BT-Drucksache 16/4908

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Postgesetzes

Vom 29. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4908
16. Wahlperiode 29. 03. 2007

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Werner Dreibus, Ulla Lötzer, Dr. Barbara
Höll, Kornelia Möller, Dr. Herbert Schui, Dr. Axel Troost und der Fraktion DIE LINKE.

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Postgesetzes

A. Problem

Mit der Liberalisierung des deutschen Briefmarktes ist ein neuer Niedriglohn-
sektor entstanden. Eine von der Gewerkschaft ver.di in Auftrag gegebene Studie
zeigt: Der Wettbewerb wird vor allem über Sozialdumping ausgetragen. Gemäß
der sog. Sozialklausel im Postgesetz (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PostG) hat die Bun-
desnetzagentur eine Lizenz zur Beförderung von Briefsendungen unter 1 000 g
zu versagen, wenn „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller
die wesentlichen Arbeitsbedingungen, die im lizenzierten Bereich üblich sind,
nicht unerheblich unterschreitet.“ Die Bundesnetzagentur kommt jedoch ihrem
Kontrollauftrag nur unzureichend nach, da sie bisher lediglich den Umfang der
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung prüft. Arbeitsbedingungen um-
fassen jedoch mehr: Mindestbestandteile sind Entgelt, Arbeitszeit und Urlaub.

B. Lösung

Um Sozialdumping im Bereich der Briefdienste zu verhindern, sind – neben
der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns – die sozialen Lizenzauflagen
für die Bundesnetzagentur schärfer zu fassen. In einem ersten Schritt werden
die im Postgesetz benannten „wesentlichen Arbeitsbedingungen“ (§ 6 Abs. 3
Satz 1 Nr. 3 PostG) mit der Aufnahme der Mindestbestandteile Entgelt,
Arbeitszeit und Urlaub konkretisiert. Der Gesetzgeber muss ferner einen ver-
bindlichen Kriterienkatalog für den Begriff „Arbeitsbedingungen“ erarbeiten.

C. Alternativen

Keine. Das Ziel, Sozialdumping im Briefdienst zu verhindern, kann jedoch
durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns unterstützt werden.

D. Kosten
Keine

Drucksache 16/4908 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Postgesetzes

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Postgesetzes

Das Postgesetz in der Fassung vom 22. Dezember 1997
(BGBl. I S. 3294), zuletzt geändert durch Artikel 272 der
Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) wird
wie folgt geändert:

In § 6 Abs. 3 wird in Satz 1 Nr. 3 folgender neuer Satz ange-
fügt:

„Zu den Mindestbestandteilen wesentlicher Arbeitsbedin-
gungen gehören Entgelt, Arbeitszeit, Urlaub.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 28. März 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

die wesentlichen Arbeitsbedingungen, die im lizenzierten
Bereich üblich sind, nicht unerheblich unterschreitet.“

Ein Antrag der Fraktion der SPD formulierte 1996: „Bei der
schrittweisen Liberalisierung des Postsektors müssen die
Auswirkungen auf das quantitative und qualitative Ar-
beitsangebot berücksichtigt und eine sozialverträgliche Be-
wältigung des Strukturwandels ermöglicht werden. […]

dern, ist es erforderlich, die sozialen Lizenzauflagen im
Postgesetz für die Bundesnetzagentur schärfer zu fassen und
in einem ersten Schritt durch die Aufnahme der Mindestbe-
standteile Entgelt, Arbeitszeit und Urlaub zu konkretisieren.
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber einen verbindlichen Kri-
terienkatalog für den Begriff „Arbeitsbedingungen“ zu erar-
beiten.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4908

Begründung

Mit der Liberalisierung des deutschen Briefmarktes ist ein
neuer Niedriglohnsektor entstanden. Der Wettbewerb wird
vorrangig über die niedrigsten Löhne und ungesicherte Be-
schäftigungsverhältnisse ausgetragen. Nach einer von der
Gewerkschaft ver.di in Auftrag gegebenen Studie zahlen
neue Briefdienstleister Stundenlöhne von 7 Euro in West-
und 5,90 Euro in Ostdeutschland, die Deutsche Post AG
bundesweit 11,84 Euro. Der Staat subventioniert diesen
Niedriglohnwettbewerb mit, da er die Niedrigeinkommen
der Briefträgerinnen und Briefträger ab einer bestimmten
Schwelle durch das Arbeitslosengeld II aufstockt.

Die Befürchtung, der Wettbewerb im Postsektor führe zu
Sozialdumping, veranlasste den Gesetzgeber im Postgesetz,
die „Berücksichtigung sozialer Belange“ als ein Regulie-
rungsziel festzuschreiben (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 PostG). Der
soziale Regulierungsauftrag wurde im Postgesetz in der so
genannten Sozialklausel (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PostG) ge-
nauer geregelt. Danach hat die für die Erteilung einer Lizenz
zur Beförderung von Briefsendungen unter 1 000 g zustän-
dige Bundesnetzagentur eine Lizenz dann zu versagen, wenn
„Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller

Durch geeignete Rahmenbedingungen muß verhindert wer-
den, dass Wettbewerber sich durch Sozialdumping unge-
rechtfertigte Vorteile verschaffen.“ (Bundestagsdrucksache
13/4582).

Vor dem Hintergrund der oben skizzierten Entwicklung sind
die sozialen Lizenzauflagen ungenügend angewandt wor-
den. Die Bundesnetzagentur ist ihrem Kontrollauftrag bisher
unzureichend nachgekommen, da sie bisher lediglich den
Umfang der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
prüft.

Die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kritisiert:
„Die Prüfung des Anteils sozialversicherungspflichtigter Be-
schäftigung durch die Bundesnetzagentur lässt allein keine
Ableitung zu, ob sich ein Lizenznehmer materiell Kosten-
oder Wettbewerbsvorteile durch das Unterschreiten der üb-
lichen Arbeitsbedingungen verschafft. Dazu ist eine direkte
Überprüfung dieser Bedingungen (z. B. Entgelt und Arbeits-
zeit) unabdingbar erforderlich. Werden die wesentlichen Ar-
beitsbedingungen unterschritten, muss konsequent die Ver-
sagung bzw. Entzug der Lizenz erfolgen.“

Um Sozialdumping im Bereich der Briefdienste zu verhin-

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