BT-Drucksache 16/12694

Vergaberecht konsequent sozial gestalten - Gemeinnützige Unternehmen nicht benachteiligen

Vom 22. April 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12694
16. Wahlperiode 22. 04. 2009

Antrag
der Abgeordneten Markus Kurth, Kerstin Andreae, Britta Haßelmann, Birgitt
Bender, Dr. Thea Dückert, Kai Gehring, Brigitte Pothmer, Elisabeth Scharfenberg,
Christine Scheel, Irmingard Schewe-Gerigk, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn,
Dr. Harald Terpe, Josef Philip Winkler und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Vergaberecht konsequent sozial gestalten – Gemeinnützige Unternehmen
nicht benachteiligen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Reform des Vergaberechts mit der Möglichkeit der Berücksichtigung sozia-
ler und ökologischer Kriterien in der Auftragsvergabe, die durch die Richtlinien
2004/17/EG und 2004/18/EG hergestellt wurde und durch die Novelle des Ge-
setzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vom 19. Dezember 2009 in
nationales Recht umgesetzt wurde, stellt einen wichtigen Fortschritt in der Ent-
wicklung des Vergaberechts dar. Nun ist dafür Sorge zu tragen, dass dem Willen
des Gesetzgebers auf untergesetzlicher Ebene Genüge getan wird. Das gilt auch
und insbesondere für den Verdingungsausschuss für die Vergabe- und Vertrags-
ordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A).

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. dafür Sorge zu tragen, dass weiterhin gemeinnützige Unternehmen an Aus-
schreibungen im Bereich der VOB/A teilnehmen dürfen;

2. die VOB/A 2009 und die Verdingungsordnung für Leistungen Teil A
(VOL/A) 2009 hinsichtlich ihrer rechtlichen Wirkung auf gemeinnützige
Unternehmen gleichzustellen, um eine einheitliche Rechtssituation herzustel-
len.

Berlin, den 22. April 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion
Begründung

Nach dem Beschluss des Deutschen Bundestages zur Novelle des Gesetzes
gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 19. Dezember 2009 werden nun die
Verdingungsordnungen überarbeitet. Dies ist nicht mehr Gegenstand eines
parlamentarischen Verfahrens.

Drucksache 16/12694 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Die Verdingungsordnungen legen die Vergaberegeln für die unterschiedlichen
Leistungsbereiche fest. So gilt die VOB für Bauleistungen, die VOF für freibe-
rufliche Leistungen und die VOL/A für sämtliche anderen Bereiche. Unterhalb
der Schwellenwerte für eine EU-weite Vergabe gelten ausschließlich diese Ver-
dingungsordnungen. Die Erarbeitung der Verdingungsordnungen erfolgt durch
die Verdingungsausschüsse, in denen Vertreter des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Technologie (BMWi), der Länder, der Kommunen und der Wirt-
schaftsverbände zusammenarbeiten.

In den letzten Jahren wurde von verschiedenen Wirtschaftsverbänden immer
wieder gefordert, alle gemeinnützigen Einrichtungen und Unternehmen von der
Vergabe von Bauleistungen auszuschließen, da gemeinnützige Unternehmen
Steuervorteile hätten. Hierunter würden auch Behindertenwerkstätten oder Trä-
ger fallen, die arbeitsmarktpolitische Beschäftigungs- und Qualifizierungsange-
bote anbieten.

Würden sie ausgeschlossen, wäre eine Arbeitsmarktintegration von Menschen
mit Behinderung und Erwerbslosen sehr erschwert. Ziel solcher Maßnahmen ist
es ja gerade, sie an den normalen Arbeitsmarkt heranzuführen und mit ihnen An-
gebote zu entwickeln, die im Wettbewerb bestehen können. Da diese Aufgabe
zusätzliche pädagogische Betreuung, Unterstützung und Qualifizierung erfor-
dert und gemeinnützige Träger auch keine Gewinne erwirtschaften dürfen, ist
die Steuerbefreiung zum Ausgleich gerechtfertigt.

Für den Bereich der Bauleistungen hat der Deutsche Vergabe- und Vertragsaus-
schuss für Bauleistungen (DVA) bereits am 25. November 2008 einen vorläufi-
gen Stand zur Überarbeitung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistun-
gen (VOB) festgehalten. Diese Änderungen würden auch Auswirkungen auf die
Stellung gemeinnütziger Unternehmen haben. Sie sollen nach diesem Entwurf
in öffentlichen Vergabeverfahren nicht mehr am Wettbewerb um Bauaufträge
teilnehmen können.

In ihrer Antwort (Bundestagsdrucksache 16/11852) auf die Kleine Anfrage der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu diesem Thema weist das BMWi
darauf hin, dass es einen Ausschluss gemeinnütziger Anbieter vom Wettbewerb
im Baubereich nicht mitträgt. Die Bundesregierung wolle erreichen, „dass ge-
meinnützige Unternehmen und Einrichtungen auch zukünftig wie bisher zum
Wettbewerb mit gewerblichen Bietern zugelassen sind.“

Das BMWi bestätigt die Einschätzung, dass sich gemeinnützige Träger bei Um-
setzung der vom DVA vorgeschlagenen Änderung nicht mehr an öffentlichen
Vergabeverfahren um Bauaufträge beteiligen könnten, sobald auch nur ein
gewerblicher Anbieter mit bieten würde. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN teilt die Position des BMWi, dass gemeinnützige Unternehmen wei-
terhin gleichberechtigt am Wettbewerb um öffentliche Aufträge auch im Bereich
der Bauleistungen teilnehmen können sollen. Deshalb muss das BMWi auf eine
entsprechende Revision der Beschlussfassung des Deutschen Vergabe- und Ver-
tragsausschusses hinwirken.

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