BT-Drucksache 16/11356

Anerkennung der Organisation "Humana People to people Deutschland e. V." als Entsendeorganisation im Rahmen des weltwärts-Programms des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Vom 11. Dezember 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11356
16. Wahlperiode 11. 12. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ute Koczy, Kai Gehring, Thilo Hoppe, Marieluise Beck (Bremen),
Volker Beck (Köln), Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, Kerstin Müller (Köln), Winfried
Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Rainder
Steenblock, Jürgen Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Anerkennung der Organisation „Humana People to People Deutschland e. V.“
als Entsendeorganisation im Rahmen des weltwärts-Programms des
Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Das Programm „weltwärts“ ist der entwicklungspolitische Freiwilligendienst
des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(BMZ). Junge Menschen im Alter von 18 bis 28 Jahren können im Rahmen des
weltwärts-Programms einen Freiwilligendienst in entwicklungswichtigen Pro-
jekten in Entwicklungsländern leisten. Entsendeorganisationen können alle ge-
meinwohlorientierten Hilfsorganisationen mit Sitz in Deutschland sein, die vom
BMZ anerkannt wurden. Die Entsendeorganisationen wählen Freiwillige aus,
betreuen sie im Rahmen ihres Auslandsaufenthaltes und gewährleisten ein um-
fassendes Begleitprogramm. Kriterien für die Anerkennung als Entsendeorgani-
sation im Rahmen des weltwärts-Programms durch das BMZ sind neben einer
anerkannten Gemeinwohlorientierung und Sitz in Deutschland, die Kapazität,
die in der weltwärts-Richtlinie festgelegten Qualitätsstandards personell und
organisatorisch zu erfüllen. Eine angemessene Einarbeitung, Beschäftigung und
Betreuung der Freiwilligen muss gewährleistet sein und es dürfen keine Er-
werbsarbeitsplätze durch Freiwillige ersetzt werden.

„Humana People to People“ ist ein international operierendes Netzwerk, dass
durch den Dänen Amdi Petersen im dänischen Tvind gegründet wurde.
Humana gilt als Teil des kontrovers diskutierten Tvind-Netzwerkes. Die inter-
nationale Organisation von „Humana People to People“ hat ihren Hauptsitz in
Genf. Die deutsche Sektion „Humana People to People Deutschland e. V.“ hat
ihren Sitz in Köln. Humana finanziert sich überwiegend aus dem Verkauf von
Altkleidern und die Entsendung von Freiwilligen in Entwicklungsländer. In den
1990ern wurden Unregelmäßigkeiten in der Verwendung von Spendengeldern
und Einnahmen durch gesammelte Altkleider bekannt. Dem Vorstand von
Humana wurde vorgeworfen öffentliche Mittel und Spendengelder in Millio-
nenhöhe veruntreut zu haben. Ländern wie Norwegen und Dänemark haben
Humana in der Folge die Gemeinnützigkeit aberkannt.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Trifft es zu, dass „Humana People to People Deutschland e. V.“ sich zurzeit
darum bemüht, als Entsendeorganisation im Rahmen des weltwärts-
Programms anerkannt zu werden?

Drucksache 16/11356 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wenn ja, wie ist die Haltung der Bundesregierung zu diesem Antrag, und in
welchem Stadium befindet sich der Prozess der Prüfung/Anerkennung?

2. Wurden bisher Organisationen vom BMZ abgelehnt, die sich um eine
Anerkennung im Rahmen des weltwärts-Programms bemüht haben?

Wenn ja, welche waren es, und warum wurden sie abgelehnt?

3. Sind der Bundesregierung die Bedenken gegen die Arbeitsmethoden und
Strukturen von „Humana People to People“ bekannt?

Welche konkreten Bedenken sind der Bundesregierung bekannt?

4. In welchen Punkten der „Richtlinie zur Umsetzung des entwicklungspoliti-
schen Freiwilligendienstes weltwärts“ des BMZ hat die Bundesregierung
Bedenken gegenüber einer Anerkennung Humanas als Entsendeorganisa-
tion?

5. Ist der Bundesregierung bekannt, dass UNICEF seit 1991 eine Zusammen-
arbeit mit Humana ablehnt?

Hat die Bundesregierung sich bei UNICEF für die Gründe der Ablehnung
erkundigt?

Wenn ja, welche waren dies?

6. Trifft es zu, dass Amdi Petersen, der Gründer von „Humana People to
People“, sich dem Zugriff der dänischen Behörden seit mehreren Jahren
entzieht?

Hat die Bundesregierung Informationen darüber, welche Funktion er bei
Humana heute inne hat?

7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass Freiwillige in
der Vor- und Nachbereitung für die Hilfsprojekte unentgeltlich in den
Humana-Läden arbeiten?

Entspricht diese Arbeit nach Einschätzung der Bundesregierung den Quali-
tätskriterien des weltwärts-Programms?

8. Sind der Bundesregierung die Vorwürfe bekannt, dass die finanziellen
Eigenleistungen der Freiwilligen für die Hilfsprojekte die Kostendeckung
übersteigen und Humana auf diese Weise Gewinne an den Eigenleistungen
macht?

Wie schätzt die Bundesregierung diese Vorwürfe ein?

9. Sind der Bundesregierung die Vorwürfe bekannt, wonach die Arbeit der
Freiwilligen vor Ort unkoordiniert und teilweise gefährlich ist, Projekte
teilweise nicht existieren und Betreuende vor Ort über unzureichende
Kompetenz verfügen?

Wie schätzt die Bundesregierung diese Vorwürfe ein?

10. Verfügt die Bundesregierung über genaue Informationen darüber, welcher
Art die Projekte von Humana in Entwicklungsländern sind, um wie viele es
sich insgesamt handelt, und in welchen Ländern sie durchgeführt werden?

Wenn ja, um was für Projekte handelt es sich dabei (bitte nach Art und
Ländern aufführen)?

11. Verfügt die Bundesregierung über genaue Informationen darüber, wie viele
Freiwillige Humana jedes Jahr entsendet, und wie sich diese Zahl über die
letzten zehn Jahre entwickelt hat?

Wenn ja, um welche Zahlen handelt es sich?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11356

12. Ist der Bundesregierung die Höhe, Zusammensetzung und Verwendung der
Mittel bekannt, die Humana durch Spendengelder, den Verkauf von Alt-
kleidern und die Entsendung von Freiwilligen einnimmt?

Wenn ja, wie setzen sich diese zusammen?

13. Welche Informationen hat die Bundesregierung über die wirtschaftliche
Einbindung von Humana in das weltweit arbeitende Tvind-Netzwerk?

14. Wie schätzt die Bundesregierung die Vorwürfe gegen Humana ein, ein
gewinnorientiertes Unternehmen zu sein?

15. Wie schätzt die Bundesregierung Vorwürfe gegen Humana ein, die Humana
als so genannte Sekte bezeichnen?

16. Hat die Bundesregierung im Rahmen der Bearbeitung des Antrags von
Humana auf Aufnahme in das weltwärts-Programm Informationen über
Humana bei Expertinnen und Experten eingeholt, die sich mit so genannten
Sekten und Psychogruppen beschäftigen?

Wenn ja, wie bewerten diese Humana?

Berlin, den 11. Dezember 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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