BT-Drucksache 16/13041

Pannen bei der Erhebung und Auswertung von DNA-Daten

Vom 13. Mai 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13041
16. Wahlperiode 13. 05. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Christian Ahrendt, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen,
Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-
Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Dr. h. c. Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann,
Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke,
Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Cornelia Pieper, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Daniel Volk, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Pannen bei der Erhebung und Auswertung von DNA-Daten

Jahrelang fahndete die Polizei in Deutschland und anderen Ländern wie Öster-
reich nach einer „unbekannten weiblichen Person“, die mit mehreren Morden,
Diebstählen und Raubüberfällen, unter anderem mit dem Mord an einer Poli-
zistin in Heilbronn vor zwei Jahren in Verbindung gebracht wurde. An allen Tat-
orten fand sich DNA-Material des „Phantoms“. Fünf Sonderkommissionen,
sechs Staatsanwaltschaften in drei Bundesländern und Polizisten in Österreich
und Frankreich ermittelten gegen die unbekannte Täterin.

Im März dieses Jahres stellte sich heraus, dass die DNA-Spuren mit an Sicher-
heit grenzender Wahrscheinlichkeit von verunreinigten Wattestäbchen stamm-
ten, mit denen Tatortspuren aufgenommen werden.

In der DNA-Datenbank beim Bundeskriminalamt (BKA) sind die Erbinforma-
tionen von ca. 625 000 Personen gespeichert. Hinzu kommen ca. 150 000 nicht
bestimmten Personen zugeordnete DNA-Spuren. Unter letzteren befand sich
auch die des „Phantoms“. Presseberichten zufolge (u. a. SPIEGEL ONLINE vom
27. März 2009, http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,615843,00.html)
ist es nicht auszuschließen, dass sich in der Datenbank weitere „Phantome“
befinden. Mit Mitteilung vom 6. April 2009 teilte das BKA mit, dass „eine mit

Kriminaltechnikern besetzte gemeinsame Bund-Länder-Projektgruppe den Auf-
trag erhalten“ hat, „alle Möglichkeiten von Kontaminationen zu prüfen und
national gültige Standards zur Vermeidung möglicher Kontaminationen aus-
zuarbeiten“. Zudem sollten Verfahren entwickelt werden, um falsche Spuren zu
erkennen. Durch spezielle Verfahren solle die Kontamination des von der Polizei
eingesetzten Spurensicherungsmaterials ausgeschlossen werden. Zudem kün-
digte das BKA an, das Thema auf europäischer Ebene ansprechen zu wollen.

Drucksache 16/13041 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Unter anderem solle über ein Gütesiegel für forensische Produkte beraten wer-
den.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter forderte ebenfalls ein Gütesiegel sowie
darüber hinaus die Verpflichtung der Hersteller, die DNA-Daten der mit der Ver-
arbeitung betrauten Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter auf jeder Packung anzugeben.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Zu welchen Ergebnissen ist die Bund-Länder-Projektgruppe zum Umgang
mit verunreinigten Wattestäbchen und anderen Spurensicherungsmateria-
lien gekommen, und wie bewertet die Bundesregierung diese?

2. Welche Ergebnisse auf europäischer Ebene konnten erzielt werden, und wie
bewertet die Bundesregierung diese?

3. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Ermittlungspanne
im Zusammenhang mit dem „Phantom“ im Hinblick auf die Bewertung von
DNA-Spuren an Tatorten?

4. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung im Hinblick auf die
DNA-Datenbank beim BKA?

5. Welche Maßnahmen mit welchen Ergebnissen hat das BKA unternommen,
um die bislang nicht zuzuordnenden Spuren in der DNA-Datenbank darauf-
hin zu überprüfen, ob sie ggf. ebenfalls von verunreinigten Spurensiche-
rungsmaterialien stammen?

6. Welche Folgen hat dies für die Nutzung der DNA-Datenbank?

7. Ist der Bundesregierung bekannt, ob und falls ja, wie viele Fälle von Verur-
teilungen wieder aufgerollt werden müssen, weil der Verdacht besteht, dass
diese auf DNA-Trugspuren basieren?

8. Ist der Bundesregierung bekannt, ob und falls ja, wie viele Fälle von laufen-
den oder abgeschlossenen Ermittlungsverfahren wegen der Möglichkeit
von DNA-Trugspuren neu bewertet werden müssen?

9. Wie will das BKA sicherstellen, dass künftig garantiert DNA-freie Spuren-
sicherungsmaterialien genutzt werden?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung, von den Herstellern ein
Gütesiegel für die DNA-Freiheit der Spurensicherungsmaterialen zu ver-
langen, und welche Kriterien sollten hierfür durch wen festgelegt und
kontrolliert werden?

11. Wie viele Firmen in Deutschland wären in der Lage, ein solches Gütesiegel
zu erlangen?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung des Bundes Deutscher
Kriminalbeamter, den DNA-Code der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der
Herstellerfirmen auf den Packungen anzugeben, insbesondere im Hinblick
auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung?

Berlin, den 13. Mai 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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