BT-Drucksache 16/11272

Bürokratieabbaupotentiale beim Elektro- und Elektronikgerätegesetz

Vom 3. Dezember 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11272
16. Wahlperiode 03. 12. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Homburger, Horst Meierhofer, Michael Kauch, Angelika
Brunkhorst, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Ernst
Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt
Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Frank Schäffler, Marina Schuster, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar,
Dr. Daniel Volk, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Bürokratieabbaupotentiale beim Elektro- und Elektronikgerätegesetz

Ziel des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) ist unter anderem
die Vermeidung und Verminderung von Abfällen aus Elektro- und Elektronik-
geräten. Hierbei setzt das Gesetz richtigerweise auf eine umfassende Produkt-
verantwortung der Privatwirtschaft. So schreibt § 6 Absatz 1 ElektroG für die
Abwicklung der Rücknahme gebrauchter Geräte die Einrichtung einer durch
die Hersteller organisierten und finanzierten gemeinsamen Stelle vor. Die auf
dieser Grundlage geschaffene Stiftung Elektro-Altgeräte-Register (EAR) koor-
diniert zum einen die Aufstellung und Abholung der Sammelbehälter durch die
Hersteller und berechnet unter anderem in eigener Zuständigkeit die zeitlich
und örtlich gleichmäßige Verteilung der Abholpflichten auf alle registrierten
Hersteller. Darüber hinaus nimmt die EAR als vom zuständigen Umweltbun-
desamt (UBA) beliehene Stelle die diesem obliegenden Aufgaben einschließ-
lich der Vollstreckung der hierzu ergehenden Verwaltungsakte wahr. Hierzu
gehören unter anderem die Registrierung der Hersteller sowie der Erlass von
Abholanordnungen.

Aufgrund zahlreicher Beschwerden mittelständischer Unternehmen hatte die
Fraktion der FDP im Deutschen Bundestag die mit dem Vollzug des ElektroG
verbundenen Bürokratiekosten bereits zu Jahresbeginn im Rahmen einer Klei-
nen Anfrage an die Bundesregierung thematisiert (Altgeräteentsorgung nach
dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz, Bundestagsdrucksache 16/8129). In

ihrer Antwort vom 29. Februar 2008 (Bundestagsdrucksache 16/8329) führte die
Bundesregierung seinerzeit aus, den Vollzug der Regelungen gemeinsam mit der
Stiftung EAR nochmals überprüfen zu wollen. Unterdessen beklagen kleine und
mittlere Hersteller und Importeure von Elektrogeräten jedoch unverändert, dass
sie im Vergleich zu größeren Unternehmen, die ebenfalls zum Kreis der Ver-
pflichteten gehören, überproportional häufig mit kostenintensiven Pflichten
konfrontiert würden. Eine Registrierung der betreffenden Produkte könne über

Drucksache 16/11272 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

die Internetpräsenz der Stiftung EAR von einem juristischen Nicht-Fachmann de
facto kaum geleistet werden. Die Beauftragung von darauf spezialisierten
Dienstleistungsunternehmen sei extrem kostspielig; die zusätzlich zu den tat-
sächlich entstehenden Entsorgungskosten zu tragenden Aufwendungen beliefen
sich im Einzelfall auf mehrere tausend Euro. Zwar sind die Regelungen zur Alt-
geräteentsorgung im Elektro- und Elektronikbereich seinerzeit in enger Abstim-
mung und unter Mitwirkung der Branchen formuliert worden. Nicht zuletzt ist
dabei auch dem Wunsch der Betroffenen nach möglichst weitgehender Selbstor-
ganisation durchaus entsprochen worden.

Dennoch begründen aktuelle Erfahrungen mit dem praktischen Normenvollzug
den Wunsch, flexiblere, einfachere und kostengünstigere Wege für den Vollzug
zu finden. Dies gilt u. a. dann, wenn die betreffenden Artikel zunächst lediglich
auf deren Marktgängigkeit getestet werden sollen. Da es dem Vernehmen nach
keine Möglichkeit gibt, die Registrierung und den damit verbundenen hohen
administrativen Aufwand zumindest für jene Produkte aufzuschieben, deren
Marktgängigkeit erst getestet werden soll, können die Stückkosten für eine
Registrierung in solchen Fällen prohibitiv sein und die Markteinführung ggf.
verhindern.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass derzeit keine Möglich-
keit existiert, die Registrierung zumindest für solche Produkte aufzuschie-
ben, deren Marktgängigkeit erst getestet werden soll, und wenn nein, wie
stellt sich der Sachverhalt stattdessen dar?

2. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass der damit verbundene ad-
ministrative Aufwand im Einzelfall unvertretbar hoch sein kann, und dass
die Markteinführung damit a priori verhindert werden könnte?

3. Wenn nein, weshalb nicht, und wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung
zu unternehmen, um diesem Missstand abzuhelfen und den betroffenen
Unternehmen mögliche Wachstumspotentiale nicht zu verbauen?

4. Welche Erfahrungen wurden mit dem Vollzug des ElektroG seit der Antwort
der Bundesregierung auf die eingangs zitierte Kleine Anfrage der Fraktion
der FDP im Deutschen Bundestag allgemein gemacht, und zu welchen Er-
gebnissen haben die in der eingangs zitierten Antwort der Bundesregierung
avisierten Überprüfungen bisher geführt?

5. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie die Regelungen und der
Vollzug des ElektroG von den betroffenen Unternehmen zwischenzeitlich
bewertet werden?

Wenn ja, wie lauten diese Erfahrungen, und welche konkreten Schlussfolge-
rungen leitet die Bundesregierung daraus ab?

6. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, welche Vollzugs- und Verwal-
tungskosten für die betroffenen Unternehmen durch die Regelungen und den
Vollzug des ElektroG bisher entstanden sind, und wenn ja, wie hoch sind
diese Kosten?

7. Wenn nein, beabsichtigt die Bundesregierung, sich über diese Kostenwir-
kung im Einzelnen kundig zu machen?

Wenn nein, weshalb nicht, und wenn ja, auf welche Weise, und innerhalb
welches konkreten Zeitraums?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11272

8. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, welche Kosten für die vom
ElektroG betroffenen Unternehmen, die laut Antwort der Bundesregierung
zu Frage 4 der eingangs zitierten Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP im
Deutschen Bundestag „im Rahmen ihrer individuellen Selbstverantwortung
auch Dienstleistungsunternehmen beauftragen“ könnten, damit durch-
schnittlich verbunden sind, und wenn ja, wie hoch sind diese Kosten?

9. Wenn nein, beabsichtigt die Bundesregierung, sich über diese Kostenwir-
kung im Einzelnen kundig zu machen?

Wenn nein, weshalb nicht, und wenn ja, auf welche Weise, und innerhalb
welches konkreten Zeitraums?

10. Ist die Bundesregierung noch immer unverändert der Auffassung, dass die
„Meldepflichten der Hersteller nach dem ElektroG in Ansehung der damit
verfolgten umweltpolitischen Zielsetzungen keinen unverhältnismäßigen
bürokratischen Aufwand darstellen“ (Antwort der Bundesregierung zu
Frage 4 der eingangs zitierten Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP im
Deutschen Bundestag), und wenn ja, wie begründet sie diese Einschätzung
im Eindruck der eingangs vorgetragenen Sachverhalte?

11. Schätzt die Bundesregierung die Erfolgsaussichten für die Einführung einer
„Kleinmengenregelung“ auf europäischer Ebene unverändert kritisch ein
(vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 6 der eingangs zitierten Klei-
nen Anfrage der Fraktion der FDP im Deutschen Bundestag)?

12. Wenn ja, gedenkt die Bundesregierung dennoch in diesem Sinne auf euro-
päischer Ebene initiativ zu werden?

13. Wenn nein, weshalb nicht, und wenn ja, welche konkreten Maßnahmen ge-
denkt die Bundesregierung in diesem Sinne zu ergreifen?

14. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag, die Registrierung über
das EAR zunächst auf der Grundlage einer vorab geschätzten Mengen-
angabe vorzunehmen, die monatlichen Zahlungsverpflichtungen daran aus-
zurichten, und die tatsächlich in Verkehr gebrachten Mengen am Ende des
betreffenden Jahres im Sinne einer Nachzahlung oder Rückerstattung zu
berücksichtigen?

Berlin, den 2. Dezember 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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