BT-Drucksache 16/10838

Entwurf eines Gesetzes zur Wahrung der Rechtssicherheit bei der Telekommunikationsüberwachung und anderen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen

Vom 11. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10838
16. Wahlperiode 11. 11. 2008

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Jörg van Essen, Gudrun Kopp,
Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika
Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Ulrike Flach,
Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Dr. Hans-Michael
Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael
Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Heinz
Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Michael Link (Heilbronn), Dr. Erwin Lotter, Markus Löning, Horst
Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel,
Detlef Parr, Cornelia Pieper, Frank Schäffler, Dr. Konrad Schily, Marina Schuster,
Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Florian Toncar, Dr. Daniel Volk, Christoph
Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Entwurf eines Gesetzes zur Wahrung der Rechtssicherheit bei der Telekommuni-
kationsüberwachung und anderen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen

A. Problem

Der Deutsche Bundestag hat mit dem „Gesetz zur Neuregelung der Tele-
kommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen
sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG“ erhebliche Neuerungen ins-
besondere im Bereich der Vorratsdatenspeicherung und der Telekommunika-
tionsüberwachung beschlossen. Bestandteil dieses Gesetzes sind die zum
Zwecke der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung beziehungsweise des
Schutzes der öffentlichen Sicherheit durch Telekommunikationsunternehmen
zu erbringende Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Überwachung der
Telekommunikation und für die Erteilung von Auskünften über Bestands-, Ver-
kehrs- und Standortdaten.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in zwei Eilentscheidungen Korrektu-
ren an der Vorratsdatenspeicherung angemahnt und den Zugriff auf die Ver-

bindungsdaten stark eingeschränkt (1 BvR 256/08). Darüber hinaus liegen
gerichtliche Entscheidungen vor, die Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer feh-
lenden Entschädigungsregelung anbringen (etwa VG 27 A 232.08).

Angesichts erheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken an ausgeweiteten
Überwachungs- und Speicherungsvorschriften durch das Telekommunikations-
gesetz, des bislang fehlenden Entschädigungsregimes für Anschaffungs-, Be-
triebs- und Investitionskosten sowie noch ausstehender Entscheidungen des

Drucksache 16/10838 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bundesverfassungsgerichtes zu den mit dem „Gesetz zur Neuregelung der Tele-
kommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen
sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG“ verbundenen Regelungen,
sind kurzfristige Anpassungen am Telekommunikationsgesetz unumgänglich,
um Rechtssicherheit auch über den 31. Dezember 2008 hinaus herzustellen.

B. Lösung

Die Neuregelungen verlängern das Moratorium hinsichtlich der Bußgeldvor-
schriften im Telekommunikationsgesetz.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Die Neuregelungen verursachen keine zusätzlichen Kosten für Wirtschaft und
Verwaltung. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere
das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten. Der auskunftsersuchenden
Verwaltung können bedarfsabhängig zusätzliche Kosten entstehen. Dem stehen
Aufwandsentlastungen in gleicher Höhe bei betroffenen Unternehmen ent-
gegen.

Berlin, den 11. November

Dr. Guido Westerwelle un
Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in
Kraft.

2008

d Fraktion
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10838

Entwurf eines Gesetzes zur Wahrung der Rechtssicherheit bei der Telekommuni-
kationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrats das
folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Telekommunikationsgesetzes

(TKG)

Das Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 22. Juni 2004
(BGBl. I S. 1190), zuletzt geändert durch Artikel 2 des
Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198), wird
wie folgt geändert:

§ 150 wird wie folgt geändert:

Absatz 12b wird wie folgt gefasst:

„(12b) Auf Verstöße gegen die Pflicht zur Speicherung
nach § 113a Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 6 oder gegen die Pflicht
zur Sicherstellung der Speicherung nach § 113a Abs. 1
Satz 2 ist § 149 erstmalig ab dem 1. Januar 2010 anzuwen-
den.“

A. Allgemeines

Der Deutsche Bundestag hat mit dem „Gesetz zur Neurege-
lung der Telekommunikationsüberwachung und anderer
verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung
der Richtlinie 2006/24/EG“ erhebliche Neuerungen ins-
besondere im Bereich der Vorratsdatenspeicherung und der
Telekommunikationsüberwachung beschlossen. Bestandteil
dieses Gesetzes sind die zum Zwecke der Gefahrenabwehr
und der Strafverfolgung beziehungsweise des Schutzes der
öffentlichen Sicherheit durch Telekommunikationsunter-
nehmen zu erbringende Dienstleistungen im Zusammen-
hang mit der Überwachung der Telekommunikation und für
die Erteilung von Auskünften über Bestands-, Verkehrs-
und Standortdaten.

Der Deutschen Bundestag hat erhebliche Bedenken an der
Rechtmäßigkeit der Überwachung der Telekommunikation
insgesamt sowie an der mit diesem Gesetz verbundenen Ver-
pflichtung privatwirtschaftlicher Unternehmen zur Wahr-
nehmung öffentlicher Aufgaben. Die anlass- und verdachts-
lose Vorratsdatenspeicherung bedeutet einen tiefen Eingriff
in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger. Das Bun-
desverfassungsgericht hat bereits in zwei Eilentscheidungen
Korrekturen an der Vorratsdatenspeicherung angemahnt und
den Zugriff auf die Verbindungsdaten stark eingeschränkt
(1 BvR 256/08). Darüber hinaus liegen gerichtliche Ent-
scheidungen vor, die Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer
fehlenden Entschädigungsregelung anbringen (etwa VG 27
A 232.08). Diesen Zweifeln stehen erstens die voraussicht-
lich erheblichen Anschaffungs-, Betriebs- und Investitions-
kosten gegenüber, die Telekommunikationsanbieter zur
Durchführung der Speicherungs- und Überwachungspflich-
ten tragen müssen. Dem Deutschen Bundestag ist bewusst,
dass die aus einer Verpflichtung privatwirtschaftlicher
Unternehmen zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben ent-
stehenden Aufwendungen angemessen kompensiert werden
müssen. Der Umstand, dass es sich um eine hoheitliche
Inanspruchnahme als Dienstleister auf Grund staatsbürger-
licher Pflichten handelt, muss auch bei der Festlegung der
Vergütungs- und Entschädigungssätze einbezogen werden.
Bislang hat der Deutsche Bundestag keine geeigneten
Maßnahmen zur Kompensation der durch die vorgeschriebe-
nen Speicherungs- und Auskunftspflichten anfallenden An-
schaffungs-, Betriebs- und Investitionskosten beschlossen.
Zweitens drohen Unternehmen, die den ausgeweiteten Spei-
cherungs- und Überwachungspflichten nicht nachkommen
können oder wollen, ab dem 1. Januar 2009 gemäß § 150
Abs. 12b, § 149 des Telekommunikationsgesetzes erheb-
liche Geldbußen.

Darüber hinaus sind – trotz der für Unternehmen im Tele-
kommunikationsgesetz festgesetzten Umsetzungspflicht im

Hinblick auf die Speicher- und Auskunftsverpflichtungen
ab dem 1. Januar 2009 – wesentliche technische Parameter
noch zu klären. Das betrifft Sicherheitsstandards, Standards
im Bereich der Schnittstellen und viele weitere technische
Details, die in entsprechenden Richtlinien und Verordnun-
gen – etwa der Telekommunikationsüberwachungsverord-
nung (TKÜV) von Seiten staatlicher Stellen darzulegen
sind. Von den verpflichteten Unternehmen wird somit ab
dem 1. Januar 2009 Rechtstreue verlangt und im Falle der
Zuwiderhandlung Ahndung mit Geldbuße angedroht, ohne
dass diesen die wesentlichen technischen Vorgaben über-
haupt bekannt sind.

Im Übrigen sieht der Deutsche Bundestag angesichts der
jüngsten Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem mas-
senhaften Verlust personenbezogener Daten durch Unter-
nehmen oder öffentliche Stellen die geplante massive An-
häufung einschlägiger Daten ohne klare und robuste techni-
sche Sicherheitsstandards mit großer Sorge.

In der Folge konstatiert der Deutsche Bundestag eine erheb-
liche Rechtsunsicherheit innerhalb der Telekommunikations-
branche, aber auch bei staatlichen Bedarfsträgern sowie bei
den Bürgern, die sich im Bereich der modernen Informa-
tionsgesellschaft bewegen und moderne Telekommunika-
tionsmittel nutzen. Im Lichte der momentanen Situation ist
daher die Verlängerung des Moratoriums in § 150 Abs. 12b
des Telekommunikationsgesetzes unbedingt notwendig, um
massiven und unter Umständen unverhältnismäßigen Scha-
den von der Telekommunikationsbranche in Deutschland
abzuwenden sowie – nicht zuletzt – die Bürger vor vorschnel-
len Überwachungsbemühungen und Auskunftsersuchen über
persönliche Daten seitens staatlicher Stellen zu schützen.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Telekommunikations-
gesetzes)

Es erfolgt eine sachgerechte Änderung der Bußgeldregelun-
gen bei nicht vollständiger Umsetzung der mit dem „Gesetz
zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und
anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Um-
setzung der Richtlinie 2006/24/EG“ im Telekommunika-
tionsgesetz verankerten Vorgaben. Diese sind erst ab dem
1. Januar 2010 anzuwenden. Hierdurch wird ein Beitrag zur
Wahrung der Rechtssicherheit bei der Telekommunikations-
überwachung und anderen verdeckten Ermittlungsmaßnah-
men geleistet.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.
Drucksache 16/10838 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Begründung

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