BT-Drucksache 16/136

Haltung der Bundesregierung zur Europäischen Dienstleistungsrichtline

Vom 29. November 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 16/136
16. Wahlperiode 29. 11. 2005

Große Anfrage
der Abgeordneten Ursula Lötzer, Dr. Barbara Höll, Dr. Diether Dehm, Werner
Dreibus, Cornelia Hirsch, Monika Knoche, Kornelia Möller, Dr. Herbert Schui,
Dr. Axel Troost, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Haltung der Bundesregierung zur Europäischen Dienstleistungsrichtlinie

Die Europäische Kommission hat im Januar 2004 den Vorschlag für eine Rah-
menrichtlinie vorgelegt, die nahezu alle Dienstleistungsbereiche in der Gemein-
schaft liberalisieren will und tiefgreifend in die Souveränität und Gestaltungs-
kompetenz der einzelnen Mitgliedstaaten eingreifen würde. Damit verstößt sie
nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE. gegen das in den EG-Verträgen
(EGV) festgeschriebene Subsidiaritätsprinzip. Eklatant sichtbar wird dieser Ein-
griff durch den weitgehenden Verzicht auf öffentliche Wirtschaftsaufsicht und
Kontrolle für ausländische Dienstleistungserbringer.

Kernstück der Richtlinie ist das „Herkunftslandprinzip“, das es dem grenzüber-
schreitenden Dienstleister erlaubt, seine Leistung nach den Standards und Vor-
schriften des Herkunftslandes anzubieten und es dem Bestimmungsland verbie-
tet, vom Anbieter die Einhaltung einheimischer Gesetze und Standards zu
fordern oder auch nur zu kontrollieren.

Anstatt der notwendigen Harmonisierung von Qualitätsstandards, Sozial- und
Beschäftigungsbedingungen sowie von umwelt- und verbraucherschutzrecht-
lichen Regelungen zwischen den Mitgliedstaaten ist zu befürchten, dass ein re-
gulatorischer Wettlauf „nach unten“ eingeleitet werden würde.

Es ist weiterhin zu befürchten, dass der Druck auf die Regierungen, im Namen
der Wettbewerbsfähigkeit hohe Standards zu beseitigen oder zu lockern, enorm
zunehmen würde und ihre Möglichkeiten, Unternehmen in Verantwortung für
soziale und ökologische Nachhaltigkeit einzubinden, weitestgehend aufgegeben
werden müssten.

An die Stelle von verbindlichen, harmonisierten Standards sollen laut Richt-
linienentwurf „die Interessenträger ermutigt werden“, freiwillige Verhaltensko-
dizes auszuarbeiten. Dies wäre nach Auffassung der Fragesteller ein Rückfall
der Regelungen auf das Niveau von Entwicklungs- und Schwellenländern.

Es ist zu befürchten, dass mit der Ausweitung der Niederlassungsfreiheit all die-
se Wirkungen verschärft werden würden, da sich insbesondere große Dienstleis-
tungsunternehmen über eine Verlegung ihrer Niederlassung bzw. Mehrfachre-
gistrierung das jeweils „preisgünstigste“ Rechtssystem aussuchen könnten. Der
jetzt bereits in der EU vorhandene Steuerwettbewerb würde forciert, die Finanz-
kraft der Staaten weiter geschwächt. Als wirtschaftliche Konsequenz droht nach
Auffassung der Fragesteller eine weitere Schwächung der Binnennachfrage in
den europäischen Staaten und zunehmende Arbeitslosigkeit.

Drucksache 16/136 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Der Geltungsbereich der Richtlinie umfasst auch Dienstleistungen, die bisher in
Mitgliedsländern im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge angesiedelt sind.
Ein Rückzug des Staates und die Unterwerfung unter den „freien Wettbewerb“
würde nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE. ein Ende der Daseinsvorsorge
bedeuten und zu gravierenden Fehlentwicklungen führen.

Die Debatte über die Organisation der Daseinsvorsorge in Europa hat mit dem
Grünbuch und dem Weißbuch über „Dienstleistungen von allgemeinem Interes-
se“ überhaupt erst angefangen. Mit der Dienstleistungsrichtlinie würde diese
Diskussion zum Teil obsolet, da bereits Fakten hinsichtlich schrankenloser
Liberalisierung in weiten Bereichen des Dienstleistungssektors geschaffen wür-
den.

Gegen diesen Entwurf für eine Dienstleistungsrichtlinie gibt es europaweit Kri-
tik von Mitgliedstaaten, Landesregierungen und Nichtregierungsorganisationen.
Auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am 22./23. März 2005
wurde beschlossen, den bisherigen Richtlinienentwurf zu überarbeiten. Insbe-
sondere soll die Sicherung sozialer Standards stärker in den Vordergrund treten.
Auch der Bundesrat (Bundesratsdrucksche 128/04) und der Deutsche Bundestag
(Bundestagsdrucksache 15/5832) haben sich für umfangreiche Überarbeitungen
an der Richtlinie ausgesprochen. Eine aktuelle und detaillierte Folgenabschät-
zung und Positionsbestimmung des Richtlinienentwurfs durch die neue Bundes-
regierung liegt der Öffentlichkeit bisher nicht vor.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Sieht die Bundesregierung in den im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU
und SPD getroffenen Vereinbarungen zum Entwurf der Dienstleistungsricht-
linie einen Rückschritt gegenüber den Beschlüssen von Bundestag und Bun-
desrat, die sich dafür eingesetzt haben, dass die EU-Kommission die Dienst-
leistungsrichtlinie zurückzieht und grundlegend überarbeitet, wird sie sich
trotzdem für eine grundlegende Neufassung einsetzen und wenn nicht, aus
welchen Gründen nicht?

2. Führt das Herkunftslandprinzip nach Auffassung der Bundesregierung in der
bisherigen Ausgestaltung zur Sicherung von hohen Standards für die Siche-
rung und Qualität von Dienstleistungen und wie begründet sie ihre Meinung?

3. Beabsichtigt die Bundesregierung das Herkunftslandprinzip zu verändern
und wenn ja, in welchen Bereichen?

4. Welche konkrete Alternative schlägt die Bundergierung vor?

5. Welche Aktivitäten hat die Bundesregierung im Europäischen Rat, im Stän-
digen Ausschuss des Rates und im Wettbewerbsrat bereits unternommen oder
wird sie noch unternehmen?

6. Welche Vorschläge gibt es in den europäischen Ratsgremien zur weiteren
Klärung und Vorgehensweise und wie bewertet die Bundesregierung diese?

7. Welche Studien hat die Bundesregierung zur Folgeabschätzung der geplanten
Regelungen für die einzelnen Dienstleistungsbranchen, der Auswirkung auf
die Arbeitsmärkte und Arbeitsbedingungen, der kleinen und mittleren Unter-
nehmen sowie der freien Berufe, der Auswirkung auf die Verbraucher sowie
der nötigen Verwaltungsreform in Auftrag gegeben (siehe Bundestagsdruck-
sache 15/5832), wie ist der Fortgang der Untersuchungen und wann ist mit
deren Ergebnis zu rechnen?

8. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Beschlüssen
des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz im Europäischen
Parlament vom 22. November 2005 zur Dienstleistungsrichtlinie?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/136

I. Zu prinzipiellen Rechtsfragen

9. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Bundesrates (Bundesrats-
drucksache 128/04 (Beschluss)), dass der Kommissionsentwurf insbeson-
dere in den Bereichen „Verwaltungsvereinfachung“ (Artikel 5 ff.) und Ge-
nehmigungen (Artikel 9 ff.) die Grundsätze der Subsidiarität und Verhält-
nismäßigkeit nach Artikel 5 Abs. 2 und 3 EGV verletzt, wie begründet sie
ihre Meinung und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Bundesrates (Bundesrats-
drucksache 128/04 (Beschluss)), dass die Regelungen über das Herkunfts-
landprinzip von der Regelungskompetenz der Gemeinschaft nach Artikel 47
Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 55 EGV nicht gedeckt sind, da sie
Vorschriften des Bestimmungslandes verdrängen und Hoheitsrechte be-
schränken, wie begründet sie ihre Meinung und welche Konsequenzen zieht
sie daraus?

11. Sieht die Bundesregierung in Teilen des Richtlinienentwurfs einen Verstoß
gegen geltendes EU-Recht oder zumindest das Entstehen von Rechtsunsi-
cherheiten und wenn ja, in welchen?

12. Wie will die Bundesregierung eine Klarstellung in diesen Fragen erreichen?

II. Zum Geltungsbereich der Richtlinie

13. Wird sich die Bundesregierung wie vom Deutschen Bundestag gefordert
(Bundestagsdrucksache 15/5831) dafür einsetzen, dass Dienstleistungen im
allgemeinen Interesse, die von Mitgliedstaaten in Erfüllung ihrer ge-
meinwohlorientierten Pflichten erbracht werden, oder Dienstleistungen, bei
deren Einbringung die Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft an den
Dienstleistungserbringer spezifische Anforderungen zur ordnungsgemäßen
Erfüllung bestimmter Gemeinwohlaufgaben stellen, vom Geltungsbereich
der Richtlinie ausgenommen werden?

14. Wird sich die Bundesregierung wie vom Deutschen Bundestag gefordert
(Bundestagsdrucksache 15/5831) dafür einsetzen, dass Dienstleistungen,
die zur Sicherung und zum Erhalt öffentlicher Interessen ganz oder zum Teil
von einem Mitgliedstaat oder von regionalen bzw. lokalen Behörden garan-
tiert und finanziert sind, sowie Dienstleistungen, die kommerziell sind, aber
das Ziel eines allgemeinen Interesses verfolgen und daher spezifischen An-
forderungen der öffentlichen Hand unterliegen, vom Geltungsbereich der
Richtlinie ausgenommen werden?

15. Schließt sich die Bundesregierung der Forderung des Bundesrats an (Bun-
desratsdrucksache 128/04 (Beschluss)), dass Gesundheits- und soziale
Dienstleistungen sowie andere Sozialdienste und wohlfahrtsstaatliche
Dienstleistungen aus dem Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen
werden sollten, da es sich um Leistungen der sozialen Daseinsvorsorge,
finanziert aus öffentlichen Mitteln oder Solidaritätsbeiträgen, handelt und
der Verbraucherschutz im Sozial-, Pflege- und Gesundheitsbereich von be-
sonderer Bedeutung und deshalb ordnungsrechtlichen Regelungen unter-
worfen ist?

16. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass Leistungen der Wasser- und
Abwasserversorgung als Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge spe-
zifischen gesundheitlichen und ökologischen Kriterien unterliegen und des-
halb aus dieser allgemeinen Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen sein
müssen?

Drucksache 16/136 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

17. Wie begründet die Bundesregierung ihre Haltung bezüglich dieser Bereiche
(Fragen 13 bis 16) und was hat sie diesbezüglich unternommen bzw. wird
sie unternehmen?

18. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass erst die Debatte über
die Organisation der Daseinsvorsorge in Europa, die mit dem Grünbuch und
dem Weißbuch über „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ über-
haupt erst angefangen hat, geführt werden muss, bevor mit der Dienstleis-
tungsrichtlinie bereits Fakten z. T. auch in diesen Bereichen des Dienstleis-
tungssektors geschaffen werden, und welche Schritte hat oder wird sie dafür
unternehmen?

III. Zum Herkunftslandprinzip

19. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass nach Artikel 16 des
Richtlinienentwurfs der Dienstleistungserbringer lediglich den Bestimmun-
gen seines Herkunftslandes unterliegen würde?

20. Welche Konsequenzen wären damit aus Sicht der Bundesregierung verbun-
den?

21. Wie beurteilt die Bundesregierung den Kompromissvorschlag der Bericht-
erstatterin Evelyne Gebhardt, dass der Zugang zum Markt nach Regeln des
Herkunftslandes, die Erbringung der Leistungen aber nach den Bedingun-
gen des Empfängerlandes erfolgen soll?

22. Wie will die Bundesregierung verhindern, dass bei einer Annahme der
Richtlinie die Sozial-, Umwelt- und Verbraucherstandards der Bundes-
republik Deutschland durch Dienstleister aus anderen Mitgliedsländern un-
terminiert werden würden?

23. Wie ist es mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, wenn ein deutscher
Dienstleister bei der Erbringung seiner Dienstleistung in Deutschland die
Sozial-, Umwelt- und Verbraucherstandards der Bundesrepublik Deutsch-
land einhalten muss, ein Dienstleister eines anderen Mitgliedstaates aber
nicht?

24. Wie soll der Verbraucherschutz gewährleistet werden, wenn eine Verbrau-
cherin/ein Verbraucher die Details des jeweiligen nationalen Rechts des
Herkunftslandes nicht kennt und sich nicht einmal der Gerichtsstand am
gewöhnlichen Aufenthaltsort der Verbraucherin/des Verbrauchers befinden
muss?

25. Inwieweit würde sich der Richtlinienentwurf negativ auf die Steuereinnah-
men auswirken, da für die nichtharmonisierte Einkommens- und Unterneh-
menssteuer sowie andere staatliche und kommunale Abgaben das Her-
kunftslandprinzip nach Artikel 16 sowie der Artikel 14 gelten sollen?

26. Wie soll nach Auffassung der Bundesregierung der Anspruch des Landes,
in dem die Dienstleistung erbracht wird, auf die Umsatzsteuer durchgesetzt
werden, wenn nahezu alle herkömmlichen Melde- und Anmeldepflichten
durch den Richtlinienentwurf verboten würden?

27. Inwieweit würde sich der Richtlinienentwurf negativ auf die Steuereinnah-
men auswirken, da er es erleichtert, Gewinne, die in Hochsteuerländern er-
wirtschaftet wurden in Niedrigsteuerländern zu veranlagen bzw. Verluste
durch eine ausländische Betriebsstätte im Inland abzuschreiben (Artikel 20b)?

28. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass nach dem Richt-
linienentwurf das Bestimmungsland vom Dienstleistungserbringer keine
Registrierung, Meldung, Genehmigung, Hinterlegung finanzieller Sicher-
heiten, Nennung einer Anschrift oder einer vertretungsberechtigten Person
verlangen dürfte?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/136

29. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass das Herkunftsland weder
ein übermäßiges Interesse noch die Kapazitäten hat, Auslandsgeschäfte der
bei ihm registrierten Unternehmen zu kontrollieren und wird sich die Bun-
desregierung dafür einsetzen, dass das Kontrollrecht bei den Behörden des
Ziellandes verbleibt, und was hat sie unternommen oder wird sie diesbezüg-
lich unternehmen?

30. Falls das Kontrollrecht beim Herkunftsland verankert werden würde, wel-
che Behörden oder Organe des Herkunftslandes sollten künftig mit wel-
chem Hoheitsrecht auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Kon-
trollen durchführen?

31. Welche Konsequenzen hätte ein Kontrollrecht durch das Zielland bei Beibe-
haltung des Herkunftslandprinzips für Wirtschaftsaufsicht und Kontrolle?

32. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass das Tätigkeitsland nur
noch bei direkter Gefährdung der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Ge-
sundheit oder des Jugendschutzes Einzelmaßnahmen ergreifen dürfen soll,
und zwar erst 15 Tage nachdem das Herkunftsland informiert wurde, und
diese milder sein müssen als mögliche Maßnahmen des Herkunftslandes?

33. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass dies insbesondere in Fällen
wie Kinderarbeit, schlechter Pflege durch ambulante Gesundheitsdienste
oder auch der Tätigkeit von Geldwäschefirmen nicht hinnehmbar ist, und
welche konkreten Initiativen hat sie unternommen oder unternimmt sie um
eine derartige Regelung zu verhindern?

IV. Zur Niederlassungsfreiheit

34. Wie beurteilt die Bundesregierung den Katalog von Niederlassungshinder-
nissen (Artikel 15), die von den Mitgliedstaaten gegenseitig überprüft wer-
den müssten und hinfällig sein sollen, falls die Mitgliedstaaten nicht binnen
sechs Monaten davon überzeugt werden könnten, dass diese „objektiv, ver-
hältnismäßig und zwingend erforderlich“ sind?

35. Auf welche in Artikel 15 aufgeführten Niederlassungshindernisse würde die
Bundesregierung auf keinen Fall verzichten?

36. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Beseitigung des Verbo-
tes von Verkäufen unter Einstandspreis die Existenz insbesondere kleiner
und mittlerer Dienstleister gefährden und die Konzentration auf dem
Dienstleistungsmarkt befördern würde, und welche Positionen hat oder wird
sie dazu in den Verhandlungen einnehmen?

37. Wie beurteilt die Bundesregierung die in Artikel 15 vorgesehene Pflicht,
neue Regulierungsvorhaben in Mitgliedstaaten künftig bei der EU-Kom-
mission anzumelden und die Entscheidung über ihre Einführung an die
Europäische Kommission abzugeben?

38. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass durch das Verbot, eine bestimm-
te Rechtsform des Dienstleiters vorzuschreiben, die Möglichkeit, Aufträge
bevorzugt an gemeindeeigene Betriebe oder Non-Profit-Organisationen zu
vergeben, ausgeschlossen werden würde, und wie will sie dies verhindern?

V. Zu den Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt

39. Wie beurteilt die Bundesregierung die Gefahr, dass die geplante Dienstleis-
tungsrichtlinie insbesondere einen Deregulierungswettlauf in Bezug auf Ar-
beitsbedingungen und Sozialstandards auslösen könnte?

40. Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung einer solchen Entwick-
lung entgegenwirken?

Drucksache 16/136 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

41. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass durch die Regelungen der
geplanten Dienstleistungsrichtlinie der Ersatz einheimischer Arbeitnehmer
und Arbeitnehmerinnen (siehe Baugewerbe, Schlachtereien etc.) durch bil-
ligere Anbieter aus anderen Mitgliedstaaten in allen Dienstleistungsberei-
chen generalisiert werden würde, und wie will sie dies vermeiden?

42. Welche Auswirkungen sieht die Bundesregierung auf die Lohnentwicklung
in Deutschland vor dem Hintergrund, dass das Entsendegesetz in Deutsch-
land einen Mindestlohn nur für das Baugewerbe vorsieht, in allen anderen
Bereichen also das Herkunftslandprinzip gelten würde?

43. Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung einer realen Senkung
der Löhne entgegentreten oder befürwortet die Bundesregierung eine reale
Lohnsenkung?

44. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Unzulässigkeit, eine
Meldepflicht vor Bauleistungen, eine Bereitstellung eines niedergelassenen
Vertreters oder die Bereithaltung und Aufbewahrung von Arbeits- und So-
zialversicherungsunterlagen am Ort des Einsatzes zu fordern, die Möglich-
keiten, die Entsenderichtlinie zu umgehen, und Missbrauch und illegale Be-
schäftigung fördern würde, und wie will sie dem begegnen?

45. Wie soll nach Auffassung der Bundesregierung ganz konkret zum Beispiel
die Zahlung des Mindestlohnes auf einer Baustelle in Deutschland überprüft
und durchgesetzt werden, wenn keine Unterlagen vor Ort und kein An-
sprechpartner verlangt werden dürften, der einzelne Arbeiter am Bau nur
ungefähre Angaben über seine Firma machen könnte und die Einschaltung
der Behörden des Herkunftslandes unter Umständen länger dauern würde
als der Arbeitseinsatz der Firma in Deutschland?

46. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass es für eine Leiharbeitneh-
merin/einem Leiharbeitnehmer erheblich schwieriger werden würde, eine
etwaige Schlechterstellung gegenüber der Stammbelegschaft sanktionieren
zu lassen, wenn ein grenzüberschreitendes Leiharbeitsunternehmen gar
keine Erlaubnis für seine Tätigkeit durch die Behörden am Einsatzort mehr
benötigt und damit nicht sanktionierbar ist, und welche Schritte will die
Bundesregierung dagegen unternehmen?

47. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass durch den Richtlinienentwurf
aufgrund mangelnder Kontrollmöglichkeiten die „Scheinselbständigkeit“
zunehmen würde, und wie will sie dem begegnen?

48. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass die geplante Dienst-
leistungsrichtlinie im Falle der Entsendung von Beschäftigten aus einem
Drittstaat anstatt einer Anerkennungspflicht der Arbeitserlaubnis aus dem
Herkunftsland einen Wegfall der Vorlagepflicht der Arbeitserlaubnis vor-
sieht?

49. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass künftig Menschenhändler Pa-
pierlose zu Dienstleistungen ins Ausland exportieren könnten, die dann als
rechtlose Beschäftigte dort zu elendsten Bedingungen arbeiten müssten, und
wie will sie dem begegnen?

50. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Behörden des Her-
kunftslandes ein gemindertes Interesse haben würden, gegen den Export der
Papierlosen einzuschreiten, und wie will sie ein wirksames Einschreiten
sicherstellen?

51. Welche Auswirkungen sieht die Bundesregierung auf den Arbeitsschutz,
wenn Ausrüstungen, sobald sie integraler Bestandteil einer Dienstleistung
sind, akzeptiert werden müssten, zum Beispiel ein Gerüst, das der Norm des
Arbeitslandes nicht entspricht?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/136

52. Welche konkreten Initiativen will die Bundesregierung gegen eine mögliche
Minderung des Arbeitsschutzes unternehmen?

53. Wie und von wem soll nach Auffassung der Bundesregierung die Kontroll-
funktion im Bereich Arbeitsschutz künftig übernommen werden, wenn Fir-
men mit Sitz im Ausland künftig nicht mehr der Versicherungspflicht in der
Berufsgenossenschaft unterliegen würden?

54. Welche Auswirkungen auf die Sozialversicherungskassen und die Allge-
meinheit sieht die Bundesregierung, wenn inländische Beschäftigte einer
Firma mit Niederlassung in einem Niedriglohnland einen niedrigen Sozial-
versicherungsbeitrag im Herkunftsland der Firma entrichten, im Falle von
Vollinvalidität oder Altersrente zu wenig Rente für ein Leben in Deutsch-
land erhalten würden?

VI. Zu den Auswirkungen auf Mitbestimmung, gewerkschaftliche Rechte und
Organisationsfreiheit

55. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass grundsätzlich jedes Unter-
nehmen, welches in Deutschland mit hier arbeitenden Beschäftigten tätig
wird, entsprechend dem Grundgesetz und den internationalen Verpflichtun-
gen Deutschlands im Rahmen der IAO rechtmäßig Ziel von Organisations-
bemühungen und Aktivitäten der hiesigen Gewerkschaften zur Durchset-
zung einer Tarifbindung bis hin zu Streikmaßnahmen werden kann?

56. Wie will die Bundesregierung verhindern, dass sich Unternehmen künftig
unter Berufung auf das Herkunftslandprinzip weigern könnten, das Recht
der hier Beschäftigten, sich einer hiesigen Gewerkschaft anzuschließen,
oder die hiesigen Arbeitskampfregeln anzuerkennen?

57. Wie will die Bundesregierung verhindern, dass Firmen vor den Gerichten
ihres „Herkunftslandes“ europaweit, also auch in der Bundesrepublik
Deutschland, vollstreckbare Titel gegen nach hiesigem Rechtsverständnis
völlig legitime gegen sie gerichtete Arbeitskampfmaßnahmen auf deut-
schem Territorium erwirken könnten?

58. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass Beschäftigten von Firmen
in Deutschland nicht nach hiesigem Verständnis unberechtigt gekündigt
oder anderweitig sanktioniert werden könnten, nur weil sie sich hiesigen
Gewerkschaften angeschlossen haben, die im Herkunftsland der Firma aber
nicht als Gewerkschaft anerkannt sind, oder weil sie sich an hier legalen
Aktionen beteiligt haben, die aber dem Gewerkschafts-/Streikrecht des
Herkunftslandes des Unternehmens nicht entsprechen?

59. Wie will die Bundesregierung verhindern, dass Firmen sich durch Sitzver-
lagerung und geringfügige Verlagerung einiger ökonomischer Aktivitäten
in ein anderes Mitgliedsland bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung großer
Teile ihrer ökonomischen Aktivität in Deutschland der hiesigen Betriebs-
verfassung, den Mitbestimmungsregeln und den bisherigen Tarifbindungen
ohne Nachwirkung entziehen könnten?

VII. Zu den Auswirkungen auf das Handwerk

60. Welche Auswirkungen der geplanten Dienstleistungsrichtlinie auf das hei-
mische Handwerk sieht die Bundesregierung?

61. Wie will die Bundesregierung verhindern, dass mit der geplanten Dienst-
leistungsrichtlinie die inländischen Handwerker nicht diskriminiert werden,
die aus Gründen der Qualitätssicherung und des Verbraucherschutzes zum
Teil wesentlich größeren Anforderungen bei Ausbildung und Berufszulas-
sung unterliegen als Dienstleistungsanbieter aus dem Ausland?

Drucksache 16/136 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

62. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass insbesondere kleinere Be-
triebe bei Auftragsvergabe an Handwerker aus anderen Mitgliedstaaten die
Möglichkeit haben, tatsächlich Gewährleistung zu erhalten, und in welchem
Land und nach welchem Recht soll dies geschehen?

VIII. Zum Gesundheits- und Sozialbereich

63. Welche Dienstleistungen und welche Regelungsinstrumente im Gesund-
heits- und Sozialbereich sind definitiv aus dem Geltungsbereich der Dienst-
leistungsrichtlinie ausgenommen?

64. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Beschluss
des Bundesrates (Bundesratsdrucksache 128/04 (Beschluss)), dass hohe
Qualitätsstandards, die Transparenz des Leistungsangebotes, ein flächen-
deckendes Angebot und die allgemeine Zugänglichkeit von Leistungen der
sozialen Daseinsvorsorge unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes
wesentliche Aspekte der sozialen Dimension darstellen und sichergestellt
werden müssen, und wie begründet sie ihre Haltung?

65. Welche Initiativen hat die Bundesregierung unternommen oder wird sie
unternehmen, um die Richtlinie diesen Anforderungen anzupassen?

66. Welche Position nimmt die Bundesregierung dazu ein, dass insbesondere
bei personenbezogenen Dienstleistungen erst gemeinsame europäische
Leistungs- und Qualitätsstandards entwickelt werden müssen, bevor eine
Liberalisierung stattfindet?

67. Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen oder wird sie unter-
nehmen, um eine Deregulierung vor der Harmonisierung zu verhindern?

68. Wie sollen nach Auffassung der Bundesregierung Qualitätsstandards in der
Pflege überprüft werden, wenn die Qualitätsstandards aus den Herkunfts-
ländern Gültigkeit erhalten würden und diese nicht der deutsche Medizini-
sche Dienst, sondern die heimischen Stellen fernab des Geschehens zu be-
werten hat?

69. Wie beurteilt die Bundesregierung die unklare Abgrenzung zwischen freiem
Dienstleistungsverkehr und niedergelassenem Dienstleistungsbereich im
Sozialbereich, wenn eine Projektlaufzeit absehbar ist (z. B. ein Jugendhilfe-
projekt), und was will sie konkret dagegen unternehmen, dass in diesem Fall
das Herkunftslandprinzip gültig sein würde?

70. Wird die Bundesregierung dem Bundesrat folgen (Bundesratsdrucksache
128/04 (Beschluss)) und sicherstellen, dass Sozialversicherungen maximal
die tatsächlichen Kosten der Behandlung erstatten, ausreichend Abschläge
vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten, fehlende Wirtschaftlich-
keitsprüfungen sowie vorgesehene Zahlungen in Abzug zu bringen sind,
und wie wird sie dies tun?

71. Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen der Niederlassungs-
freiheit von Ärzten auf die bisherigen Zulassungsbeschränkungen für Kas-
senarztsitze in der haus- und fachärztlichen Versorgung, können sich diese
ohne Beschränkung als Kassenärzte niederlassen oder bleibt den Angehöri-
gen der akademischen Heilberufe nur die Möglichkeit der Privatpraxis?

72. Welche Auswirkungen werden für die bisher von den Ärztekammern ausge-
übte Berufsaufsicht erwartet, wenn das Herkunftslandprinzip eine nationale
bzw. regionale Kontrolle unterlaufen würde?

73. Welche Sicherheiten gibt es für Patienten, die sich von einem frei niederge-
lassenen akademischen Heilberufler aus einem Drittstaat behandeln lassen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/136

74. Bleiben die Patientenrechte unter der europäischen Dienstleistungsrichtlinie
unangetastet?

75. Welche Auswirkungen sieht die Bundesregierung auf Mischformen zwi-
schen stationären und ambulanten Diensten und wie will sie konkret nega-
tive Auswirkungen auf die Krankenhausversorgung und -planung der Län-
der ausschließen?

IX. Zum Kultur- und Bildungsbereich und den audiovisuellen Dienstleistungen

76. Wird die Bundesregierung den Beschlüssen des Deutschen Bundestags
(Bundestagsdrucksache 15/5831) und des Bundesrates (Bundesratsdrucksa-
che 128/04 (Beschluss)) folgen und sich dafür einsetzen, dass Bildungs- und
kulturelle Dienstleistungen gänzlich aus dem Anwendungsbereich der
Richtlinie herausgenommen werden, und wenn nicht, warum nicht?

77. Sieht die Bundesregierung in den im Koalitionsvertrag zwischen CDU,
CSU und SPD getroffenen Vereinbarungen zum Umgang mit dem Richt-
linienentwurf ein Instrument, eine klare Abgrenzung von öffentlichem und
privatem Bereich im Bildungswesen zu ziehen, und mit welchen konkreten
Positionen dazu wird sich die Bundesregierung in die weiteren Verhandlun-
gen einbringen?

78. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Bildung ein öffentliches Gut
und eine vom Staat wahrzunehmende Verpflichtung ist, und welche konkre-
ten Positionen hat sie in die Verhandlungen um die Dienstleistungsrichtlinie
eingebracht und wird sie einbringen, um eine weitere Privatisierung im Bil-
dungswesen zu verhindern?

79. Wird die Bundesregierung den im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU
und SPD getroffenen Vereinbarungen folgen und Rechtsansprüche auslän-
discher Bildungsanbieter unterbinden, Verbraucherschutzregelungen und
Qualitätssicherung gewährleisten sowie nationale Prioritäten der Bildungs-
politik erhalten und wie will sie dies tun?

80. Wird die Bundesregierung den Beschlüssen des Deutschen Bundestages
(Bundestagsdrucksache 15/5831) und des Bundesrates (Bundesratsdruck-
sache 128/04 (Beschluss)) folgen und sich dafür einsetzen, dass audiovisu-
elle Dienstleistungen gänzlich aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie
herausgenommen werden, und welche konkreten Schritte hat sie unternom-
men beziehungsweise wird sie diesbezüglich unternehmen?

81. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass ein Pluralismus im Medien-
bereich sichergestellt werden muss, und welche konkreten Positionen wird
sie in die Verhandlungen um die Dienstleistungsrichtlinie einbringen, um
eine Konzentration in diesem Bereich zu verhindern?

82. Sieht die Bundesregierung einen Widerspruch zwischen der Universal-
dienstrichtlinie (Artikel 31 Must-carry-Regelungen) und dem Anliegen im
Entwurf der Dienstleistungsrichtlinie, die nationalen Weiterverbreitungs-
vorschriften für die Kabeleinspeisungen der Überprüfung zu unterstellen
(Erwägungsgrund 36), und wie will sie diese Überprüfung verhindern?

83. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass durch die Einführung des Her-
kunftslandprinzips z. B. bei Wahlberichterstattungen, Sendung bezahlter
politischer Werbung im Rundfunkbetrieb, Zuteilung freier Sendezeiten für
politische Parteien, nationale Vorschriften zur Sicherung fairer demokrati-
scher Wahlen umgangen werden könnten, und will sie dies verhindern?

Drucksache 16/136 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

X. Zum Verhältnis zwischen Regierungen und Unternehmen

84. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass durch den Richt-
linienentwurf Sozial-, Umwelt- und Verbraucherstandards des Bestim-
mungslandes durch freiwillige, von den Interessenträgern vereinbarte Ver-
haltenskodizes und freiwillige Qualitäts-Gütesiegeln ersetzt werden sollen
(Artikel 31 und 39)?

85. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass in einem einheitlichen
Rechtsrahmen wie der Europäischen Gemeinschaft zum Schutz der Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer, Verbraucherinnen und Verbraucher und
der Umwelt verbindlichen Regelungen der Vorzug vor freiwilligen, unver-
bindlichen, nicht einklagbaren Verhaltenskodizes zu geben ist, wie begrün-
det sie ihre Haltung und welche Schritte wird sie diesbezüglich unterneh-
men?

86. Wie ist nach Auffassung der Bundesregierung der Rückzug auf freiwillige
Verhaltenskodizes mit dem Verfassungsgebot der Sozialbindung des Eigen-
tums vereinbar?

XI. Zu den ökonomischen Folgewirkungen

87. Welche Auswirkungen entstehen aus der Dienstleistungsrichtlinie in der
vorgeschlagenen Form aus Sicht der Bundesregierung für Wachstum und
Beschäftigung (bitte aufgeschlüsselt nach Branchen)?

88. Wie beurteilt die Bundesregierung die dazu vorliegenden Studien von
FORAS und dem Copenhagener Institut?

89. Wie beurteilt die Bundesregierung die Wirkungen insbesondere des Her-
kunftslandprinzips auf die Binnenmarktnachfrage?

90. Welche Wirkungen sieht die Bundesregierung hinsichtlich der Export-
märkte?

91. Welche Auswirkungen sieht die Bundesregierung insbesondere hinsichtlich
der kommunalen Betriebe?

92. Welche Position bezieht die Bundesregierung zu den Befürchtungen, dass
durch die Dienstleistungsrichtlinie die Konzentration im Dienstleistungs-
sektor zunehmen würde und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen
verdrängt werden würden?

XII. Zum Europäischen Einigungsprozess und zu Auswirkungen auf die
Demokratie

93. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass demokratische Defizite ent-
stehen würden, wenn der einzelne Bürger im eigenen Land Regelungen aus
25 unterschiedlichen Ländern gegenüberstehen würde, die er nicht durch-
schauen kann, und der eigene Staat nicht einmal die Souveränität hat, Kon-
trollen durchzuführen, und wenn ja, wie will sie gegen diesen Demokratie-
verlust vorgehen?

94. Wie beurteilt die Bundesregierung die Vereinbarkeit des Entwurfs zur
Dienstleistungsrichtlinie mit dem Artikel 20 Abs. 2 des Grundgesetzes
(Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus), wenn der Staat teilweise seine Sou-
veränität, seine Regulierungs-, Kontroll- und Sanktionsmöglichkeit aufge-
ben und an ein beliebiges anderes Mitgliedsland übergeben würde?

95. Teilt die Bundesregierung die Kritik, dass der Richtlinienentwurf die föde-
ralen Strukturen einiger Mitgliedsländer insbesondere in Bezug auf Geneh-
migungsverfahren verletzen würde, wie begründet sie ihre Haltung und wel-
che Konsequenzen zieht sie daraus für den Föderalismus?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/136

96. Was bedeutet es nach Auffassung der Bundesregierung für den euro-
päischen Einigungsprozess, wenn die schwedische Regierung die Richtlinie
wie angekündigt nicht unterzeichnen würde, andere Regierungen eventuell
folgen könnten und die Dienstleistungsrichtlinie nur in Teilen der Gemein-
schaft Geltung haben würde?

97. Wird sich die Bundesregierung dieser Vorgehensweise anschließen, wenn
die Richtlinie nicht gravierend, insbesondere hinsichtlich des Herkunfts-
landprinzips, verändert werden würde?

98. Welche Auswirkungen sieht die Bundesregierung durch die Dienstleis-
tungsrichtlinie auf den weiteren Verfassungsprozess und die Zustimmung
der Bürgerinnen und Bürger zur europäischen Integration?

Berlin, den 29. November 2005

Ursula Lötzer
Dr. Barbara Höll
Dr. Diether Dehm
Werner Dreibus
Cornelia Hirsch
Monika Knoche
Kornelia Möller
Dr. Herbert Schui
Dr. Axel Troost
Sabine Zimmermann
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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