BT-Drucksache 16/13482

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/12254, 16/12674, 16/13429- Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung)

Vom 17. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13482
16. Wahlperiode 17. 06. 2009

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Frank Spieth, Klaus Ernst, Dr. Barbara Höll, Dr. Martina Bunge,
Diana Golze, Cornelia Hirsch, Katja Kipping, Elke Reinke, Volker Schneider
(Saarbrücken), Dr. Ilja Seifert, Dr. Petra Sitte, Jörn Wunderlich und der
Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/12254, 16/12674, 16/13429 –

Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von
Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Beschlüssen vom 13. Februar
2008 – 2BvL 1/06, 2BvR 1220/04, 2BvR 410/05 u. a. – die Steuerfreiheit des
Existenzminimums gefordert. Dies gilt auch für Beiträge an private Versiche-
rungen, sofern sie existenznotwendig sind. Gesetzliche Änderungen sollen zum
1. Januar 2010 erfolgen.

Zwar wird der Gesetzentwurf der Bundesregierung dem Urteil soweit gerecht.
Er führt jedoch dazu, dass obere Einkommensgruppen stark, mittlere Ein-
kommensgruppen weniger und die unteren nicht entlastet werden. Die Bei-
tragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung führt derzeit
bereits dazu, dass Besserverdienende prozentual von ihrem Einkommen gerin-
gere Beiträge zu zahlen haben als Gering- und Normalverdiener. Damit wird
die solidarische Finanzierung der Krankenversicherung schon jetzt verlassen.
Die jetzt geplante zusätzliche steuerliche Abzugsfähigkeit von Krankenver-
sicherungsbeiträgen bedeutet eine Bevorzugung der Besserverdienenden und
würde diese Situation verschärfen.

Der weit akzeptierte Grundsatz in der gesetzlichen Krankenversicherung, dass
Gutverdiener für Geringverdiener, Junge für Alte und Gesunde für Kranke ein-
treten, wird mit diesem Gesetzentwurf verletzt. Er ist außerdem verteilungs-

politisch unakzeptabel.

Die ebenfalls im Gesetzentwurf vorgesehene Ausweitung der sog. Schulstarter-
leistung in Höhe von jährlich 100 Euro auf bedürftige Jugendliche in den Jahr-
gangsstufen 11 bis 13 in allgemeinbildenden Schulen sowie in berufsbildenden
Schulen ist zu begrüßen. Auch die Ausweitung des Empfängerkreises auf Fami-
lien in Bezug von Kinderzuschlag ist richtig. Kritisch zu bewerten ist der Aus-
schluss von Jugendlichen in der Berufsausbildung, die auf Berufsausbildungs-

Drucksache 16/13482 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
beihilfe angewiesen sind. Auch dieser Personenkreis ist nicht ohne weiteres in
der Lage, die Ausgaben für den Besuch der Berufsschule zu decken. Hier sollte
im Sinne der Gleichbehandlung vergleichbarer Personengruppen eine Nach-
besserung im Gesetzentwurf erfolgen.

II. Daher fordert der Deutsche Bundestag:

1. Als Sofortmaßnahme ist die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen
Krankenversicherung, die derzeit bei 3 675 Euro monatlich liegt, auf die
Höhe der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung (West) zu er-
höhen, also auf 5 400 Euro. Perspektivisch ist die Beitragsbemessungs-
grenze aufzuheben.

2. Statt der Reduktion des paritätischen Beitragssatzes um 0,6 Prozentpunkte,
wie im Konjunkturpaket II vereinbart, ist der Sonderbeitrag von 0,9 Prozent-
punkten, den die Versicherten allein zahlen müssen, abzuschaffen.

3. Zuzahlungen einschließlich der Praxisgebühr sind abzuschaffen.

4. Jugendliche in der Berufsausbildung, die auf Berufsausbildungsbeihilfe an-
gewiesen sind, erhalten ebenfalls die sog. Schulstarterleistung in Höhe von
jährlich 100 Euro.

Mit diesen Maßnahmen werden Normal- und Geringverdiener entlastet, die
vom Bürgerentlastungsgesetz entweder gar nicht oder nur unzureichend profi-
tieren.

Zudem wird die Benachteiligung von Jugendlichen in der Berufsausbildung,
die auf Berufsausbildungsbeihilfe angewiesen sind, gegenüber Jugendlichen
mit anderen Sozialtransfers wie Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII
oder Kinderzuschlag aufgehoben (Stellungnahme des DGB zur Anhörung zum
Bürgerentlastungsgesetz vom 22. April 2009; S. 4).

Berlin, den 17. Juni 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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