BT-Drucksache 16/1891

Den neuen Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zum Erfolg führen

Vom 20. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1891
16. Wahlperiode 20. 06. 2006

Antrag
der Abgeordneten Holger Haibach, Erika Steinbach, Carl-Eduard von Bismarck,
Michael Brand, Hartwig Fischer (Göttingen), Ute Granold, Hermann Gröhe,
Hubert Hüppe, Alois Karl, Hartmut Koschyk, Eduard Lintner, Dr. Norbert Röttgen,
Arnold Vaatz, Peter Weiß (Emmendingen), Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer
und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Herta Däubler-Gmelin, Christoph Strässer,
Niels Annen, Klaus Brandner, Detlef Dzembritzki, Angelika Graf (Rosenheim),
Wolfgang Gunkel, Johannes Jung (Karlsruhe), Christel Riemann-Hanewinckel,
Walter Kolbow, Ernst Kranz, Lothar Mark, Sönke Rix, Olaf Scholz, Rolf Stöckel,
Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD

Den neuen Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zum Erfolg führen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Am 19. Juni 2006 konstituiert sich in Genf der neue Menschenrechtsrat der Ver-
einten Nationen. Damit findet der mehr als zwei Jahre dauernde Reformprozess
der UN-Menschenrechtsgremien einen Abschluss, der zugleich einen Neuan-
fang markiert.

Diese Reform war nötig geworden, da die bisherige Menschenrechtskommis-
sion in ihrer Glaubwürdigkeit stark erschüttert und in ihrer Arbeitsfähigkeit be-
einträchtig war. Im Rahmen der von Generalsekretär Kofi Annan eingeleiteten
UN-Reform sollte die Menschenrechtskommission durch einen glaubwürdige-
ren, effektiveren und einflussreicheren Menschenrechtsrat ersetzt werden.

Nach langwierigen und zähen Verhandlungen konnte schließlich am 15. März
2006 in der UN-Generalversammlung ein beinahe einstimmiger Kompromiss
zur Bildung des Menschrechtsrates gefunden werden.

Der Kompromiss sieht vor, dass die frühere UN-Menschenrechtskommission
durch einen aus 47 Mitgliedern bestehenden Menschenrechtsrat ersetzt wird.
Zur Wahl ist die absolute Mehrheit der Mitglieder der UN-Generalversammlung
erforderlich. Mittlerweile sind die Mitglieder des ersten Rates gewählt, die meis-
ten von ihnen mit zwei Dritteln der Stimmen der Mitglieder der UN-Generalver-
sammlung. Die Mitglieder sind für drei Jahre gewählt. Lediglich im Anschluss

an die erste Wahl entschied das Los darüber, ob ein Staat ein, zwei oder drei
Jahre Mitglied des Rates sein sollte. Ein Land kann für maximal zwei aufeinan-
der folgende Perioden gewählt werden und muss dann mindestens eine Periode
pausieren. Als eine Form von „Bewerbung“ für die Mitgliedschaft müssen alle
Staaten, die dem Menschenrechtsrat angehören wollen, eine Einschätzung ihrer
eigenen Menschenrechtspolitik vorlegen, die im Vorfeld der Wahlen veröffent-
licht wird.

Drucksache 16/1891 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Der Menschenrechtsrat hat gemäß der Resolution der UN-Generalversammlung
die Aufgabe, die weltweite Beachtung des Schutzes aller Menschenrechte zu
fördern, Menschenrechtsverletzungen zu benennen, Vorschläge zu ihrer Behe-
bung zu machen und Koordinationsstelle für den Menschenrechtsschutz in den
Vereinten Nationen zu sein. Der Rat soll dabei ausdrücklich unparteiisch und
nicht selektiv vorgehen. Themen seiner Beratungen sollen unter anderem bür-
gerliche, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte sein.
Dem Rat wird aufgegeben, auf all diesen Gebieten Hilfestellung bei der Besei-
tigung von Defiziten zu leisten, wenn dies von Staaten gewünscht wird. Er soll
aber auch – wie die Menschenrechtskommission bisher – die Möglichkeit
haben, das Vorgehen einzelner oder mehrerer Staaten zu verurteilen (die sog.
Länderresolutionen). Er soll weiterhin den Vereinten Nationen Vorschläge zur
Verbesserung der Menschrechtssituation weltweit machen und sich mit der Wei-
terentwicklung des internationalen Rechts auf dem Gebiet der Menschenrechte
beschäftigen. Der Rat soll zudem die Einhaltung der vertraglich eingegangenen
Pflichten durch die Staaten sowie die Umsetzung der in politischen Dokumenten
niedergelegten Ziele und Selbstverpflichtungen fördern.

Der Menschenrechtsrat hat die Aufgabe, die Menschenrechtspolitik und -praxis
aller Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen einer regelmäßigen Überprüfung
zu unterziehen („peer review“). Dies gilt in besonderer Weise für die Staaten, die
Mitglieder des Menschenrechtsrates sind.

Um eine effektive Erfüllung all dieser Vorgaben zu gewährleisten, wurde der
Sitzungsturnus von einer einzigen sechswöchigen Sitzung pro Jahr auf mindes-
tens drei Sitzungen mit einer Gesamtdauer von wenigstens zehn Wochen ausge-
weitet.

Wenn dieser Kompromiss auch nicht alle anfangs an den Menschenrechtsrat ge-
knüpften Erwartungen erfüllt, so stellt er dennoch eine gute Grundlage zur Ver-
besserung des Menschenrechtsschutzes durch die Vereinten Nationen und ihre
Mitgliedstaaten dar. Nun gilt es, aus den Vorgaben der UN-Generalversamm-
lung ein effektives und glaubwürdiges Menschenrechtsgremium zu entwickeln.

II. Der Deutsche Bundestag

● begrüßt die von UN-Generalsekretär Kofi Annan vorangetriebenen Pläne zur
Neuordnung der UN-Menschenrechtsgremien und würdigt die großen Bemü-
hungen und die Verhandlungsführung des Präsidenten der UN-Generalver-
sammlung, Jan Eliasson, um eine Einigung zur Bildung eines Menschen-
rechtsrates;

● dankt der Bundesregierung und der Europäischen Union für ihre konstruktive
Rolle bei den Verhandlungen;

● sieht in dem neuen Menschenrechtsrat eine Möglichkeit, Menschenrechte
weltweit effektiver und glaubwürdiger als bisher zu verteidigen;

● gibt seiner Freude darüber Ausdruck, dass Deutschland bei der am 9. Mai
2006 durchgeführten Wahl der Mitglieder zum Menschenrechtsrat mit 154
Stimmen das beste Ergebnis in der westlichen Staatengruppe erzielt hat, und
wertet dies als Anerkennung der Leistungen der Bundesregierung bei den
Verhandlungen über den Menschenrechtsrat und als Zeichen der Glaubwür-
digkeit Deutschlands im Bereich der Menschenrechte;

● begrüßt, dass erstmals eine wirkliche Wahl mit 64 Kandidaten für 47 Sitze im
Rat durchgeführt werden konnte und dass die meisten Mitglieder zwei Drittel
der Stimmen der Mitglieder der UN-Generalversammlung erhalten haben;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1891

● bedauert, dass die USA sich nicht zu einer Kandidatur entschlossen haben,
und gibt seiner Hoffnung Ausdruck, dass die USA konstruktiv mit dem neuen
Gremium zusammenarbeiten werden;

● stellt fest, dass einige Staaten mit großen Defiziten im Menschenrechtsbe-
reich entweder nicht gewählt wurden (Iran) oder von vornherein nicht ange-
treten sind (Sudan), dass jedoch auch Länder gewählt wurden, die erhebliche
Defizite bei der Einhaltung der Menschenrechte aufweisen (Kuba, VR China,
Saudi-Arabien);

● fordert den neuen Menschenrechtsrat und seine Mitglieder auf, das ihm von
der UN-Generalversammlung erteilte Mandat zu nutzen und sich zu einem
unabhängigen, unparteiischen, glaubwürdigen und objektiven Gremium für
den Menschenrechtsschutz zu entwickeln und dabei auch künftig die bewähr-
ten Sondermechanismen anzuwenden und Nichtregierungsorganisationen in
die Verfahren mit einzubeziehen;

● begrüßt, dass der Menschenrechtsrat das umfangreiche Instrumentarium der
Sonderverfahren der Menschenrechtskommission zunächst übernommen hat,
und fordert die Bundesregierung auf, sich im Rahmen des im ersten Jahr an-
stehenden Überprüfungsprozesses für den Erhalt der Sonderverfahren einzu-
setzen;

● fordert die Vereinten Nationen und ihre Mitgliedstaaten auf, durch die Bereit-
stellung entsprechender Mittel den Rat in die Lage zu versetzen, seine Arbeit
effektiv durchführen zu können;

● bittet die Bundesregierung, im Rahmen der Konstituierung des Rates und bei
der Erstellung der Geschäftsordnung darauf hinzuwirken, dass der Rat seine
Aufgaben mit größtmöglicher Objektivität und Glaubwürdigkeit erfüllen
kann.

Berlin, den 20. Juni 2006

Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion
Dr. Peter Struck und Fraktion

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