BT-Drucksache 16/1362

Richtwert für Barrierefreiheit bei Bahnhöfen

Vom 28. April 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1362
16. Wahlperiode 28. 04. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Klaus Ernst, Dorothee Menzner, Heidrun Bluhm,
Eva Bulling-Schröter, Dr. Dietmar Bartsch, Roland Claus, Lutz Heilmann,
Hans-Kurt Hill, Katrin Kunert, Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Kirsten
Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Richtwert für Barrierefreiheit bei Bahnhöfen

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) wies Anfang April dieses Jahres die
Klagen zweier Behindertenverbände auf barrierefreien Umbau von kleineren
Bahnhöfen ab. Das BVerwG verwies darauf, dass die Vorschrift in der Eisen-
bahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO), nach der die Benutzung von Bahnan-
lagen durch behinderte und alte Menschen ohne besondere Erschwernis ermög-
licht werden soll, keine konkreten Vorgaben mache, wann und wie diese Ziele
umzusetzen sind. Der Gesetzgeber habe das dem Programm der Deutsche
Bahn AG überlassen, wonach im Juni 2005 als Richtwert für barrierefreie Zu-
gänge eine tägliche Fahrgastzahl von 1 000 festgelegt wurde.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wieso überlässt die Bundesregierung die Auslegung einer gesetzlichen Vor-
schrift (Verordnung) einer privatwirtschaftlich organisierten und agierenden
Firma?

2. Welche Abteilung innerhalb des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung ist für die Umsetzung der EBO, die ja für alle Eisenbahn-
gesellschaften gilt und demzufolge über die Deutsche Bahn AG hinaus
wirkt, zuständig?

3. Aus welchem Grund hält es die Bundesregierung überhaupt für richtig, bei
den Kriterien für Barrierefreiheit unterschiedliche Maßstäbe zwischen Bahn-
höfen und anderen öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen anzulegen?

4. Wieso gelten die Kriterien des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG)
nicht automatisch auch für die EBO?

5. Wurden bei der Ausarbeitung des Programms, das den Richtwert von
1 000 Fahrgästen täglich festlegte, Behindertenverbände beteiligt?

Falls ja, welche?

Falls nein, welche Gründe hatte das?
6. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung die Fahrgastzahl für einzelne
Verkehrsstationen ermittelt, auch unter Berücksichtigung von Verbundfahr-
ausweisen, die keine konkreten Haltestellen ausweisen?

7. Unter welchen Voraussetzungen können nach Auffassung der Bundes-
regierung künftig auch schwächer genutzte Bahnhöfe/Haltepunkte barriere-
frei gestaltet werden?

Drucksache 16/1362 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
8. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass der Vorstand der
Deutsche Bahn AG sich weigerte, im Rahmen der Verhandlungen zur Ziel-
vereinbarung nach dem BGG eine geringere Mindestnutzerzahl (z. B. 250
Personen) festzulegen?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die Festlegung der Deutsche Bahn AG,
die Schaffung von Barrierefreiheit bei Bahnhöfen an eine willkürlich fest-
gelegte Mindestnutzerzahl zu binden?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die Mindestnutzerzahl von 1 000 Fahr-
gästen pro Tag?

11. Werden im Rahmen der Kulturhauptstadt 2010 (Essen) kleinere Bahnhöfe
im Ruhrgebiet barrierefrei umgebaut, weil mit publikumsintensiven Ver-
anstaltungen und einer höheren Fahrgastzahl zu rechnen ist?

Berlin, den 26. April 2006

Dr. Ilja Seifert
Klaus Ernst
Dorothee Menzner
Heidrun Bluhm
Eva Bulling-Schröter
Dr. Dietmar Bartsch
Roland Claus
Lutz Heilmann
Hans-Kurt Hill
Katrin Kunert
Michael Leutert
Dr. Gesine Lötzsch
Dr. Kirsten Tackmann
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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