BT-Drucksache 16/2662

Stand, Entwicklung und Perspektiven des Jugendarbeitsschutzes

Vom 20. September 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2662
16. Wahlperiode 20. 09. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Klaus Ernst, Karin Binder, Dr. Lothar Bisky, Werner Dreibus,
Katja Kipping, Elke Reinke, Volker Schneider (Saarbrücken), Dr. Axel Troost,
Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Stand, Entwicklung und Perspektiven des Jugendarbeitsschutzes

Die Bundesregierung hat Vorbereitungen für eine Novellierung des Jugend-
arbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) eingeleitet. Eine diesbezügliche Bund-Länder-
Arbeitsgruppe hat am 1. September 2006 zum ersten Mal getagt, ohne dass die
Öffentlichkeit über die Ergebnisse der Beratung informiert wurde. Die Bundes-
regierung hat aber bereits deutlich gemacht, dass die Novellierung zu einer Ab-
senkung von Schutzstandards für junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
führen könnte, mit der die Ausbildungs- und Beschäftigungschancen für Ju-
gendliche verbessert werden soll (Bundestagsdrucksache 16/2162, S. 3). Die
Bundesregierung ist bislang einen Beleg für diese These schuldig geblieben.
Auch eine konkrete Stellungnahme zu den aus dem Saarland vorliegenden Vor-
schlägen für eine Verschlechterung des Jugendarbeitsschutzes hat die Bundes-
regierung nicht vorgelegt, obwohl sie die Vorschläge als eine Grundlage der
Novellierungspläne charakterisiert hat (ebd., S. 3). Aktuell liegt kein Bericht zu
Stand und Entwicklung des Jugendarbeitsschutzes vor, der hinreichend aktuell,
umfassend und aussagefähig ist, um als empirische Grundlage einer grundsätz-
lichen Novellierung des Jugendarbeitsschutzgesetzes zu dienen. Deshalb ist die
Frage von großem Interesse, auf welche empirischen Erkenntnisse die Bundes-
regierung ihre Novellierungspläne stützt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hält es die Bundesregierung für notwendig, in der Nachfolge zum 1988
(Bundestagsdrucksache 11/3404) vorgelegten Bericht über Erfahrungen mit
der Durchführung des JArbSchG einen neuen Bericht über die seitdem ge-
machten Erfahrungen mit der Durchführung des JArbSchG vorzulegen?

Wenn ja, bis wann wird die Bundesregierung den Bericht vorlegen?

Wenn nein, warum hält es die Bundesregierung nicht für notwendig, einen
solchen Bericht vorzulegen?

2. Wie schätzt die Bundesregierung das Jugendarbeitsschutzniveau und dessen
Entwicklung seit dem Jahr 1984 allgemein ein?
3. Welche Belege kann die Bundesregierung für die These anführen, dass
Änderungen am JArbSchG geeignet sein könnten, die Ausbildungs- und
Beschäftigungschancen von jungen Menschen zu verbessern?

4. Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung zu der Frage, ob eine Ver-
schlechterung des gesetzlichen Jugendarbeitsschutzes nachteilige gesund-
heitliche Folgen für Jugendliche haben kann?

Drucksache 16/2662 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

5. In welchem Umfang waren Jugendliche, die 15, aber noch nicht 25 Jahre
alt sind, seit 1996 von Arbeitsunfällen betroffen (bitte nach Jahren,
Schwere der Unfälle, Alter der Jugendlichen und Bundesländern aufschlüs-
seln)?

6. Welche aktuellen arbeitsmedizinische Studien über gesundheitliche Beein-
trächtigungen bei Jugendlichen, die auf Defizite am gesetzlichen Jugend-
arbeitsschutz zurückzuführen sind, sind der Bundesregierung bekannt, und
welche Erkenntnisse lassen sich aus diesen Studien zur Entwicklung der
gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei jungen Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern seit 1996 ziehen?

7. Wie viele Verstöße gegen das JArbSchG wurden seit 1996 festgestellt
(bitte mit Verteilung nach Jahren und Bundesländern)?

8. Wie verteilen sich diese Verstöße nach Wirtschaftszweigen, Art und
Schwere der Verstöße sowie der Zahl der von Verstößen betroffenen
Jugendlichen?

9. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die den Aufsichtsbehörden
gegenwärtig zur Verfügung stehenden Kontrollmöglichkeiten und die
durchgeführten Kontrollen ausreichen, um die Einhaltung der Jugend-
arbeitsschutzvorschriften zu gewährleisten?

10. Hält die Bundesregierung die im JArbSchG vorgesehenen Sanktions-
möglichkeiten bei Verstößen für ausreichend (bitte mit Begründung der
jeweiligen Stellungnahme)?

11. Wie viele Ordnungswidrigkeiten- und Strafverfahren wurden seit 1996
wegen Verstößen gegen das JArbSchG eingeleitet und durchgeführt?

In wie vielen Fällen wurden Bußgelder/Strafen ausgesprochen?

In welcher Höhe wurden Geldbußen, Geldstrafen oder Freiheitsstrafen ver-
hängt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?

12. In welchem Umfang machen gegenwärtig die Tarifvertragsparteien von der
Möglichkeit des § 21a JArbSchG Gebrauch?

13. Welche Sonderuntersuchungen zur Einhaltung der Jugendarbeitsschutzvor-
schriften von Länder- oder/und berufsgenossenschaftlichen Einrichtungen
sind der Bundesregierung bekannt, und welche Ergebnisse hatten diese
Untersuchungen?

14. Wie stellt sich die Entwicklung des Umfangs der gesundheitlichen Be-
einträchtigungen von jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und
der Zahl der Arbeitsunfälle von Jugendlichen unter 25 Jahren in der Bun-
desrepublik im europäischen Vergleich dar?

15. Hält es die Bundesregierung für sinnvoll, die Altersgrenze für den Gel-
tungsbereich des JArbSchG heraufzusetzen, um der Situation Rechnung zu
tragen, dass derzeit 3/4 aller Auszubildenden älter als 18 Jahre sind und
somit für diese Personengruppe die Regelungen des Jugendarbeitsschutzes
nicht gelten?

Wenn nein, wie begründet sie ihre Stellungnahme?

16. Welchen Inhalt hatten die in einem Beschluss des Länderausschusses für
Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) vom 22./23. März 2006 ein-
geforderten fachlichen Stellungnahmen der Länder zu den vom Saarland in
einer Synopse vorgelegten Vorschlägen für eine umfassende Deregulierung
des Jugendarbeitsschutzrechts (bitte aufgeschlüsselt nach Themenfeldern
und Bundesländern)?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/2662

17. Welche Ergebnisse hatte die erste Beratung der angekündigten Bund-
Länder-Arbeitsgruppe zur Novellierung des Jugendarbeitsschutzgesetzes
(Bundestagsdrucksache 16/2162)?

Berlin, den 19. September 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.