BT-Drucksache 16/13438

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -16/12809- Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur Umsetzung der Biopatentrichtlinie

Vom 17. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13438
16. Wahlperiode 17. 06. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 16/12809 –

Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur
Umsetzung der Biopatentrichtlinie

A. Problem

Die Bundesregierung wurde am 3. Dezember 2004 durch Beschluss des Deut-
schen Bundestages aufgefordert, einen Bericht über die Auswirkungen des
Patentrechts im Bereich der Biotechnologie vorzulegen. Ausgehend davon, dass
diese Entschließung erkennbar darauf gerichtet ist, die spezifischen Wirkungen
des deutschen Gesetzes zur Umsetzung der Biopatentrichtlinie über den recht-
lichen Schutz biotechnologischer Erfindungen darzustellen und zu bewerten,
bezieht sich der Bericht nur auf die Rechtsanwendung der Institutionen aus, für
die es gilt, also auf das Deutsche Patent- und Markenamt und das Bundespatent-
gericht.

Die Biopatentrichtlinie hatte zum Ziel, eine materielle Harmonisierung der bis
dahin unterschiedlichen Patentrechtsordnungen der Mitgliedstaaten der Euro-
päischen Union im Bereich der Biopatente zu erreichen. Ein wirksamer und har-
monisierter Schutz – so Erwägungsgrund 3 – sei wesentliche Voraussetzung da-
für, dass Investitionen auf dem Gebiet der Biotechnologie fortgeführt und
gefördert würden. Zu diesem Zweck setzt die Richtlinie Definitionen, etwa des
„biologischen Materials“, definiert Ausnahmen und Einschränkungen von der
Patentierbarkeit, legt den Schutzumfang von Biopatenten fest, regelt die Hinter-
legungsverfahren und schreibt der Kommission regelmäßige Berichte an den
Ministerrat der Europäischen Union (EU) und das Europäische Parlament vor.

Die Bestimmungen der Richtlinie wurden weitgehend wörtlich in das deutsche
Patentgesetz übernommen. In seiner Begleitentschließung nannte der Bundestag
einige Regelungsabsichten, die er mit dem Umsetzungsgesetz verwirklichen
will. Er legte besonderen Wert auf eine Bewertung der Wirkungen der Regelun-

gen zur Reichweite des Stoffschutzes, zur Herkunftsangabe, zur Erfindungshöhe
und ausreichenden Technizität als maßgebliche Kriterien für die Entscheidung
über die Patenterteilung und zum Verhältnis des Patents zum Sortenschutz.

Der Bericht macht jedoch deutlich, dass derzeit keine belastbaren Aussagen
darüber möglich sind, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang diese in der
Entschließung für besonders bedeutsam gehaltenen Wirkungen eingetreten sind.
Zum einen weist das am 28. Februar 2005 in Kraft getretene Umsetzungsgesetz

Drucksache 16/13438 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

wegen der Dauer des Patenterteilungsverfahrens und des nach der Erteilung
möglichen Einspruchsverfahrens eine vergleichsweise kurze Wirkungszeit auf.
Zum anderen besteht allenfalls ein beschränkter Überblick über mögliche,
außerhalb des staatlichen Bereichs liegende Ursachen für die zu beobachtenden
Entwicklungen wie etwa Veränderungen bei Patentanmeldungen aufgrund ver-
änderter Forschungsprioritäten. Schließlich sind die denkbare Ursachen, die
Veränderungen im Verhalten von Patentanmeldern oder Patentprüfern bewirkt
oder ausgeschlossen haben könnten, vielfältig und in ihrer Wirkungsweise
schwierig oder gar nicht zu ermitteln. Immerhin konnten einige Einzelfälle er-
mittelt werden, in denen sich die Neuregelung erkennbar ausgewirkt hat und die
im Bericht ausführlich dargestellt sind.

B. Lösung

Kenntnisnahme der Unterrichtung durch die Bundesregierung und An-
nahme einer Entschließung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13438

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

in Kenntnis der Unterrichtung durch die Bundesregierung auf Drucksache
16/12809 folgende Entschließung anzunehmen:

„Der Deutsche Bundestag teilt die Bedenken im Bereich der Landwirtschaft und
in Teilen der Öffentlichkeit, dass das Europäische Patentamt angesichts der
Brokkoli- und Tomatenpatente (EP1069819, EP1211926) eine zu weitgehende
Patentierung für die Züchtung von Tieren und Pflanzen vornimmt. Die Rechts-
entwicklung auf dem Gebiet der Biopatentierung ist aber noch nicht abgeschlos-
sen.

Die Bestimmungen der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer
Erfindungen (ABl. L 213 vom 06. 07. 1998, S. 13) sind durch das Gesetz vom
21. Januar 2005 (BGBl. I S. 146) weitgehend wörtlich in das deutsche Patent-
gesetz übernommen worden. Die Bundesregierung hat dem Deutschen Bundes-
tag einen Bericht über die Wirkung des Umsetzungsgesetzes vorgelegt (Druck-
sache 16/12809). Der Deutsche Bundestag nimmt zur Kenntnis, dass angesichts
der mehrjährigen Erteilungszeiten vergleichsweise noch kurzen Geltungsdauer
belastbare Aussagen über rechtsverbindliche Wirkungen der neu eingeführten
gesetzlichen Regelungen derzeit noch nicht möglich sind. So gibt es vor allem
noch keine Entscheidungen der Beschwerdeinstanzen des Europäischen Patent-
amtes oder des Bundespatentgerichts über die Erteilung und den Bestand von
Patenten, die auf Vorschriften aus der Richtlinie beruhen. Die Bundesregierung
konnte daher nicht feststellen, dass die mit dem Umsetzungsgesetz eingeführ-
ten Begriffe auf dem Gebiet der Tier- und Pflanzenzüchtungen die Patentie-
rungsvoraussetzungen entgegen der Intention des Gesetzgebers erweitert hätten
oder dass die Vorschriften über das Landwirteprivileg zum Schutze landwirt-
schaftlicher Betriebe nicht ausreichten.

Der Deutsche Bundestag teilt die Auffassung der Bundesregierung, dass die
ausstehende Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen
Patentamts in den Verfahren, die das Brokkoli- und das Tomatenpatent
(EP1069819, EP1211926) betreffen, einen wesentlichen Fortschritt bei der
Auslegung und Anwendung der hier maßgeblichen Bestimmungen bringen
muss. Sowohl die für das Europäische Patentamt geltenden Regelungen als
auch das deutsche Patentgesetz sehen vor, für „im Wesentlichen biologische
Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren“ Patente nicht zu erteilen.
Der Deutsche Bundestag hat mit der Umsetzung der Biopatent-Richtlinie die
Absicht verbunden, den Gegensatz des nicht patentierbaren biologischen Ver-
fahrens zur patentierbaren technischen Erfindung ausreichend sicher zu be-
schreiben. Der Deutsche Bundestag erwartet daher, dass die Entscheidung der
Großen Beschwerdekammer zu einer Interpretation führt, die für eine klare
Abgrenzung biotechnologischer Erfindungen von herkömmlichen landwirt-
schaftlichen Tätigkeiten wie Züchtung und Kreuzung sorgt und die Patentie-
rung herkömmlicher landwirtschaftlicher Tätigkeiten wie Züchtung und Kreu-
zung ausschließt.

Der letzte der von der Kommission gemäß der Richtlinie jährlich zu erstattenden
Berichte stammt aus dem Jahr 2005. Ein aktueller Bericht ist erforderlich, um
die Situation der Biopatentierung in den anderen EU-Mitgliedstaaten sachge-

recht einschätzen sowie mögliche Fehlentwicklungen und Korrekturbedarf auch
aus der EU-Perspektive beurteilen zu können.

Drucksache 16/13438 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Rechtsanwendung bei der Patentprüfung und bei der Kontrolle der
Entscheidungen durch die Beschwerdekammern des EPA aufmerksam zu be-
obachten;

2. die Praxis des Europäischen Patentamts bei pflanzenbezogenen Patenten
sorgsam zu beobachten, um sicherzustellen, dass Eingriffe in den Bereich des
Sortenschutzrechts unterbleiben. Dass Pflanzensorten (ebenso wie Tierras-
sen) nicht patentiert werden dürfen, galt bereits vor der Biopatent-Richtlinie.
Der Vorrang des Sortenschutzes muss gewährleistet bleiben; ein Patent darf
dann nicht erteilt werden, wenn Sortenschutz gewährt werden kann;

3. den Bericht der Europäischen Kommission ebenso wie die angesprochene
Entscheidung zu den Brokkoli- und Tomatenpatenten der Großen Beschwer-
dekammer des Europäischen Patentamts sogleich nach deren Veröffent-
lichung eingehend zu prüfen und dem Deutschen Bundestag das Ergebnis
ihrer Bewertungen vorzulegen;

4. an ihrer Haltung festzuhalten, dass die in der Richtlinie 98/44/EG zugrunde
gelegte Einschränkung der Patentierung in der Erteilungspraxis und in den
Rechtsmittelentscheidungen entsprechend deren Regelungszielen umgesetzt
wird;

5. die Europäische Kommission anzuhalten dem Rat und dem Europäischen
Parlament einen aktuellen Bericht zur Richtlinie 98/44/EG vorzulegen.“

Berlin, den 17. Juni 2009

Der Rechtsausschuss

Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Dr. Günter Krings
Berichterstatter

Joachim Stünker
Berichterstatter

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Berichterstatterin

Wolfgang Neskovic
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

Vorlagen in seiner 98. Sitzung am 17. Juni 2009 beraten und
empfiehlt Kenntnisnahme der Unterrichtung auf Drucksache
16/12809. Er empfiehlt ferner mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktio-
nen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Annahme des Entschließungsantrags.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 16/12809
in seiner 108. Sitzung am 17. Juni 2009 beraten und emp-
fiehlt deren Kenntnisnahme

Der Ausschuss für Gesundheit hat die Vorlage auf Druck-
sache 16/12809 in seiner 125. Sitzung am 17. Juni 2009
beraten und empfiehlt deren Kenntnisnahme. Ferner hat er
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der

CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die An-
nahme des Entschließungsantrags.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 146. Sitzung
am 17. Juni 2009 beraten und beschlossen zu empfehlen, die
Unterrichtung durch die Bundesregierung zur Kenntnis zu
nehmen. Er hat ferner mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der FDP beschlossen, die Annahme
des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrach-
ten und in der Beschlussempfehlung abgedruckten Ent-
schließungsantrags zu empfehlen.

Berlin, den 17. Juni 2009

Dr. Günter Krings
Berichterstatter

Joachim Stünker
Berichterstatter

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Berichterstatterin

Wolfgang Neskovic
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/13438

Bericht der Abgeordneten Dr. Günter Krings, Joachim Stünker, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Wolfgang Neskovic und Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
16/12809 mit Überweisungsdrucksache 16/13065 vom
15. Mai 2009 an den Rechtsausschuss zur federführenden
Beratung sowie an den Ausschuss für Wirtschaft und Tech-
nologie, den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz, den Ausschuss für Gesundheit, den Aus-
schuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und
an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat die

Fraktion der FDP beschlossen, den Entschließungsantrag an-
zunehmen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat die Vorlage auf Drucksache 16/12809 in sei-
ner 93. Sitzung am 17. Juni 2009 beraten und empfiehlt in
Kenntnis der Unterrichtung auf Drucksache 16/12809 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und DIE LINKE. die
Annahme des Entschließungsantrags.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat die Vorlage 16/12809 in seiner 89. Sit-
zung am 17. Juni 2009 beraten und empfiehlt Kenntnis-
nahme der Unterrichtung auf Drucksache 16/12809. Er
empfiehlt ferner mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/

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