BT-Drucksache 16/13907

Stand der Jugendarbeitslosigkeit in der Krise - Ursachen und soziale Absicherung

Vom 18. August 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13907
16. Wahlperiode 18. 08. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Klaus Ernst, Karin Binder, Diana Golze, Katja Kipping,
Elke Reinke, Volker Schneider (Saarbrücken), Dr. Ilja Seifert, Frank Spieth,
Dr. Kirsten Tackmann, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Stand der Jugendarbeitslosigkeit in der Krise – Ursachen und soziale Absicherung

Berichte und Statistiken der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass junge
Menschen (bis 25 Jahre) in besonderer Weise Opfer der Krise werden und mit
Arbeitslosigkeit konfrontiert sind. So ist die registrierte Arbeitslosigkeit von
Jüngeren zwischen Mai 2008 und Mai 2009 um insgesamt 16,1 Prozent an-
gestiegen. Die Erwerbslosenquote liegt bei den 20- bis 24-Jährigen mit 9,3 Pro-
zent im Mai 2009 ein Prozentpunkt über der Erwerbslosenquote für alle zivilen
Erwerbspersonen.

Diese Entwicklung gebietet, die Bundesregierung genauer nach den Ursachen
dieser Entwicklung sowie nach der sozialen Absicherung der betroffenen
Personen zu fragen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) führt in einer
Analyse zu dem Thema aus (DGB: Arbeitsmarkt aktuell 07/2009), dass junge
Beschäftigte häufiger von Erwerbslosigkeit betroffen sind, weil sie häufig nur
atypische und befristete Jobs haben und dass sie vielfach direkt in Hartz IV –
der „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ – fallen. Die soziale Absicherung
dieser jungen Erwerbslosen ist daher mehr als mangelhaft. Die geplante Verlän-
gerung der Lebensarbeitszeit auf 67 Jahre wird die Zugangschancen Jüngerer
zum Arbeitsmarkt nochmals erschweren.

In besonderem Maße betrifft die Jugendarbeitslosigkeit Menschen mit Behin-
derungen sowie junge Menschen mit Migrationshintergrund. Wir bitten daher
durchgängig – soweit die Daten kurzfristig verfügbar sind – um eine separate
Ausweisung der Daten für diese beiden Gruppen bei den nachfolgenden Fragen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch ist die Erwerbsquote der jungen Menschen bis 25 Jahre, und wie
hat sie sich seit 2000 entwickelt (differenziert nach Altersstufen 15- bis
19-Jährige sowie 20- bis 24-Jährige und nach Geschlecht)?

2. Wie hoch ist der Anteil der beschäftigten jungen Menschen mit einer atypi-
schen Beschäftigung, d. h. mit einem Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag, der
insbesondere keine Existenz sichernde Entlohnung garantiert und/oder zeit-
lich befristet ist (differenziert nach den beiden genannten Altersstufen), und
wie hat sich der Anteil der atypischen Beschäftigungsverhältnisse bei jungen
Menschen seit 2000 entwickelt?

3. Wie hoch ist die Zahl der jungen Beschäftigten in der Leiharbeit, und wie
hat sich die Zahl seit 2000 entwickelt (differenziert nach den beiden genann-
ten Altersstufen)?

Drucksache 16/13907 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Wie hoch ist die Zahl der teilzeitbeschäftigten jungen Beschäftigten, und
wie hat sich die Zahl seit 2000 entwickelt (differenziert nach den beiden
genannten Altersstufen und Geschlecht)?

5. Welche Ursachen sind nach Ansicht der Bundesregierung für die dar-
gestellten Entwicklungen (Fragen 1 bis 4) jeweils verantwortlich?

6. Wie hoch ist die Erwerbslosenquote der jungen Menschen bis 25 Jahre, und
wie hat sie sich seit 2000 entwickelt (differenziert nach Altersstufen 15- bis
19-Jährige sowie 20- bis 24-Jährige und nach Geschlecht)?

7. Wie verteilen sich die jungen Erwerbslosen auf die beiden Rechtskreise des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) und des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB II) (Bestand), und wie hat sich diese Verteilung seit
2005 entwickelt (differenziert nach Altersstufen 15- bis 19-Jährige sowie
20- bis 24-Jährige und nach Geschlecht)?

8. Wie verteilen sich die Zugänge in Erwerbslosigkeit bei den jungen Menschen
auf die beiden Rechtskreise SGB III und SGB II, und wie hat sich diese Ver-
teilung seit 2005 entwickelt (differenziert nach Altersstufen 15- bis 19-Jäh-
rige sowie 20- bis 24-Jährige und nach Geschlecht)?

9. Wie hoch ist die Zahl und der Anteil der Zugänge in die Erwerbslosigkeit
bei jungen Menschen bis 25 Jahre, die trotz vorangegangener Erwerbstätig-
keit ohne Ansprüche auf Versicherungsleistungen direkt im SGB-II-Bezug
landen, und welche Gründe kann die Bundesregierung für diesen Sachver-
halt benennen?

10. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Anzahl der jungen Menschen
bis 25 Jahre, die weder einer (schulischen oder beruflichen) Ausbildung
noch einer Beschäftigung nachgehen, aber nicht als erwerbslos registriert
sind (Unterbeschäftigung nach den verschiedenen Merkmalen der Statistik
sowie „stille Reserve“)?

11. Wie hoch sind die durchschnittlichen Geldleistungen für junge Erwerbs-
lose im SGB III und im SGB II, und wie hat sich die durchschnittliche
Leistung seit 2005 entwickelt (differenziert nach Altersstufen 15- bis 19-Jäh-
rige sowie 20- bis 24-Jährige und nach Geschlecht)?

12. Wie viele Arbeitslosengeldbezieher nach dem SGB III bis 25 Jahre liegen
unter der Bedarfsdeckungsgrenze des SGB II für eine/n Alleinstehende/n,
und wie viele Leistungsberechtigte dieser Altersstufe erhalten ergänzend
Leistungen nach dem SGB II?

13. Wie viele junge Erwerbslose erhalten ein Arbeitslosengeld unter der Be-
darfsdeckungsgrenze für eine/n Alleinstehende/n nach dem SGB II und er-
halten keine ergänzenden Leistungen nach dem SGB II?

14. Wie viele jungen Menschen sind erwerbslos gemeldet und erhalten keine
Geldleistungen nach dem SGB II oder SGB III (differenziert nach Alters-
stufen 15- bis 19-Jährige sowie 20- bis 24-Jährige und nach Geschlecht)?

15. Welche Gründe sind dafür verantwortlich, dass erwerbslos gemeldete junge
Menschen keine Geldleistungen zur sozialen Absicherung erhalten (aus-
reichendes Einkommen der Bedarfsgemeinschaft (Eltern oder Partner/Part-
nerin, ausreichendes Vermögen, Sanktion von 100 Prozent etc., bitte quan-
tifizieren)?

16. Wie lange verbleiben junge Erwerbslose im Leistungsbezug nach dem
SGB III und dem SGB II (separat beantworten), und wie hat sich die Dauer
des Verbleibs seit 2005 verändert (differenziert nach Altersstufen 15- bis
19-Jährige sowie 20- bis 24-Jährige und nach Geschlecht)?

17. Wie hoch ist der Anteil der jungen Erwerbslosen (Status: arbeitslos) im
SGB II, die länger als a) ein halbes, b) länger als ein Jahr und c) länger als

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13907

zwei Jahre im Leistungsbezug verbleiben (differenziert nach Altersstufen
15- bis 19-Jährige sowie 20- bis 24-Jährige und nach Geschlecht)?

18. Wie hoch ist der Anteil der jungen erwerbsfähigen Hilfeberechtigten
(Status: nichtarbeitslos) im SGB II, die länger als a) ein halbes, b) länger
als ein Jahr und c) länger als zwei Jahre im Leistungsbezug verbleiben (dif-
ferenziert nach Altersstufen 15- bis 19-Jährige sowie 20- bis 24-Jährige
und nach Geschlecht)?

19. Welche arbeitsmarktpolitischen Instrumente wurden in welchem Umfang
bei jungen Erwerbslosen im SGB III eingesetzt, und wie hat sich der Einsatz
der arbeitsmarktpolitischen Instrumente seit 2000 entwickelt (differenziert
nach Altersstufen 15- bis 19-Jährige sowie 20- bis 24-Jährige und nach Ge-
schlecht)?

20. Welche arbeitsmarktpolitischen Instrumente wurden in welchem Umfang
bei jungen Erwerbslosen im SGB II eingesetzt, und wie hat sich der Einsatz
der arbeitsmarktpolitischen Instrumente seit 2005 entwickelt (differenziert
nach Altersstufen 15- bis 19-Jährige sowie 20- bis 24-Jährige und nach
Geschlecht)?

21. Wie viele junge SGB-II-Bezieher/Bezieherinnen wurden in so genannte
Ein-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten) vermittelt, und wie hat sich die Nut-
zung dieses Instruments für diese Altersgruppe seit 2005 verändert?

22. Wie hoch ist die Sanktionsquote im SGB II bei den unter 25-Jährigen, und
wie viele Hilfeberechtigte wurden aus welchem Grund mit einer Sank-
tionierung von 100 Prozent der ALG-II-Leistungen belegt?

23. Welchen Erfolg (insbesondere: Vermittlung in eine Existenz sichernde Be-
schäftigung) kann die Bundesregierung bei den genannten Maßnahmen der
Arbeitsmarktpolitik jeweils dokumentieren?

24. In welche Bereiche (Erwerbstätigkeit, Ausbildung und sonstige Maßnah-
menteilnahme, Nichterwerbstätigkeit sowie Sonstige) gehen junge Er-
werbslose aus dem Leistungsbezug nach dem SGB III und dem SGB II
jeweils ab (differenziert nach Altersstufen 15- bis 19-Jährige sowie 20- bis
24-Jährige und nach Geschlecht)?

25. Wie hoch ist der Anteil der Abgänge bei jungen SGB-II-Beziehern, die a)
in den ersten Arbeitsmarkt und b) in Ausbildung vermittelt wurden und wie
hat sich dieser Anteil seit 2005 entwickelt (differenziert nach Altersstufen
15- bis 19-Jährige sowie 20- bis 24-Jährige und nach Geschlecht)?

26. Wie hoch ist der Anteil der Vermittlungen in Leiharbeit unter der Gesamt-
zahl der Vermittlungen durch die örtlichen Träger der Grundsicherung für
Arbeitsuchende bei den unter 25-Jährigen?

27. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung von der sozialen Situation der-
jenigen jungen Erwerbslosen, die in Nichterwerbstätigkeit abgehen, und
wie bewertet die Bundesregierung Abgänge in Nichterwerbstätigkeit?

28. Wie hoch ist der Anteil der Abgänge aus dem SGB II bei den unter 25-Jäh-
rigen, die innerhalb von drei Monaten, bzw. innerhalb von einem Jahr er-
neut Leistungen nach dem SGB II beziehen, und wie hat sich dieser Anteil
seit 2005 verändert?

29. Wie wird sich die Verlängerung der Lebensarbeitszeit auf 67 Jahre auf die
Zugangschancen Jüngerer zum Arbeitsmarkt auswirken?

Berlin, den 7. August 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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