfel am 30. April 2007 bieten die Gelegenheiten, gegenüber der Regierung
der Vereinigten Staaten von Amerika die Aufhebung ihrer völkerrechtswidrigen
Blockade zu fordern. Die Bundesregierung könnte diesen Standpunkt noch
glaubwürdiger vertreten, wenn sie sich dafür einsetzte, die Sanktionen der
Europäischen Union gegen Kuba, die seit 2003 lediglich ausgesetzt sind, end-
gültig aufzuheben.

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