BT-Drucksache 16/12734

Krankenversicherung für Selbständige bezahlbar gestalten

Vom 22. April 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12734
16. Wahlperiode 22. 04. 2009

Antrag
der Abgeordneten Frank Spieth, Dr. Martina Bunge, Klaus Ernst, Diana Golze,
Inge Höger, Dr. Barbara Höll, Katja Kipping, Kersten Naumann, Elke Reinke,
Volker Schneider (Saarbrücken), Dr. Ilja Seifert, Jörn Wunderlich und der
Fraktion DIE LINKE.

Krankenversicherung für Selbständige bezahlbar gestalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) sollten alle Men-
schen krankenversichert werden. Dies begrüßt der Deutsche Bundestag. Das
Ziel wird allerdings durch die bislang getroffenen gesetzlichen Regelungen
nicht umfassend erreicht. Viele Versicherte werden finanziell überfordert, in
dem sie das ihnen zustehende Hartz-IV-Existenzminimum zur Begleichung der
Beiträge einsetzen oder Schulden aufnehmen müssen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,

unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, die im Ergebnis dazu führen, dass die
Höhe der Beiträge der freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV) Versicherten sowie die Höhe der Prämien der im Basistarif der privaten
Krankenversicherung (PKV) Versicherten eine finanzielle Überforderung aus-
schließen.

Dazu soll die Bundesregierung dem Bundestag einen Gesetzentwurf vorlegen,
der

1. für freiwillig in der GKV versicherte Selbständige die „Mindestbeitrags-
bemessungsgrundlagen für Selbständige“ (1 890 Euro bzw. 1 260 Euro im
Monat) auf die „allgemeine Mindestbeitragsbemessungsgrundlage freiwillig
Versicherter“ nach § 240 Absatz 4 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetz-
buch (SGB V) (840 Euro im Monat) absenkt. Damit würden die monatlichen
Mindestbeiträge für diese Personengruppe von knapp 300 bzw. knapp
200 Euro auf etwa 125 bis 130 Euro gesenkt werden;

2. vorsieht, dass Hilfeberechtigte nach SGB II und XII nicht mehr für den
Basistarif der PKV zahlen müssen, als sie vom Träger der Grundsicherung

dafür erhalten.

Berlin, den 22. April 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Drucksache 16/12734 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Begründung

Zu II.1.

Selbständige werden in der GKV als freiwillig Versicherte geführt. Bei der
Festsetzung ihres Beitrags wird ein Mindesteinkommen von 1 890 Euro ange-
nommen. Aus dieser gesetzlich festgelegten Einkommensuntergrenze errechnet
sich bei einem Beitragssatz von 15,5 Prozent eine monatliche Beitragszahlung
von rund 290 Euro für den Krankenversicherungsschutz. Viele Selbständige,
gerade auch Ich-AGler und andere Solo-Selbständige, erreichen deutlich ge-
ringere Einkommen als die gesetzlich festgelegten Mindesteinkommen und
werden durch die Zahlung der Krankenversicherungsbeiträge finanziell stark
überfordert.

Nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen (§ 240 Absatz 4 Satz 2 ff. SGB V)
kann dieser Betrag abgesenkt werden. Dann gilt als geringstes anzunehmendes
Einkommen 1 260 Euro im Monat, woraus eine Beitragszahlung von rund 190
Euro resultiert. Auch dies kann noch deutlich zu hoch sein, da viele Selbstän-
dige regelmäßig ein geringeres Einkommen als 1 260 Euro erzielen.

Wenn diese finanziell überforderten Mitglieder ihren Beitragsverpflichtungen
nicht nachkommen können, gelten sie als säumige Zahler mit der Konsequenz,
dass ihnen der Leistungsanspruch auf ein extrem geringes Maß beschnitten
wird: nur noch bei akuten und schmerzhaften Erkrankungen dürfen Leistungen
in Anspruch genommen werden.

Zu II.2.

Wenn Selbständige privat krankenversichert sind bzw. als letzten Versiche-
rungsschutz den einer PKV genossen hatten und ihr Einkommen so weit sinkt,
dass sie hilfebedürftig nach SGB II werden, konnten sie bis 31. Dezember 2008
Arbeitslosengeld II (ggf. auch ergänzend) beantragen und wurden darüber als
Pflichtmitglied der GKV aufgenommen.

Seit 1. Januar 2009 sind sie gesetzlich verpflichtet, in der privaten Versicherung
zu bleiben bzw. dieser beizutreten. Da die privaten Versicherungsunternehmen
ab diesem Zeitpunkt einen Basistarif anbieten müssen, in dem ohne Risikoüber-
prüfung jeder Antragssteller aufgenommen werden muss und den gleichen
Leistungsumfang wie in einer gesetzlichen Krankenkasse erhält, ging der Deut-
sche Bundestag bei der Festlegung dieser gesetzlichen Regelung irrtümlich da-
von aus, dass damit auch dieser Personenkreis einen Krankenversicherungs-
anspruch garantiert bekommt.

Um finanzielle Überforderungen zu vermeiden wurde im Rahmen des GKV-
WSG geregelt, dass das Versicherungsunternehmen die Höhe der Prämien für
den Basistarif, die derzeit bei maximal 570 Euro liegt, bei Hilfebedürftigkeit
auf 285 Euro halbieren muss. Die öffentliche Hand beteiligt sich aber nur mit
einem Zuschuss von 129 Euro an diesen Kosten. Es bleibt eine Differenz von
über 155 Euro, die der hilfebedürftige Selbständige aus seinem Regelsatz von
351 Euro zahlen muss. Diese Zahlungsverpflichtung bedeutet für die Betroffe-
nen in der Regel die Unterschreitung des Hartz-IV-Existenzminimums oder die
Verschuldung bei dem Versicherungsunternehmen. Vielen Betroffenen bleiben
somit weniger als 200 Euro im Monat für den Lebensunterhalt.

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