BT-Drucksache 16/13910

Schlechte Erfolgsquoten und unzumutbare Arbeitsbedingungen in Integrationskursen

Vom 18. August 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13910
16. Wahlperiode 18. 08. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dag˘delen, Roland Claus, Dr. Petra Sitte, Dr. Barbara Höll,
Klaus Ernst, Ulla Jelpke, Katja Kipping, Kornelia Möller, Elke Reinke,
Volker Schneider (Saarbrücken) und der Fraktion DIE LINKE.

Schlechte Erfolgsquoten und unzumutbare Arbeitsbedingungen
in Integrationskursen

In einer Pressemitteilung vom 2. Juni 2009 beschrieb das Bundesamt für Mig-
ration und Flüchtlinge (BAMF) den bisherigen Verlauf der seit 2005 bestehen-
den Integrationskurse als „Erfolgsgeschichte“. Im „Nationalen Integrations-
plan“ werden Integrationskurse als „die größte integrationspolitische Einzel-
maßnahme des Bundes“ bezeichnet, von einer „erfolgreichen Entwicklung“ ist
die Rede.

Die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Nur 46,6 Prozent aller bisherigen
248 488 Kursabsolventinnen und -absolventen von Integrationskursen (2005
bis 2008) haben die Prüfung über das nach Auffassung des Gesetzgebers anzu-
strebende Sprachniveau bestanden. Bezogen auf die Zahl der Prüfungsteilneh-
merinnen und -teilnehmer sank die Bestehensquote von 71,2 Prozent für die
Jahre 2005/2006 auf 67,4 Prozent im Jahr 2007 und auf 61,3 Prozent im Jahr
2008. Während die offiziell hervorgehobene Zahl von knapp einer halben Mil-
lion Integrationskursteilnehmerinnen und -teilnehmern beeindrucken soll, ver-
weist der Umstand, dass bislang nur gut 115 000 Menschen das gesetzgeberisch
vorgegebene Ziel eines Sprachzertifikats über das Sprachniveau B1 erreichten,
auf erhebliche Defizite des bestehenden Integrationskurssystems, die auch
durch Änderungen der Integrationskursverordnung Ende 2007 nicht grund-
legend beseitigt wurden.

Diese Defizite waren von Beginn an bekannt. So war vorauszusehen und wurde
von Fachleuten prophezeit, dass die von der damaligen rot-grünen Bundes-
regierung zunächst nur vorgesehenen 600 Stunden zum Erwerb des geforderten
Sprachniveaus in vielen Fällen nicht ausreichen würden. Auch die mangelhafte
Ausrichtung der Kurse an den Vorkenntnissen, verschiedenen Lerntraditionen
und geschlechtsspezifischen Zuschreibungen von Lernrollen, dem Bildungs-
stand und den unterschiedlichen Sprachfertigkeiten der Betroffenen sorgte für
absehbar schlechte Lernbedingungen und Prüfungsergebnisse. Schließlich war
die viel zu niedrig kalkulierte Kostenerstattungspauschale für Kursträger bei
Einführung der Integrationskurse im Jahr 2005 eine wesentliche Erklärung für
die bisherige Misserfolgsgeschichte.

Laut Evaluationsbericht der Firma Ramboll-Management (S. 131) sanken die
Gehälter für Lehrkräfte im Bereich der Sprachkurse mit Einführung der Inte-
grationskurse um durchschnittlich zwei Euro auf 17 Euro pro Unterrichts-
stunde, eine Mehrheit der befragten Kursträger sah hierin eine Beeinträch-
tigung der Kursqualität. Eine Sachinformation des Bundesministeriums des

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Innern (BMI) vom 19. September 2008 an den Abgeordneten Roland Claus er-
gab, dass die Bruttovergütung pro Unterrichtseinheit für Lehrkräfte nach
Untersuchungen des BAMF auch im Jahr 2008 bei 17,63 Euro im Westen und
15,28 Euro im Osten Deutschlands und damit nicht wesentlich höher als im
Jahr 2006 (16,91 Euro) lag.

Bis 2004 galt bei Kursen des Sprachverbandes ein garantiertes Mindesthonorar
in Höhe von 23,10 Euro. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
(GEW) fordert eine Honorarentlohnung für Sprachdozentinnen und Dozenten
in Höhe von mindestens 25 Euro pro Stunde. Die „Aktion Butterbrot“, eine
Interessenvertretung der Honorardozenten für Deutsch als Fremdsprache, hält
30,60 Euro pro Unterrichtseinheit für erforderlich. Solche Löhne sind ange-
sichts der derzeitigen Pauschale in Höhe von 2,35 (ursprünglich 2,05) Euro pro
Person und Stunde von den Sprachkursträgern nicht zu gewährleisten. GEW,
Volkshochschulen und Sprachkursträger, aber auch die Fraktion DIE LINKE.
(vgl. zuletzt Bundestagsdrucksache 16/11030 und Ausschussdrucksache
16(4)487), fordern deswegen eine Erhöhung der Pauschale auf mindestens drei
Euro. Die Koalitionsfraktionen sind jedoch nicht bereit, die hierfür erforder-
lichen Haushaltsmittel bereitzustellen, obwohl die Gesamtausgaben für Integra-
tionskurse seit 2005 in jedem Jahr weit unterhalb der ursprünglich für diese ge-
sellschaftspolitische Aufgabe bereitgestellten Summe in Höhe von 207,8 Mio.
Euro lagen. In der Konsequenz muss daher eine gesellschaftspolitisch enorm
bedeutende Aufgabe häufig für einen Hungerlohn und ohne soziale Absiche-
rung erbracht werden (vgl. auch: „So wenig ist dem Staat die Integration wert“,
tz vom 23. Juni 2009, S. 7). Die GEW spricht von einer „erschreckenden“, „un-
haltbaren“ und „menschenunwürdigen“ wirtschaftlichen und sozialen Situation
von Lehrkräften in Integrationskursen (vgl. „prekär“, GEW-Info 2/09, „Integra-
tion zu Dumpingpreisen“).

Die derzeitigen Arbeitsbedingungen für Honorarkräfte in Integrationskursen
werden von Betroffenen, etwa der „Dozenten Initiative Berlin“ (dib), schlicht
als „Wahnsinn“ beschrieben. Umgerechnet müssten sie bei einem Lehrdeputat
von 25 Unterrichtsstunden (vergleichbar einem Deputat an staatlichen Schulen)
von einem realen Stundenlohn in Höhe von 5,40 Euro netto leben. Dies bedeute
Hartz-IV-Niveau für hoch qualifizierte Lehrkräfte mit einer vom BAMF gefor-
derten Zusatzausbildung. Auch die dib fordert einen Mindeststundensatz in
Höhe von 25 Euro, weil dies in etwa dem Mindestlohn der angestrebten tarif-
lichen Regelungen in der Erwachsenenbildung entsprechen würde, wenn der
Sozialversicherungsanteil des Arbeitgebers, Urlaubsansprüche, Feiertage usw.
berücksichtigt werden (ohne Krankheitsrisiko und Sonderzahlungen).

Die unzureichenden Arbeits- und Lernbedingungen in Integrationskursen sind
von besonderer politischer Brisanz, denn sie sind Ausdruck einer halbherzigen
politischen Entscheidung, Sprachkurse zwar vorzusehen, diese jedoch nicht
den pädagogischen, genderspezifischen und interkulturellen Erfordernissen
entsprechend und nicht ausreichend finanziell auszugestalten. Die oftmals be-
klagten Sprachdefizite bei Einwanderinnen und Einwanderern sind im Regel-
fall kein Resultat eines individuellen „Versagens“ oder gar „Unwillens zur Inte-
gration“, sondern das Ergebnis einer Politik, die über Jahrzehnte hinweg nicht
auf „Integration“, sondern auf Ausgrenzung oder berufliche Deklassierung
setzte. Bis 2005 gab es in Deutschland kein staatlich organisiertes Sprachkurs-
angebot für Eingewanderte – im Gegensatz etwa zu Schweden, das bereits seit
1970 kostenlose Integrationskurse vorsieht.

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Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie ist es mit der Darstellung der Integrationskurse als „Erfolgsgeschichte“
vereinbar, dass weniger als die Hälfte aller bisherigen Kursabsolventinnen und
-absolventen das vom Gesetzgeber angestrebte Sprachzertifikat erreichte?

2. Was sind nach Ansicht der Bundesregierung die Gründe für diese geringe
Erfolgsquote der Integrationskurse, d. h. dafür, dass nur weniger als die
Hälfte aller bisherigen Kursabsolventinnen und -absolventen ein Zertifikat
über das Sprachniveau B1 erreichen konnte, und inwieweit sieht die Bun-
desregierung diesbezüglich insbesondere einen Zusammenhang zu der häu-
fig schlechten Bezahlung der Lehrkräfte in Integrationskursen?

3. Inwieweit wird bei der Bewertung der „Erfolgsgeschichte“ der Integrations-
kurse berücksichtigt, dass das Sprachniveau B1 nicht für die Ausübung
eines minimal qualifizierten Berufes ausreicht, was das Lernziel B2 für
berufsorientierte Integrationskurse verdeutlicht, und ist an eine Änderung
der Integrationskursverordnung gedacht mit dem Ziel, generell auch den
Erwerb von Sprachkenntnissen oberhalb des Niveaus B1 zu ermöglichen,
und wenn nein, warum nicht?

4. Was waren die Gründe dafür, ursprünglich nur 600 Sprachstunden für das
Erreichen des Sprachniveaus B1 vorzusehen, obwohl zum Beispiel der
Sachverständigenrat für Zuwanderung in seinem Jahresgutachten 2004
(S. 336) darauf hingewiesen hatte, dass es fraglich sei, ob die Sprachkurse in
Art und Umfang geeignet seien, das Sprachniveau B1 zu vermitteln?

a) Welche Gründe gab es für die Erhöhung der offenkundig unzureichenden
maximalen Stundenzahl durch die Änderung der Integrationskursver-
ordnung Ende 2007, und warum geschah dies erst knapp drei Jahre nach
Einführung der Integrationskurse?

b) Warum wurde bei dieser Stundenzahlerhöhung die nach Einschätzung des
Ramboll-Gutachtens (S. 176 f.) „unter sprachwissenschaftlichen Ge-
sichtspunkten … weniger zu bevorzugende Variante“ einer Wiederho-
lungsmöglichkeit gewählt und nicht ein separater Kurs für langsam Ler-
nende vorgesehen, was laut Gutachten „für den Lernerfolg ideal wäre“?

c) Ist an die Schaffung von solchen Kursen für langsam Lernende in der Zu-
kunft gedacht, um die Erfolgsquote bei Abschlussprüfungen zu steigern,
und wenn nein, warum nicht?

5. Welche genaue Kalkulation lag der ursprünglichen Kostenerstattungs-
pauschale für die Kursträger in Höhe von 2,05 Euro pro Stunde und Teil-
nehmer/Teilnehmerin zugrunde, welche Gründe führten zur Anhebung der
Pauschale auf 2,35 Euro, und ist aus Sicht der Bundesregierung eine weitere
Anhebung der Pauschale wünschenswert oder geplant, und wenn ja, bis zu
welcher Höhe, und wenn nein, warum nicht?

a) Wer konkret ist letztlich für die jeweilige Festlegung der Kostenerstat-
tungspauschale verantwortlich, und nach welchen Kriterien und in wel-
chen Zeitabständen wird hierüber entschieden?

b) Geht die Bundesregierung davon aus, dass die derzeit gewährte Kosten-
pauschale ausreicht, um allen Lehrkräften angemessene Honorare/Gehäl-
ter bezahlen zu können, und welche Bezahlung hält sie für angemessen
bzw. strebt sie an (bitte jeweils begründen)?

c) Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung dazu vor, ob und inwie-
weit die Erhöhung der Kostenerstattungspauschale um 30 Cent zu einer
Erhöhung der Bezahlung der Lehrkräfte führte, und inwieweit hält sie die
Kritik für berechtigt, dass ein erhöhter Verwaltungsaufwand der Träger
bzw. die nach wie vor zu niedrige Höhe der Pauschale dem entgegenge-
standen haben könnte?

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6. Wie hoch sind die derzeitigen an Lehrkräfte in Integrationskursen ausge-
zahlten Honorare/Gehälter (mindestens, höchstens, im Durchschnitt), und
welche genauere Angaben liegen zu unterschiedlich hohen Bezahlungen
zwischen unterschiedlichen Träger- und Kursarten (Lohnniveau bei freien/
privaten Trägern, Sprachschulen, Volkshochschulen, kirchlichen Trägern,
bei Alphabetisierungskursen usw.) und Bundesländern vor?

7. Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, wie hoch der An-
teil derjenigen Lehrkräfte in Integrationskursen ist, die die vorgeschriebe-
nen Beiträge zur Rentenversicherung aufgrund der minimalen Vergütungen
nicht entrichten können, und inwieweit sieht sie in der häufig kaum exis-
tenzsichernden Bezahlung von Honorarkräften einen „Anreiz“, diese Ren-
tenversicherungsbeiträge aufgrund der aktuellen Notlage nicht zu leisten
(bitte begründen)?

8. Wie hoch ist die derzeit vom BAMF empfohlene Lohnuntergrenze, wie
wird diese Höhe im Detail begründet, warum wird sie für ausreichend ge-
halten, und wird seitens des BAMF davon ausgegangen, dass Honorarlehr-
kräfte nur temporär im Bereich der Integrationskurse arbeiten oder dass es
sich um längerfristige Beschäftigungssituationen handelt, die z. B. auch
eine hinreichende Altersvorsorge ermöglichen können muss?

9. Wie wird die Einhaltung der Lohnuntergrenzen in der Praxis überprüft, und
welche Folgen hat ein Unterschreiten dieser Grenzen für die Bildungs-
träger?

10. Welche genauen Regelungen zur Vergütung der Lehrkräfte bei der Zulas-
sung von Sprachkursträgern wurden nach § 20 Absatz 4 der Integrations-
kursverordnung (IntV) getroffen, und wie werden diese Regelungen kon-
trolliert und durchgesetzt?

11. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung möglich, im Rahmen des § 43 Ab-
satz 3 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) ausschließlich öffent-
liche oder halböffentliche Träger (wie z. B. in den Niederlanden) mit der
Durchführung von Integrationskursen zu betrauen, oder wäre hierfür eine
Gesetzesänderung erforderlich?

12. Was spricht nach Auffassung der Bundesregierung dafür bzw. dagegen,
Integrationskurse einheitlich z. B. nur durch die Volkshochschulen anzu-
bieten, um Nachteile und Ungleichheiten bei der Bezahlung der Lehrkräfte
und Qualitätsschwankungen beim Unterrichtsangebot zu Lasten der Kurs-
teilnehmerinnen und -teilnehmer zu vermeiden?

13. Wie werden die Arbeit und das Sprachkursangebot privater Träger vom
BAMF qualitativ bewertet, die nach Auffassung etwa der dib zu einem
hohen Grad keine qualitativ hochwertigen Kurse anbieten?

14. Wie hoch ist die absolute Zahl bzw. der prozentuale Anteil von Bildungs-
trägern, denen die Lizenz zum Erteilen von Integrationskursen bislang ent-
zogen wurde (bitte nach Jahren, Bundesländern und Trägerart aufschlüs-
seln), und was waren die Gründe hierfür?

15. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie viele Träger von
Integrationskursen bislang in Insolvenz gingen (bitte nach Jahren, Bundes-
ländern und Trägerart aufschlüsseln)?

16. Über welche Kontrollinstrumente gegenüber den nichtöffentlichen Bil-
dungsträgern verfügt das BAMF, über welche pädagogischen, methodi-
schen und didaktischen Qualifikationen verfügen die Kontrolleurinnen und
Kontrolleure des BAMF, und wie und in welchem Umfang evaluiert das
BAMF insbesondere die Arbeit der Lehrkräfte in den Integrationskursen?

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17. Praktiziert das BAMF ein teilnehmerorientiertes Qualitätsmanagement,
d. h. werden z. B. Evaluationsbögen an Teilnehmerinnen und -teilnehmer
von Integrationskursen (in der jeweiligen Muttersprache) verteilt und aus-
gewertet, und wie erfolgt gegebenenfalls eine solche Evaluierung in Alpha-
betisierungskursen für nicht des Lesens kundige Teilnehmerinnen und Teil-
nehmer?

18. Wie viele nicht vorläufig lizenzierte Lehrkräfte für Integrationskurse gibt
es, wie viele von ihnen sind derzeit in Integrationskursen beschäftigt, und
wie erklärt sich die Bundesregierung die Differenz?

19. Wie viele Lehrkräfte besitzen eine vorläufige Qualifizierung, und wie viele
eine Ausnahmegenehmigung für den Unterricht in Integrationskursen?

20. Wie viele der lizenzierten Lehrkräfte arbeiten als Honorarkräfte bzw. im
Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses,
und welche diesbezüglichen Informationen gibt es differenziert nach der
Trägerart?

21. Wie viele Lehrkräfte in Integrationskursen gehen nach Kenntnis oder Ein-
schätzung der Bundesregierung Nebentätigkeiten nach, um ihre schlechte
Einkommenssituation zu verbessern, und sind solche Nebentätigkeiten ver-
einbar mit der notwendigen Konzentration auf den Unterricht und den um-
fangreichen Unterrichtsvorbereitungen?

22. Welche Kenntnisse oder Einschätzungen gibt es dazu, wie viele Lehrkräfte
zum Stichtag 31. Dezember 2009 aus den Integrationskursen ausscheiden
müssen, da sie die geforderte Zusatzausbildung nicht absolvieren wollen
oder können, und wie werden Forderungen nach einer Anerkennung infor-
mell angeworbener Kompetenzen auch nach diesem Datum bewertet/
berücksichtigt (vgl. „prekär“, GEW-Info 2/09, S. 4)?

23. Ist in der Praxis feststellbar, dass Eingangs-Sprachtests zu „homogeneren“
Kurszusammensetzungen geführt haben und Vorkenntnisse und Sprach-
fähigkeiten der Betroffenen tatsächlich bei der Kurszusammenstellung be-
rücksichtigt werden (bitte begründen)?

24. Inwieweit sorgt das System der pauschalen Kostenerstattung dafür, dass
Kursträger vor allem ein Interesse daran haben, dass die Kurse möglichst voll
sind, was zu Lasten der pädagogischen Qualität und einer wünschenswer-
ten Differenzierung bei der Kurszusammensetzung geht, und welches alter-
native Modell ist vorstellbar, um diese nachteiligen Effekte zu vermeiden?

25. Wie stellt das BAMF sicher, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
vorab darüber aufgeklärt werden, dass nach je 100 Unterrichtsstunden der
Bildungsträger gewechselt werden kann?

26. Was sind nach Auffassung der Bundesregierung die Gründe dafür, Sprach-
kurse in der Zuständigkeit des BMI bzw. des BAMF zu belassen, statt sie
z. B. beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) anzu-
siedeln?

27. Welche Möglichkeiten gibt es für Interessensvertretungen und Vereine von
Migrantinnen und Migranten in Deutschland, auf Kursinhalte und -formen
Einfluss zu nehmen und ihre Erfahrungen mit sprachlicher Integration in
die Integrationskurse einzubringen, und welche Möglichkeiten werden eh-
renamtlichen Helferinnen und Helfern für individuelle Förderungen für die
Zeit eines Integrationskurses eröffnet bzw. welche Erfahrungen gibt es
diesbezüglich?

28. Gibt es Interessenvertretungen der Teilnehmer und Teilnehmerinnen in
Integrationskursen auf Bundes- oder auf regionaler/lokaler Ebene, und
wenn ja, welche?

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29. Was sind die Gründe dafür, dass die ursprünglich im Bundeshaushalt für
Integrationskurse vorgesehenen – jedoch bei Weitem nicht im vollen Um-
fang abgerufenen – 208 Mio. Euro jährlich nicht für die Verbesserung des
Integrationskursangebots verwandt wurden, etwa für eine Erhöhung der
Kostenpauschale, soweit Gelder z. B. wegen unerwartet niedriger Teilneh-
merzahlen nicht abgerufen wurden?

30. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass die gesamtgesellschaftlich
wichtige und von der Bundesregierung stets hervorgehobene Arbeit in den
Integrationskursen häufig von Honorarkräften verrichtet wird, die trotz
Ausbildung und Zusatzqualifikation faktisch für einen Lohn arbeiten müs-
sen, der in etwa Hartz-IV-Niveau entspricht?

31. Wie steht die Bundesregierung zu Forderungen von Honorarlehrkräften,
z. B. der dib nach:

a) einer Erhöhung der Kostenpauschale (mindestens drei Euro),

b) einer Mindestentlohnung in Höhe von 25 Euro die Stunde,

c) einer hälftigen Zahlung der Sozialversicherung durch den Bund,

d) einer Anerkennung des Arbeitnehmerstatus,

e) bezahltem Urlaub,

f) Honorarfortzahlung im Krankheitsfall,

g) bezahlten Fortbildungen

(bitte getrennt beantworten und begründen)?

32. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Arbeitsbedingun-
gen und Entlohnung der Lehrkräfte in Integrationskursen zu verbessern,
und von welchen Teilnehmenden-, Träger- und Lehrkräftezahlen geht die
Bundesregierung mittel- und langfristig aus?

Berlin, den 14. August 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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