BT-Drucksache 16/12337

Bildungspolitische Weichensetzung durch das Konjunkturpaket II

Vom 18. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12337
16. Wahlperiode 18. 03. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Uwe Barth, Patrick Meinhardt, Cornelia Pieper, Jens
Ackermann, Dr. Karl Addicks, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst
Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam
Gruß, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Michael Kauch,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link
(Heilbronn), Horst Meierhofer, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Gisela Piltz, Frank Schäffler, Marina
Schuster, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Daniel Volk,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Bildungspolitische Weichensetzung durch das Konjunkturpaket II

Die Bundesregierung hat im Rahmen des Konjunkturpakets II Mittel für Infra-
strukturmaßnahmen an Kindergärten, Schulen und Hochschulen zur Verfügung
gestellt. Diese 6,5 Mrd. Euro wurden als „Investitionsprogramm in die Bil-
dung“ deklariert. Das Investitionsprogramm soll sogar nach Darstellung der
Bundesregierung (www.bundesregierung.de) „sinnvoll an das bis zum Ende
2009 laufende Ganztagsschulenprogramm“ anknüpfen.

Die Darstellung des Konjunkturpakets als Bildungsprogramm wirft, nicht zu-
letzt mit Blick auf die im Zuge der Föderalismusreform I getroffenen Vereinba-
rungen (Artikel 104b des Grundgesetzes – GG), Fragen auf. Das Wissen-
schaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) macht darauf aufmerksam,
dass mit dem Konjunkturpaket II Richtungsentscheidungen „durch die Hinter-
tür“ zu erwarten sind. Durch die hohe Neuverschuldung, daraus resultierende
Zinszahlungen und Schuldentilgungszwänge verringere sich der künftige
Handlungsspielraum für Bildungsausgaben (vgl. „Das Konjunkturpaket II:
bildungspolitische Richtungsentscheidung durch die Hintertür“; WZBrief
Bildung; Lena Ulbricht/WZB).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwiefern rechnet die Bundesregierung damit, dass die Verschuldung der
öffentlichen Haushalte im Zusammenhang mit dem Konjunkturpaket II und
der beabsichtigten Einführung einer „Schuldenbremse“ dazu führen wird,
dass Verbesserungen des Bildungssystems nur eingeschränkt oder gar nicht
verwirklicht werden können?

Was veranlasst die Bundesregierung zu dieser Annahme?

Drucksache 16/12337 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Inwiefern rechnet die Bundesregierung damit, dass die langfristige Ziel-
setzung des sog. Bildungsgipfels, 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in
Bildung und Forschung zu investieren, nach Auslaufen des Konjunktur-
pakets zu halten ist?

3. Inwiefern geht die Bundesregierung davon aus, dass sich die Zielsetzung des
Konjunkturpakets für den Hochschulbereich mit der anderer Investitionspro-
gramme, insbesondere Hochschulpakt und Exzellenzinitiative, deckt?

Wird eine Aufrechnung der Programme bzw. Absenkung der Ansätze für die
Hochschul- und Forschungsprogramme beabsichtigt?

Welche Gründe führt die Bundesregierung hierfür an?

4. Geht die Bundesregierung davon aus, dass die Länder dazu in der Lage sein
werden, die Aufstockung der derzeitigen Bund-Länder-Programme im
Hochschul- und Forschungsbereich, z. B. Hochschulpakt und Exzellenzini-
tiative, zu kofinanzieren?

Was veranlasst die Bundesregierung zu dieser Ansicht?

5. Inwiefern grenzen die derzeitigen rechtlichen Vorgaben (insbesondere Arti-
kel 104b GG) den Mitteleinsatz aus dem Konjunkturpaket II für schulbezo-
gene Investitionen ein?

6. Welche rechtlichen Vorbehalte gibt es, die im Rahmen des Konjunktur-
pakets II bereitgestellten Mittel

a) zur Weiterführung oder Ergänzung des ehemaligen Ganztagsschulpro-
gramms (IZBB) einzusetzen oder

b) zur Finanzierung einer „Abwrackprämie“ zum Beispiel von alten Tafeln
und Computern (wie vom Städte- und Gemeindebund vorgeschlagen)
oder der Modernisierung von Chemie- und Physikräumen („Es geht nicht
nur um Beton“, Bundesministerin für Bildung und Forschung Dr. Annette
Schavan im Interview mit der FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND),

c) zum Zweck von Um- und Ausbaumaßnahmen, die unmittelbar auf Ände-
rungen der Schulstruktur abzielen oder deren Folge sind,

zur Verfügung zu stellen?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Forderungen zahlreicher Bundeslän-
der, Artikel 104b GG aufzuheben oder soweit zu lockern, dass in Notsitua-
tionen das „Kooperationsverbot“ aufgehoben würde?

Welche Kriterien definieren eine „außergewöhnliche Notsituation“, die sich
der Kontrolle des Staates entzieht?

8. Inwiefern hat die Bundesregierung bereits Maßnahmen zur Änderung des
Artikels 104b GG in Absprache mit den Ländern getroffen und worauf zielen
diese ab?

9. Inwiefern zielt die von der von Bundestag und Bundesrat zur Modernisie-
rung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen einberufenen Kommission ge-
troffene Vereinbarung darauf ab, kurzfristig einen tragfähigen Kompromiss
herbeizuführen?

Welchen zeitlichen Ablauf sieht die Bundesregierung für die Gesetzesände-
rungen und die sich daraus ergebenden Spielräume für die Investition aus
dem Konjunkturpaket II vor?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12337

10. Inwiefern ist der von den Ländern zur komplementären Finanzierung be-
reitgestellte Anteil des Programms an die Schwerpunktsetzung des Pro-
gramms (energetische Sanierung) gebunden?

Ist der Bundesregierung bekannt, dass einzelne Länder beabsichtigen, die-
sen Mittelanteil auch abweichend einzusetzen?

Wie wird dies bewertet?

11. Worauf ist die erhebliche Unsicherheit mit Blick auf die Mittelverwendung
für Schulinvestitionen durch Länder und Gemeinden zurückzuführen?

In welcher Art und Weise hat die Bundesregierung durch widersprüchliche
Angaben und Äußerungen dazu beigetragen?

12. In welchen weiteren Schritten und in welchem zeitlichen Ablauf wird die
Freigabe der Mittel des Konjunkturpakets für Investitionen in den Bil-
dungsbereich erfolgen?

13. Zu welchen Zeitpunkten erfolgen Genehmigung und Überprüfung der Mit-
telverwendung durch Länder und Kommunen?

Berlin, den 18. März 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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