BT-Drucksache 16/11866

Nutzung des Bombodroms in der Kyritz-Ruppiner Heide und anderer Luft-Boden-Schießplätze sowie der Ostsee durch die Bundeswehr und andere Staaten

Vom 9. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11866
16. Wahlperiode 09. 02. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Paul Schäfer (Köln), Monika Knoche,
Dr. Lothar Bisky, Dr. Dagmar Enkelmann, Wolfgang Gehrcke, Diana Golze,
Inge Höger, Dr. Hakki Keskin, Wolfgang Neskovic, Dr. Norman Paech, Alexander
Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Nutzung des Bombodroms in der Kyritz-Ruppiner Heide und anderer Luft-Boden-
Schießplätze sowie der Ostsee durch die Bundeswehr und andere Staaten

Das geplante Bombodrom bei Wittstock und der Seeziel-Schießplatz östlich vor der
Küste Rügens spielen nach wie vor eine zentrale Rolle in den Planungen der Bun-
deswehr im Rahmen der Vorbereitung auf Interventionseinsätze. Geht es nach dem
Willen des Bundesministeriums der Verteidigung sollen in Zukunft Bundeswehr und
andere NATO-Staaten etwa 1 700 Übungseinsätze pro Jahr mit Ziel Kyritz-Ruppiner
Heide fliegen dürfen – mehr als das vierfache der 2007 in ganz Deutschland geflo-
genen Einsätze. Offen bleibt, in welchem Ausmaß deswegen auch die militärischen
Aktivitäten über dem Seeziel-Schießplatz vor Rügen ansteigen werden. Die reser-
vierten Lufträume gehen ineinander über und es kann auch nicht ausgeschlossen
werden, dass die Kampfflugzeuge nach dem Bombodrom auch dieses Schießgebiet
in Rügen anfliegen. Die berechtigten Einwände der Bewohnerinnen und Bewohner
der Region werden ignoriert. Die gesundheitlichen Belastungen für die Bevölke-
rung, die negativen Konsequenzen für die ökonomische Entwicklung der Region
und die Gefährdung der verschiedenen Naturschutzgebiete bzw. der dortigen Flora
und Fauna sollen mit dem Argument der Bedeutung des Bombodroms für die
Nationale Sicherheit weggewischt werden.

Laut einem Bericht der „Neuen Züricher Zeitung“ vom 15. Oktober 2008 beeinflussen
auch handfeste ökonomische Interessen die Entscheidung darüber, wer den Luftraum
der Region für militärische Übungen nutzen darf. Die Piloten der österreichischen
Luftwaffe, selbst nicht Teil der NATO aber Käufer von Eurofighter Kampfflugzeugen
aus Deutschland, werden am Bundeswehrstandort in Laage (bei Rostock) ausgebildet
und entlasten somit den österreichischen Flugraum. Auch für die Schweiz, einem wei-
teren neutralen Staat, scheinen solche Überlegungen ein wichtiger Faktor bei der
Entscheidung für den Kauf neuer Kampfflugzeuge zu sein, denn gerade in den touris-
tischen Sommermonaten soll der schweizerische Luftraum entlastet werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Unter welchen Bedingungen bzw. auf welcher vertraglichen Grundlage dürfen

welche Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der NATO sind, gegenwärtig den deut-
schen Luftraum und die Luft-Boden-Schießplätze für militärische Übungen nut-
zen, und wie häufig ist dies in den letzten fünf Jahren erfolgt (bitte aufgeschlüsselt
nach Staaten und Übungsplätzen)?

2. Mit welchen Staaten, die nicht Mitglied der NATO sind, werden gegenwärtig
Verhandlungen über die Nutzung des deutschen Luftraums und der Luft-Boden-
Schießplätze für militärische Übungen geführt?

Drucksache 16/11866 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Wurden bereits Gespräche mit der Schweiz geführt über die Möglichkeit,
schweizerische Piloten in Deutschland ausbilden zu lassen, und wenn ja, wann,
und mit welchem Ergebnis?

4. Wann begannen die Verhandlungen mit Österreich über eine Vereinbarung über
die Ausbildung der österreichischen Piloten in Deutschland, und wann wurde
die Vereinbarung unterzeichnet?

5. Welche Kosten fallen für die Ausbildung der österreichischen Eurofighter-Pilo-
ten in Deutschland an, und wie werden diese Kosten zwischen Deutschland und
Österreich beglichen/verrechnet?

6. Inwiefern sind Zusagen der Bundesregierung bzw. der Bundesministerien für
die Ausbildung von Piloten und die Nutzung des Luftraums für Übungsflüge in
Deutschland Bestandteil von Vertragsverhandlungen über den Verkauf von Eu-
rofightern an andere Staaten gewesen (bitte unter Aufführung der jeweiligen
Staaten und konkreten Zusagen)?

7. Welche Einnahmen hat die Bundeswehr durch die Ausbildung von Piloten an-
derer Staaten in den letzten fünf Jahren erzielt (bitte aufgeschlüsselt nach Staa-
ten)?

8. Welche Absprachen und Vereinbarungen gibt es mit der Eurofighter GmbH und
der NATO Eurofighter and Tornado Management Agency über die Erbringung
von Ausbildungs- und Unterstützungsleistungen in Deutschland für Streitkräfte
fremder Staaten, die auch den Eurofighter beschaffen?

9. Plant die Bundesregierung eine Neufestlegung oder Verschiebung von Tem-
porary Reserved Airspaces in der Ostseeregion, und wenn ja, welche?

10. Wie häufig wurde das Seeziel-Schießgebiet östlich von Rügen in den letzten
fünf Jahren von der Bundeswehr und anderen Streitkräften für militärische
Übungen genutzt (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Streitkräften)?

11. Welche Munitionstypen werden dort verwendet?

12. Wie viel Munition wurde dabei verschossen, und welcher Anteil davon wurde
anschließend umweltgerecht entsorgt, bzw. wie viel wurde in der Ostsee belas-
sen?

13. Wie häufig soll das Seeziel-Schießgebiet in den nächsten Jahren nach Planung
der Bundeswehr genutzt werden (aufgeschlüsselt nach Bundeswehr und ande-
ren Staaten)?

14. Welche Auswirkungen auf die Nutzung des Seeziel-Schießgebietes hätte die ge-
plante Inbetriebnahme des Bombodroms in der Kyritz-Ruppiner Heide?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung das Risiko für die am Seeboden verlegten
Pipelines durch den Abwurf von Munition im Seeziel-Schießgebiet vor Rügen?

16. Wie beurteilt die Bundesregierung das Risiko für den Fischbestand und die
Fischereiindustrie im Seeziel-Schießgebiet, und welche Vorkehrungen zur
Minimierung der Risiken wurden getroffen?

17. Welche Bestimmungen gibt es für den An- und Überflug des Seeziel-Schieß-
gebiets vor Rügen hinsichtlich der Mindestflughöhe, des Zünden des Nachbren-
ners und der Übungszeiten?

Berlin, den 3. Februar 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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