BT-Drucksache 16/10093

Zwangsvertreibungen und illegale Landnahme in Kambodscha

Vom 7. August 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10093
16. Wahlperiode 07. 08. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander
Bonde, Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Winfried
Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Rainder
Steenblock, Jürgen Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zwangsvertreibungen und illegale Landnahme in Kambodscha

Nach Berichten von amnesty international (z.B. „Rights Razed – Forced evic-
tions in Cambodia“ vom 11. Februar 2008, AI Index: ASA 23/002/2008) und
der kambodschanischen Menschenrechtsorganisationen kommt es in jüngster
Zeit in Kambodscha zu gravierenden illegalen Zwangsvertreibungen, zumeist
im Interesse kommerzieller Unternehmen. Betroffen sind Bewohner städtischer
und ländlicher Gebiete gleichermaßen. Bei Zwangsräumungen und dem Abriss
von Häusern wird oftmals extreme Gewalt auch gegen Personen zum Einsatz
gebracht. Den Betroffenen wird rechtlicher Schutz versagt, im Gegenteil: Wer
sich gegen unrechtmäßige Vertreibungen zur Wehr setzt, wird auf Betreiben
von Behörden und Landentwicklern strafrechtlich verfolgt.

Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Men-
schenrechte in Kambodscha, Yash Ghai, hat in einer Erklärung vor dem UN-
Menschenrechtsrat vom 20. März 2008 seine große Besorgnis geäußert über
„die unrechtmäßige und unmenschliche Vertreibung von Tausenden Kambod-
schanern aus ihren Häusern und die Aneignung ihres Landes durch Unterneh-
mungen und einflussreiche Personen. Diese Vertreibungen haben großes Leid
und für tausende Familien bittere Not verursacht und stellen eine Verletzung
zahlreicher Rechte sowohl der kambodschanischen Verfassung als auch inter-
nationaler Vereinbarungen zum Schutz der Menschenrechte dar.“

Die Bundesregierung unterstützt Entwicklungsprojekte in Kambodscha, die
insbesondere der Armutsbekämpfung im ländlichen Raum dienen sollen. Sie
hat dafür in den vergangenen Jahren direkt und im Rahmen der EU erhebliche
Beträge zur Verfügung gestellt. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat in seinem Referenzrahmen für
ländliche Entwicklung festgestellt, dass zu den notwendigen Rahmenbedingun-
gen u. a. die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte, allgemeine
Rechtssicherheit und Transparenz des staatlichen Handelns zählen. Diese
Voraussetzungen sind derzeit in Kambodscha nicht gegeben. Vielmehr konter-
karieren die Zwangsvertreibungen die Bemühungen zur Armutsbekämpfung

bei der Landbevölkerung.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Hintergründe und Ausmaß
von Zwangsvertreibungen in Kambodscha?

Drucksache 16/10093 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Sondergesandten
des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Menschenrechte in Kam-
bodscha in seinem Bericht (A/HCR/7/42) und seiner Erklärung vor dem
UN-Menschenrechtsrat, und welche Folgerungen ergeben sich daraus für die
Bundesregierung?

3. Wie wirkt die Bundesregierung darauf hin, dass illegale Landnahmen und
Übergriffe bei Zwangsvertreibungen unterbleiben bzw. geahndet und die
Betroffenen angemessen entschädigt werden?

4. Inwieweit wird die Bundesregierung das Gespräch mit der neuen Regierung
suchen und dabei deutlich machen, dass Entwicklungszusammenarbeit an
die Schaffung rechtsstaatlicher Strukturen, und insbesondere die Einhaltung
elementarer Menschenrechte geknüpft ist?

5. Wird sich die Bundesregierung vor dem Hintergrund der anhaltenden
Zwangsvertreibungen für eine Aussetzung von Leistungen der EU an Kam-
bodscha im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit einsetzen?

Wenn nein, warum nicht?

Welche anderen Möglichkeiten der Einflussnahme sieht die Bundesregie-
rung?

6. Spielten diese Menschenrechtsverletzungen innerhalb der ASEAN-Staaten
eine Rolle (ASEAN – Association of South-East Asian Nations)?

Wenn ja, in welcher Form wurden sie von wem thematisiert?

Berlin, den 6. August 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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