BT-Drucksache 16/12304

Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung des Zinssatzes bei Überziehungskrediten (Zinssatzbegrenzungsgesetz)

Vom 18. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12304
16. Wahlperiode 18. 03. 2009

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Oskar Lafontaine, Dr. Herbert Schui, Dr. Barbara Höll, Werner
Dreibus, Ulla Lötzer, Kornelia Möller, Dr. Axel Troost, Sabine Zimmermann und der
Fraktion DIE LINKE.

Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung des Zinssatzes bei
Überziehungskrediten (Zinssatzbegrenzungsgesetz)

A. Problem

Die Banken in Deutschland bekommen derzeit von der Europäischen Zentral-
bank billigen Kredit. Der Leitzinssatz sank seit September 2008 von 4,25 Pro-
zent auf 1,5 Prozent, also um 2,75 Prozentpunkte. Sie geben allerdings die Leit-
zinssenkung nicht an ihre Kundinnen und Kunden weiter.

Dies gilt besonders für die ohnehin sehr teuren Dispositionskredite. Der durch-
schnittliche Zinssatz für Überziehungskredite sank von September 2008 bis Ja-
nuar 2009 lediglich von 11,98 Prozent auf 11,42 Prozent und damit deutlich
weniger als der Leitzins. Bei vielen Banken liegen die Zinssätze sogar deutlich
höher.

Auch im Vergleich zu anderen Krediten sind die Zinsen für Überziehungskre-
dite außerordentlich hoch. Dies zeigt ein Vergleich mit Konsumentenkrediten
mit variablem Zins, die aktuell mit durchschnittlich 5,1 Prozent verzinst wer-
den. Der gesetzliche Zinssatz liegt bei 4 Prozent (§ 246 des Bürgerlichen Ge-
setzbuchs – BGB). Der gilt, wenn kein abweichender Zinssatz vereinbart ist.
Kommt eine Verbraucherin oder ein Verbraucher in Zahlungsverzug im Rah-
men eines Verbraucherdarlehensvertrags, ist der Verzugszins gesetzlich vorge-
schrieben und beträgt für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz
(§ 497 Absatz 1, § 288 Absatz 1 BGB). Für Dispo-Kredite gibt es bisher keine
entsprechende Regelung.

B. Lösung

Durch eine Ergänzung wird das Verbot des Zinswuchers (§ 138 BGB) für den
Fall von Dispositionskrediten konkretisiert, indem eine Höchstgrenze des Jah-
reszinssatzes festgeschrieben wird. Der Zinssatz wird auf maximal 5 Prozent-
punkte über dem Basiszinssatz begrenzt. Dies entspricht dem gesetzlichen Ver-
zugszinssatz für Verbraucherinnen und Verbraucher (§ 288 Absatz 1 BGB).

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine

Berlin, den 17. März 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar L
machung vom … (BGBl. I S. …), zuletzt geändert durch
Gesetz vom … (BGBl. I S. …), wird wie folgt geändert:

Nach § 493 wird folgender § 493a eingefügt:

㤠493a
Begrenzung des Zinssatzes bei Überziehungskrediten

Der Jahreszinssatz bei einem Verbraucherdarlehensver-
trag im Sinne des § 493 Absatz 1 Satz 1 ist begrenzt auf
höchstens 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.“

Artikel 2

Änderung des Einführungsgesetzes zum
Bürgerlichen Gesetzbuche

In Artikel 229 des Einführungsgesetzes zum Bürger-
lichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung
vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494, 1997 I S. 1061),
zuletzt geändert durch …, wird folgender § 20 angefügt:

㤠20
Überleitungsvorschrift zum
Zinssatzbegrenzungsgesetz

Die Vorschrift des § 493a des Bürgerlichen Gesetzbuchs
in der seit dem … [einsetzen: Datum des Inkrafttretens
dieses Gesetzes] geltenden Fassung ist nur auf Darlehen an-
zuwenden, die nach diesem Tag in Anspruch genommen
werden.“

Artikel 3

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in
Kraft.

afontaine und Fraktion
Drucksache 16/12304 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung des Zinssatzes bei
Überziehungskrediten (Zinssatzbegrenzungsgesetz)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekannt-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12304

Begründung

A. Allgemeines

Die Banken in Deutschland bekommen von der Europäi-

führen nicht nur zu hohen Zahlungen der privaten Haushalte
an die Banken. Sie beschleunigen auch das Abrutschen ge-
fährdeter Haushalte in die Überschuldung.
schen Zentralbank billigen Kredit. Der Leitzinssatz sank
seit September 2008 von 4,25 Prozent auf 1,5 Prozent, also
um 2,75 Prozentpunkte. Sie geben allerdings die Leitzins-
senkung nicht an ihre Kundinnen und Kunden weiter.

Dies gilt besonders für die ohnehin sehr teuren Disposi-
tionskredite. Der durchschnittliche Zinssatz für Überzie-
hungskredite sank von September 2008 bis Januar 2009 ge-
rade einmal von 11,98 Prozent auf 11,42 Prozent und damit
deutlich weniger als der Leitzins. Bei vielen Banken liegen
die Zinssätze sogar deutlich höher.

Der Zinssatz für Dispo-Kredite liegt aktuell deutlich höher
als in der letzten Wirtschaftskrise. Am Ende des Krisenjah-
res 2003 verlangten die Banken knapp 1 Prozent weniger
Zinsen auf Dispo-Kredite als Anfang 2009 bei gleichem
Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank. Seit Beginn der
Zinsstatistik der Europäischen Wirtschafts- und Währungs-
union stieg der Zinssatz für Überziehungskredite deutlich
stärker als für alle anderen Kreditarten (Konsumentenkre-
dite, Wohnungsbaukredite und sonstige Kredite).

Überziehungskredite sind außerordentlich teuer. Dies zeigt
ein Vergleich mit Konsumentenkrediten mit variablem Zins,
die aktuell mit durchschnittlich 5,1 Prozent verzinst werden.
Der gesetzliche Zinssatz liegt bei 4 Prozent (§ 246 BGB). Er
gilt, falls kein abweichender Zinssatz vereinbart ist. Kommt
eine Verbraucherin oder ein Verbraucher in Zahlungsverzug
im Rahmen eines Verbraucherdarlehensvertrags, ist der Ver-
zugszins gesetzlich vorgeschrieben und beträgt für das Jahr
5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 497 Abs. 1, § 288
Abs. 1 BGB). Für Dispo-Kredite gibt es bisher keine ent-
sprechende Regelung. Zwar ist Zinswucher verboten, es
gibt allerdings keine ausdrückliche gesetzliche Höchst-
grenze. Laut bisheriger Fassung des Bürgerlichen Gesetz-
buchs handelt es sich um Zinswucher, wenn der Zinssatz in
einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung steht und un-
ter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des
Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willens-
schwäche des Kreditnehmers vereinbart wurde (§ 138
BGB). Diese auslegungsbedürftige Formulierung hat die
übermäßig hohe Verzinsung von Dispo-Krediten nicht ver-
hindert und muss daher um eine Höchstgrenze für diese
Kreditart ergänzt werden. Eine Klarstellung ist auch deshalb
notwendig, weil die Rechtsprechung als Maßstab die
marktübliche Verzinsung heranzieht und damit übermäßig
hohe Zinssätze dann nicht als solche bewertet, wenn sie alle
Banken gleichermaßen verlangen. Die hohen Sollzinsen

Gegen eine Begrenzung von Kreditzinsen wird eingewandt,
dass der Zinssatz vom Ausfallrisiko abhängig sein muss.
Eine Höchstgrenze erlaubt jedoch weiterhin, unterschiedli-
chen Risiken durch unterschiedliche Kreditzinsen Rech-
nung zu tragen. Sie verbietet nur, dabei exzessiv hohe Zin-
sen zu verlangen. Den Kreditrahmen machen die Banken
ohnehin von ihrer Risikoeinschätzung abhängig. Die vorge-
schlagene Höchstgrenze betrifft nur Dispositionskredite an
Privatpersonen, weil hier ein besonderes Schutzbedürfnis
besteht. Risikokredite in anderen Bereichen bleiben unbe-
rührt.

Es wird ausdrücklich nicht ausgeschlossen, dass auch für
andere Arten von Krediten Höchstgrenzen notwendig sein
können. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden
Gesetzes.

Mit der Gesetzesänderung sind keine Kosten für die öffent-
liche Hand verbunden.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs)

Die Neuregelung bindet die Verzinsung von Dispo-Krediten
an die Entwicklung des Basiszinssatzes, der von der Deut-
schen Bundesbank veröffentlicht wird. Dadurch wird die
allgemeine Zinsentwicklung berücksichtigt. Durch die Neu-
regelung wird verhindert, dass Privatpersonen, die Über-
ziehungskredite in Anspruch nehmen, schlechter gestellt
werden als Schuldner, die mit der Zahlung in Verzug sind.
Dafür wird der Zinssatz für Überziehungskredite auf die
Höhe begrenzt, die gesetzlich für Verzugszinsen vorge-
schrieben ist. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 5 Pro-
zentpunkte über dem Basiszinssatz.

Zu Artikel 2 (Änderung des Einführungsgesetzes zum
Bürgerlichen Gesetzbuche)

Die Neuregelung gilt nur für Darlehen, die nach dem Tag
des Inkrafttretens dieses Gesetzes in Anspruch genommen
werden.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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