BT-Drucksache 16/12193

Einführung und Bedeutung unbemannter militärischer Fahrzeuge und Luftfahrzeuge

Vom 9. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12193
16. Wahlperiode 09. 03. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Alexander Bonde, Winfried Nachtwei, Omid Nouripour,
Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe,
Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin,
Rainder Steenblock, Jürgen Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Einführung und Bedeutung unbemannter militärischer Fahrzeuge
und Luftfahrzeuge

Unbemannte Fahrzeuge, vor allem unbemannte Luftfahrzeuge (Unmanned
Aerial Vehicles, „UAV“) haben in den letzten Jahren für Streitkräfte eine immer
stärkere Bedeutung gewonnen. Bedingt durch den großen technologischen
Fortschritt sind unbenannte Plattformen im zunehmenden Maße im Einsatz.
Gerade die USA haben eine steigende Zahl an UAVs zum Beispiel in Pakistan,
Afghanistan und im Irak zum Einsatz gebracht – sowohl zur unbenannten Auf-
klärung, aber auch zum gezielten Einsatz von Waffen. Im Rahmen der NATO
nimmt das UAV-basierte System AGS (Allied Ground Surveillance) nach lan-
gen Beratungen konkrete Züge an, und soll in Grundzügen vom Deutschen
Bundestag in absehbarer Zeit beschlossen werden.

Auch in der Bundeswehr sind unbemannte Luftfahrzeuge als Aufklärungshilfe
im Nahbereich längst Realität. Mit der Beschaffung von EuroHAWK als unbe-
manntes Luftfahrzeug großer Reichweite (HALE-UAV) zur signalerfassenden
Aufklärung und der geplanten Beschaffung des SAATEC („System für die ab-
bildende Aufklärung in der Tiefe des Einsatzgebietes“) will die Bundeswehr in
Zukunft ebenfalls UAVs zur strategischen Luftaufklärung nutzen.

Stand bisher der Einsatz von Drohnen als Aufklärungsmittel im Vordergrund,
zeichnet sich in der Bundesregierung ein entscheidender Kurswechsel ab. Die
Bundesregierung möchte für die Bundeswehr Kampfdrohnen beschaffen (Ber-
liner Morgenpost vom 23. Februar 2009, „Lizenz zum Töten – für Maschinen“).
So möchte die Bundesregierung kurzfristig einen Gesamtsystemdemonstrator
WABEP („Wirksystem zur abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und
Punktzielen“) erwerben. Damit wird die Fähigkeit zur Kriegsführung nach-
haltig verändert. Dies tangiert u. a. Fragen des humanitären Völkerrechts, der
Rüstungsdynamik und der Parlamentsbeteiligung bei Auslandseinsätzen.

Wir fragen daher die Bundesregierung:
1. Welche NATO-Dokumente zur strategischen bzw. sicherheitspolitischen Be-
deutung und Rolle von unbemannten Fahrzeugen und UAVs für das Bündnis
gibt es, und was ist deren jeweilige Kernaussage?

Drucksache 16/12193 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Welche grundsätzlichen Positionen, Konzeptionen und Planungen gibt es
zum Einsatz von unbemannten Fahrzeugen und UAVs bei der Bundeswehr,
und was ist deren Inhalt?

In welchen Grundsatzdokumenten und Planungen spielen unbemannte
Fahrzeuge und UAV eine Rolle, und ggf. jeweils welche?

3. Welche militärischen bzw. sicherheitspolitischen Vorteile und welche Risi-
ken sieht die Bundeswehr im Einsatz von unbemannten Fahrzeugen und
UAVs bei der Bundeswehr?

Welche militärischen Einsatzmöglichkeiten sieht die Bundesregierung der-
zeit bzw. künftig für unbemannte Fahrzeuge und UAVs vor?

4. Welche Studien und Forschungsaufträge zu unbemannten Fahrzeugen,
UAVs und bewaffneten UAVs wurden vom Bundesministerium der Vertei-
digung bislang vergeben bzw. sind in der Planung (bitte Nennung von Jahr,
Auftragsvolumen, Auftragnehmer, beteiligte Firmen/Forschungsinstitute,
Gegenstand des Projekts)?

5. Was sind die bisher vorliegenden Ergebnisse dieser Studien und For-
schungsaufträge?

Welche technologischen Entwicklungen zeichnen sich im militärischen
Anwendungsbereich ab, und wie beeinflusst dies die künftige militärische
Kriegsführung?

6. Inwieweit gibt es bei den strategischen Planungen, bei Forschungsaufträ-
gen und bei der Beschaffung im Einzelnen transatlantische, europäische
oder deutsch-israelische Kooperation?

Was ist der Gegenstand und das Ziel der jeweiligen Kooperation?

7. Welche Kommunikationsinfrastruktur und -kapazität erfordern die bisher
geplanten zu beschaffenden UAVs, welchen Bedarf sieht die Bundesregie-
rung mittelfristig, und wie soll dieser Bedarf gedeckt werden?

8. Welchen Umfang an neuen Satelliten- und Kommunikationskapazitäten
plant die Bundesregierung in den nächsten Jahren, um den Einsatz von
militärischen unbemannten Fahrzeugen und UAVs zu ermöglichen?

9. Welche Strukturveränderungen sind bei Einführung weiterer unbemannter
Fahrzeuge und UAV bei der Bundeswehr kurz-, mittel- und langfristig not-
wendig?

10. Wann und in welchem Umfang wurden bisher vom Bundesministerium der
Verteidigung unbemannte Fahrzeuge und UAV beschafft bzw. Verträge zur
Beschaffung unterzeichnet?

11. Welche Bestände an unbemannten Fahrzeugen und UAVs welchen Mo-
dells sind aktuell im Bestand der Bundeswehr, und wie viele davon sind
auch im Ausland einsatzfähig?

12. Welche weiteren Beschaffungen von unbemannten Fahrzeugen sind derzeit
in der Planung, welche weiteren Beschaffungen sind mittelfristig und lang-
fristig geplant oder in der konzeptionellen Planung?

13. Welche Kosten sind mit den jeweiligen Waffensystemen verbunden, und
welche weiteren Beschaffungen von unbemannten Fahrzeugen sind haus-
halterisch vorbereitet?

Welche Firmen haben bzw. sollen dabei welchen Anteil der Aufträge, und
welchen Anteil der veranschlagten Mittel erhalten?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12193

14. Welche finanziellen und haushalterischen Vorteile sieht die Bundesregie-
rung im Einsatz von unbemannten Fahrzeugen und UAVs bei der Bundes-
wehr gegenüber dem Einsatz von bemannten Plattformen?

15. Welche haushalterischen Risiken sieht die Bundesregierung durch den Ein-
satz von UAVs bei der Bundeswehr?

16. Gibt es im Bundesministerium der Verteidigung Pläne zur Entwicklung
oder Beschaffung von bewaffneten unbemannten Fahrzeugen und bewaff-
neten UAVs (UCAVs)?

Wenn ja, um welche Plattformen handelt es sich dabei, und welche Fähig-
keitslücken sollen damit geschlossen werden?

Wann sollen diese Systeme beschafft werden bzw. einsetzbar sein?

17. Welche Forschungsaufträge zur Entwicklung bewaffneter unbemannter
Fahrzeuge und UCAVs hat die Bundesregierung bisher vergeben?

Welche Anforderungen (z. B. Reichweiten, Einsatzszenarien, Flughöhen
und Bewaffnungen) sind dabei ins Auge gefasst worden?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung den Einsatz von bewaffneten unbe-
mannten Fahrzeugen und bewaffneter UAVs (UCAVs)?

a) Wie bewertet die Bundesregierung den massiven Einsatz von un-
bemannten Fahrzeugen und UAVs durch die US-Streitkräfte im Irak,
Afghanistan und in Pakistan zur Aufklärung und Zielbekämpfung?

b) Wie bewertet die Bundesregierung den Einsatz von unbemannten Fahr-
zeugen und UCAVs zur gezielten Tötung von Terrorverdächtigen unter
völkerrechtlichen Aspekten?

c) Wie steht die Bundesregierung zu einem autonomen oder automatisier-
ten Waffeneinsatz durch unbemannte Fahrzeugen und UCAVs?

19. Ist das Steuern, Führen oder Auswerten der Daten eines militärischen
UAVs aus Sicht der Bundesregierung eine hoheitliche Aufgabe, die zwin-
gend von Bundeswehrangehörigen ausgeübt werden muss oder soll diese
Aufgabe auch an Zivilisten delegiert werden können?

Unter welchen Voraussetzungen sollte dies ggf. möglich sein?

20. Welche Auswirkungen hat die Einführung weitreichender unbemannter
Luftfahrzeuge nach Ansicht der Bundesregierung für den Parlamentsvor-
behalt?

Wann ist der Einsatz von UAVs und UCAVs nach Einschätzung der Bun-
desregierung nicht zustimmungspflichtig?

21. Wäre nach Auffassung der Bundesregierung der heutige Einsatz eines
HALE- oder MALE-UAV von der Bundesrepublik Deutschland aus in
einem der derzeitigen Einsatzgebiete der Bundeswehr von den bestehen-
den Mandaten her gedeckt?

Wenn ja, würde das in der Bundesrepublik Deutschland benötigte Personal
rechnerisch mit zum Kontingent gezählt werden?

22. Inwieweit unterliegt nach Ansicht der Bundesregierung

a) der (singuläre) Einsatz eines Aufklärungs-UAV im Ausland, z. B. an der
türkischen Grenze zum Irak,

b) der (singuläre) Einsatz eines bewaffneten UCAV im Ausland

dem vorherigen Zustimmungsvorbehalt des Deutschen Bundestages?

Drucksache 16/12193 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
23. Inwieweit hat die Bundesregierung Forschungen oder Studien zu den rüs-
tungs- und sicherheitspolitischen Folgen in Auftrag gegeben, und was sind
deren Ergebnisse?

24. Welche Folgen werden nach Auffassung der Bundesregierung mit der Ein-
führung, Weiterentwicklung und Verbreitung von unbemannten Fahrzeu-
gen und Fluggeräten sicherheits- und rüstungspolitisch einhergehen?

25. Welche Auswirkungen hat nach Ansicht der Bundesregierung die fort-
schreitende Entwicklung und Verbreitung von unbemannten Fahrzeugen
und UAVs auf die asymmetrische Austragung von Konflikten und den Ein-
satz gegen Nicht-Kombattanten?

26. Welche Auswirkungen hat nach Ansicht der Bundesregierung die fort-
schreitende Entwicklung und Verbreitung von unbemannten Fahrzeugen
auf das humanitäre Völkerrecht, und welche Überlegungen gibt es, Negativ-
entwicklungen zu verhindern?

27. Wie bewertet die Bundesregierung das Risiko und die Wahrscheinlichkeit,
dass sich kurz- oder mittelfristig nichtstaatliche Akteure die Verfügungsge-
walt über diese Waffensysteme verschaffen und zu einer Bedrohung für die
Bundesrepublik Deutschland oder die Bündnispartner werden?

28. Mit welchen Defensivmaßnahmen wollen die Bundesregierung und das
NATO-Bündnis auf die Weiterverbreitung von unbemannten Fahrzeugen
und Luftfahrzeugen reagieren?

29. Inwieweit sind unbemannte Fahrzeuge und UAVs bereits Gegenstand von
bestehenden Abrüstungs- und Rüstungskontrollvereinbarungen?

30. Welche abrüstungs- und rüstungskontrollpolitischen Überlegungen oder
Initiativen gibt es von Seiten der Bundesregierung oder anderer Akteure,
um die Risiken einer zunehmenden Verbreitung von UAVs und UCAVs
einzudämmen?

Berlin, den 9. März 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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