BT-Drucksache 16/11050

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/9900, 16/9902, 16/10413, 16/10423, 16/10424, 16/10425- Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2009 (Haushaltsgesetz 2009) hier: Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung

Vom 24. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11050
16. Wahlperiode 24. 11. 2008

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Inge Höger, Paul Schäfer (Köln), Monika Knoche,
Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Dietmar Bartsch, Roland Claus, Dr. Diether Dehm,
Wolfgang Gehrcke, Heike Hänsel, Dr. Hakki Keskin, Michael Leutert,
Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Norman Paech, Dr. Kirsten Tackmann, Alexander Ulrich,
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/9900, 16/9902, 16/10413, 16/10423, 16/10424, 16/10425 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2009
(Haushaltsgesetz 2009)

hier: Einzelplan 14
Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der von der Bundesregierung vorgestellte Entwurf zum Einzelplan 14 für
das Haushaltsjahr 2009 lässt keinen Zweifel daran, dass sie den Kurs der
Auf- und Umrüstung der Bundeswehr zur „Armee im Einsatz“ kompromiss-
los fortzusetzen gedenkt. Nach NATO-Kriterien (also unter Miteinbeziehung
von Ausgabenposten aus anderen Einzelplänen) steigt der Verteidigungs-
haushalt auf etwa 33,5 Mrd. Euro und somit auf über 11 Prozent des
Bundeshaushaltes 2009, die der Steuerzahler für die Bundeswehr, das heißt
für deren Transformation in eine „Armee im Einsatz“ und den tatsächlichen
Auslandseinsätzen zahlen muss. Allein der um 14 Monate verlängerte ISAF-
Einsatz der Bundeswehr kostet für diesen Zeitraum nahezu 700 Mio. Euro.

2. Während das Stockholmer Institut für Friedensforschung (SIPRI) und das
Internationale Konversionszentrum in Bonn (BICC) in ihren jeweiligen Jah-
resberichten mit Besorgnis eine weltweite Aufrüstungsdynamik mit negati-
ven Konsequenzen für den Weltfrieden konstatieren und auch die Bundes-
regierung in ihrem aktuellen Jahresabrüstungsbericht für 2007 festhält, dass
sie „für die Universalisierung und Stärkung bestehender multilateraler Ver-
träge und -regime zur Nichtverbreitung und Abrüstung“ eintritt, bleibt dies
ohne Konsequenzen für die eigene Haushaltspolitik. Im Gegenteil: Nach

Drucksache 16/11050 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Angaben von SIPRI belegt Deutschland sowohl bei Rüstungsexporten als
auch bei den eigenen Rüstungsausgaben im weltweiten Vergleich einen Spit-
zenplatz. Die Bundesrepublik Deutschland rangiert derzeit nach den USA
und Russland auf dem dritten Platz der Waffenexporteure. Die so genannten
verteidigungsinvestiven Ausgaben („Forschung, Entwicklung, Erprobung“,
„Beschaffung“ und „sonstige Investitionen“) wurden binnen eines Jahres um
540 Mio. Euro gesteigert. Eine sicherere Welt braucht nicht mehr, sondern
weniger Militär – neue Abrüstungsschritte müssen auch und gerade durch
die westlichen Staaten initiiert werden.

3. Die Bundeswehr soll, so die Zielsetzung der Bundesregierung, befähigt wer-
den, das gesamte denkbare Einsatzspektrum von der Katastrophenhilfe und
Maßnahmen gegen „zielgerichtete Aggressionen“, so der Gesetzentwurf zur
Änderung des Grundgesetzes (Artikel 35), im Inneren bis zu umfassenden
weltweiten Kampfeinsätzen in multinational integrierten Verbänden, wie der
„NATO Response Force“ oder der „EU-Battlegroups“ abzudecken. Eine auf
militärische Übermacht gestützte Machtordnung aber provoziert Widerstand
und schafft permanente Instabilitäten. Friedens- und sicherheitspolitisch er-
forderlich ist hingegen eine Ordnung, die auf der strikten Einhaltung des
Völkerrechts gründet. Die Bundeswehr muss sich auf den grundgesetzlichen
Auftrag der Territorialverteidigung beziehen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. auf die im Haushaltsplan 2009 vorgesehene Aufstockung des Verteidigungs-
haushalts zu verzichten. Stattdessen soll die Bundesregierung ein abrüs-
tungspolitisches Signal aussenden, in dem sie den Verteidigungshaushalt um
4,3 Mrd. Euro (11,1 Prozent) kürzt. Hierbei sind insbesondere die Beendi-
gungen der Auslandseinsätze der Bundeswehr, die Beendigungen der deut-
schen Beteiligungen an der NATO Response Force, an den EU-Battlegroups
und an der Europäischen Verteidigungsagentur sowie die Abschaffung der
Wehrpflicht friedens- und haushaltspolitisch von hoher Relevanz. Die so
möglichen Einsparungen sind in Konversions- sowie in entwicklungs-, so-
zial- und bildungspolitische Projekte zu investieren;

2. die in Kapitel 14 16 aufgeführten Beschaffungsmaßnahmen, die der militäri-
schen Machtprojektion und Kriegführungsfähigkeit dienen, zu streichen,

a) insbesondere im Bereich der Luftwaffe

● auf die Beschaffung der zweiten Tranche des Eurofighters (EF) 2000
gänzlich zu verzichten und damit die angesetzten Beschaffungskosten
für 2009 in Höhe von 1,025 Mrd. Euro plus 135 Mio. Euro Entwick-
lungskosten (Vertragsstrafen hierbei unberücksichtigt) einzusparen so-
wie aus dem EF-2000-Projekt (einschließlich der Bewaffnungsmodule)
in Gänze auszusteigen, um auf diese Weise bis zu 10 Mrd. Euro einzu-
sparen;

● auf die Beschaffung des Militärtransporters A400M gänzlich zu ver-
zichten und damit die anfallenden Kosten für das Haushaltsjahr 2009 in
Höhe von 375 Mio. Euro (Beschaffung) sowie die anzunehmenden Ge-
samtkosten von nahezu 8,6 Mrd. Euro einzusparen;

b) insbesondere im Bereich der Marine

● auf die Beschaffung der Fregatte der Klasse 125 gänzlich zu verzichten
und aus dem Projekt sofort auszusteigen. Die damit verbundenen Ein-
sparungen für das Haushaltsjahr 2009 betrügen 272 Mio. Euro und
langfristig nahezu 227 Mrd. Euro;

● auf die Beschaffung des zweiten Loses (Stückzahl 1) des Einsatzgrup-
penversorgers der Klasse 702 zu verzichten. Damit spart der Bund für

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11050

das Haushaltsjahr 2009 59 Mio. Euro und langfristig mindestens
166 Mio. Euro;

c) insbesondere im Bereich des Heeres auf die Beschaffung und Entwick-
lung des zweiten Loses (Stückzahl 405) des Schützenpanzers Puma zu
verzichten und damit die Kosten in Höhe von 193 Mio. Euro für das
Haushaltsjahr 2009 sowie die anzunehmenden Gesamtkosten von über
3,6 Mrd. Euro einzusparen;

d) auf die deutsche Beteiligung an der Entwicklung und der Erprobung res-
pektive auf die spätere Beschaffung des Waffensystems MEADS gänzlich
zu verzichten und aus dem Projekt sofort auszusteigen. Dadurch würden
180 Mio. Euro an Entwicklungs- und Erprobungskosten sowie weitere
4 Mio. Euro für die Verwaltungskosten der Agentur NAMEADSMA im
Haushaltsjahr 2009 eingespart. Eine Einstellung dieses Vorhabens wird
langfristig zur Einsparung von Steuergeldern in Höhe von mindestens
4,1 Mrd. Euro führen;

e) den Übungsbetrieb im Gefechtsübungszentrum Altmark (GÜZ) sofort
einzustellen, den Ausbau im Süden zu stoppen und die militärische
Nutzung des Geländes zu beenden, um auf diese Weise die Kosten in
Höhe von 31,7 Mio. Euro das Haushaltsjahr 2009 sowie 9 Mio. Euro in
den Folgejahren einzusparen;

f) jegliche Ausgaben für die militärische Nutzung der Kyritzer Heide ein-
zustellen und zur Kampfmittel- und Munitionsberäumung 18,3 Mio. Euro
für das Haushaltsjahr 2009 freizugeben;

g) die Investitionen in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Erpro-
bung von Waffensystemen stark einzuschränken;

h) auf sämtliche deutsche Beteiligungen im Rahmen des Kapitels 14 22 zu
verzichten und auf diese Weise 516 Mio. Euro einzusparen.

Berlin, den 24. November 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.