BT-Drucksache 16/11041

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/9900, 16/9902, 16/10422, 16/10424, 16/10425- Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2009 (Haushaltsgesetz 2009) hier: Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung

Vom 24. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11041
16. Wahlperiode 24. 11. 2008

Änderungsantrag
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Hans-Kurt Hill, Lutz Heilmann, Dr. Gesine
Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Roland Claus, Michael Leutert, Karin Binder,
Heidrun Bluhm, Katrin Kunert, Dorothee Menzner, Dr. Ilja Seifert, Dr. Kirsten
Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/9900, 16/9902, 16/10422, 16/10424, 16/10425 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2009
(Haushaltsgesetz 2009)

hier: Einzelplan 60
Allgemeine Finanzverwaltung

Der Bundestag wolle beschließen:

a) In Kapitel 60 01 wird ein neuer Titel 031 06 „Steuer auf Sondergewinne der
Stromversorger aus dem Emissionshandel – Fossile Kraftwerke“ eingefügt.
Der Titelansatz beträgt 2,4 Mrd. Euro.

b) In Kapitel 60 01 wird ein neuer Titel 031 07 „Steuer auf Sondergewinne der
Stromversorger aus dem Emissionshandel – Wettbewerbssteuer auf kerntech-
nische Brennelemente“ eingefügt. Der Titelansatz beträgt 3,5 Mrd. Euro.

Berlin, den 24. November 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung

Die leistungslos erzielten Sondergewinne der Stromversorgungsunternehmen
aus dem Emissionshandel fallen seit Einführung des Emissionshandelssystems

im Januar 2005 an. Dabei preisen die Stromversorger nach eigenem Bekunden
die Marktpreise der von der Bundesregierung kostenlos zugeteilten CO2-Emis-
sionsberechtigungen in die Strompreise ein. Auf diese Weise fallen bei den
Energieversorgern jährliche Sondergewinne in Milliardenhöhe an, welche die
Verbraucherinnen und Verbraucher mit ihrer Stromrechnung bezahlen.

Eine im Juni 2008 vorgelegte Studie des Öko-Instituts e. V. im Auftrag des
World Wide Fund For Nature Deutschland (WWF Deutschland) beziffert diese

Drucksache 16/11041 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Extragewinne bis 2012 auf rund 35,5 Mrd. Euro, also rund 7 Mrd. Euro pro Jahr.
Dabei wurde ein CO2-Zertifikatepreis von 25 Euro angesetzt. Zum Vergleich:
Der tatsächliche Verkaufswert des entgeltlich veräußerten Anteils der Zertifikate
betrug laut Bericht des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reak-
torsicherheit zwischen Januar und Oktober 2008 durchschnittlich 23,58 Euro,
was dem volumengewichteten Durchschnittspreis an der ECX-Börse in London
für EUA (EUEmissionsberechtigung) entsprach. Die tatsächlichen Marktpreise
lagen bislang also lediglich knapp fünf Prozent unter der WWF-Schätzung.

Die vom Öko-Institut e. V. ermittelte Gesamtsumme von jährlich rund 7 Mrd.
Euro windfall profits (leistungslos erzielte Gewinne) der Energieversorger aus
der zu 91 Prozent kostenlosen Vergabe der EUA korrespondiert in der Dimen-
sion ungefähr mit den für 2008 erwarteten Einnahmen des Bundes aus der Ver-
steigerung der restlichen 9 Prozent der Zertifikate. Diese werden bis Dezember
2008 auf über eine Milliarde Euro geschätzt und haben anteilig von Januar bis
einschließlich Oktober 2008 bereits 900 078 480 Euro für den Staathaushalt ein-
gebracht.

Laut Öko-Institut e. V. setzen sich die 7 Mrd. Euro zusammen aus den Zusatz-
gewinnen, die direkt aus der kostenlosen Zuteilung und der geschilderten
Opportunitätskostenüberwälzung der fossilen Kraftwerksbetreiber auf den
Strompreis resultieren (rund 3 Mrd. Euro), und jenen Extragewinnen, die auf
zusätzlichen Stromerlösen gründeten, welche auch CO2-freie Stromerzeugungs-
anlagen (insbesondere Atomkraft) wegen des Strompreisanstiegs erzielten, die
jener Überwälzung zu Grunde liegen (etwa 4 Mrd. Euro). Letztere Sonder-
gewinne blieben im Übrigen auch erhalten, wenn die Zertifikate vollständig ver-
steigert werden würden. Dies käme einer Subvention der Atomwirtschaft und
einer noch bedeutsameren Wettbewerbsverzerrung gegenüber fossilen Brenn-
stoffen gleich.

Um die windfall profits abzuschöpfen sollen zwei Sondersteuern erhoben wer-
den. Eine für Betreiber emissionshandelspflichtiger Anlagen der Stromwirt-
schaft und eine zweite für Betreiber von Atomkraftwerken.

Da die windfall profits in den Unternehmensbilanzen der Betreiber emissions-
handelspflichtiger Anlagen nicht separat ausgewiesen werden, dient als Bemes-
sungsgrundlage zur Abschöpfung dieser Sondergewinne der für die Körper-
schaftsteuer ermittelte Gewinn. Der Körperschaftsteuersatz der emissionshan-
delspflichtigen Stromversorgungsunternehmen soll von der Bundesregierung so
bemessen werden, dass im Bundeshaushalt die geschätzte Gesamtsumme der
durchschnittlichen Sondergewinne der Stromversorger, vermindert um eine
20-prozentige Sicherheitsmarge aufgrund des Schätzverfahrens und der Unsi-
cherheiten über den Zertifikatepreis, als Steuereinnahmen anfallen. Entspre-
chend ist aus dem emissionshandelspflichtigen Sektor für 2008 mit Einnahmen
von 2,4 Mrd. Euro zu rechnen.

Die Wettbewerbssteuer auf kerntechnische Brennelemente sollte 2,3 Cent je er-
zeugter Kilowattstunde (kWh) Atomstrom betragen. Dieser Satz hätte beispiels-
weise bezogen auf die Bruttostromerzeugung von 140,5 Mrd. kWh im Jahr 2007
eine Summe von rund 3,2 Mrd. Euro als zusätzliche Haushaltseinnahmen erge-
ben. Dieses Volumen entspricht der vom Öko-Institut e. V. geschätzten Gesamt-
summe der durchschnittlichen Sondergewinne der Atomstromproduzenten, ver-
mindert um eine 20-prozentige Sicherheitsmarge aufgrund der Unsicherheiten
hinsichtlich der zu erwartenden Zertifikatepreise.

Die Einnahmen beider Steuern mit einem geschätzten Aufkommen von insge-
samt 5,9 Mrd. Euro sind erstens dafür zu verwenden, Haushalten mit niedrigem
Einkommen einen finanziellen Ausgleich für die rasant gestiegenen Energie-
preise zukommen zu lassen. Zweitens sind sie für den sog. Energiesparfonds so-

wie die verbesserte Förderung erneuerbarer Energien einzusetzen.

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