BT-Drucksache 16/4531

Steigerungen der Energiekosten - Auswirkungen auf die Realeinkommen von SGB-II- und SGB-XII-Beziehenden

Vom 2. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4531
16. Wahlperiode 02. 03. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Klaus Ernst, Karin Binder, Dr. Lothar Bisky, Dr. Martina Bunge,
Diana Golze, Hans-Kurt Hill, Katja Kipping, Elke Reinke, Frank Spieth und der
Fraktion DIE LINKE.

Steigerungen der Energiekosten – Auswirkungen auf die Realeinkommen
von SGB-II- und SGB-XII-Beziehenden

Eine gemeinsame Studie des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE)
und des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH (ifeu)
hat jüngst in einem Projekt den Zusammenhang von Energiekostenanstieg, so-
zialen Folgen und Klimaschutz untersucht (November 2006). Heizkosten wer-
den in den Regelungsbereichen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II)
und des SGB XII in voller Höhe von den zuständigen Sozialleistungsträgern
übernommen, wenn sie angemessen sind. Kosten für die Haushaltsenergie
(Strom) werden hingegen in pauschalierter Weise durch den Eckregelsatz abge-
deckt, der durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) ermittelt
wird. Im 2006 noch gültigen Regelsatz auf der Grundlage der EVS 1998 wird
der Anteil für Haushaltsenergie für einen Einpersonenhaushalt mit 20,74 Euro
angegeben. Dies entspricht immerhin einem Anteil von 6 Prozent des gesamten
Eckregelsatzes. Die Studie geht von einer „Unterdeckung“ bei der Erstattung
der Haushaltsenergiekosten aus, die auch durch die neue Regelsatzbestimmung
nicht aufgehoben wird. Der entsprechende Ansatz wurde von 1998 bis 2006 um
7,2 Prozent auf 21,75 Euro angepasst, während die Strompreise während dieses
Zeitraums um 26,8 Prozent anstiegen. Die „Unterdeckung“ hat sich damit noch
verschärft, wobei gleichzeitig der Eckregelsatz nicht angehoben wurde. Die
steigenden Kosten für Strom müssen daher von den betroffenen Leistungsbe-
rechtigten durch anderweitig reduzierte Konsumausgaben kompensiert werden,
obwohl nach Angaben des Statistischen Bundesamts der Verbraucherpreisindex
zwischen 1998 und 2006 um mehr als 10 Punkte angestiegen ist. Die „Unterde-
ckung“ wird sich auch in den nächsten Jahren verschärfen, da auf Grund der
Kopplung der Eckregelsätze an den aktuellen Rentenwert keine Erhöhungen zu
erwarten sind, während mit der Mehrwertsteuererhöhung eine weitere Steige-
rung der Preise vorprogrammiert ist.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Teilt die Bundesregierung die referierte Wahrnehmung einer „Unterdeckung“

der Kosten für Haushaltsenergie und die Prognose einer größer werdenden
Lücke auf Grund der fehlenden Anpassung an die reale Entwicklung der
Kosten?

Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 16/4531 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Wie hoch ist der reale Einkommensverlust der Bezieherinnen und Bezieher
von SGB-II- und SGB-XII-Leistungen durch die unzureichende Anpassung
an die offiziell erhobenen Preissteigerungen im Bereich der Stromkosten
einzuschätzen?

3. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Autorin und des Autoren der
Studie, dass die gegenwärtige Praxis der Kommunen zur Bewertung der
„Angemessenheit“ der Heizkostenübernahme und die Einführung von Ober-
grenzen für die Heizkostenerstattung in einigen Kommunen zu einer Benach-
teiligung von Bewohnerinnen und Bewohnern schlecht isolierter Gebäude
führt?

4. Wie beurteilt die Bundesregierung die in der Studie abgegebene Empfeh-
lung, „objektive Bewertungskriterien bzgl. der Angemessenheit der Heiz-
kosten“ zu entwickeln, die eine Einschätzung des Heizenergieverbrauchs als
Basis für die Heizkostenerstattung ermöglichen?

5. Wie hoch ist der reale Einkommensverlust von SGB-II- und SGB-XII-Leis-
tungsbeziehenden durch die Kombination von Preissteigerungen und – mit
Ausnahme der Anpassung der Regelsätze in den neuen Bundesländern –
unterbliebener Anhebung der Leistungssätze in diesen Regelungssystemen
insgesamt einzuschätzen?

6. Wie hat sich die Einkommenssituation eines Sozialhilfeempfängerhaushalts
im Vergleich zu einem Durchschnittsverdienerhaushalt in den letzten 10 Jah-
ren entwickelt (bitte differenzieren nach verschiedenen Haushaltstypen)?

7. Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den Realeinkommensverlust
für Sozialleistungsbeziehende im SGB II und im SGB XII zu kompensieren?

Berlin, den 1. März 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.