BT-Drucksache 16/11968

Der deutsche Beitrag für die African Union/United Nations-Hybrid-Operation in Darfur (UNAMID)

Vom 13. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11968
16. Wahlperiode 13. 02. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck
(Köln), Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Winfried
Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Rainder
Steenblock, Jürgen Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Der deutsche Beitrag für die African Union/United Nations-Hybrid-Operation
in Darfur (UNAMID)

Vor über einem Jahr löste die erste gemeinsame Friedensmission von Afrika-
nischer Union (AU) und Vereinten Nationen (VN) in der westsudanischen
Region Darfur UNAMID die völlig überforderte AU Friedensmission AMIS
ab. Aufgabe von UNAMID ist es seither, die Sicherheit und Versorgung von
Zivilisten sowie das Sicherheitsklima für die laufenden Friedensbemühungen
insgesamt zu verbessern.

Mit der Überleitung von AMIS zu UNAMID sollten personelle und materielle
Mängel beseitigt werden. Doch trotz der fortdauernden Gewaltexzesse, die bis
heute an die 300 000 Tote und 3 Millionen Flüchtlinge gefordert haben, ist die
UNAMID auch nach über einem Jahr noch immer nicht voll einsatzfähig. Von
den vorgesehenen 26 000 zivil-militärischen Einsatzkräften sind kaum mehr als
die Hälfte vor Ort.

Auch die Bundesrepublik Deutschland hatte vor über einem Jahr die Entsendung
von bis zu 250 Soldatinnen und Soldaten zugesagt (Bundestagsdrucksache
16/6941). Derzeit ist aber erst ein deutscher Soldat, ein Lufttransportexperte im
Sudan. Dieser wartet jedoch seit Monaten auf seinen Einsatz in Darfur, weil die
Bundesregierung anders als andere Truppensteller auf dem Tragen einer Dienst-
waffe von Bundeswehrsoldaten in den UNAMID-Stäben besteht (FAZ.NET
vom 17. Dezember 2008). Auch die Ankündigung der Bundesregierung vom
8. August 2008 (Brief des Bundesministers des Auswärtigen und Bundesminis-
ters der Verteidigung an die Fraktionsvorsitzenden im Vorfeld der letzten Man-
datsverlängerung durch den Deutschen Bundestag am 15. November 2008), dass
in Kürze weitere sieben Soldaten folgen würden, ist noch immer nicht umge-
setzt, obwohl explizit betont wurde, dass die Bundesrepublik Deutschland unter
den europäischen Nationen zu den größten Truppenstellern zählen wird.

Außerdem mangelt es der UNAMID weiterhin an der erforderlichen Ausstat-
tung. Seit Monaten fehlen Hubschrauber, unter anderem 18 militärische Trans-

porthubschrauber, die zum flächendeckenden Schutz und zur Versorgung von
Zivilisten wie auch des UNAMID-Personals selbst dringend benötigt werden
(Bericht des VN-Generalsekretärs an den Sicherheitsrat vom 12. Dezember
2008, S/2008/781). Allein die Ukraine hat bereits im Oktober 2008 in Aussicht
gestellt, Hubschrauber zur Verfügung stellen zu können (Meldung REUTERS
vom 7. Oktober 2008). Aus der Ukraine soll es Signale geben, dass sie dazu auf

Drucksache 16/11968 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

finanzielle Unterstützung angewiesen wäre. Trotz der Einrichtung einer speziel-
len Freundesgruppe zur Unterstützung des schnellen Aufbaus der UNAMID
(„Friends of UNMAID Group“), der neben den USA, Großbritannien, Frank-
reich und Italien auch die Bundesrepublik Deutschland angehört, gibt es bisher
keinen sichtbaren Fortschritt in der Frage der fehlenden Hubschrauber und wei-
terer fehlender Ausrüstungsgüter samt Personal wie für Logistik- und Trans-
portaufgaben oder zur Luftaufklärung.

Eine umfänglich einsatzfähige UNAMID ist heute wichtiger denn je. Neue hef-
tige Kämpfe zwischen der sudanesischen Regierungsarmee und den Rebellen
des JEM (Justice and Equality Movement) wie kürzlich um die Stadt Muhad-
scheria in Süd-Darfur, bei denen trotz der beharrlichen Anwesenheit von rund
200 UNAMID-Blauhelmen erneut etliche Zivilisten getötet und tausende ver-
trieben wurden, zeigen deutlich, dass die Zivilisten dringend wirksameren
Schutz brauchen. Außerdem sind für dieses Jahr richtungweisende Parlaments-
und Präsidentschaftswahlen vorgesehen. Erfolgreiche gesamtsudanesische
Wahlen und dauerhafter Frieden setzen aber sowohl eine politische Lösung in
Darfur voraus, wie sie bspw. mit den geplanten Friedensgesprächen in Doha
anvisiert wird, als auch einen glaubwürdigen Sicherheitsgaranten in Darfur,
eine voll einsatzfähige UNAMID. Schließlich ist aber auch ein rascher Auf-
wuchs der UNAMID geboten, weil mit der bevorstehenden Entscheidung des
Internationalen Strafgerichtshofes über den Erlass eines Haftbefehls gegen den
amtierenden Präsidenten Omar Al-Bashir u. a. wegen Völkermordes in Darfur
die Zusammenarbeit der sudanesischen Regierung mit den VN beim Ausbau
der UNAMID völlig zum erliegen kommen könnte und dann auch Übergriffe
auf das Personal der UNAMID nicht auszuschließen sind.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie ist der aktuelle Stand hinsichtlich der Entsendung der UNAMID?

2. Was sind die Gründe dafür, dass die UNAMID bisher nicht schneller ent-
sandt werden konnte, und was unternimmt die internationale Gemeinschaft,
um die Entsendung zu beschleunigen?

3. Welchen Beitrag hat die Bundesregierung seit Mandatserteilung durch den
Deutschen Bundestag im November 2007 zum Aufwuchs der UNAMID ge-
leistet?

4. Warum besteht die Bundesregierung anders als andere Regierungen auf dem
Tragen einer Dienstwaffe für deutsches militärisches Personal in UNAMID-
Stäben?

5. Was unternimmt die Bundesregierung, damit die von der VN angefrag-
ten deutschen Soldaten möglichst schnell ihren Dienst im Rahmen der
UNAMID aufnehmen können, wann ist damit voraussichtlich zu rechnen,
und welche weiteren Beiträge sind in nächster Zukunft geplant?

6. Was wurde im Rahmen der so genannten Freundesgruppe der UNAMID
konkret zur Stärkung der UNAMID erzielt (bitte Aktivitäten auflisten)?

7. In welcher Art und Weise hat die Bundesregierung sich bislang in der Freun-
desgruppe der UNAMID engagiert, und mit welchem Ergebnis (bitte Aktivi-
täten auflisten)?

8. Was wurde seitens der Freundesgruppe speziell unternommen, um die noch
fehlenden Hubschrauber für die UNAMID zu organisieren?

9. Wie bewertet die Bundesregierung das Angebot des ukrainischen Präsiden-
ten vom 7. Oktober Hubschrauber für die UNAMID stellen zu können?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11968

10. Gab es hinsichtlich einer möglichen Entsendung ukrainischer Militär-Hub-
schrauber seitens der Bundesregierung, der EU oder auch der Freundes-
gruppe der UNAMID Gespräche mit der ukrainischen Regierung über
eventuelle finanzielle Unterstützung?

a) Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b) Wenn nein, warum nicht, und um welche alternativen Steller von Trans-
porthubschraubern wird sich bemüht?

Berlin, den 13. Februar 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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