BT-Drucksache 16/12159

Aufdeckung von Missbrauchsfällen im Rahmen von Visavergabeverfahren

Vom 4. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12159
16. Wahlperiode 04. 03. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Gisela Piltz, Dr. Max Stadler,
Christian Ahrendt, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Angelika
Brunkhorst, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann,
Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Michael Kauch, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick
Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Frank Schäffler, Marina Schuster,
Dr. Hermann Otto Solms, Florian Toncar, Dr. Daniel Volk, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Aufdeckung von Missbrauchsfällen im Rahmen von Visavergabeverfahren

Das Bundeskabinett plant die Verabschiedung eines Gesetzentwurfes zur Errich-
tung einer Visa-Einlader- und Warndatei (Visawarndateierrichtungs-Gesetz). Be-
gründet wird die Notwendigkeit der Einrichtung der beiden Dateien damit, dass
durch die Nutzungsmöglichkeit der darin enthaltenen Daten Visamissbrauchs-
fälle vermieden bzw. frühzeitig aufgedeckt werden könnten.

In der Einladerdatei sollen die Daten jeder Person gespeichert werden, die für
einen Visumsantragsteller eine Einladung ausspricht bzw. sich verpflichtet, die
Lebensunterhaltungskosten für den Antragsteller während seiner Aufenthaltszeit
in der Bundesrepublik Deutschland zu übernehmen bzw. den Zweck des Aufent-
halts des Antragstellers bestätigt. In der Warndatei sollen u. a. Daten von ein-
schlägig verurteilten Straftätern (beispielsweise wegen Menschenhandels) ge-
sammelt werden.

Das Bundesverwaltungsamt ist als Zentralstelle geplant.

Bei einer Datenabfrage durch eine Botschaft sollen Daten von Einladern dann
übermittelt werden, wenn diese mindestens fünf Einladungen innerhalb von
24 Monaten ausgesprochen haben (sog. Vieleinlader).

Visumsaktenzeichen bei Gruppeneinladungen sollen nicht als unterschiedlich
gelten, wenn die Nummer der Auslandsvertretung identisch ist und das enthaltene

Tagesdatum maximal fünf unterschiedliche, aufeinander folgende Tagesdaten
aufweist.

Sowohl die Daten der Einlader- wie auch die Daten der Warndatei sollen unter
bestimmten Voraussetzungen an Sicherheitsbehörden, Strafverfolgungsbehör-
den und Nachrichtendienste weitergegeben werden können.

Drucksache 16/12159 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Im Rahmen des 2. Untersuchungsausschusses der 15. Wahlperiode des Deut-
schen Bundestages („Visa-Untersuchungsausschuss“) wurden massive Mängel
bei der Visavergabepraxis festgestellt, die zu zahllosen Missbrauchsfällen an
deutschen Botschaften, beispielsweise in der Ukraine, geführt hatten.

In der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP (Bundestagsdruck-
sache 16/8084) erklärte die Bundesregierung in ihrer Vorbemerkung, dass an den
Auslandsvertretungen neue Kontrollmechanismen zur Vermeidung und zur
frühzeitigen Aufdeckung von Missbrauchsfällen eingeführt worden seien. Diese
Mechanismen hätten sich bewährt. Im Jahr 2007 seien weltweit durch 184 deut-
sche Auslandsvertretungen ca. 2,3 Mio. Visumanträge bearbeitet worden.

In der Antwort zu Frage 13 bemerkte die Bundesregierung, dass ein Missbrauchs-
fall dann gegeben sei, wenn die Visumerteilung durch Täuschung des Visument-
scheiders erwirkt oder das Visum vorsätzlich entgegen geltenden Bestimmungen
ausgestellt werde.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Visaantragstellungen hat es in den Jahren 2005 bis 2008 gegeben
(bitte nach Jahren aufschlüsseln)?

2. Wie viele Missbrauchsfälle sind dabei aufgetreten (bitte nach Jahren auf-
schlüsseln)?

3. Um welche Art von Missbrauchsfall handelt es sich jeweils (beispielsweise
Täuschung)?

4. Wie wurden diese Missbrauchsfälle entdeckt?

5. Aus welchen Gründen hält die Bundesregierung die Einführung einer so ge-
nannten Warndatei für unerlässlich, insbesondere da bereits aufgrund der Er-
gebnisse des Visa-Untersuchungsausschusses neue Kontrollmechanismen
zur Vermeidung und zur frühzeitigen Aufdeckung von Missbrauchsfällen
eingeführt worden seien, die sich bewährt hätten (siehe Vorbemerkung der
Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 16/8084)?

6. Aus welchen Gründen hält die Bundesregierung die Einführung einer so ge-
nannten Einladerdatei für unerlässlich?

7. Welche Personen bzw. Art von Organisationen (beispielsweise Sportver-
bände, Unternehmen …) sind so genannte Vieleinlader, sprechen also min-
destens fünf Einladungen innerhalb von 24 Monaten aus?

8. Von wie vielen „Vieleinladern“, die die vorgenannten Voraussetzungen er-
füllen, geht die Bundesregierung derzeit aus?

9. Wie oft kommt es zur Aufdeckung von Missbrauchsfällen bei Einladungen
von „Vieleinladern“?

10. Wie verläuft das Visavergabeverfahren derzeit bei so genannten Gruppen-
einladungen?

11. Welche Erfahrungen hat die Bundesregierungen mit Gruppen gemacht, de-
ren einzelne Mitglieder nicht alle innerhalb von maximal fünf aufeinander-
folgenden Tagen bei derselben Auslandsvertretung einen Antrag auf Visum-
erteilung gestellt haben?

12. Ist geplant, diese Daten auch ausländischen (z. B. Drittstaaten wie z. B. USA,
Prüm-Vertragspartner) Behörden oder Organisationen generell oder im Ein-
zelfall zugänglich zu machen?

Wenn ja, welchen, und warum?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12159

13. Wie begründet die Bundesregierung die Notwendigkeit der Übermittlung
von so genannten Einladerdaten an Sicherheitsbehörden, Strafverfolgungs-
behörden und Nachrichtendienste?

14. Ist von Seiten der Bundesregierung geplant, die Dateien und deren Verwal-
tung beim Service- und Kompetenzzentrum im Bundesverwaltungsamt (sog.
nationale Abhörzentrale) anzusiedeln?

15. Wenn ja, wie plant die Bundesregierung sicherzustellen, dass angesichts der
unterschiedlichen Aufgaben, die dann von dem Service- und Kompetenz-
zentrum wahrzunehmen sind, das Trennungsgebot eingehalten wird?

Berlin, den 3. März 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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