BT-Drucksache 16/10607

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -16/10119- Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung des Übereinkommens vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

Vom 15. Oktober 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10607
16. Wahlperiode 15. 10. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 16/10119 –

Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung des Übereinkommens vom
30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung
und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

A. Problem

Am 30. Oktober 2007 haben die Europäische Gemeinschaft sowie Island, Nor-
wegen und die Schweiz in Lugano das neue Übereinkommen über die gerichtli-
che Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Zivil- und Han-
delssachen unterzeichnet (ABl. EU Nr. L 339 S. 3, Lugano-Übereinkommen
von 2007), das insbesondere das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung von Ur-
teilen aus den durch das Übereinkommen gebundenen Staaten vereinfachen
wird. Da das Übereinkommen die Regelung bestimmter Verfahrensfragen dem
Recht der Mitgliedstaaten überlässt, bedarf es einiger Durchführungsvorschrif-
ten, um die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen vollständig umsetzen zu
können. Das Protokoll 2 zu dem Lugano-Übereinkommen von 2007 verpflich-
tet die durch das Übereinkommen gebundenen Staaten, der Europäischen Kom-
mission letztinstanzliche Entscheidungen sowie sonstige besonders wichtige
gerichtliche, rechtskräftig gewordene Entscheidungen zu übermitteln, die in
Anwendung des Übereinkommens oder der im Übereinkommen genannten
Vorgänger- und Parallelrechtsakte ergangen sind. Die hierfür innerstaatlich zu-
ständige Stelle muss bestimmt werden.

Mit dem Gesetzentwurf sollen die Vorschriften des Anerkennungs- und Voll-
streckungsausführungsgesetzes an die Vorgaben des neuen Lugano-Überein-
kommens angepasst werden. Als zuständige Behörde für die Aufgaben nach
dem Protokoll 2 zu dem Lugano-Übereinkommen von 2007 wird das Bundes-
ministerium der Justiz bestimmt.
B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs mit den vom Ausschuss empfohlenen Änderun-
gen, die überwiegend technischer Natur sind und Änderungswünsche des Bun-
desrates aufnehmen

Einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs

Drucksache 16/10607 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10607

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/10119 mit folgen-
den Maßgaben, im Übrigen unverändert anzunehmen:

1. Der Bezeichnung werden die Wörter „und zur Änderung des Bürgerlichen
Gesetzbuchs“ angefügt.

2. Nach Artikel 1 werden die folgenden Artikel 2 und 3 eingefügt:

Artikel 2
Änderung des Auslands-Rechtsauskunftsgesetzes

Dem § 9 des Auslands-Rechtsauskunftsgesetzes vom 5. Juli 1974 (BGBl. I
S. 1433), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird folgender Absatz 4
angefügt:

„(4) Die Landesregierungen können die Befugnisse nach § 5 Satz 2, § 8
Satz 1 und 3 sowie § 9 Abs. 2 Satz 2 auf die Landesjustizverwaltungen über-
tragen.“

Artikel 3
Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens

vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und
außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handels-

sachen und des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die
Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen

Den §§ 1 und 7 des Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkom-
mens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außer-
gerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen und des
Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im
Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 22. Dezember 1977 (BGBl. I
S. 3105), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird jeweils folgender
Satz angefügt:

„Die Landesregierungen können die Befugnis nach Satz 1 auf die Landes-
justizverwaltungen übertragen.“

3. Der bisherige Artikel 2 wird Artikel 4 und in Nummer 7 werden die Wörter
‚wird das Wort „Bescheinigung“ durch das Wort „Bescheinigungen“ ersetzt
und es‘ gestrichen.

4. Nach Artikel 4 wird folgender Artikel 5 eingefügt:

Artikel 5
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

§ 474 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der Bekannt-
machung vom 12. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909, 2003 I S. 738), zuletzt
geändert durch …, wird wie folgt gefasst:

„(2) Auf die in diesem Untertitel geregelten Kaufverträge ist § 439 Abs. 4
mit der Maßgabe anzuwenden, dass Nutzungen nicht herauszugeben oder
durch ihren Wert zu ersetzen sind. Die §§ 445 und 447 sind nicht anzuwen-
den.“

Drucksache 16/10607 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

5. Der bisherige Artikel 3 wird Artikel 6.

6. Der bisherige Artikel 4 wird Artikel 7 und wie folgt gefasst:

„Artikel 2, 3 und 5 treten am Tag nach der Verkündung in Kraft. Im Übri-
gen tritt das Gesetz an dem Tag in Kraft, an dem das Übereinkommen vom
30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung
und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl.
EU Nr. L 339 S. 3) für die Europäische Gemeinschaft in Kraft tritt. Das
Bundesministerium der Justiz gibt den Tag des Inkrafttretens nach Satz 2 im
Bundesgesetzblatt bekannt.“

Berlin, den 15. Oktober 2008

Der Rechtsausschuss

Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Daniela Raab
Berichterstatterin

Dirk Manzewski
Berichterstatter

Mechthild Dyckmans
Berichterstatterin

Wolfgang Neskovic
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

1. Allgemeines nicht vereinbar. Nichts anderes gilt für die in der Praxis we-
Die Änderungen in den Artikeln 1 bis 4 sind ausschließlich
technischer Natur. Zum einen wird ein Redaktionsversehen
korrigiert, zum anderen wird dem Wunsch des Bundesrates
Rechnung getragen, eine Subdelegationsermächtigung in

niger bedeutsame unmittelbare Herausgabe von Nutzungen,
deren Äquivalent der Wertersatz ist.

Mit der Gesetzesänderung wird der Entscheidung Rechnung
getragen und eine klare, richtlinienkonforme Umsetzung
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/10607

Bericht der Abgeordneten Daniela Raab, Dirk Manzewski, Mechthild Dyckmans,
Wolfgang Neskovic und Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
16/10119 in seiner 179. Sitzung am 25. September 2008 be-
raten und dem Rechtsausschuss zur federführenden Bera-
tung überwiesen.

II. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 113. Sitzung
am 15. Oktober 2008 beraten und einstimmig beschlossen
zu empfehlen, den Gesetzentwurf in geänderter Fassung an-
zunehmen.

Die Fraktion der SPD unterstrich die Bedeutung des in den
Ausschussberatungen eingeführten Artikel 5. Nach dem dort
enthaltenen § 474 Abs. 2 BGB-E sei auf die im Untertitel
„Verbrauchsgüterkauf“ geregelten Kaufverträge § 439 Abs. 4
BGB nur mit der Maßgabe anzuwenden, dass Nutzungen
nicht herauszugeben oder durch ihren Wert zu ersetzen
seien. Der Vorschlag gehe auf die Entscheidung des Ge-
richtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in der
Rechtssache C-404/06 zurück, wonach eine nationale Rege-
lung, nach der im Falle des Umtauschs einer mangelhaften
Sache der Verkäufer vom Käufer Wertersatz für die Nut-
zung des zunächst gelieferten mangelhaften Verbrauchsguts
verlangen kann, mit der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie
(1999/44/EG) unvereinbar sei. Mit der vorgeschlagenen Re-
gelung habe man die verbraucherfreundliche Wertung die-
ser Entscheidung in das BGB übernommen.

Die Fraktion der FDP führte aus, in Bezug auf § 474
Abs. 2 BGB-E sei zu berücksichtigen, dass der VIII. Zivil-
senat des Bundesgerichtshofs gemäß der Verpflichtung aus
Artikel 234 EG-Vertrag dem EuGH die weitere Frage zur
Vorabentscheidung vorgelegt habe, ob die Bestimmungen
des Artikel 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie 97/7/
EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertrags-
abschlüssen im Fernabsatz dahin auszulegen seien, dass sie
einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der die
Kosten der Zusendung der Waren auch dann dem Verbrau-
cher auferlegt werden können, wenn er den Vertrag widerru-
fen hat. Aus der Entscheidung des EuGH könne sich mögli-
cherweise schon bald ein erneuter Änderungsbedarf in den
Vorschriften des BGB über den Verbrauchsgüterkauf erge-
ben.

III. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

scheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 17. April
2008 (Rs. C-404/06) Rechnung getragen.

2. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Nummer 1

Die Änderung der Bezeichnung des Gesetzes berücksich-
tigt, dass mit Nr. 4 ein neuer Artikel 5 eingefügt wird. Die-
ser enthält eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(BGB), die von der bisherigen Bezeichnung nicht erfasst
wird.

Zu Nummer 2

Zu Artikel 2 und 3 (§ 9 des Auslands-Rechtsauskunftsgeset-
zes sowie §§ 1 und 7 des Gesetzes zur Ausführung des Haa-
ger Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zu-
stellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
im Ausland in Zivil- oder Handelssachen und des Haager
Übereinkommens vom 18. März 1980 über die Beweisauf-
nahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen)

Die Änderung entspricht einem Wunsch des Bundesrates.
Nach geltendem Recht steht die Befugnis, die nach den o. g.
Gesetzen zuständige Landesbehörde zu bestimmen, der
Landesregierung zu. Nach der Änderung kann diese Befug-
nis von der Landesregierung auf die Landesjustizverwal-
tung übertragen werden (Subdelegationsermächtigung).

Zu Nummer 3 (Artikel 2 Nr. 7 – § 56 AVAG-E)

Die Änderung korrigiert ein Redaktionsversehen.

Zu Nummer 4

Zu Artikel 5 (§ 474 Abs. 2 BGB-E)

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 17. April
2008 in der Rechtssache C-404/06 (Quelle/Bundesverband
der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände) ent-
schieden, dass eine nationale Regelung, nach der im Falle
des Umtauschs einer mangelhaften Sache der Unternehmer
(Verkäufer) von dem Verbraucher (Käufer) Wertersatz für
die Nutzung des zunächst gelieferten mangelhaften Ver-
brauchsgutes verlangen kann, nicht mit der Verbrauchsgü-
terkauf-Richtlinie (1999/44/EG) vereinbar ist.

Macht der Käufer (Verbraucher) einer mangelhaften Sache
von seinen Gewährleistungsrechten Gebrauch und erhält er
im Wege der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so
kann der Verkäufer (Unternehmer) nach derzeitiger Rechts-
lage gemäß § 439 Abs. 4 in Verbindung mit § 346 Abs.1,
Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB nach allgemeiner Meinung Werter-
satz für den Nutzungsvorteil verlangen, den er bis zum Um-
tausch gezogen hat. Dies ist nach dem Urteil des Europäi-
schen Gerichtshofs mit der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie
zwei Gesetzen zur Ausführung von Rechtshilfeübereinkom-
men in Zivilsachen einzuführen. Mit Artikel 5 wird der Ent-

der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie im Sinne der Rechtspre-
chung des Europäischen Gerichtshofs gewährleistet.

Drucksache 16/1060 destag – 16. Wahlperiode

Berlin, den 15. Oktober 20

Daniela Raab
Berichterstatterin

D
B

Wolfgang Neskovic
Berichterstatter

Je
B
7 – 6 – Deutscher Bun

Zu Nummer 6 (Inkrafttreten)

Die bisherige Regelung des Inkrafttretens wird um eine
Sonderregelung für die in Nummern 2 und 4 (Artikel 2, 3
und 5) vorgesehenen Änderungen des Auslands-Rechtsaus-
kunftsgesetzes, des Gesetzes zur Ausführung der Haager
Zustellungs- und Beweisaufnahmeübereinkommen und des
Bürgerlichen Gesetzbuchs ergänzt. Sie stellt sicher, dass
diese Änderungen schnellstmöglich in Kraft treten.

08

irk Manzewski
erichterstatter

Mechthild Dyckmans
Berichterstatterin

rzy Montag
erichterstatter

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