BT-Drucksache 16/2752

Deutscher Finanzdienstleistungsmarkt im Wandel - Bezeichnungsschutz für Sparkassen erhalten

Vom 27. September 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2752
16. Wahlperiode 27. 09. 2006

Antrag
der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Thea Dückert, Britta Haßelmann,
Dr. Gerhard Schick, Christine Scheel, Volker Beck (Köln), Birgitt Bender,
Alexander Bonde, und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Deutscher Finanzdienstleistungsmarkt im Wandel – Bezeichnungsschutz für
Sparkassen erhalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Kreditwirtschaft in Deutschland gehört nicht nur zu den großen, sondern vor
allem auch zu den besonders dynamischen Wirtschaftszweigen der deutschen
Volkswirtschaft. Trotz des tief greifenden Strukturwandels der letzten Jahre
konnten dabei die Stärken des deutschen Bankenmarktes bewahrt werden, ins-
besondere die hohe Krisenfestigkeit und der intensive Wettbewerb, der ein
qualitativ hochwertiges Angebot an Finanzdienstleistungen zu günstigen
Preisen sicherstellt. Diese hohe Wettbewerbsintensität bietet aus gesamtwirt-
schaftlicher Sicht darüber hinaus den Vorteil, dass der Zugang zu Finanzdienst-
leistungen flächendeckend, auch in ländlichen und strukturschwachen Gebieten
sowie für schwächere und benachteiligte Bevölkerungsgruppen gewährleistet
und die Finanzierung auch kleiner und mittlerer Unternehmen gesichert bleiben.

Die bewährten Strukturen des deutschen Drei-Säulen-Systems haben für den
deutschen Finanzstandort und damit den Wirtschaftsstandort Deutschland ins-
gesamt stabilisierend gewirkt. Auf Grund starker regionaler Verankerung
gewährleistet das Drei-Säulen-System die flächendeckende Versorgung mit
Finanzdienstleistungen von Privatkunden sowie der kleinen und mittleren
Unternehmen vor Ort.

Die besonderen Leistungen der Sparkassen im Drei-Säulen-System beruhen auf
folgenden Strukturelementen:

● der dezentralen Unternehmerverantwortung und kommunalen Bindung, die
die flächendeckende Präsenz und Marktnähe der Sparkassen sicherstellen;

● der gemeinwohlorientierten Ausrichtung in der Geschäftspolitik und der
Gewinnverwendung, die die Übernahme nicht nur wirtschaftlicher, sondern
auch gesellschaftlicher Verantwortung gewährleisten.

Diese Wesenselemente der Sparkassen werden institutionell abgesichert durch

das Regionalprinzip und die öffentliche Rechtsform der Institute. Die Vorschrift
des § 40 des Kreditwesengesetzes (KWG) zur Bezeichnung der Sparkassen
sorgt – ebenso wie § 39 KWG, in dem die Bezeichnungen „Bank“, „Bankier“
und „Volksbank“ geregelt sind – für die erforderliche Transparenz auf dem
Markt für Finanzdienstleistungen. Die Verbraucher müssen wissen, was sie bei
einer Bank, einer Volksbank oder einer Sparkasse erwartet.

Drucksache 16/2752 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die Europäische Kommission sieht nun in der Bezeichnungsschutzvorschrift
für Sparkassen gemäß § 40 KWG einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht,
namentlich gegen die Niederlassungsfreiheit (Artikel 43 EGV) und Kapital-
verkehrsfreiheit (Artikel 56 EGV).

Artikel 18 der Bankenrichtlinie 2006/48/EG erkennt demgegenüber an, dass die
Mitgliedstaaten die Verwendung der Bezeichnungen „Bank“, „Sparkasse“ oder
andere Unternehmensbezeichnungen in der Kreditwirtschaft besonders regeln
können. Der Bezeichnungsschutz in § 40 KWG ist keineswegs eine deutsche
Besonderheit. Die Regeln in anderen Mitgliedstaaten folgen zwar teilweise
einem anderen System, enthalten aber vergleichbare Anforderungen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

weiterhin der großen volkswirtschaftlichen Bedeutung der Finanzdienst-
leistungswirtschaft mit ihrer Politik gerecht zu werden und insbesondere die
dynamische Entwicklung der Drei-Säulen-Kreditwirtschaft in Deutschland zu
unterstützen. Der Deutsche Bundestag unterstützt die Bundesregierung in ihrer
Aufgabe, diese Position auch gegenüber der Europäischen Kommission nach-
haltig zu vertreten.

1. Der Deutsche Bundestag unterstützt die Bundesregierung in ihrer Aufgabe,
den Finanzstandort Deutschland auch weiterhin stabil, konkurrenzfähig und
effizient auszugestalten. Dazu ist es unerlässlich, die Vorteile der bestehen-
den Drei-Säulen-Kreditwirtschaft und des kommunalen Sparkassenwesens
mit seinen Strukturmerkmalen zu stärken. Die Vielfalt der Kreditinstitute und
ihre unterschiedliche geschäftspolitische Ausrichtung sorgen für intensiven
Wettbewerb, für qualitativ hochwertige und innovative Finanzdienstleistun-
gen, für die flächendeckende Versorgung und dies für alle Bevölkerungs-
kreise und alle Unternehmen.

2. Der Deutsche Bundestag ist der Auffassung, dass die öffentliche Rechtsform
der Sparkassen das am besten geeignete Mittel ist, eine gemeinwohlorien-
tierte Geschäftspolitik umzusetzen.

3. Der Deutsche Bundestag begrüßt daher die Feststellung der EU-Kom-
mission, dass Artikel 295 des EG-Vertrages die Eigentumsordnung in den
Mitgliedstaaten unberührt lässt und dass eine Entscheidung über die Priva-
tisierung eines öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts oder von Teilen eines
öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts in die Zuständigkeit des jeweiligen
Mitgliedstaates fällt.

4. Der Deutsche Bundestag unterstützt die Bundesregierung in ihrer Auffas-
sung, dass der Bezeichnungsschutz der §§ 39 bis 42 KWG der Abgrenzung
unterschiedlicher Arten von Kreditinstituten im Wettbewerb und damit dem
Schutz des Wirtschaftsverkehrs und der Verbraucher vor Irreführung dient.

5. Der Deutsche Bundestag ist der Auffassung, dass der Bezeichnungsschutz für
Sparkassen gemäß § 40 KWG keine Diskriminierung enthält, da er gleicher-
maßen für inländische wie ausländische Investoren gilt.

6. Der Deutsche Bundestag unterstützt die Bundesregierung in ihrer Auffas-
sung, dass der Schutz der Bezeichnung „Sparkasse“ im Sinne des § 40 KWG
… den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen entspricht.

7. Der Deutsche Bundestag ist der Auffassung, dass das EU-Recht grundsätz-
lich keine Verpflichtung enthält, einem privaten Investor die Nutzung der Be-
zeichnung „Sparkasse“ zu gestatten.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/2752

8. Der Deutsche Bundestag teilt die Auffassung der Bundesregierung, dass im
Fall des Beihilfeverfahrens Bankgesellschaft Berlin (jetzt Landesbank Berlin
Holding) ein Sonderfall vorliegt. Deutschland hat gegenüber der EU-Kom-
mission zugesagt, dass die Anteile des Landes Berlin an der Bankgesellschaft
Berlin, zu der die „Berliner Sparkasse“ gehört, in einem offenen, transparen-
ten und diskriminierungsfreien Verfahren veräußert werden.

9. Der Deutsche Bundestag unterstreicht, dass eine Vereinbarung der Bundes-
regierung mit der Europäischen Kommission eine formelle und endgültige
Einstellung des gegen § 40 KWG gerichteten Vertragsverletzungsverfahrens
beinhalten sollte.

Berlin, den 27. September 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.