BT-Drucksache 16/10747

Umsetzung der ESF-Bundesprogramme zur Arbeitsmarktintegration und zur berufsbezogenen Sprachförderung von Bleibeberechtigten und Flüchtlingen

Vom 31. Oktober 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10747
16. Wahlperiode 31. 10. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Brigitte Pothmer, Dr. Thea Dückert, Markus
Kurth, Monika Lazar, Jerzy Montag, Irmingard Schewe-Gerigk, Silke Stokar von
Neuforn, Wolfgang Wieland und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umsetzung der ESF-Bundesprogramme zur Arbeitsmarktintegration und zur
berufsbezogenen Sprachförderung von Bleibeberechtigten und Flüchtlingen

I. Sachverhalt

1.

Am 13. Juni 2008 hat die Koalition der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eine
aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördertes „Bundesprogramm zur
arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit
Zugang zum Arbeitsmarkt“ aufgelegt (im Folgenden: ESF-Bundesprogramm).
„Mindestens 3 000 Begünstigte“ sollen damit – entsprechend der Förder-
richtlinie dieses Bundesprogramms (vgl. Bundesanzeiger vom 13. Juni 2008,
S. 2069) – bei ihrer Integration in den Arbeitsmarkt unterstützt werden, „damit
sie einer auf Dauer angelegten Erwerbstätigkeit nachgehen können, um ein
dauerhaftes Bleiberecht zu erhalten“.

Die Förderrichtlinie benennt drei Zielgruppen des ESF-Bundesprogramms:

● Flüchtlinge mit und

● Flüchtlinge ohne SGB-II-Anspruch (beide jeweils mit mindestens nachran-
gigem Arbeitsmarktzugang) sowie

● Flüchtlinge „ohne eine dauerhafte Aufenthaltsperspektive“.

Konkret müssten damit folgende Personen (mit mindestens nachrangigem
Arbeitsmarktzugang) Zugang zu diesem Bundesprogramm haben:

● Personen mit einem Bleiberecht nach der gesetzlichen Altfallregelung von
August 2007 (§ 104a des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG);

● Personen, mit einem Bleiberecht gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG (aufgrund
des Beschlusses der Innenministerkonferenz von November 2006 bzw. Be-
günstigte vorangegangener Bleiberechtsregelungen);

● Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 22, § 23 Abs. 2, § 23a und
§ 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG;

● Asylsuchende mit einer Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 des Asylverfah-

rensgesetzes (AsylVfG) bzw.

● Personen mit einer Duldung nach § 60a AufenthG.

Für die Umsetzung des Bundesprogramms stehen bis 2010 ca. 15 Mio. Euro
ESF-Mittel zur Verfügung. Hiermit sollen nicht nur Kurzqualifikationen und
Beratungsangebote, sondern ggf. auch berufsbezogene Sprachkurse finanziert
werden.

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2.

Ende August hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
beschlossen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) das
– ehedem von der rot-grünen Bundesregierung gestartete – Programm „Stärkung
der berufsbezogenen Sprachkompetenz für Personen mit Migrationshinter-
grund“ (im Folgenden: ESF-BAMF-Programm) weiterführen soll (vgl. BMAS-
Pressemitteilung vom 28. August 2008). Diese Kurse bieten zielgruppenspezi-
fische Sprachförderungsmaßnahmen an, kombiniert mit Elementen beruflicher
Qualifizierung. Künftig sollen diese berufsbezogenen Sprachförderungskurse
– so das BMAS – „verstärkt verknüpft werden“ mit den Integrationskursen des
Zuwanderungsgesetzes. Bis 2013 stehen hierfür ESF-Mittel in Höhe von
330 Mio. Euro (also 66 Mio. Euro pro Jahr) zur Verfügung. Jährlich sollen bis zu
30 000 Personen hiermit maximal ein halbes Jahr lang gefördert werden.

II. Probleme

Hinsichtlich der Umsetzung des ESF-Bundesprogramms bzw. des ESF-BAMF-
Programms bestehen eine Reihe von Unklarheiten.

1. Ausschluss vom SGB II

Leistungsberechtigte des Asylbewerberleistungsgesetzes sind gemäß § 7 Abs. 1
des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) nicht anspruchsberechtigt nach
SGB II. Hierzu gehören u. a. auch potentielle Kandidaten des ESF-Bundespro-
gramms, namentlich

● Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 1, § 25
Abs. 4a oder § 25 Abs. 5 AufenthG sowie

● Personen, mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 oder § 24
AufenthG (bei denen erst – in einem aufwendigen und oft fehlerhaften Ab-
stimmungsverfahren zwischen der Arbeitsgemeinschaft und der Ausländer-
behörde – geklärt werden muss, ob es sich bei ihnen um vom SGB II ausge-
schlossene Kriegsflüchtlinge handelt).

Gleiches gilt auch für subsidiär geschützte Flüchtlinge (§ 25 Abs. 3 AufenthG).
Auch ihnen wird in der Rechtspraxis häufig für die Dauer ihres nachrangigen
Arbeitsmarktzugangs innerhalb der ersten drei Jahre ihres Aufenthalts in
Deutschland der Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG II), unter Hinweis auf
§ 8 Abs. 1 und 2 SGB II (mangelnde rechtliche Erwerbsfähigkeit) verweigert –
vgl. LSG Berlin-Brandenburg vom 13. Dezember 2005 (AZ: L 25 B 1281/05
AS ER) und SG Aachen vom 30. Mai 2006 (AZ: S 11 AS 49/06 ER)).

Menschen ohne SGB-II-Anspruch werden dem Asylbewerberleistungsgesetz
bzw. dem SGB XII zugeordnet. Für sie sind somit nicht die Arbeitsgemein-
schaften, sondern die Städte und Kreise zuständig. Diese tun sich vielfach
schwer damit, ihre Verantwortung für diesen Personenkreis wahrzunehmen,
weil weder die – eigentlich für Erwerbsunfähige gedachte – Sozialhilfe des
SGB XII, noch das Asylbewerberleistungsgesetz Maßnahmen zur Arbeitsmarkt-
integration vorsehen. Infolgedessen werden ratsuchende Arbeitsuchende mit
nachrangigem Arbeitsmarktzugang bzw. prekärem Aufenthaltstatus auch von
den Arbeitsagenturen regelmäßig abgewiesen, nicht als „arbeitsuchend“ regist-
riert, nicht beraten und nicht in Arbeit und Ausbildung vermittelt.

Auf der anderen Seite hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) auf Seite 5 f. ihrer
Durchführungsverordnung (DV) vom 20. Juni 2008 im Hinblick auf § 7 SGB II
geregelt, dass Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 22, § 23, § 23a,
§ 24, § 25, § 104a AufenthG „Leistungen [des SGB II] bereits vor Ablauf von

drei Monaten erhalten können“.

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Dieser Widerspruch zwischen der DV der BA und den o. g. gesetzlichen Vor-
schriften muss im Interesse der Betroffenen – wie auch der Rechtsanwender –
geklärt werden.

2. Probleme bei der Ausbildungsförderung von Geduldeten

„Besonderes Augenmerk“ will die BA auf die Situation von Jugendlichen
legen: Ihnen sollten zügig Angebote unterbreitet werden, damit diese möglichst
bald mit einer Ausbildung oder Qualifizierung beginnen können (vgl. BA-Ver-
fahrensinfo vom 25. Juni 2007).

§ 8 der Beschäftigungsverfahrensverordnung schließt jedoch asylsuchende und
geduldete Jugendliche vom Zugang zu einer Arbeitsstelle bzw. einem Ausbil-
dungsplatz aus und sieht dies nur für Jugendliche mit einer Aufenthaltserlaub-
nis vor.

Die Bundesregierung hatte im Juli 2008 in ihrem „Aktionsprogramm zur Siche-
rung der Fachkräftebasis in Deutschland“ angekündigt, eine Ministerverord-
nung ohne Zustimmung des Bundesrates zu erlassen, durch die junge Gedul-
dete, die sich noch keine vier Jahre im Bundesgebiet aufhalten und deshalb
nach den allgemeinen Regelungen noch keinen gleichrangigen Arbeitsmarktzu-
gang besitzen, erleichterten Zugang zu einer Ausbildung erhalten würden.
Diese Verordnung steht noch aus, obwohl das Ausbildungsjahr bereits begon-
nen hat.

Auch bei der Ausbildungsförderung gibt es Probleme: Zwar sind bleibeberech-
tigte Jugendliche (mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG) in-
zwischen BAföG-förderungsberechtigt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 des Bundes-
ausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) und berufsausbildungsbeihilfeberech-
tigt nach § 63 Abs. 2 Nr. 1 SGB III. Bei anderen potentiell begünstigten Jugend-
lichen des ESF-Bundesprogramms bestehen jedoch weiter Defizite:

● Jugendliche mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3, § 25 Abs. 4
Satz 2 oder § 25 Abs. 5 AufenthG können erst nach einem mindestens vier-
jährigem Aufenthalt in Deutschland nach BAföG gefördert werden (§ 8
Abs. 2 Nr. 2 BAföG; § 63 Abs. 2 Nr. 2 SGB III);

● Jugendliche mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG,
asylsuchende Jugendliche – auch „integrierte Kinder von geduldeten Aus-
ländern“ (§ 104b AufenthG) sind von einer BAföG- oder BAB-Förderung
(Berufsausbildungsbeihilfe) komplett ausgeschlossen.

Und schließlich wird der Bezug von Leistungen der Ausbildungsförderung
nach BAföG oder der BAB im SGB III (bzw. von Stipendien) aufgrund von § 2
Abs. 3 AufenthG immer noch nicht als eigenständige Lebensunterhaltsiche-
rung anerkannt. Dies kann dazu führen, dass – entgegen der Zielsetzung der
22. BAföG-Novelle – junge Ausländerinnen und Ausländer mit dauerhafter
Bleibeperspektive – beispielsweise nach der Altfallregelung des § 104a
AufenthG – aus aufenthaltsrechtlichen Gründen gezwungen sind, eine bereits
aufgenommene Qualifizierungsmaßnahme nach dem SGB II oder SGB III, eine
schulische oder betriebliche Berufsausbildung oder ein Hochschulstudium ab-
zubrechen und stattdessen unqualifizierte Aushilfstätigkeiten aufzunehmen.

3. Zugang zu Sprachkursen

Durch den Bund werden grundsätzlich zwei Sprachkurstypen (ungeachtet der
bisherigen zielgruppenorientierten Angebote nach § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II)
gefördert:

1. Integrationskurse des Zuwanderungsgesetzes
2. Sprachkurse im Rahmen des ESF-BAMF-Programms.

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Von den vom BAMF organisierten Integrationskursen des Zuwanderungsgeset-
zes sind weite Teile der Zielgruppe des ESF-Bundesprogramms ausgeschlossen
– namentlich

● Personen mit einem Bleiberecht nach der gesetzlichen Altfallregelung von
August 2007 (§ 104a AufenthG);

● Personen, die ein Bleiberecht gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG (aufgrund des
Beschlusses der Innenministerkonferenz von November 2006 bzw. Begüns-
tigte vorangegangener Bleiberechtsregelungen);

● Personen einer Aufenthaltserlaubnis nach § 22, § 23 Abs. 2, § 23a, § 25
Abs. 3 bis 5 AufenthG;

● Asylsuchende mit einer Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 AsylVfG bzw.
Personen mit einer Duldung nach § 60a AufenthG (lediglich Bleibeberech-
tigte mit Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 i. V. m. § 104a AufenthG)
„können“ im Falle frei gebliebener Plätze bevorzugt zugelassen werden; vgl.
§ 5 Abs. 3 Nr. 3 der Integrationskursverordnung).

Und zu den berufsbezogenen Sprachkursen des ESF-BAMF-Programms sind
– den Richtlinien vom 18. August 2008 zufolge – nur nach dem SGB II bzw.
dem SGB III Förderungsberechtigte mit Migrationshintergrund zugelassen (mit
den in II. 1. angesprochen Folgeproblemen). Hingegen heißt es im entsprechen-
den Förderhandbuch des BAMF auf Seite 7, dass „auch Nicht-Leistungsemp-
fänger“ Zugang zu diesen berufsbezogenen Sprachkursen haben sollen. Dies
bedarf der Aufklärung.

Welche Rolle die Sprachkurse innerhalb des ESF-Bundesprogramms spielen
könnten, bleibt unklar. Sinnvoll ist es jedoch – nicht zuletzt aufgrund der ver-
gleichsweise knappen Mittel – Sprachkurse innerhalb des ESF-Bundespro-
gramms nur subsidiär anzubieten, also nur dann, wenn innerhalb eines indivi-
duellen Case Mangements – wie es in der Förderrichtlinie heißt – ,„nicht auf
Regelangebote des BAMF zurückgegriffen werden kann“.

Wir fragen die Bundesregierung:

ESF-Bundesprogramm

1. Gibt es aus Sicht des BMAS für Personen, die kein ALG II beziehen, Be-
schränkungen im Hinblick auf den Zugang zum ESF-Bundesprogramm, und
wenn ja, welche diesbezüglichen Personengruppe(n) haben aus welchen
Gründen keinen Zugang zu diesem Programm?

2. Ist aus Sicht des BMAS sichergestellt, dass alle Begünstigten gleichberech-
tigten Zugang zu den einzelnen Qualifizierungs- und Förderangeboten des
ESF-Bundesprogramms haben, und wenn nein, welche diesbezüglichen Be-
schränkungen gibt es?

SGB-II-Anspruch/ALG-II-Bezug

3. Können aus Sicht des BMAS – nach gegenwärtiger Rechts- bzw. Verord-
nungslage – Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 22, § 23, § 23a,
§ 24, § 25, § 104a AufenthG Leistungen des SGB II erhalten?

Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage, und unter welchen Vorausset-
zungen?

Wenn nein, in welchen Fällen besteht an Stelle des ALG II ein Anspruch auf
Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel SGB XII?

Welche arbeitsmarkt- und integrationspolitischen Folgen hat die Gewährung
von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII bzw. Leistungen nach dem

Asylbewerberleistungsgesetz an erwerbsfähige Ausländerinnen und Auslän-
der?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/10747

4. Sofern die in Frage 3 aufgeführten Personen keine Leistungen des SGB II
erhalten können, ist zu fragen, in welchem Umfang sie – z. B. inner- bzw.
außerhalb des ESF-Bundesprogramms – Leistungen der Arbeitsagenturen
in Anspruch nehmen können und in welchem Umfang geschieht dies in der
Praxis (z. B. Beratung und Vermittlung; Anerkennung und Übersetzung
fremdsprachiger Zeugnisse als Bewerbungskosten)?

5. Sofern die in Frage 3 aufgeführten Personen keine Leistungen des SGB II
erhalten können, ist zu fragen, inwiefern aus Sicht des BMAS sichergestellt
ist, dass die Ausländerbehörden und Arbeitsagenturen bzw. die Träger der
Grundsicherung Kenntnis über diese neue Rechts- bzw. Verordnungslage
erhalten?

6. Wie stellt das BMAS bzw. die BA sicher, dass es bei allen Arbeitsgemein-
schaften und Arbeitsagenturen spezifische – interkulturell geschulte – Be-
auftragte, Ansprechpersonen, Berater und Vermittler für Kundinnen und
Kunden mit Migrationshintergrund gibt?

Wo sind deren Kontaktdaten und Erreichbarkeiten veröffentlicht?

7. Welche spezifischen Arbeitsfördermaßnahmen werden momentan in den
Arbeitsgemeinschaften für Personen mit Migrationshintergrund angeboten,
die Leistungen des SGB II erhalten (z. B. Anerkennung und Übersetzung
fremdsprachiger Zeugnisse als Bewerbungskosten, berufspezifische Sprach-
kurse)?

Ausbildungsförderung

8. Wann ist mit der in dem „Aktionsprogramm der Bundesregierung zur
Sicherung der Fachkräftebasis in Deutschland“ angekündigten Minister-
verordnung zu rechnen, durch die junge Geduldete, die sich noch keine vier
Jahre im Bundesgebiet aufhalten und deshalb nach den allgemeinen Rege-
lungen noch keinen gleichrangigen Arbeitsmarktzugang besitzen, erleich-
terten Zugang zu einer Ausbildung erhalten würden?

9. Inwiefern können junge Geduldete noch im jetzt beginnenden Ausbil-
dungsjahr von dieser neuen Rechtslage profitieren?

10. Wie viele in Deutschland lebende Jugendliche bzw. junge Erwachsene im
Alter zwischen 16 und 25 Jahren sind aufgrund von § 8 der Beschäfti-
gungsverfahrensverordnung derzeit vom Zugang zu einer Arbeitsstelle
bzw. zu einem Ausbildungsplatz ausgeschlossen?

11. Wie viele in Deutschland lebende Jugendliche bzw. junge Erwachsene im
Alter zwischen 16 und 25 Jahren und mit einer Aufenthaltserlaubnis nach
§ 25 Abs. 3, § 25 Abs. 4 Satz 2 oder § 25 Abs. 5 AufenthG sind derzeit
nach § 8 BAföG bzw. § 63 SGB IIII von der Ausbildungsförderung ausge-
schlossen?

12. Wie begründet die Bundesregierung den Ausschluss in § 8 BAföG bzw. in
§ 63 SGB III von jungen sog. Bildungsinländern, wie z. B.

● von Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen mit einer Aufenthalts-
erlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG;

● von asylsuchenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen bzw.

● von „integrierten Kindern von geduldeten Ausländern“ (§ 104b
AufenthG), welcher das integrationspolitische Anliegen der Bundes-
regierung zu konterkarieren scheint?

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13. Welche integrationspolitische Absicht wird damit verfolgt, dass der Bezug
von Leistungen der Ausbildungsförderung nach BAföG oder BAB im
SGB III (bzw. von Stipendien) aufgrund von § 2 Abs. 3 AufenthG nicht als
eigenständige Lebensunterhaltsicherung anerkannt wird – dass also (entge-
gen der Zielsetzung der 22. BAföG-Novelle) junge Ausländerinnen und
Ausländer mit dauerhafter Bleibeperspektive aufgrund dieser Rechtslage
gezwungen sind, eine bereits aufgenommene Qualifizierungsmaßnahme
nach dem SGB II oder SGB III, eine schulische oder betriebliche Berufs-
ausbildung oder ein Hochschulstudium abzubrechen und stattdessen eine
ggf. unqualifizierte Aushilfstätigkeiten aufzunehmen?

a) Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um diese für die
Integration dieser jungen Menschen kontraproduktive Situation zu
ändern?

Berufsbezogene Sprachkurse

14. Wie viele Personen haben an den seit Ende 2004 von der Arbeitsagentur fi-
nanzierten berufsbezogenen Sprachkursen teilgenommen?

a) Welchen Stundenumfang haben diese Sprachkurse?

b) Werden diese Kurse mit einem (ggf. skalierten) Sprachzertifikat abge-
schlossen, und wenn ja, mit welchem?

15. Wie viele Personen haben seit Ende 2004 ihren berufsbezogenen Sprach-
kurs mit einem Sprachzertifikat welchen Niveaus abgeschlossen (bitte auf-
schlüsseln)?

16. Wurde für das neue ESF-BAMF-Pogramm eine Bedarfsplanung erstellt,
und wenn ja, welcher Bedarf wurde

● für Leistungsberechtigte des Asylbewerberleistungsgesetzes bzw.

● für die drei zugangsberechtigten Personengruppen zum ESF-Bundespro-
gramm festgestellt (also Flüchtlinge mit bzw. ohne SGB-II-Anspruch
(aber jeweils mit mindestens nachrangigem Arbeitsmarktzugang) sowie
Flüchtlinge, „ohne eine dauerhafte Aufenthaltsperspektive“ – immerhin
haben Geduldete ja nach vier Jahren einen uneingeschränkten Arbeits-
marktzugang)?

17. Inwiefern haben „auch Nicht-Leistungsempfänger“ des SGB II bzw. des
SGB III tatsächlich Zugang zu diesen berufsbezogenen Sprachkursen in-
nerhalb dieses ESF-BAMF-Programms?

18. Haben somit alle Zugangsberechtigten des ESF-Bundesprogramms An-
spruch auf Teilnahme an den berufsbezogenen Sprachkursen innerhalb des
ESF-BAMF-Pogramms?

Wenn ja, welche Personengruppe(n) haben aus welchen Gründen keinen
Zugang zu diesen berufsbezogenen Sprachkursen?

Wenn nein, hält die Bundesregierung hier eine entsprechende Ausweitung
der Zielgruppe des ESF-BAMF-Programms für sinnvoll?

19. Inwiefern ist sichergestellt, dass nicht nur große Träger (z. B. innerhalb ei-
nes ggf. überregionalen Netzverbundes), sondern – wie in der Richtlinie
vom 18. August bzw. dem Förderhandbuch empfohlen – auch „lokale Ko-
operationen von unterschiedlichen Einrichtungen“ auch tatsächlich berufs-
bezogene Sprachkurse innerhalb dieses ESF-BAMF-Programms durchfüh-
ren können?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/10747

20. Sind dem BMAS Fälle bekannt, in denen bestehende derartige Zusammen-
schlüsse auf kommunaler Ebene im Zuge des neuen ESF-BAMF-Bundes-
programms eingestellt wurden bzw. absehbar eingestellt werden müssen,
und wenn ja, in welchen Kommunen?

21. Erkennt das BMAS (vergabe)rechtliche Probleme – im Hinblick auf die ge-
plante „verstärkte Verknüpfung“ dieser beiden Sprachkurstypen –, wenn
ein Träger sowohl berufsbezogene Sprachkurse innerhalb des ESF-BAMF-
Pogramms, als auch Integrationskurse im Rahmen des Zuwanderungsge-
setzes anbietet, und wenn ja, welche rechtlichen Vorgaben muss ein Träger
diesbezüglich beachten?

Sprachkurse innerhalb des ESF-Bundesprogramms

22. Sofern sichergestellt ist, dass die Zugangsberechtigten des ESF-Bundes-
programms bzw. „auch Nicht-Leistungsempfänger“ des SGB II bzw. des
SGB III tatsächlichen Zugang zu den berufsbezogenen Sprachkursen des
ESF-BAMF-Programms haben, ist zu fragen, welchen Sinn die Sprach-
kurse innerhalb des ESF-Bundesprogramms überhaupt machen (nicht zu-
letzt angesichts des knappen Budgets des ESF-Bundesprogramms)?

Teilt das BMAS die Ansicht, dass Sprachkurse innerhalb des ESF-Bundes-
programms regelmäßig nur subsidiär gefördert werden sollten (also nur im
Rahmen eines individuellen Case Mangements auf Regelangebote des
BAMF nicht zurückgegriffen werden kann)?

Statistische Erfassung

23. Seit wann werden welche Daten durch die Arbeitsgemeinschaften bzw. die
Arbeitsagenturen im Zuge der statistischen Erfassung im Hinblick auf die
arbeitsmarktpolitische Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge
erfasst?

a) Wie ist gewährleistet, dass die Arbeitsgemeinschaften bzw. die Arbeits-
agenturen diese Daten auch tatsächlich erheben bzw. einpflegen?

b) Datensätze zu wie vielen Personen sind derzeit auf diesem Wege erho-
ben worden?

c) Welche anderen Behörden haben Zugang bzw. erhalten Auskunft über
die in diesem System enthaltenen personenbezogenen Daten?

Kofinanzierung

24. Wie hoch liegt der jeweilige (Kofinanzierungs-)Anteil des Bundes beim
ESF-Bundesprogramm bzw. beim ESF-BAMF-Programm (angesichts des-
sen, dass für das ESF-Bundesprogramm 15 Mio. Euro bzw. für das ESF-
BAMF-Programm 330 Mio. Euro ESF-Mittel verwandt werden sollen?)

Berlin, den 31. Oktober 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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