BT-Drucksache 15/5797

zu dem Antrag der Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Sibylle Laurischk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/2192- Jugendstrafvollzug verfassungsfest gestalten

Vom 20. Juni 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5797
15. Wahlperiode 20. 06. 2005

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu demAntrag der Abgeordneten Jörg vanEssen, Rainer Funke, Sibylle Laurischk,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/2192 –

Jugendstrafvollzug verfassungsfest gestalten

A. Problem
1972 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass die Grundrechte von Straf-
gefangenen nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt wer-
den können (BVerfGE 33, 1 ff.). Dem Gesetzgeber wurde damals aufgegeben,
ein Strafvollzugsgesetz mit fest umrissenen Eingriffstatbeständen zu erlassen.
Während das Strafvollzugsgesetz 1977 in Kraft trat, ist jedoch bis heute kein Ge-
setz zum Jugendstrafvollzug verabschiedet worden, obwohl umstritten ist, ob
die bestehenden Regelungen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten aus-
reichen. Denn im Jugendgerichtsgesetz (JGG) existieren nur an zwei Stellen
eigenständige Rechtsgrundlagen. Der Vollzug der Jugendstrafe wird durch bun-
deseinheitliche Verwaltungsvorschriften geregelt, die den Verwaltungsvor-
schriften zum Strafvollzug weitgehend nachgebildet sind und nicht die verfas-
sungsrechtliche Qualität eines Gesetzes haben.
Beim Strafvollzugsrecht für Erwachsene liegt der Schwerpunkt auf der Vertei-
digung der Rechtsordnung und der Generalprävention. Die Anwendung des Er-
wachsenenrechts auf Jugendliche wird dem im Jugendgerichtsgesetz veranker-
ten Erziehungsgedanken nach Auffassung der Fraktion der FDP nicht gerecht.
Es gelte, eine altersgerecht differenzierende Vollzugsorganisation sowie die
Ausweitung der Ausbildungsprogramme für die Mitarbeiter im Jugendstrafvoll-
zug zu gewährleisten.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags, mit dem die Bundesregierung unter anderem aufgefor-
dert werden soll, dem Deutschen Bundestag einen Ergebnisbericht über die Ar-
beit der von der Bundesregierung in der 14. Wahlperiode eingesetzten Experten-
gruppe zum Jugendstrafvollzug sowie einen Gesetzentwurf zur Regelung des
Jugendstrafvollzugs vorzulegen.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP

Drucksache 15/5797 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5797

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 15/2192 – abzulehnen.

Berlin, den 15. Juni 2005

Der Rechtsausschuss
Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Erika Simm
Berichterstatterin

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Drucksache 15/5797 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der AbgeordnetenErika Simm, SiegfriedKauder (Villingen-Schwenningen),
Jerzy Montag und Jörg van Essen

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Druck-
sache 15/2192 in seiner 112. Sitzung am 28. Mai 2004 in ers-
ter Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem
Rechtsausschuss sowie zur Mitberatung dem Innenaus-
schuss und dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend überwiesen.

II. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse
Der Innenausschuss hat die Vorlage in seiner 64. Sitzung
am 15. Juni 2005 beraten und mit den Stimmen der Fraktio-
nen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP die Ablehnung
des Antrags empfohlen.
DerAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage in seiner 59. Sitzung am 15. Juni 2005 be-
raten und mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP die Ablehnung des Antrags
empfohlen.

III. Beratung im Rechtsausschuss
Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 84. Sitzung
am 15. Juni 2005 abschließend beraten und mit den Stimmen
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ge-

gen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP be-
schlossen, die Ablehnung des Antrags zu empfehlen.
Die Fraktion der FDP stellte fest, dass entsprechend dem
Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1972 im
Jahr 1977 das Strafvollzugsgesetz erlassen worden sei. Im
Bereich des Jugendstrafvollzugs gebe es trotz vielseitiger
Bestrebungen und zahlreicher Anläufe eine solche gesetz-
liche Grundlage bisher nicht. Auch weil mit dem Jugend-
strafvollzug teilweise andere Ziele verfolgt werden müssten
als mit dem Erwachsenenstrafvollzug sei die Zeit für den Er-
lass eines Jugendstrafvollzugsgesetzes überreif. Der Antrag
der Fraktion der FDP zeige diesen dringenden gesetzgebe-
rischen Handlungsbedarf auf und müsste daher auf Zustim-
mung auch der anderen Fraktionen treffen.
Die Fraktion der SPD räumte ein, dass angesichts der tag-
täglichen Grundrechtseingriffe im Strafvollzug das Erfor-
dernis einer gesetzlichen Grundlage für den Jugendstrafvoll-
zug unumstritten sei. Dass es ein solches Gesetz bisher nicht
gebe, habe aber weniger am Deutschen Bundestag als an den
Ländern gelegen, denen die Durchführung des Strafvollzugs
und dessen Kosten oblägen. Das Bundesministerium der
Justiz habe nach Abschluss der Beratungen einer Experten-
gruppe im letzten Jahr einen Referentenentwurf zum Ju-
gendstrafvollzugsgesetz vorgelegt, der inzwischen mit den
Ländern abgestimmt sei. Normalerweise hätte noch vor der
Sommerpause ein Gesetzentwurf eingebracht werden kön-
nen. Insofern sei der Antrag der Fraktion der FDP aus dem
Jahr 2003 überholt und daher abzulehnen.

Berlin, den 15. Juni 2005

Erika Simm
Berichterstatterin

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

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