BT-Drucksache 16/1481

Zukunft des Stabilitätspaktes für Südosteuropa - Diskussion um neue Kriterien der EU-Erweiterungspolitik und EU-Integrationszusage an die Staaten des westlichen Balkans

Vom 15. Mai 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1481
16. Wahlperiode 15. 05. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Rainder Steenblock, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck
(Köln), Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln),
Winfried Nachtwei, Claudia Roth (Augsburg), Jürgen Trittin und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zukunft des Stabilitätspaktes für Südosteuropa –
Diskussion um neue Kriterien der EU-Erweiterungspolitik und
EU-Integrationszusage an die Staaten des westlichen Balkans

Auf Initiative der deutschen Bundesregierung wurde der Stabilitätspakt für
Südosteuropa auf der Außenminister-Konferenz am 10. Juni 1999 in Köln be-
schlossen und auf einem Gipfeltreffen am 30. Juni 1999 in Sarajewo in Kraft
gesetzt. Mehr als 50 Staaten und Organisationen haben sich darin verpflichtet,
die Staaten Südosteuropas beim Aufbau der Demokratie, friedlicher nach-
barschaftlicher Beziehungen und regionaler Kooperation, bei ihren wirtschaft-
lichen Reformprozessen und ihren Bemühungen um Integration in die euro-
atlantischen Strukturen zu unterstützen. Als Gründungsmitglied des Stabilitäts-
paktes hat die Bundesregierung – wie auch die anderen Mitglieder – eine Reihe
von Maßnahmen durchgeführt und sich festgelegt, bis Ende des Jahres 2006
auch finanziell einen entscheidenden Beitrag zu leisten. Trotz der positiven
Entwicklungstendenzen steht der Westliche Balkan weiterhin vor wichtigen
Herausforderungen, die auch über 2006 hinaus unterstützt und gefördert wer-
den müssen. Laut dem Koordinator des Stabilitätspaktes, Dr. Erhard Busek, sei
die Zusammenarbeit idealtypischerweise so lange fortzusetzen, bis alle Staaten
die EU-Mitgliedschaft erreicht haben. Ein vorzeitiger Rückzug der Geberge-
meinschaft würde das Risiko erneuter Konfliktausbrüche in der Region erhö-
hen.

Im Lichte der aktuellen Bewertung der Entwicklungstendenzen in Südost-
europa ist es umso wichtiger, den Staaten des westlichen Balkans nachhaltige
Kooperation anzubieten, die an der EU-Beitrittsperspektive ausgerichtet ist. Im
Umfeld der Debatte zum Bericht über das Strategiepapier 2005 der Kommis-
sion zur Erweiterung (2005/2206(INI)), den der Berichterstatter Elmar Brok am
3. Februar 2006 im Europäischen Parlament vorgelegt hat (A6-0025/2006
endg.), ist es zu Irritationen bei einigen Regierungen der westlichen Balkan-
staaten über die Ernsthaftigkeit der in Thessaloniki vom Europäischen Rat be-
schlossenen prinzipiellen EU-Beitrittsperspektive für die Staaten dieser Region

gekommen. Dies ist ein beunruhigendes Signal.

Drucksache 16/1481 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Wie schätzt die Bundsregierung den bisherigen Erfolg des Stabilitätspak-
tes für die Staaten Südosteuropas bzw. des westlichen Balkans ein?

b) Sind nach Ermessen der Bundesregierung unterschiedliche Erfolgsbilan-
zen in den einzelnen Staaten Südosteuropas sowie bei länderübergreifen-
den Projekten zu verzeichnen, und wenn ja, worin liegen nach Meinung
der Bundesregierung die Gründe?

2. a) In welcher Form beabsichtigt die Bundesregierung, den Stabilitätspakt
für Südosteuropa in Zukunft zu unterstützen bzw. welche Anschlussmaß-
nahmen sind seitens der Bundesregierung und der weiteren Mitglieder
bzw. Geberländer beabsichtigt?

b) Welche weitere Beteiligung erwartet die Bundesregierung insbesondere
von Geberländern außerhalb der EU?

3. a) Wie und in welchem Umfang ist daran gedacht, im Rahmen der künftigen
EU-Erweiterungs- und EU-Nachbarschaftspolitik die bisherigen Maß-
nahmen des Stabilitätspaktes weiter zu finanzieren, um die begonnene
Heranführungsstrategie auch langfristig abzusichern?

b) Ist die Bundesregierung bereit, weiterhin mittel- und langfristige Verbind-
lichkeiten einzugehen, und wenn nein, warum nicht?

4. a) Welche inhaltlichen Schwerpunkte möchte die Bundesregierung in der
Zusammenarbeit mit den Staaten Südosteuropas setzen, wie stehen diese
inhaltlichen Schwerpunkte zu denen der EU sowie den einzelnen EU-
Mitgliedstaaten, und wie gestaltet sich deren Koordinierung?

b) Wie soll dabei dem unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen
Entwicklungsstand der jeweiligen Länder des westlichen Balkans Rech-
nung getragen werden?

5. Was hat die Bundesregierung unternommen, um die o. g. Irritationen durch
die Debatte im Europäischen Parlament zur künftigen Erweiterungspolitik
insbesondere bei den betroffenen und potentiellen Beitrittskandidaten zu
entkräften?

Berlin, den 12. Mai 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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