BT-Drucksache 16/5080

Verantwortung der Bundesregierung für Entscheidungen in gemischtwirtschaftlichen Unternehmen

Vom 20. April 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5080
16. Wahlperiode 20. 04. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Herbert Schui, Dr. Barbara Höll, Sabine Zimmermann, Werner
Dreibus, Ulla Lötzer, Dr. Axel Troost, Kornelia Möller und der Fraktion DIE LINKE.

Verantwortung der Bundesregierung für Entscheidungen
in gemischtwirtschaftlichen Unternehmen

Der Bund ist in Deutschland an zahlreichen Unternehmen beteiligt, hier handelt
die Regierung also als Eigentümerin. Das Handeln der Regierung sollte dem
Wohle der Bevölkerung dienen. Aufgabe des Deutschen Bundestages ist es unter
anderem, das Handeln der Bundesregierung zu kontrollieren. Dies geschieht
beispielsweise durch Kleine Anfragen der Fraktionen.

An der Deutsche Telekom AG (DTAG) ist der Bund mit einem Anteil von rund
32 Prozent beteiligt. Die Bundesregierung hat zudem einen Vertreter im Auf-
sichtsrat des Unternehmens. Außerdem sitzt dort ein Vertreter der KfW Banken-
gruppe, die zu 80 Prozent dem Bund gehört.

In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundes-
tagsdrucksache 16/3974) behauptet die Bundesregierung, sie habe – obwohl der
Bund Großaktionär ist – keinen Einfluss auf die DTAG (Antwort zu Frage 13).
Außerdem beantwortet sie die Frage 14 nicht, die lautete: „Wird sich die
Bundesregierung dafür einsetzen, dass ihr Vertreter […] im Aufsichtsrat der
Deutschen Telekom AG […] gegen Einsparungen auf Arbeitnehmerseite
[stimmt …]?“ Die Bundesregierung will sich zu ihrem Verhalten gegenüber
ihrem Aufsichtsratsvertreter deshalb nicht äußern, weil das Abstimmungsver-
halten einzelner Mitglieder des Aufsichtsrates streng vertraulich zu behandeln
sei (Antwort zu Frage 14). Auch entsprechenden Fragen in einer weiteren An-
frage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 16/4951) weicht die
Bundesregierung in ihrer Antwort aus.

In § 65 Abs. 1 Nr. 3 der Bundeshaushaltsordnung ist allerdings vorgeschrieben,
dass der Bund „angemessenen Einfluss“ in Unternehmen, an denen er sich be-
teiligt, haben soll. In § 111 Abs. 1 des Aktiengesetzes heißt es: „Der Aufsichtsrat
hat die Geschäftsführung zu überwachen.“ In § 394 des Aktiengesetzes heißt es:
„Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den
Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind, unterliegen hinsichtlich der Be-
richte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben, keiner Verschwiegen-
heitspflicht.“
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Aus welchen aktien- und gesellschaftsrechtlichen Gründen ist eine Einfluss-
nahme der Bundesregierung auf Entscheidungen der Deutsche Telekom AG
ausgeschlossen, wie es die Bundesregierung in ihrer Antwort zu Frage 13 auf
die Kleine Anfrage (Bundestagsdrucksache 16/3974) behauptet (bitte mit ge-
nauer Angabe der Rechtsgrundlagen)?

Drucksache 16/5080 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Inwieweit ist ein solcher Ausschluss der Einflussnahme mit § 65 Abs. 1
Nr. 3 der Bundeshaushaltsordnung vereinbar, und wie begründet die Bun-
desregierung ihre Position?

3. Welche Entscheidungs- und Mitwirkungsbefugnisse stehen der Bundes-
regierung aufgrund der 32-prozentigen Beteiligung des Bundes an der Deut-
sche Telekom AG zu?

4. Handelt der Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat der DTAG
in eigenem Ermessen, handelt er im Namen der Bundesregierung oder in
wessen Namen handelt er als Aufsichtsratsmitglied ansonsten?

5. Wenn der Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat der DTAG im
Namen der Bundesregierung handelt, ist die Bundesregierung bezüglich des
Verhaltens ihres Vertreters im Aufsichtsrat dann nicht gegenüber dem
Deutschen Bundestag rechenschaftspflichtig?

Wie begründet die Bundesregierung ihre Position?

6. Worauf gründet die Bundesregierung ihre Ansicht, die Tagesordnungs-
punkte der Gremien und das Abstimmverhalten des Vertreters der Bundes-
regierung seien streng vertraulich zu behandeln – insbesondere vor dem
Hintergrund, dass es in § 394 des Aktiengesetzes heißt, Aufsichtsratsmit-
glieder, die im Auftrag einer Gebietskörperschaft dort tätig sind, unterlägen
nicht unbedingt einer Verschwiegenheitspflicht (bitte mit Begründung und
genauer Angabe der Rechtsgrundlagen)?

7. Ist die Bundesregierung der Ansicht, ihr Vertreter im Aufsichtsrat der
DTAG sei im Rahmen seiner Mitwirkung an die Verfassung, insbesondere
an die Grundrechte gebunden?

8. Ist die Bundesregierung der Ansicht, die Mitwirkung ihres Vertreters unter-
liege der gerichtlichen Kontrolle?

Wenn ja, in welchem Umfang, und wie lässt sich dies mit der Geheimhal-
tung des Abstimmverhaltens vereinbaren?

Wenn nein, warum nicht?

9. Übt die Bundesregierung in keinem der mehr als 400 Unternehmen, an
denen der Bund beteiligt ist (BMF, Beteiligungsbericht 2006), Einfluss auf
die Geschäftspolitik aus?

Wie begründet die Bundesregierung ihre Haltung?

10. Übt die Bundesregierung in den Unternehmen, an denen der Bund eine
mehrheitliche Beteiligung hält, Einfluss auf die Geschäftspolitik aus?

In welcher Form tut sie dies, und wie begründet die Bundesregierung ihre
Position?

Berlin, den 19. April 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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