BT-Drucksache 16/1968

Den neuen Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen intensiv unterstützen

Vom 28. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1968
16. Wahlperiode 28. 06. 2006

Antrag
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen),
Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, Ulrike Höfken, Thilo Hoppe, Ute Koczy,
Kerstin Müller (Köln), Winfried Nachtwei, Claudia Roth (Augsburg),
Rainder Steenblock, Jürgen Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Den neuen Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen intensiv unterstützen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Mit dem neuen Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen besteht die histori-
sche Chance, Menschenrechte zu einer tragenden Säule im System der Verein-
ten Nationen werden zu lassen. Damit beginnt eine neue und wichtige Phase
des internationalen Menschenrechtsschutzes. Diesem Neubeginn waren lang-
wierige Reformprozesse vorausgegangen. Die alte Menschenrechtskommission
(MRK) hatte in den letzten Jahren ihren Auftrag, sich für die weltweite
Achtung der Menschenrechte einzusetzen und konsequent gegen Menschen-
rechtsverletzungen vorzugehen, immer weniger erfüllt. Kofi Annan hatte des-
halb im Jahr 2005 Vorschläge zu einer Neustrukturierung der Menschenrechts-
kommission gemacht. Viele Staaten hatten sich anfänglich dagegen gewehrt
– die USA argumentierten bis zuletzt, dass ihnen die Reformen nicht weit
genug gingen. Sie verzichteten auf eine eigene Kandidatur und gehören dem
ersten neuen Menschenrechtsrat nicht an. Deutschland wurde dagegen mit
großer Mehrheit in das neue Gremium gewählt.

Der Deutsche Bundestag begrüßt die Chance, die der neue Menschenrechtsrat
für eine tatsächliche Verbesserung gegenüber der Arbeit der alten Menschen-
rechtskommission bietet. Der Rat wird im Vergleich zur MRK öfter und länger
im Jahr tagen und sich aktueller mit Menschenrechtsfragen befassen können.
Die Mitglieder des Rates müssen sich einer Prüfung ihrer eigenen Menschen-
rechtsstandards unterziehen, und es besteht die Möglichkeit der Aussetzung der
Mitgliedschaft im Falle schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen. Darü-
ber hinaus wird es einen „universal periodic review“ geben, d. h. ein Verfahren,
mit dem die Menschenrechtssituation in allen Staaten der Vereinten Nationen
(VN) geprüft und Verletzungen von Menschenrechten öffentlich gemacht wer-
den können.
Eine Reihe von Herausforderungen muss jedoch zur effektiven Ausgestaltung
des Menschenrechtsrates bewältigt werden müssen. So ist die Frage der Fort-
führung der Sondermechanismen der alten MRK noch ungeklärt. Ein Teil der
Mitglieder des Rates will dabei die Länderresolutionen abschaffen. Es gibt bei
einigen Mitgliedern darüber hinaus das Bestreben, die Beteiligung der Nichtre-
gierungsorganisationen an der Arbeit des Menschenrechtsrates einzuschränken.
Die „universal periodic review“ wird den Menschenrechtsrat und das Büro der

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VN-Hochkommissarin für Menschenrechte vor einen enormen Arbeitsaufwand
und hohe Kosten stellen. Es ist auch noch nicht geklärt, ob die Informationen
zur Menschenrechtslage in den Ländern von deren Regierungen bereitgestellt
werden oder auch von opfernahen Institutionen aus der Zivilgesellschaft kom-
men können. Darüber hinaus gehört auch dem neuen Rat eine Reihe von Staa-
ten an, deren Menschenrechtsstandards unbefriedigend und deren Menschen-
rechtslage besorgniserregend sind.

Der Deutsche Bundestag begrüßt die Wahl Deutschlands in den neuen Rat mit
einer überragenden Mehrheit von Stimmen und sieht dies als Zeichen internati-
onaler Anerkennung und Achtung deutscher Menschenrechtspolitik der vergan-
genen Jahre. Diese breite Zustimmung muss jetzt Ansporn für die Bundesrepu-
blik Deutschland sein, sich intensiv für den neuen Menschenrechtsrat
einzusetzen und zu dessen Gelingen beizutragen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich im Rahmen des Menschenrechtsrates mit Nachdruck für den Erhalt der
Sondermechanismen und insbesondere der Länderresolutionen einzusetzen;

2. im Menschenrechtsrat intensiv für eine weitestgehende Beteiligung der
Nichtregierungsorganisationen einzustehen, die zumindest nicht unter dem
Standard der MRK liegt;

3. sich für eine transparente und genaue Überprüfung der Menschenrechtsstan-
dards der Mitgliedstaaten einzusetzen und im Falle schwerwiegender Men-
schenrechtsverletzungen die Aussetzung der Mitgliedschaft zu verlangen;

4. sich bei der Ausgestaltung der „universal periodic review“ für ein Verfahren
einzusetzen, dass die effektive Umsetzung dieser Überprüfung ermöglicht,
und dazu beizutragen, dass die dafür benötigten Mittel bereitgestellt werden;

5. darauf hinzuwirken, dass die Informationen zur Menschenrechtslage in den
zu überprüfenden Ländern auch von opfernahen und staatsunabhängigen In-
stitutionen berücksichtigt werden;

6. wichtige menschenrechtliche Initiativen, die in der Vergangenheit in der
MRK nicht oder nicht umfassend durchgesetzt werden konnten (z. B. Zu-
satzprotokoll zum VN-Sozialpakt, Resolution über die Menschenrechte von
Lesben und Schwulen, Resolutionen zu Guantanamo Bay und zu Darfur)
mit Nachdruck im neuen Menschenrechtsrat zu unterstützen;

7. gegenüber den USA die Bedeutung ihrer konstruktive Mitarbeit im neuen
Menschenrechtsrat zu betonen.

Berlin, den 28. Juni 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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