BT-Drucksache 16/11465

Reform des Staatshaftungsrechts

Vom 17. Dezember 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11465
16. Wahlperiode 17. 12. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Mechthild Dyckmans,
Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb,
Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald
Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Horst Meierhofer,
Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Frank Schäffler,
Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar,
Dr. Daniel Volk, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Reform des Staatshaftungsrechts

Seit den 1960er Jahren wird über eine Reform des Staatshaftungsrechts disku-
tiert. Das 1981 erlassene Staatshaftungsgesetz scheiterte vor dem Bundesverfas-
sungsgericht, weil eine Zuständigkeit des Bundes nicht festgestellt werden
konnte. Jedoch hat auch das Bundesverfassungsgericht die Reformbedürftigkeit
der Materie betont. Zwischenzeitlich ist das Hindernis des Fehlens einer Bun-
deszuständigkeit entfallen. Seit 1994 ergibt sich die Zuständigkeit aus Artikel 74
Nr. 25 des Grundgesetzes (GG).

Die Fraktion der FDP hat das Staatshaftungsrecht in der 15. Wahlperiode des
Deutschen Bundestages zum Gegenstand der Kleinen Anfrage „Neuordnung des
Staatshaftungsrechts“ vom 20. Oktober 2004 auf Bundestagsdrucksache 15/
3859 gemacht. Die damalige rot-grüne Bundesregierung antwortete, dass eine
Neuordnung des Staatshaftungsrechts derzeit nicht vordringlich und das Vorha-
ben daher zurückgestellt worden sei. Sie werde zu gegebener Zeit darüber ent-
scheiden, ob eine entsprechende Gesetzesinitiative in der nächsten Wahlperiode
angezeigt erscheine (Bundestagsdrucksache 15/3952).

Im „Handelsblatt“ vom 28. Mai 2008 beklagt Rechtsanwalt Prof. Dr. Konrad
Redeker, Bonn, das Fehlen parteipolitischer Vorstellungen. Das Staatshaftungs-

recht, so Prof. Dr. Konrad Redeker, sei dringend reformbedürftig, und zwar nicht
nur in materiell-rechtlicher Hinsicht, sondern auch in Bezug auf den Rechtsweg.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung aktuell den gesetzgeberischen Handlungs-
bedarf hinsichtlich einer Neuordnung des Staatshaftungsrechts?

Drucksache 16/11465 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Wie steht die Bundesregierung zu der in der Vorbemerkung der Fragesteller
wiedergegebenen Einschätzung, das Staatshaftungsrecht sei nicht nur mate-
riell-rechtlich dringend reformbedürftig, sondern auch die Festschreibung
des Rechtsweges im Grundgesetz bedürfe der Überprüfung?

3. Befürwortet die Bundesregierung die Konzentration des Rechtsschutzes in
Staatshaftungssachen auf einen Gerichtszweig, wenn ja, auf welchen, und
wie begründet sie ihre diesbezügliche Auffassung?

4. Hält die Bundesregierung unverändert an dem Reformziel der Vorgänger-
regierung fest, die Staatshaftung als unmittelbare und primäre Verantwort-
lichkeit für rechtswidriges staatliches Handeln auszugestalten, und wie be-
gründet sie ihre diesbezügliche Auffassung?

5. Wie stellt sich die Entwicklung des Staatshaftungsrechts seit Beantwortung
der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP vom 20. Oktober 2004 auf Bun-
destagsdrucksache 15/3952 dar?

6. Liegen der Bundesregierung inzwischen Erkenntnisse zu der Entwicklung
des Staatshaftungsrechts in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und
Thüringen, in denen nach Maßgabe des Einigungsvertrages das Staatshaf-
tungsgesetz der ehemaligen DDR fortgilt, vor?

7. Wann hat die Bundesregierung zuletzt eine rechtstatsächliche Untersu-
chung zu Fragen des Staatshaftungsrechts in Auftrag gegeben?

8. Beabsichtigt die Bundesregierung aktuell die Vergabe einer rechtstatsäch-
lichen Untersuchung zu Fragen des Staatshaftungsrechts, und wenn ja,
wann und mit welchem Auftrag, bzw. wenn nein, warum nicht?

9. Welche sonstigen Anstrengungen hat die Bundesregierung in Sachen
Staatshaftungsrecht unternommen, und zu welchen Ergebnissen haben
diese geführt?

10. Welche sonstigen Aktivitäten in Sachen Staatshaftungsrecht plant die Bun-
desregierung?

11. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung ihrer Vorgängerregierung, dass
Schäden, die z. B. aus fehlender, verspäteter, unvollständiger oder unrichti-
ger Umsetzung von EG-Richtlinien entstehen, nach geltendem deutschen
Recht zufriedenstellend reguliert werden können, und wie begründet sie
ihre diesbezügliche Auffassung?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung den Umstand, dass der vom Europäi-
schen Gerichtshof entwickelte gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungs-
anspruch in einzelnen Bereichen über das deutsche Staatshaftungsrecht
hinausgeht?

13. Beabsichtigt die Bundesregierung, insoweit eine Angleichung vorzuschla-
gen?

14. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung ihrer Vorgängerregierung, dass
eine bundeseinheitliche Kodifizierung des Staatshaftungsrechts grundsätz-
lich erstrebenswert sei, und wenn ja, was schlägt sie vor, um dieses Ziel zu
erreichen, bzw. wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 17. Dezember 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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