BT-Drucksache 16/4486

Bildungszugang von Kindern und Jugendlichen stärken - Finanzierung von Schüler- und Schülerinnenbeförderung im SGB II ermöglichen

Vom 1. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4486
16. Wahlperiode 01. 03. 2007

Antrag
der Abgeordneten Katja Kipping, Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, Dr. Martina
Bunge, Diana Golze, Cornelia Hirsch, Katrin Kunert, Elke Reinke, Volker
Schneider (Saarbrücken), Dr. Ilja Seifert, Frank Spieth, Jörn Wunderlich
und der Fraktion DIE LINKE.

Bildungszugang von Kindern und Jugendlichen stärken – Finanzierung von
Schüler- und Schülerinnenbeförderung im SGB II ermöglichen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Die Ermöglichung von Zugang zu Bildung ist eine zentrale Aufgabe der
Politik, mit der die Zukunftsperspektiven des Landes maßgeblich beeinflusst
werden. Dabei ist sicherzustellen, dass der Zugang zu Bildung nicht nur for-
mal gleichberechtigt allen Kindern und Jugendlichen offensteht, sondern
auch die materiellen Voraussetzungen geschaffen werden, um die Angebote
zu realisieren.

2. Die Kosten der Schüler- und Schülerinnenbeförderung werden, da es keine
kinder- und jugendspezifische Bedarfsermittlung gibt, durch die Regelsätze
der bundesweiten Sicherungssysteme des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
(SGB II) und SGB XII nicht abgedeckt. Eine Geltendmachung von höheren
Ausgaben als in dem Regelsatz für „fremde Verkehrsdienstleistungen“ vor-
gesehen sind, scheitert in der Praxis regelmäßig. Die rechtlich mögliche Ver-
gabe von Darlehen zur Deckung der Beförderungskosten führt zu einer nicht
verantwortbaren Verschuldung von Leistungsbeziehenden.

3. Die Regelungen der prinzipiell zuständigen Länder sind zwar höchst unter-
schiedlich in ihrem Regelungsgehalt, sind aber fast flächendeckend für Kin-
der von Leistungsbeziehenden des Arbeitslosengeldes II sowie des Sozial-
geldes unzureichend. Fast durchgängig sind Schülerinnen und Schüler nach
der Klasse 10 von der Erstattung der Kosten für die Schülerbeförderung aus-
geschlossen. Lediglich auf freiwilliger Basis (freiwillige Aufgaben) ermög-
lichen einige Landkreise bzw. Stadtstaaten hier eine Entlastung von den Kos-
ten. Die finanzielle Absicherung höherer Schulbildung oder auch der
beruflichen Erstausbildung wird damit deutlich erschwert, soziale Mobilität
verhindert und letztlich einer weitergehenden gesellschaftlichen Polarisie-
rung Vorschub geleistet.
II. Der Deutsche Bundestag fordert daher die Bundesregierung auf,

1. mit einer Initiative die Länder an ihre Verantwortung für eine sozial aus-
gewogene Finanzierung der Schülerbeförderung zu erinnern, damit diese
Kosten perspektivisch komplett von den Ländern übernommen werden,

Drucksache 16/4486 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. das SGB II folgendermaßen zu ändern: die Fahrtkosten zur Schule oder zur
Ausbildungsstätte werden zukünftig bei der Berechnung des Einkommens
nach § 11 Abs. 2 SGB II berücksichtigt und die Mehrkosten durch die Schü-
ler- und Schülerinnenbeförderung werden als individuell nachzuweisender
Mehrbedarf in § 21 SGB II anerkannt,

3. analoge Regelungen sind für die Regelungsbereiche SGB XII als auch das
Asylbewerberleistungsgesetz zu verabschieden.

Berlin, den 28. Februar 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung

1. In der Mehrzahl der Länder der Bundesrepublik Deutschland werden die
Kosten der Schüler- und Schülerinnenbeförderung nicht vollständig und
nicht für den gesamten Zeitraum des Schulbesuches bis zum Abitur bzw. bis
zum Abschluss einer beruflichen Erstausbildung erstattet. Die Verfahrens-
weisen werden in der Regel durch die Landesgesetzgebung den Landkreisen
übertragen, die diese dann durch Satzung regeln. Obwohl die Regelungen
von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind, zeichnen sie sich fast
alle durch eine unzureichende Finanzierung der Schüler- und Schülerinnen-
beförderung aus. Die Bundesregierung sollte die Initiative ergreifen, um die
Länder an ihre Verantwortung zu erinnern und bundesweit koordinierte Min-
destregelungen anregen mit dem Ziel einer möglichst weit gehenden Kosten-
übernahme der Kosten der Schülerbeförderung durch die Länder.

2. Soweit eine solche Regelung nicht besteht, sollte die Bundesregierung alle
ihr zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, um den Zugang zu Bildung
auch Kindern aus Familien mit Sozialleistungsbezug zu ermöglichen. Für
Kinder von Eltern, die Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII oder dem
Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, sollten die genannten Regelungen
eingeführt werden, damit die Kosten der Schüler- und Schülerinnenbeförde-
rung durch diese Leistungssysteme übernommen werden können.

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