BT-Drucksache 16/12879

zu der Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/9866, 16/11297- Zur Menschenrechtssituation in den Ländern der Andengemeinschaft und Venezuela

Vom 6. Mai 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12879
16. Wahlperiode 06. 05. 2009

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Thilo Hoppe, Marieluise Beck (Bremen),
Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln),
Winfried Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin,
Rainder Steenblock, Jürgen Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln),
Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe,
Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Winfried Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth
(Augsburg), Manuel Sarrazin, Rainder Steenblock, Jürgen Trittin und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksachen 16/9866, 16/11297 –

Zur Menschenrechtssituation in den Ländern der Andengemeinschaft
und Venezuela

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Gegenseitige Besuche in den vergangenen Monaten haben die Beziehungen
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kolumbien aufge-
wertet. Auf ihrer bisher einzigen Lateinamerikareise im Mai 2008 besuchte die
Bundeskanzlerin außer Kolumbien nur drei weitere Staaten (Peru, Brasilien und
Mexiko). Die Reise der Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel, nach Bogota wird
als Zeichen der Unterstützung für den konservativen kolumbianischen Präsi-
denten Álvaro Uribe verstanden. Dies gilt ebenso für die Einladung der Bundes-
regierung an den kolumbianischen Präsidenten, im Januar 2009 nach Berlin zu
kommen.

In Kolumbien kommt es nach wie vor zu schwersten Menschenrechtverletzun-
gen durch staatliche und nichtstaatliche Bürgerkriegsparteien. Die Menschen-
rechte müssen daher im bilateralen Dialog nachdrücklicher eingefordert werden.
Stille Diplomatie allein reicht hierfür nicht aus. Die Bundesregierung hat es ver-
säumt in nachvollziehbarer und transparenter Art und Weise die schweren Men-
schenrechtsdefizite in Kolumbien anzusprechen.
Bemerkenswert ist die politische Unterstützung des Präsidenten Uribe zu einer
Zeit (2008), in der das Scheitern seiner Politik, durch ein „Friedens- und Gerech-
tigkeits-“Gesetz das Problem des „Paramilitarismus“ aus der Welt zu schaffen,
offensichtlich wurde. Hatte die kolumbianische Regierung die Verbindungen
zwischen Paramilitärs und ihren Hintermänner in der Politik, dem Militär und
der Wirtschaft stets geleugnet, treten nun verärgerte Paramilitärs selbst als Zeu-
gen der Zusammenarbeit mit staatlichen Organen vor der Justiz auf.

Drucksache 16/12879 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Menschenrechtslage in Kolumbien im Rahmen des politischen Dialogs
verstärkt zu thematisieren und gegenüber der kolumbianischen Regierung
einen besseren Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschen-
rechtsverteidigern, Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern, Journalis-
tinnen und Journalisten sowie anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren so-
wie die Respektierung ihrer Arbeit einzufordern;

2. den Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern der kolumbianischen Zivil-
gesellschaft zu intensivieren und sich verstärkt mit der Situation in den
Regionen Kolumbiens auseinanderzusetzen, in denen es zu den meisten
Menschenrechtsverletzungen kommt;

3. gegenüber der kolumbianischen Regierung auf eine zügige und effektive
strafrechtliche Verfolgung extralegaler Hinrichtungen durch Angehörige der
staatlichen Sicherheitskräfte zu drängen;

4. die kolumbianische Regierung scharf zu kritisieren, wenn diese Menschen-
rechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger, Gewerkschaftlerin-
nen und Gewerkschaftler, Journalistinnen und Journalisten sowie andere
zivilgesellschaftliche Akteure öffentlich zu Unrecht in die Nähe der Guerilla
stellt, wodurch sie deren Sicherheit in höchstem Maße gefährdet und ihre Ar-
beit delegitimiert;

5. Äußerungen der kolumbianischen Regierung deutlich zu widersprechen, in
denen Projekte der deutschen und europäischen Entwicklungszusammen-
arbeit für Programme der kolumbianischen Regierung vereinnahmt werden,
die nicht klar von der militärischen Aufstandsbekämpfung zu trennen sind
(Plan Colombia, Plan de Familias Guardabosques);

6. die Zustimmung zu einem Assoziierungsabkommen zwischen Kolumbien
und der Europäischen Union von der Einhaltung der ILO-Kernkonventionen
(ILO: Internationale Arbeitsorganisation) und der darin vorgesehen Gewerk-
schaftsrechte abhängig zu machen;

7. sicherzustellen, dass bei allen bilateralen und multilateralen Entwicklungs-
projekten die Zivilgesellschaft frühzeitig an der Projektplanung beteiligt
wird, keine Vermischung von zivilen und militärischen Aufgaben stattfindet
und die Menschenrechte geachtet werden;

8. bei dem vom Auswärtigen Amt finanzierten Projekt zur Stärkung der Staats-
anwaltschaft den Zeugenschutz signifikant zu verbessern, damit Aussagen in
den von Deutschland finanzierten „mobilen Anhöreinheiten“ nicht zu einer
Gefährdung der Sicherheit von Zeuginnen und Zeugen führen;

9. sich gegenüber der kolumbianischen Regierung für eine zügige Umsetzung
der Empfehlungen aus dem Universal-Periodic-Review-Verfahren des Men-
schenrechtsrates der Vereinten Nationen vom Dezember 2008 einzusetzen
und die Umsetzung kritisch zu begleiten, wobei besonderer Augenmerk auf
die Empfehlungen zu Vertreibungen, zu Menschenrechtsverteidigerinnen
und Menschenrechtsverteidigern, Frauen und ethischen Minderheiten gelegt
werden sollte.

Berlin, den 6. Mai 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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