BT-Drucksache 16/12163

Rolle der Bundesregierung und der Union für das Mittelmeer bei der Nutzung erneuerbarer Energien im Rahmen des Energieprojekts Solarplan/DESERTEC

Vom 4. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12163
16. Wahlperiode 04. 03. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Michael Kauch, Marina Schuster, Angelika Brunkhorst, Horst
Meierhofer, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Patrick Döring,
Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Paul K. Friedhoff, Horst
Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff,
Birgit Homburger, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael
Link (Heilbronn), Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Dr. Konrad Schily, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Florian Toncar,
Dr. Daniel Volk, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Rolle der Bundesregierung und der Union für das Mittelmeer bei der Nutzung
erneuerbarer Energien im Rahmen des Energieprojekts Solarplan/DESERTEC

Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP
„Die Perspektive der Union für das Mittelmeer“ (Bundestagsdrucksache 16/11531
vom 22. Dezember 2008) zum Stand der Verhandlungen über die Finanzierung
des Sekretariats der Mittelmeerunion hat ergeben, dass zentrale Fragen zu Struk-
tur und Finanzierung der Mittelmeerunion unverändert offen sind.

Ursprüngliche Planungen, wonach das Sekretariat der Mittelmeerunion im Laufe
des Mai 2009 die Arbeit aufnehmen sollte, scheinen nicht mehr realistisch zu
sein. Nachfragen an das Auswärtige Amt haben ergeben, dass derzeit keine Tref-
fen im Rahmen der Union für das Mittelmeer stattfinden. Dies betrifft auch die
Verhandlungen über die Verteilung der Beiträge zur Finanzierung des Sekretari-
ats. Absehbar sei derzeit auch nicht, wann mit der Wiederaufnahme der Treffen
im Rahmen der Union für das Mittelmeer gerechnet werden könne. Das Projekt
wird demnach für unbestimmte Zeit zumindest nicht in konkreter Form weiter-
verfolgt.

Diese Entwicklung ist bedenklich, weil die Mittelmeerunion unter anderem auch
als politische Plattform für die Energieinitiative Solarplan/DESERTEC dienen
soll, nach der im Nahen Osten und Nordafrika insbesondere mit Hilfe von
solarthermischen Kraftwerken die Wasserentsalzung und Stromerzeugung vor-
angetrieben und erzeugter Strom mittels Hochspannungsgleichstromübertra-

gung nach Europa geleitet werden soll. Das Deutsche Zentrum für Luft- und
Raumfahrt e. V. (DLR) hat das Projekt im Auftrag des Bundesumweltministe-
riums mit dem Ergebnis untersucht, dass das Konzept bis 2050 technisch und
wirtschaftlich umsetzbar und ökologisch wünschenswert sei. Zudem hat die
Europäische Union mit der Erneuerbare-Energien-Richtlinie Voraussetzungen
für die Anrechnung von Strommengen, die in Nordafrika produziert werden, auf
die Erneuerbare-Energien-Ziele der EU-Mitgliedstaaten geschaffen.

Drucksache 16/12163 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie steht die Bundesregierung zur Zukunft der Mittelmeerunion im Allge-
meinen und zu jener der Energieinitiative Solarplan/DESERTEC im Beson-
deren?

2. Wie beurteilt die Bundesregierung die Bedeutung eines Stromverbundes
zwischen Europa und Nordafrika aus Sicht von Klimaschutz, Energiesicher-
heit und kostengünstiger Energieversorgung?

3. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Zukunft der Mit-
telmeerunion ggf. auch Auswirkungen für die Energieinitiative Solarplan/
DESERTEC haben würde?

4. Wenn nein, weshalb nicht, und wenn ja, welche konkreten Konsequenzen
würde ein Scheitern der Mittelmeerunion nach Einschätzung der Bundes-
regierung für die Energieinitiative Solarplan/DESERTEC haben?

5. Wie viele Unternehmen in Deutschland sind mit Investitionsplänen in wel-
cher Höhe und mit welchem Zeithorizont in Energieprojekten engagiert, die
in mittelbarem oder unmittelbarem Zusammenhang mit dem Energieprojekt
DESERTEC stehen?

6. Wie schätzt die Bundesregierung die allgemeine wirtschaftliche Bedeutung
dessen ein, und wie viele Arbeitsplätze sind mit diesen Investitionsplänen
und Projekten verbunden?

7. Welche Unternehmen entwickeln oder produzieren in Deutschland nach
Kenntnis der Bundesregierung Anlagen oder Systeme für den Bau solarther-
mischer Kraftwerke bzw. Anlagen oder Systeme für die Hochspannungs-
gleichstromübertragung?

8. Ist der Bundesregierung bekannt, ob es in Deutschland seitens der Bundes-
länder oder deren Energieagenturen konkrete energiepolitische Kooperatio-
nen oder Beratungsangebote für Staaten im Nahen Osten oder in Nordafrika
gibt, und wenn ja, um welche Kooperationen oder Beratungsangebote han-
delt es sich dabei im einzelnen?

9. Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, welche Aktivitäten
seitens der Regierungen anderer Mitgliedstaaten in der Europäischen Union
unternommen werden, um der Mittelmeerunion und der Energieinitiative
Solarplan/DESERTEC eine Zukunftsperspektive zu geben bzw. zu erhalten
und die Unternehmen aus diesen Mitgliedstaaten dabei zum Zuge kommen
zu lassen?

10. Was hat die Bundesregierung – getrennt nach den Geschäftsbereichen des
Auswärtigen Amtes, des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung – bisher unternommen, um die Initiative Solarplan/DESERTEC
sowie ggf. bilaterale Kooperationen mit nordafrikanischen Staaten zum Auf-
bau solarthermischer Kraftwerke, Windparks und eines Stromverbundes
voranzutreiben?

11. Welche konkreten Aktivitäten wird die Bundesregierung unternehmen, um
der Mittelmeerunion und der Energieinitiative Solarplan/DESERTEC eine
Zukunftsperspektive zu geben bzw. zu erhalten, und um Unternehmen in
Deutschland dabei zum Zuge kommen zu lassen?

12. Zu welchen Ergebnissen hat die DESERTEC-Investorenkonferenz am
22. November 2008 geführt, wo lagen die zentralen Konfliktlinien, und wann
ist das nächste diesbezügliche Treffen geplant?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12163

13. Welche Aufgaben soll das Sekretariat der Mittelmeerunion nach den Plänen
der Bundesregierung ggf. wahrnehmen?

14. Inwiefern und ggf. mit welchem Ergebnis hat die Bundesregierung ihre Pläne
der Entsendung eines deutschen Experten für den Bereich erneuerbare
Energien in das Sekretariat der Union für das Mittelmeer in die Verhand-
lungen eingebracht, bzw. plant dies zu tun?

15. Welche konkreten Aktivitäten hat das Bundesumweltministerium (BMU) in
diesem Zusammenhang unternommen bzw. welche Rolle soll das BMU da-
bei nach den Vorstellungen der Bundesregierung unter welchen politischen
Zielsetzungen ggf. spielen?

16. Für welchen Zeitpunkt erwartet die Bundesregierung eine Wiederaufnahme
der Treffen im Rahmen der Union für das Mittelmeer, und welche Maßnah-
men zieht sie in Erwägung, um diese möglichst zeitnah zu erreichen?

17. Wie bewertet die Bundesregierung das Problem der Kosten des Stromtrans-
ports, und welche Rolle kommt dem Aufbau einer geeigneten transkontinen-
talen Leitungsinfrastruktur nach Auffassung der Bundesregierung zu?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung die zu erwartenden Kosten ab deutscher
Grenze pro Kilowattstunde importierten Solarstroms aus Nordafrika im Ver-
gleich zu den Kosten des in Deutschland produzierten Photovoltaikstroms?

19. Welche Investoren bzw. Finanziers kommen nach Auffassung der Bundes-
regierung für den Aufbau sowie für den Betrieb und den Unterhalt eines ge-
eigneten Stromnetzes in Frage?

20. Ist der Aufbau, Betrieb und Unterhalt einer derartigen Netzinfrastruktur nach
Auffassung der Bundesregierung ein Leistungsbereich, der ganz oder teil-
weise privaten Unternehmen oder Finanzintermediären überlassen werden
kann, und wenn ja, welche konkreten Aufgaben könnten dabei von privaten
Unternehmen oder Finanzintermediären in welchem regulatorischen Umfeld
ggf. übernommen werden?

21. Falls der Aufbau, Betrieb und Unterhalt eines derartigen Netzes nach Auf-
fassung der Bundesregierung aus staatlicher Hand organisiert, geleistet und
finanziert werden sollte, welche Länder bzw. Regierungen und ggf. welche
multilateralen Einrichtungen kämen als Träger derartiger Aufgaben weshalb
und unter welchen Voraussetzungen in Betracht?

22. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass es sich bei einer derartigen
transkontinentalen Leitungsinfrastruktur um ein so genanntes natürliches
Monopol handeln würde?

Wenn nein, weshalb nicht, und wenn ja, welche Schlussfolgerungen leitet die
Bundesregierung daraus ab – auch mit Blick auf das Ziel der Sicherheit der
Energieversorgung?

23. Wie beurteilt die Bundesregierung ein Szenario, nachdem die Leitungsinfra-
struktur ausschließlich von einem nordafrikanischen Staat aufgebaut und be-
trieben wird, im Blick auf den diskriminierungsfreien Zugang verschiedener
Stromanbieter zur transkontinentalen Leitung?

24. Wie beurteilt die Bundesregierung die Rolle des Clean Development Mecha-
nismus beim Aufbau solarthermischer Kraftwerke und Windparks in Nord-
afrika sowie eines Stromverbundes mit Europa?

Berlin, den 3. März 2009
Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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