BT-Drucksache 16/4116

Ziele des Bundes für den Europäischen Sozialfonds in der Förderperiode 2007 bis 2013

Vom 19. Januar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4116
16. Wahlperiode 19. 01. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Dr. Thea Dückert, Priska Hinz (Herborn),
Kerstin Andreae, Birgitt Bender, Ekin Deligöz, Kai Gehring, Anja Hajduk, Britta
Haßelmann, Markus Kurth, Anna Lührmann, Omid Nouripour, Elisabeth
Scharfenberg, Irmingard Schewe-Gerigk und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ziele des Bundes für den Europäischen Sozialfonds in der Förderperiode
2007 bis 2013

Mit dem Jahr 2007 beginnt eine neue Förderperiode des Europäischen Sozial-
fonds (ESF), die den Zeitraum bis 2013 umfasst. Mit der Verordnung des Rates
vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds und
der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006
über den Europäischen Sozialfonds wurde im Vergleich zur abgelaufenen
Förderperiode ein neues Schwerpunktsystem entwickelt, das von Bund und Län-
dern in ihren Programmen zur Verwendung der ESF-Mittel beachtet werden
muss. Mittel des Europäischen Sozialfonds haben in der Vergangenheit den
Handlungsspielraum von Bund und Ländern erheblich erweitert. Allein im Zu-
ständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales standen in
der Förderperiode 2000 bis 2006 durch den ESF zusätzlich 3,5 Mrd. Euro für
Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung.

Die umfangreichen Fördermittel der EU können in der jetzt begonnenen Förder-
periode den EU-Verordnungen zufolge dazu genutzt werden, um innovative För-
deransätze zu ermöglichen und zu unterstützen, und dies in so unterschiedlichen
Bereichen wie zum Beispiel dem besseren Zugang zum Arbeitsmarkt für beson-
ders Benachteiligte, der Erhöhung der Beteiligung am Arbeitsmarkt von Älte-
ren, dem verbesserten Zugang von Frauen zu Beschäftigung oder der Reform
der Aus- und Weiterbildungssysteme.

Dem ersten Entwurf des Nationalen Strategischen Rahmenplans (NSRP) für die
Bundesrepublik Deutschland zufolge beabsichtigt die Bundesregierung für die
Förderperiode 2007 bis 2013, sich an den in den EU-Verordnungen u. a. genann-
ten Schwerpunkten „Steigerung der Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit
von Beschäftigten und Unternehmen“, „Verbesserung der sozialen Eingliede-
rung von benachteiligten Personen“ sowie „Verbesserung des Humankapitals“
zu orientieren.

Die Bundesregierung hat trotz bereits begonnener Förderperiode noch kein ope-

rationelles Programm vorgelegt, in dem die Schwerpunkte verbindlich benannt
und mit eigenen strategischen Zielen und Handlungsfeldern des Bundes verbun-
den werden. Die im Entwurf des NSRP angekündigte Verankerung des Gender
Mainstreamings als Querschnittsthema und die Berücksichtigung der Erkennt-
nisse der Gemeinschaftsinitiative EQUAL bezüglich Zielgruppen, Innovations-
und Experimentiermethoden und Einbeziehung von Nichtregierungsorganisati-
onen sind noch ohne Konkretisierung. Anders als die operationellen Programme

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einiger Bundesländer liegt das Programm des Bundes der EU-Kommission noch
nicht zur Prüfung vor, die Förderfähigkeit auf Ebene des Bundes ist damit trotz
bereits begonnener Förderperiode nicht gegeben.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welcher Höhe stehen dem Bund Fördermittel aus dem Europäischen
Sozialfonds (ESF) für die Förderperiode insgesamt und pro Haushaltsjahr
zur Verfügung?

2. In welcher Höhe stehen den einzelnen Bundesländern Fördermittel aus dem
Europäischen Sozialfonds (ESF) für die Förderperiode insgesamt und pro
Haushaltsjahr zur Verfügung?

3. Nach welchen Kriterien erfolgte die Aufteilung der ESF-Mittel zwischen
Bund und Ländern?

4. Wie verteilen sich die Fördermittel des ESF, die dem Bund für die neue För-
derperiode zur Verfügung stehen, auf die Zuständigkeiten der einzelnen
Bundesministerien?

5. In welcher Höhe sind für die Verwendung der Fördermittel des ESF natio-
nale Kofinanzierungsmittel notwendig, und in welchem Umfang sind diese
in Bezug auf die ESF-Mittel, die dem Bund zur Verfügung stehen, bereits in
den Einzelhaushalten der betroffenen Bundesministerien eingestellt?

6. Wann beabsichtigt die Bundesregierung das operationelle Programm (OP)
des Bundes für die Verwendung der ESF-Mittel des Bundes für 2007
bis 2013 vorzulegen?

7. Welche Bundesministerien sind an der Erarbeitung des OP des Bundes
beteiligt und welches ist insgesamt federführend?

8. Wann und wie wurden die Sozialpartner, regionale und lokale Behörden wie
z. B. die Arbeitsgemeinschaften sowie Akteure der Gleichstellungs-, Inte-
grations-, Bildungs- und Umweltpolitik beteiligt?

a) Wie wurden diese Partner ausgesucht?

b) Wie viele Konsultationen fanden mit den Partnern statt?

c) Wie sind die Stellungnahmen der Partner in das OP eingeflossen?

Kann die Bundesregierung dazu Beispiele nennen?

d) Wurden die Partner über das Ergebnis informiert?

e) Wird die Bundesregierung auch in Zukunft einen Begleitausschuss für
die ESF-Bundesprogramme einrichten, in dem die Partner regelmäßig
über die Umsetzung der Programme informiert werden?

9. In welcher Form und wann wird der Deutsche Bundestag über das OP des
Bundes unterrichtet?

10. Wann rechnet die Bundesregierung mit Abschluss der Prüfung des OP des
Bundes durch die EU-Kommission und mit dem Beginn der Förderung in
der neuen Förderperiode auf Bundesebene?

11. Entstehen durch das Auseinanderfallen des Beginns der Förderung auf Bun-
desebene und des Beginns der Förderperiode des ESF Verzögerungen oder
andere Nachteile für bereits geplante bzw. beantragte Förderprojekte?

12. Gehen durch das Auseinanderfallen des Beginns der Förderung auf Bundes-
ebene und des Beginns der Förderperiode Mittel des ESF verloren, die an-
sonsten hätten genutzt werden können?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4116

13. Welche Schwerpunkte hat die Bundesregierung für die neue Förderperiode
auf Bundesebene gewählt, und wie adressieren diese Schwerpunkte die im
Nationalen Beschäftigungsplan analysierten Defizite?

14. Welche Bundesministerien sind für die jeweiligen Schwerpunkte federfüh-
rend?

15. Mit welchen Aktionen und Maßnahmen werden die einzelnen Schwer-
punkte über die Einzeljahre der Förderperiode hinweg untersetzt, und wie
verteilen sich die bisher geplanten Aktionen und Maßnahmen auf die Bun-
desministerien?

16. Kann die Bundesregierung konkret beschreiben, wie sie die in der Verord-
nung der allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds geforderte
Gleichstellung von Männern und Frauen in den einzelnen Schwerpunkten
umgesetzt hat (Artikel 16; EG Nr. 1083/2006 vom 11. Juli 2006), und wo
findet der Abbau von Diskriminierung in den einzelnen Schwerpunkten
seinen Niederschlag?

17. Finden die Verbesserung des Zugangs von Frauen zu Beschäftigung und der
Abbau direkter oder indirekter Ursachen des geschlechtsspezifischen Lohn-
gefälles Berücksichtigung, und wenn ja, in welcher konkreten Form?

18. Werden die Erkenntnisse der Gemeinschaftsinitiative EQUAL der vergan-
genen Förderperiode in der neuen Förderperiode berücksichtigt und im ope-
rationellen Programm des Bundes weiterentwickelt?

a) Wenn ja, welche Maßnahmen aus dem alten EQUAL-Programm beab-
sichtigt die Bundesregierung fortzuführen?

b) Wenn nein, wird die Bundesregierung im Rahmen der ESF-Förderung
die bessere soziale und berufliche Eingliederung von Personen mit
Migrationshintergrund, die Qualifizierung von Asylbewerbern, die aus-
bildungs- oder berufsbezogene Sprachausbildung und den Abbau von
Diskriminierung beim Zugang zum Arbeitsmarkt fördern?

19. In welcher Form werden in der neuen Förderperiode transnationale Zusam-
menarbeit und Kooperation auf Bundesebene gefördert werden, und mit
welchen Aktionen und Maßnahmen werden sie in den einzelnen Schwer-
punkten umgesetzt?

20. Welche Maßnahmen zur Schließung der Ausbildungsplatzlücke plant die
Bundesregierung, bei denen ESF-Mittel genutzt werden?

Welche Rolle spielt dabei die Förderung der Verbundausbildung?

21. Werden in der neuen Förderperiode ESF-Mittel zur Stärkung der Berufs-
orientierung und Berufsberatung eingesetzt?

Falls ja, wie und wo?

22. Für welche Maßnahmen zur Senkung der Jugendarbeitslosigkeit werden
ESF-Mittel in der neuen Förderperiode eingesetzt werden?

23. In welcher Form wird lebenslanges Lernen und berufliche Weiterbildung
etwa durch die Verbesserung der Systeme der Aus- und Weiterbildung oder
durch Maßnahmen zur Erhöhung der Teilnahme von Unternehmen und
Individuen an beruflicher Weiterbildung in der neuen Förderperiode
gefördert?

24. Unter welchen Voraussetzungen sind die derzeit unter dem Stichwort „Wei-
terbildungsprämie“ diskutierten Pläne der Bundesregierung zur Verbesse-
rung der beruflichen Weiterbildung mit ESF-Mitteln finanzierbar, und sind

diese bereits in die Planungen für die neue Förderperiode integriert?

Drucksache 16/4116 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
25. Werden Anstrengungen und Projekte zur besseren Förderung, Beratung und
Begleitung von Existenzgründungen allgemein, von Existenzgründungen
aus Arbeitslosigkeit und speziell von Existenzgründerinnen durch ESF-Mit-
tel des Bundes gefördert werden, und wenn ja, in welcher Form?

26. Werden Anstrengungen und Projekte zur besseren Vereinbarkeit von Fami-
lie und Beruf, etwa durch besseren Zugang zu Kinderbetreuung oder inno-
vative und flexible Arbeitszeitmodelle für Väter und Mütter, durch ESF-
Mittel des Bundes gefördert werden, und wenn ja, in welcher Form?

27. Welche Anstrengungen und Projekte zur Wiedereingliederung von Arbeits-
losen und zur Erhöhung der Beteiligung von Geringqualifizierten am Er-
werbsleben werden durch ESF-Mittel des Bundes gefördert werden?

28. Werden Anstrengungen und Projekte zur Verbesserung des Zugangs von
nicht erwerbstätigen Personen zum Arbeitsmarkt, insbesondere von Berufs-
rückkehrern und Berufsrückkehrerinnen und so genannten Nichtleistungs-
beziehern und Nichtleistungsbezieherinnen durch ESF-Mittel des Bundes
gefördert werden, und wenn ja, in welcher Form?

29. Werden Anstrengungen und Projekte zur Erhöhung der Beteiligung Älterer
am Erwerbsleben in der neuen Förderperiode durch ESF-Mittel des Bundes
gefördert werden, und wenn ja, in welcher Form?

Welche Begleit- und Unterstützungsmaßnahmen sind vorgesehen?

30. Werden Anstrengungen und Projekte für einen besseren Zugang von Men-
schen mit Behinderungen zum Arbeitsmarkt in der neuen Förderperiode
durch ESF-Mittel des Bundes gefördert werden, und wenn ja, in welcher
Form?

31. Wie wird die Vernetzung relevanter Akteure auf transnationaler, nationaler,
regionaler und lokaler Ebene zu Partnerschaften, Bündnissen und Initiativen
mit dem Ziel der besseren Einbeziehung aller in den Arbeitsmarkt in der
neuen Förderperiode gefördert?

32. Bei welchen Schwerpunkten, Aktionen und Maßnahmen kooperieren Bund
und Länder in der Verwendung ihrer jeweiligen ESF-Mittel miteinander,
und wie werden Synergieeffekte beim Einsatz der Mittel sichergestellt?

33. In welchem Umfang ist eine wissenschaftliche Evaluierung der ESF-Förde-
rung des Bundes während der neuen Förderperiode geplant, und in welcher
Form wird diese Evaluierung genutzt werden, um in der laufenden Förder-
periode zu Anpassungen und Verbesserungen des Einsatzes der ESF-Mittel
durch den Bund zu gelangen?

Werden die Daten hierfür geschlechtsspezifisch erfasst?

34. In welcher Form und in welchen Abständen wird der Deutsche Bundestag
über Inhalt, Umfang, Ergebnisse und Evaluierung der ESF-Förderung des
Bundes unterrichtet werden?

Berlin, den 19. Januar 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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