BT-Drucksache 16/3923

Wassereinbrüche im Salzbergwerk Asse II

Vom 18. Dezember 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3923
16. Wahlperiode 18. 12. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Kurt Hill, Eva Bulling-Schröter, Dr. Petra Sitte,
Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Karin Binder, Heidrun Bluhm,
Roland Claus, Lutz Heilmann, Katrin Kunert, Michael Leutert, Dorothee Menzner,
Dr. Ilja Seifert, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Wassereinbrüche im Salzbergwerk Asse II

Die Probleme bezüglich der Wasserzutritte in der Asse II wurden bereits in den
60er Jahren erörtert. Im Protokoll der 61. Sitzung des Bundestagsausschusses
für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft vom 13. Mai 1965 werden die
Laugenzutritte in den Schächten I und III erwähnt. Zu Schacht II ist nachzu-
lesen: „Ein schwieriges Problem sei, dass der Schacht Asse II in 300 m Tiefe
einen Riss habe, durch den schon seit vielen Jahren Süßwasser einsickere. Die-
sem Punkt gelte ganz besondere Aufmerksamkeit. Sollte sich dieses Problem
nicht lösen lassen, müsse die Asse II wieder abgegeben werden.“

In der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN – Bundestagsdrucksache 16/2963 – stellt die Bundesregierung fest,
dass das Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (früher Gesellschaft
für Strahlenforschung, kurz GSF) „nach durchgeführter Eignungsuntersuchung“
das Salzbergwerk Asse im Auftrag des Bundes gekauft habe. Ebenfalls findet
sich in der Antwort die Aussage, dass „nach Umsetzung des vorgesehenen
Schließungskonzeptes (…) nach derzeitigem Kenntnisstand der sichere Ein-
schluss der eingelagerten radioaktiven Abfälle dauerhaft gewährleistet“ sei.

Auf einer Veranstaltung der GSF in Remlingen am 17. November 2005 wurde
im Rahmen eines Berichts zum Stand der Arbeiten zum Nachweis der Lang-
zeitsicherheit auf die Nachweisprobleme eingegangen (www.gsf.de/asse). In
einer Veranstaltung am 23. November 2006 wurde der Langzeitsicherheits-
nachweis von Seiten der GSF – zum wiederholten Male – für demnächst in
Aussicht gestellt, nachweislich erbracht ist er bisher nicht.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung heute, dass der Bund am 12. März 1965
die Schachtanlage Asse gekauft und in den Folgejahren Atommüll dort ein-
gelagert hat, obwohl bereits damals bekannt war, dass es Probleme mit Was-
serzutritten im Schacht Asse II gibt und die Schächte I und III bereits über-

flutet waren?

2. Wie und wann ist im Nachgang zu der Ausschusssitzung am 13. Mai 1965
das Problem um den „seit vielen Jahren“ stattfindenden Wasserzutritt auf
300 m Tiefe „gelöst“ worden?

3. Gab es weitere Wasser- bzw. Laugenzutritte im Schacht bzw. im Gruben-
gebäude der Asse II zwischen 1965 und dem 1988 festgestellten?

Drucksache 16/3923 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
4. Auf welche wissenschaftlichen Erkenntnisse begründet die Bundesregierung
ihre Aussage (Bundestagsdrucksache 16/2963), dass der sichere Einschluss
der radioaktiven Abfälle in der Asse II dauerhaft gewährleistet ist, obwohl
es bisher keinen Langzeitsicherheitsnachweis gibt und dieser aufgrund tat-
sächlicher Nachweisprobleme immer wieder verschoben und bis heute nicht
beigebracht wurde?

5. Warum beschleunigte sich der Verformungsprozess des Deckgebirges in der
Zeit von 1985 bis 1990 (siehe Bundestagsdrucksache 16/2963, Antwort zu
Frage 24)?

6. Auf welche wissenschaftlichen Erkenntnisse stützt sich die vom Parlamenta-
rischen Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung,
Thomas Rachel, in der Fragestunde am 29. November 2006 getätigte Äuße-
rung, dass die Stabilität des Grubengebäudes bis 2014 gewährleistet werden
könne, und welche geologischen, physikalischen o. a. Ereignisse werden
nach 2014 erwartet, die dazu führen, dass eine Stabilität bis z. B. 2030 nicht
mehr zu gewährleisten sei (Plenarprotokoll 16/69, S. 6851 D)?

7. Worauf bezieht sich, angesichts der evidenten Probleme in der Asse II, die
Äußerung des Leiters des Referats Stilllegung, Rückbau und Entsorgung
kerntechnischer Anlagen im Bundesministerium für Bildung und Forschung,
Klaus Komorowski, anlässlich der Festveranstaltung zum 100-jährigen Be-
stehen der Asseschachtanlage II, „das Asseprojekt habe Modelcharakter für
andere Zwischen- und Endlager für radioaktive Abfälle“ (Wolfenbütteler
Zeitung vom 23. September 2006)?

8. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass in dem Moment, in dem der
Atommüll in der Asse II verbleibt und sie verschlossen wird, der Atommüll
dort endgültig gelagert und die Asse II damit de facto zum Atommüllend-
lager wird?

Wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung?

9. Trifft es zu, dass die Asse II in dem Moment, in dem der Atommüll aus dem
Lager herausgeholt wird, eine Atomanlage würde und nach dem Atomgesetz
behandelt werden müsste?

Berlin, den 15. Dezember 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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