BT-Drucksache 16/11470

Steuerliche Bewertung betrieblicher Mittagsverpflegung von Arbeitnehmern in der Bundesrepublik Deutschland

Vom 17. Dezember 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11470
16. Wahlperiode 17. 12. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Karl Addicks, Christian
Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff,
Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Markus Löning,
Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen,
Dirk Niebel, Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Frank Schäffler, Marina
Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Daniel
Volk, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Steuerliche Bewertung betrieblicher Mittagsverpflegung von Arbeitnehmern
in der Bundesrepublik Deutschland

Die Lohnsteuer-Richtlinie (LStR) R 8.1 LStR 2008 regelt unter anderem die
steuerliche Bewertung von Kantinenmahlzeiten und Essenmarken. Betriebe, die
keine eigene Kantine unterhalten, können ihren Mitarbeitern demnach auch
einen Zuschuss in Form von Essenmarken (Restaurantschecks) zukommen
lassen. Diese Marken werden vom Arbeitgeber an die Arbeitnehmer verteilt und
von einer Gaststätte oder vergleichbaren Einrichtung bei der Abgabe einer
Mahlzeit in Zahlung genommen.

Der Maximalwert einer solchen Essenmarke beträgt in 2009 5,83 Euro. Der Be-
trag setzt sich zusammen aus dem Sachbezugswert für ein Mittagessen nach der
Sozialversicherungsentgeltverordnung (SVeV) und einem nach R 8.1 LStR 2008
Absatz 7 Nummer 4 Buchstabe a) Doppelbuchstabe cc) übersteigenden steuer-
freien Betrag von maximal 3,10 Euro. Die Essenmarke ist dann – bei Vorliegen
der sonstigen Voraussetzungen – nicht mit ihrem Verrechnungswert, sondern mit
dem maßgebenden Sachbezugswert zu bewerten. Dabei ist die Sozialversiche-
rungsentgeltverordnung einschlägig, weil sie regelt, welche geldwerten Vorteile
von Beschäftigten bei gewährten Sachleistungen bei den Beiträgen zur Sozial-

versicherung berücksichtigt werden.

Mit dem Instrument der Essenmarke lassen sich betriebsinterne Ungleichbe-
handlungen zwischen Standorten mit und ohne Kantine vermeiden. Für die Un-
ternehmen ergibt sich zudem die Möglichkeit eines steuerbegünstigten Aus-
gleichs der Mitarbeiteraufwendungen für ein Mittagessen. Restaurantschecks
sind damit eine effiziente Möglichkeit einer Sozialleistung der Unternehmen.
Dies ist insbesondere für mittelständische Unternehmen ein wichtiger Wett-

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bewerbsfaktor. Restaurantschecks können auch ein Baustein der betrieblichen
Gesundheitsförderung sein und den Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Beschäftig-
ten fördern. Das Instrument der Restaurantschecks erscheint insofern aus vielen
Gründen vorteilhaft.

Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern fällt aber auf, dass die Verwen-
dungsquote in der Bundesrepublik Deutschland sehr niedrig ist. Vermutlich liegt
die Zahl der Nutzer bei lediglich einem Prozent der sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten. In Belgien nutzt dagegen rund jeder vierter Arbeitnehmer Essen-
marken, in Frankreich oder Italien jeder zehnte. Die Gründe für die unterschied-
liche Verwendung des Instruments im internationalen Vergleich sind unklar.

Wir fragen daher die Bundesregierung:

1. Wie hoch beziffert die Bundesregierung die Anzahl der sozialversiche-
rungspflichtig Beschäftigten, die keinen Zugang zu betrieblicher Kantinen-
verpflegung haben?

2. Wie hoch ist dieser Anteil bei klein- und mittelständischen Unternehmen
(KMU)?

3. Wie viele tägliche Nutzer von Restaurantschecks gibt es in der Bundesrepu-
blik Deutschland, und wie hoch ist ihr Anteil an der Gesamtzahl der sozial-
versicherungspflichtig Beschäftigten?

4. Wann und in welcher Höhe erfolgte zuletzt eine Anpassung der Sachbe-
zugswerte an die Entwicklung der Verbraucherpreise?

5. Wann wurde der nach R 8.1 LStR 2008 Absatz 7 Nummer 4 Buchstabe a)
Doppelbuchstabe cc) maximal übersteigende steuerfreie Betrag zuletzt an-
gepasst?

6. Wie stellt sich der in der Bundesrepublik Deutschland freigegebene steuer-
freie Betrag (3,10 Euro) verglichen mit ähnlichen Regelungen in Luxem-
burg, Österreich, Frankreich, Belgien und Italien dar?

7. Wie hoch ist der prozentuale Anteil des maximal möglichen steuerfreien
Betrags, gemessen an der Kaufkraft in der Bundesrepublik Deutschland,
und wie hoch ist in diesem der Anteil des Wertes als Prozent am Tagesein-
kommen?

8. Wie verhält sich dies, wenn man die deutsche Regelung mit Österreich,
Frankreich, Belgien oder Italien vergleicht?

9. Aus welchem Grund sind bestimmte Zielgruppen (darunter fallen z. B.
Zeitarbeitnehmer, Bauarbeiter und Beamte) vom Bezug von Essenmarken
ausgeschlossen?

10. Wie steht die Bundesregierung zu der Ansicht, dass im Sinne einer Verein-
heitlichung und Gleichbehandlung auch diesen Gruppen die Nutzung von
Essenmarken ermöglicht werden sollte?

11. Wären aus Sicht der Bundesregierung positive Beschäftigungseffekte bei
einem stärkeren Einsatz von Essenmarken möglich, und wenn ja, wie hoch
beziffert die Bundesregierung dieses Potential?

12. Inwieweit sieht die Bundesregierung bei einem verstärkten Einsatz von Es-
senschecks positive Effekte für das betriebliche Gesundheitsmanagement?

Berlin, den 17. Dezember 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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