BT-Drucksache 16/463

Telefonabfragen zur Überprüfung der aktuellen Lebenssituation der Bezieherinnen und Bezieher von Grundsicherung für Arbeitsuchende

Vom 25. Januar 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/463
16. Wahlperiode 25. 01. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katja Kipping, Dr. Lothar Bisky, Sevim Dagdelen, Werner
Dreibus, Klaus Ernst, Diana Golze, Inge Höger-Neuling, Kornelia Möller,
Elke Reinke, Dr. Axel Troost und der Fraktion DIE LINKE.

Telefonabfragen zur Überprüfung der aktuellen Lebenssituation
der Bezieherinnen und Bezieher von Grundsicherung für Arbeitsuchende

Der Report vom Arbeitsmarkt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Ar-
beit „Vorrang für die Anständigen – Gegen Missbrauch, ,Abzocke‘ und Selbst-
bedienung im Sozialstaat“ vom August 2005 bezeichnete bereits laufende tele-
fonische Abfragen zur Aktualisierung und Überprüfung von Datenbeständen
über Bezieherinnen und Bezieher von Grundsicherung für Arbeitsuchende als
eine Maßnahme zur Vermeidung und Aufdeckung ungerechtfertiger Leistungs-
zahlungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

In der Pressemitteilung des Bundesbeauftragten für Datenschutz vom 8. August
2005 (PM 26/05) wurde festgestellt, dass datenschutzrechtliche Bestimmungen
bei der Telefonabfrage nicht berücksichtigt worden sind (wie z. B. keine vorhe-
rige schriftliche Information über die Befragung; keine Hinweise der Befragten
darüber, dass die Auskünfte am Telefon freiwillig sind und die Abfrage durch
die Befragten jederzeit abgebrochen werden kann; Unklarheit, wie der Nach-
weis erbracht werden soll, dass die Anrufenden zur Abfrage berechtigt sind).

In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE
LINKE. zum o. g. Report vom Arbeitsmarkt (Bundestagsdrucksache 16/222)
wurde dargelegt, dass der Bundesregierung keine wissenschaftlichen Belege
für so genannten Sozialleistungsmissbrauch durch Grundsicherungsbeziehende
bekannt sind (Bundestagsdrucksache 16/327).

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wurde angekündigt, dass
zur Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs geprüft werden soll, ob Leistungs-
beziehende zur Teilnahme an Telefonabfragen zur Überprüfung der aktuellen
Lebenssituation gesetzlich verpflichtet werden können.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Werden seitens der Arbeitsgemeinschaften nach dem SGB II derzeit oder in
absehbarer Zeit telefonische Abfragen zur Überprüfung der aktuellen

Lebenssituation von Grundsicherungsbeziehenden durchgeführt, und wenn
ja, in der gesamten Bundesrepublik Deutschland oder nur in bestimmten
Regionen?

2. Welche Abteilung der Arbeitsgemeinschaften oder welche beauftragte
Fremdinstitution führt auf welcher rechtlichen Grundlage telefonische Ab-
fragen durch?

Drucksache 16/463 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Welche konkreten Ergebnisse liegen hinsichtlich der im Koalitionsvertrag
angekündigten Überprüfung der gesetzlichen Verpflichtung zur Teilnahme
an Telefonabfragen durch die Leistungsbeziehenden vor, und sind Leis-
tungsbeziehende gesetzlich zur Teilnahme an der Telefonabfrage verpflich-
tet oder nicht?

4. Werden die Leistungsbeziehenden von der telefonischen Befragung zur
Datenbestandsklärung schriftlich vorab in Kenntnis gesetzt?

5. Wenn die Teilnahme an der Befragung nicht gesetzlich verpflichtend ist,
werden die Befragten in der schriftlichen Vorabinformation zur Befragung
und zu Beginn der Befragung darüber informiert, dass die Teilnahme an
der Befragung freiwillig ist und dass die Befragung jederzeit vom Befrag-
ten abgebrochen werden kann?

6. Wenn die Teilnahme an der Befragung nicht gesetzlich verpflichtend ist,
werden die Befragten in der schriftlichen Vorabinformation und zu Beginn
der Befragung darüber informiert, dass eine Auskunftsverweigerung oder
ein Abbruch der telefonischen Befragung sanktionsfrei ist?

7. Werden die befragten Leistungsbeziehenden in der schriftlichen Vorab-
information und zu Beginn der telefonischen Befragung über die leistungs-
rechtlichen Konsequenzen der telefonischen Auskünfte zur aktuellen
Lebenssituation informiert?

8. Welche Rechtsverbindlichkeit haben die telefonisch gegebenen Auskünfte
der befragten Leistungsbeziehenden?

9. Welche Möglichkeiten haben die Auskunft gebenden Leistungsbeziehen-
den, die durch die Telefonagenten möglicherweise falsch interpretierten
oder missverstandenen Antworten auf die Datenabfragen und deren
leistungsrechtliche Konsequenzen zu revidieren?

10. Wie weisen die befragenden Telefonagenten ihre Berechtigung zur Befra-
gung nach, und entspricht dieser Nachweis datenschutzrechtlichen Bestim-
mungen?

11. Welche Konsequenz hat eine dreimalige telefonische Nichterreichbarkeit
des zu befragenden Grundsicherungsbeziehenden für diesen?

Berlin, den 25. Januar 2006

Katja Kipping
Dr. Lothar Bisky
Sevim Dagdelen
Werner Dreibus
Klaus Ernst
Diana Golze
Inge Höger-Neuling
Kornelia Möller
Elke Reinke
Dr. Axel Troost
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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