BT-Drucksache 16/11378

Notfinanzierungsmittel für EXIT-Deutschland zur Verfügung stellen

Vom 17. Dezember 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11378
16. Wahlperiode 17. 12. 2008

Antrag
der Abgeordneten Christian Ahrendt, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Dr. Claudia Winterstein, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Uwe
Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring,
Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb,
Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick
Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Florian
Toncar, Dr. Daniel Volk, Christoph Waitz, Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

Notfinanzierungsmittel für EXIT-Deutschland zur Verfügung stellen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die auf rechtsextremistische Aussteiger spezialisierte Initiative EXIT-Deutsch-
land leistet seit nunmehr acht Jahren einen elementaren Beitrag im Kampf gegen
den Rechtsextremismus. 300 Frauen und Männern hat EXIT bei ihrem Ausstieg
aus der rechtsextremistischen Szene geholfen. Von diesen sind lediglich zehn
Personen wieder in die Szene zurückgekehrt. Die 30 Mitarbeiter von EXIT, die
zum Teil selber aus der Szene ausgestiegen sind und damit über die notwenigen
Erfahrungswerte verfügen, fungieren als Ansprechpartner, Vertrauenspersonen
und Betreuer. Sie unterstützen die Aussteiger beispielsweise beim Umzug, bei
der Arbeitsuche und bei Behördengängen. Neben Ausstiegswilligen können sich
ebenfalls Familienangehörige von Neonazis an die Initiative wenden, bei der sie
ein qualifiziertes Beratungsangebot erhalten. Zudem betreibt die Initiative wich-
tige Aufklärungsarbeit in Schulen oder bei Verbänden. EXIT-Deutschland ist da-
mit eines der erfolgreichsten und anerkanntesten Projekte gegen Rechtsextremis-
mus. So hat EXIT zahlreiche Befürworter in der Bevölkerung und allen demo-
kratischen Parteien. Beispielsweise hat der Präsident des Bundesamtes für Ver-

fassungsschutz, Heinz Fromm, in mehreren an EXIT gerichteten Schreiben das
Engagement von EXIT gewürdigt.

EXIT wird von der Gesellschaft Demokratische Kultur gGmbH (ZDK) getragen
und finanzierte sich bisher über staatliche Förderprogramme wie z. B. CIVITAS,
ENTIMON und XENOS, über Spenden der Amadeu Antonio Stiftung und der
Freudenberg Stiftung sowie andere private Spender.

Drucksache 16/11378 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
EXIT benötigt für die Projektarbeit etwa 200 000 Euro jährlich. Derzeit würden
80 000 Euro genügen, um die Initiative fortführen zu können. Da staatliche
Fördermittel seit Oktober 2008 nicht mehr gestellt werden und die privaten Spen-
den die Kosten für die Tätigkeit von EXIT nicht decken, werden 25 der
30 Mitarbeiter zum Jahresende entlassen.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt in der Förderperiode 2007
bis 2013 des Europäischen Sozialfonds das Bundesprogramm XENOS durch.
Die Zielsetzung des XENOS-Programms besteht in der Förderung von Toleranz
und Demokratiebewusstsein in arbeitsmarktlichen Handlungsfeldern, in der Un-
terstützung beim Einstieg in den Arbeitsmarkt und in der Integration in die Ge-
sellschaft. Für dieses Programm hat EXIT im Mai 2008 sein Interesse bekundet.
Unabhängige Gutachter bewerteten sodann das in der Interessensbekundung ver-
kürzt dargestellte Projekt von EXIT, um es gegebenenfalls bei Erreichen der
erforderlichen Mindestpunktzahl ins eigentliche Bewerbungsverfahren überzu-
leiten. Die Interessensbekundung wurde erstmalig auf ein Onlineantragsformu-
lar umgestellt, sodass die mitgeschickte Konzeptausarbeitung von EXIT nicht
berücksichtigt wurde. Die erforderliche Mindestpunktzahl hat EXIT damit nicht
erreicht.

Daneben besteht für EXIT ein generelles Problem hinsichtlich des Projekt-
vorschlages, der für jede weitere Förderungsmaßnahme neu erarbeitet werden
muss. Grund für die Befristung jeder Förderung ist der Anspruch an Selbstwirt-
schaftlichkeit. Für EXIT bedeutet dies praktisch, dass es regelmäßig ein inno-
vatives Projekt vorstellen muss. Bei einem Aussteigerprogramm spielen aber
Erfahrungswerte und konstante Methoden der Hilfestellung eine maßgebliche
Rolle. Dem Anspruch an neue Konzepte kann EXIT daher in dem geforderten
Zeitrahmen nicht immer gerecht werden. Der Deutsche Bundestag ist sich
darüber einig, dass das wichtige Engagement gegen Rechtsextremismus von
EXIT förderungswürdig ist.

In der rechtsextremistischen Szene finden Schulungen statt, in denen explizit vor
EXIT und seinen Mitarbeitern gewarnt wird. Der Deutsche Bundestag darf nicht
zulassen, dass Rechtsextremisten aus dem Scheitern von EXIT eine positive
Signalwirkung erzielen. Nicht nur dem besonderen Engagement von EXIT, son-
dern allen Ausstiegswilligen, die nunmehr auf sich alleine gestellt sind, ist der
Deutsche Bundestag verpflichtet, die Initiative EXIT durch finanzielle Unter-
stützung am Leben zu erhalten.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales verweist auf ein neu geschaffe-
nes Sonderprogramm zur Förderung von Initiativen, die sich rechtsextremisti-
schen Tendenzen entgegenstellen. Dieses Sonderprogramm soll jedoch erst im
April 2009 anlaufen. Für die Initiative EXIT bedeutet dies, dass sie ihre Tätigkeit
bis zur nächsten Förderung einstellen muss. Die derzeit 40 betreuten Aussteiger
können aber nicht warten. Sie sind einem massiven Druck, Gewaltandrohungen
und Repressalien aus der rechtsextremistischen Szene ausgesetzt und benötigen
dringend die Fortführung der Hilfestellung durch EXIT.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf zu prüfen,

– inwieweit langfristig neue Fördermittel zur Verfügung gestellt werden kön-
nen, die auf Konzepte wie das von EXIT fachspezifisch zugeschnitten sind;

– ob wegen des außerordentlichen Beitrags von EXIT gegen Rechtsextremis-
mus kurzfristig Fördermittel für die Überbrückung bis zur nächsten staatli-
chen Fördermöglichkeit im April 2009 zur Verfügung gestellt werden können.

Berlin, den 16. Dezember 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.