BT-Drucksache 16/3019

Den Hunger in Entwicklungsländern wirksam bekämpfen - das Recht auf Nahrung umsetzen und ländliche Entwicklung fördern

Vom 18. Oktober 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3019
16. Wahlperiode 18. 10. 2006

Antrag
der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ulrike Höfken, Ute Koczy, Renate Künast,
Fritz Kuhn, Volker Beck (Köln), Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, Kerstin Müller (Köln),
Winfried Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock,
Jürgen Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Den Hunger in Entwicklungsländern wirksam bekämpfen –
das Recht auf Nahrung umsetzen und ländliche Entwicklung fördern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der grundlegende und regelmäßige Zugang zu Lebensmitteln ist in Deutschland
selbstverständlich. Auch wenn die meisten Menschen wissen, dass dies in ande-
ren Teilen der Welt nicht der Fall ist, spielt das Thema politisch nicht die heraus-
ragende Rolle, die ihm angesichts der dramatischen Lage in der Welt zukommt.

Während bei anderen Entwicklungszielen, wie dem Zugang zu Bildung, saube-
rem Wasser und medizinischer Versorgung durchaus Fortschritte zu erkennen
sind, geht die Zahl der Hungernden nicht zurück, in Teilen der Welt nimmt sie
eher zu. Es ist ein nicht hinnehmbarer Skandal, dass alle 5 Sekunden ein Kind
unter 10 Jahren verhungert, obwohl derzeit genügend Nahrungsmittel angebaut
werden, mit denen doppelt so viele Menschen ernährt werden könnten wie heute
auf der Erde leben.

Auf dem Welternährungsgipfel 1996 in Rom verpflichteten sich die Staats- und
Regierungschefs, die Zahl der Hungernden bis 2015 zu halbieren. Dieses Ziel
wurde durch die Millenniums-Erklärung der VN und anderen internationalen
Foren wie dem Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung 2002 bekräftigt. Durch
die Verabschiedung der „freiwilligen Leitlinien zur Umsetzung des Rechts auf
Nahrung“ durch den Rat der FAO im November 2004 wurde ein wichtiger Schritt
in Richtung internationaler Rechtsetzung getan. Die Leitlinien bieten eine gute
Grundlage zur Hungerbekämpfung im Rahmen eines gemeinsamen Vorgehens
von Industrie- und Entwicklungsländern.

Weltweit leiden mehr als 852 Millionen Menschen an chronischer Unterernäh-
rung. Rund 800 Millionen der Hungernden leben in Entwicklungsländern, knapp
80 Prozent davon auf dem Land. In der Mehrzahl handelt es sich dabei um klein-
bäuerliche Familien.
Das Recht auf Nahrung umsetzen

Ein viel versprechender Ansatz, die Staaten auf die Bekämpfung des Hungers zu
verpflichten, besteht in der Umsetzung der „Internationalen Leitlinien zum Men-
schenrecht auf Nahrung“. Die Leitlinien wurden von allen FAO-Mitgliedern
(187 Staaten) einstimmig angenommen und haben deshalb ein hohes Gewicht für

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die zukünftige Interpretation des Rechts auf Nahrung. Die Leitlinien beschreiben
die Elemente einer nationalen Strategie der Umsetzung genau. Regierungen wer-
den aufgefordert, zunächst die besonders betroffenen Gruppen zu identifizieren.
Sie sollen in einem zweiten Schritt sicherstellen, dass relevante gesetzliche Re-
geln zum Schutz und zur Förderung dieser von Hunger und Unterernährung
besonders betroffenen Gruppen überprüft und wo nötig ergänzt werden, damit
ausreichender menschenrechtlicher Schutz besteht. Die Regierungen sollen zum
Dritten für jede dieser Gruppen eigenständige Politik- und Fördermaßnahmen er-
greifen. Zum Vierten sollen die Regierungen ein aussagekräftiges Monitoring
der Ergebnisse ihrer Politikmaßnahmen durchführen. Fünftens beschreiben die
Leitlinien ausführlich, in welcher Weise Überwachungs- und Beschwerdemög-
lichkeiten für diese Gruppen geschaffen oder verbessert werden können. Durch
die Anwendung einer solchen mehrstufigen Umsetzungsstrategie soll es möglich
werden, Regierungen zur Rechenschaft (accountability) zu ziehen.

Die Leitlinien stellen einen wichtigen politischen Fortschritt dar, weil sie klar be-
schreiben, wie das Recht auf Nahrung in der vorliegenden Definition umgesetzt
werden kann, und damit die internationale Rechtsetzung und Rechtsanwendung
vorantreiben. Sie müssen jetzt von den Entwicklungsländern und den Industrie-
nationen konkret umgesetzt werden. Die Bundesregierung sollte bei der Förde-
rung der Umsetzung der Leitlinien eine führende Rolle spielen.

Die ländliche Entwicklung in der Entwicklungszusammenarbeit stärken

Entwicklungspolitische Strategien können bei der Förderung von ländlichen
Räumen und bei der Hungerbekämpfung direkt beim Recht auf Nahrung anknüp-
fen. Zentrale Maßnahme zur Umsetzung des Rechts auf Nahrung ist die Garantie
und Schaffung von Zugang zu produktiven Ressourcen und Einkommensmög-
lichkeiten. Die Bedeutung des ökonomischen und sozialen Zugangs zu Einkom-
mensmöglichkeiten wird ins Zentrum gerückt. Das Recht auf Nahrung ist dem-
entsprechend vor allem als Recht sich selbst ernähren zu können definiert und
nicht als Recht auf kostenlose Versorgung mit Nahrungsmitteln. In diesem Sinne
kommt dem Zugang zu Land und den positiven Rahmenbedingungen für die
Nutzung von Land eine zentrale Funktion in ländlichen Regionen zu.

Viele Kleinbauernfamilien in Entwicklungsländern leben unter äußerst prekären,
marginalisierten Bedingungen. Das verfügbare Land ist oft zu klein, die Höfe
liegen in ökologischen Problemgebieten, an steilen Hängen, in Regionen und
Gebieten, die Dürren oder Überflutungen ausgesetzt sind usw. Marginalisierung
kann auch bedeuten, dass die Landtitel nicht abgesichert sind, die Bauernfami-
lien – gerade wenn sie von Frauen geleitet werden – keinen Zugang zu Krediten
und damit auch nicht zu Saatgut haben. Fehlendes Transportwesen und Infra-
struktur machen die Familien oft von wenigen Zwischenhändlern abhängig.
Agrarberatung ist meist nicht vorhanden.

Für viele dieser marginalisierten Familien ist es eine Kombination aus solchen
Faktoren, die dazu führt, dass sie sich als Bauern nicht von ihrem Land ernähren
können. Diese Familien sind zudem hochgradig verletzlich gegenüber externen
Schocks wie Dürren, anderen Naturkatastrophen oder politischen Unruhen.

Zu lange haben sich internationale und nationale Agrarforschung nur um bevor-
zugte landwirtschaftliche Gebiete gekümmert, dort wo Bewässerung auf guten
Böden möglich ist. Agrarpolitische Förderprogramme und Agrarberatung waren
meistens darauf und auf die Unterstützung weniger zentraler Exportprodukte
konzentriert.

Eine effiziente Hungerbekämpfung muss die landwirtschaftliche Förderung in
Entwicklungsländern neu ausrichten. Nachhaltigkeit und Armutsorientierung

sind entscheidend dafür, dass die Unterstützung bei denen ankommt, die sie drin-

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gend brauchen und dass die Entwicklung der Landwirtschaft nicht auf Kosten der
Umwelt geschieht.

Eine kleinbäuerliche nachhaltige Produktion sollte gezielt gefördert werden. Ge-
nerell sollte bei der Agrarproduktion das Leitbild des Ökologischen Landbaus
zur nachhaltigen Lebensmittelerzeugung und dessen positiver Ertragseffekt bei
niedrigem Energie- und Ressourceninput gestärkt werden. Die Entwicklungszu-
sammenarbeit soll die Förderung stärker als bisher darauf ausrichten, sie inhalt-
lich zu fokussieren und finanziell besser auszustatten.

In den meisten Entwicklungsländern sind die Agrarbudgets seit Jahren rückläu-
fig. Auch die internationale Entwicklungszusammenarbeit hat die Förderung des
Agrarsektors und der ländlichen Entwicklung seit längerem deutlich reduziert.
Die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit aller bi- und multilateralen Geber
für die Landwirtschaft ist von 25 Mrd. US-Dollar im Jahr 1986 auf gut 12 Mrd.
US-Dollar im Jahr 2000 zurückgegangen.

Da zeitgleich die allgemeinen Mittel, die für ländliche Entwicklung zur Verfü-
gung gestellt wurden, in den letzten zehn Jahren mehr als halbiert wurden, ist für
marginalisierte Regionen in der Regel keine oder keine ausreichende Unterstüt-
zung vorhanden.

Die Gründe für die Vernachlässigung dieser Gruppen in der Agrarpolitik, in der
Haushaltszuweisung, in der Agrarforschung und in der Entwicklungspolitik sind
vielfältig. Agrareliten ist es in vielen Entwicklungsländern immer gelungen, die
vorhandenen Mittel für ländliche Entwicklung in ihre Bereiche, beispielsweise in
die Agrarexportplantagen, umzulenken. Infrastrukturförderung wurde deshalb
selten unter der Maßgabe der Entwicklung lokaler oder regionaler Märkte geför-
dert, sondern eher unter dem Aspekt des Zugangs der zentralen Exportprodukte
zum Weltmarkt.

Generell hat die Entwicklungspolitik der zwei vergangenen Dekaden ländliche
Regionen nicht in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt und dem Thema nur
unzureichende Aufmerksamkeit gewidmet. Anlässlich von zwei Anhörungen,
die im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung des
Deutschen Bundestages 2005 und 2006 zum Thema ländliche Entwicklung und
Recht auf Nahrung in Entwicklungsländern durchgeführt wurden, betonten die
Sachverständigen unisono die Notwendigkeit eines stärkeren bilateralen und
multilateralen Engagements in diesen Bereichen.

Ein weiteres Problem ist die grundsätzliche Anwendung der Lebensmittelhilfe-
konvention auf den Haushaltstitel der entwicklungsorientierten Nahrungsmittel-
und Nothilfe. Die in der Lebensmittelhilfekonvention festgelegten Mindestver-
pflichtungen führen dazu, dass ein Großteil der für diesen Haushaltstitel vorgese-
henen Mittel direkte Lebensmittelhilfe oder Äquivalenzen (über das Welternäh-
rungsprogramm) vergeben werden muss und damit der Spielraum für die Förde-
rung längerfristiger, integrierter landwirtschaftlicher Entwicklungsansätze im
oben beschriebenen Sinne geringer wird. Die Laufzeit der Programme unter die-
sem Haushaltstitel wurde zudem auf bis zu drei Jahre begrenzt. Langfristige Pro-
jekte mit dem spezifischen Fokus der Förderung ländlicher Entwicklung werden
von der deutschen EZ kaum noch umgesetzt.

Den internationalen Agrarhandel gerechter gestalten

Es muss darauf geachtet werden, dass internationale Handelsmaßnahmen im
Rahmen der WTO nicht zu einer Beeinträchtigung der Ernährungssicherheit und
-sicherung führen. Diesbezügliche Schutzmechanismen müssen den Entwick-
lungsländern zugesichert werden. Gleichzeitig sollen die Interessen von Klein-
bauern durch das Abkommen zum Schutz des geistigen Eigentums nicht unter-

laufen werden. Durch die Regeln der WTO darf der Zugang zu pflanzengeneti-

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schen Ressourcen nicht eingeschränkt werden. Das Recht der Länder, die tradi-
tionelle Verwendung von biologischen Materialien fortzuführen sowie Saatgut
für die Wiederaussaat und für die lokale Forschung uneingeschränkt verwenden
zu können, sollte gestärkt werden.

Es ist von entscheidender Bedeutung, das Entwicklungsmandat der WTO-Ver-
handlungen wiederzubeleben. Der entwicklungsfeindliche Protektionismus und
die fehlgeleitete Agrarsubventionspolitik der OECD-Länder muss endlich abge-
baut werden. Es kann nicht angehen, dass die Märkte der ärmsten Länder weiter-
hin von subventionierten Lebensmitteln aus den Industrieländern schwer gestört
werden und dadurch die lokale Landwirtschaft zerstört wird.

Zusammenfassend kann festgestellt werden: Ländliche Entwicklung wird dann
erfolgreich sein, wenn sie gleichzeitig mehrere Ziele verfolgt:

– Landreformen und öffentliche Investitionen in Infrastruktur, Gesundheit und
Bildung,

– eine Kleinbauern fördernde und Ressourcen schonende Agrarpolitik vor Ort,

– Agrarforschung, die stärker auf die Bedürfnisse von marginalisierten Produ-
zenten ausgerichtet ist,

– eine gezielte Förderung von Frauen,

– den Abbau von marktverzerrenden Agrarsubventionen in den Industrielän-
dern, vor allem der von Agrardirektzahlungen, Exportsubventionen und
Marktstützungsmaßnahmen,

– die Überwindung der Zolleskalation und die Öffnung der Märkte der Indus-
trienationen für Agrarprodukte aus den Entwicklungsländern, die unter
ökologisch und sozial verantwortbaren Bedingungen produziert worden sind
sowie

– die Zusicherung von Schutzmaßnahmen zur Ernährungssicherung in Ent-
wicklungsländern im Rahmen der WTO und von bi- und polylateralen Han-
dels- und Zollabkommen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. im Bundeshaushalt deutlich mehr Mittel für die ländliche Entwicklung in Ent-
wicklungsländern zur nachhaltigen Bekämpfung des Hungers bereitzustellen;

2. die Förderung von ländlicher Entwicklung und Landwirtschaft in Entwick-
lungsländern nach den Prinzipien von Nachhaltigkeit und Armutsorientie-
rung neu auszurichten und dafür Sorge zu tragen, dass die Unterstützung bei
denen ankommt, die sie dringend brauchen;

3. das Engagement zur Umsetzung des Rechtes auf Nahrung fortzusetzen und
eine Impuls gebende Rolle bei der Förderung der Umsetzung der Leitlinien zu
übernehmen und in diesem Zusammenhang zu einer Umsetzungskonferenz
2008 nach Deutschland einzuladen;

4. die von der Welternährungsorganisation FAO verabschiedeten „freiwilligen
Leitlinien zur Umsetzung des Rechts auf Nahrung“ zu einem zentralen Be-
standteil der Regierungsverhandlungen mit den Partnerländern in Afrika,
Asien und Lateinamerika zu machen und sich auch in der multilateralen Ent-
wicklungszusammenarbeit für eine stärkere Orientierung an diesen Leitlinien
einzusetzen;

5. den Umsetzungsprozess für die freiwilligen Leitlinien durch begleitende Stu-
dien über best practices zu unterstützen und so im internationalen Politikdia-
log zur Förderung der Umsetzung und zur weiteren Präzisierung der Inhalte

der Leitlinien beizutragen;

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6. die Integration der Leitlinien in alle Entwicklungsstrategien und Strategie-
papiere (PRSPs, nationale Entwicklungsstrategien und -programme etc.)
voranzutreiben und in den internationalen Finanzinstitutionen und der WTO
Initiativen zur Verankerung der Leitlinien zu ergreifen;

7. die entwicklungspolitische Strategie im ländlichen Bereich besonders auf
kleinbäuerliche Produzenten in benachteiligten Regionen (Marginalisierte)
auszurichten;

8. die Umsetzung von Landreformen zu unterstützen, sich in der FAO für eine
substantielle Umsetzung der ICARRD (International Conference on Agra-
rian Reform and Rural Development) Ergebnisse einzusetzen, insbesondere
für eine Sonderinitiative der FAO zur Förderung von Agrarreformen;

9. sich in der Weltbank gegen Programme von marktgestützten Landreformen
auszusprechen, die Landlose und Kleinbauern durch die Aufnahme einer ho-
hen individuellen Verschuldung überfordern;

10. durch die Förderung eines besseren Zugangs zu Land, Wasser, Krediten, Be-
triebsmitteln und Technologien lokale und regionale Wirtschaftsstrukturen
zu stärken und damit stabilisierend auf das binnenwirtschaftliche Umfeld in
Entwicklungsländern einzuwirken;

11. den Aufbau funktionierender öffentlicher Verwaltungsstrukturen und die
Partizipation der ländlichen Bevölkerung nach Kräften zu fördern;

12. Investitionen in die Infrastruktur und die Weiterverarbeitung von Agrarpro-
dukten im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit besonders zu fördern;

13. die Entwicklung standort- und umweltgerechter Produktionsverfahren in der
Land- und Forstwirtschaft vor allem zur Eigenversorgung zu fördern und mit
Programmen zur Förderung der Exportwirtschaft zu verzahnen;

14. den ökologischen Landbau in Entwicklungsländern besonders zu unterstüt-
zen;

15. sich bei der Projektförderung besonders für eine Landwirtschaft einzuset-
zen, die einen Beitrag für den Erhalt der Biodiversität im ländlichen Raum
leistet, um den Nahrungszugang und damit die Nahrungssicherung für alle
Menschen gleichermaßen zu erreichen;

16. der besonderen Bedeutung der Frauen bei der Sicherung der Ernährung in
der Entwicklungszusammenarbeit gerecht zu werden und den Zugang von
Frauen zu Land und zu (Klein-)Krediten in besonderer Weise zu fördern;

17. im internationalen Politikdialog und bei politischen Entscheidungen auf eine
Nichtverbreitung von gentechnisch manipulierten Pflanzen hinzuwirken
und nicht an Entwicklungsprogrammen mitzuarbeiten, in denen gentech-
nisch verändertes Saatgut zum Einsatz kommt;

18. gegenwärtige Ansätze der Entwicklungszusammenarbeit zu überprüfen und
die Vernetzung von ländlicher Entwicklung in Entwicklungsländern mit Fra-
gen der internationalen Strukturpolitik, von Handels- und Zollpolitik, kon-
zeptionell weiterzuentwickeln;

19. bei einer Neuverhandlung der Lebensmittelhilfekonvention darauf hinzu-
wirken, dass das Recht auf Nahrung Grundlage der Überarbeitung (vor allem
Guideline 15 und 16) wird und dass die enge, grundsätzliche Verknüpfung
zwischen der Konvention und dem Haushaltstitel der entwicklungsorientier-
ten Nahrungsmittel- und Nothilfe aufgegeben wird, um die Möglichkeiten
der Förderung langfristiger Ansätze zu erweitern;

20. darauf hinzuwirken, dass bei internationalen Handelsverhandlungen die Er-

nährungssicherung in Entwicklungsländern in allen Bereichen Berücksichti-

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gung findet, sowohl im Rahmen von Agrarabkommen als auch bei Abkom-
men über geistiges Eigentum;

21. sich für die Senkung von Markt verzerrenden Agrarsubventionen in den In-
dustrieländern einzusetzen, damit die Produzenten in den Entwicklungslän-
dern nicht weiter durch Agrardumping geschädigt werden;

22. sich für eine Begünstigung des Imports von landwirtschaftlichen Fair-Trade-
Produkten aus Entwicklungsländern einzusetzen und diesen Produkten eine
Präferenz im öffentlichen Beschaffungswesen einzuräumen und sich für
eine entsprechende Änderung der EU-Beschaffungsrichtlinie für die öffent-
liche Hand einzusetzen;

23. die Marktöffnung für Agrarprodukte aus Entwicklungsländern substanziell
auszuweiten, sofern diese unter ökologisch und sozial verantwortbaren Be-
dingungen produziert werden;

24. durch die Schaffung von ökologischen und sozialen Standards und Labels
insbesondere bei Soja, Mais und anderen als Futtermittel dienenden oder
Energie liefernden Pflanzen darauf hinzuwirken, dass Vertreibung von In-
digenen und Kleinbauern sowie die Zerstörung der natürlichen Lebens-
grundlagen und der biologischen Vielfalt unterbleiben.

Berlin, den 18. Oktober 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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