BT-Drucksache 15/2609

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -15/2536- Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Verletzten im Strafverfahren (Opferrechtsreformgesetz - OpferRRG) b) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Joachim Stünker, Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Jerzy Montag, Irmingard Schewe-Gerigk, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -15/1976- Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Verletzten im Strafverfahren (Opferrechtsreformgesetz - OpferRG) c) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Dr. Norbert Röttgen, Hartmut Koschyk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/814- Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte der Opfer im Strafprozess (2. Opferschutzgesetz) d) zu dem Antrag der Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/936- Opferrechte stärken und verbessern

Vom 3. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2609
15. Wahlperiode 03. 03. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 15/2536 –

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Verletzten
im Strafverfahren (Opferrechtsreformgesetz – OpferRRG)

b) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Joachim Stünker, Hermann
Bachmaier, Sabine Bätzing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Jerzy Montag, Irmingard Schewe-Gerigk,
Hans-Christian Ströbele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 15/1976 –

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Verletzten
im Strafverfahren (Opferrechtsreformgesetz – OpferRRG)

c) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Dr. Norbert
Röttgen, Hartmut Koschyk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
– Drucksache 15/814 –

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte der Opfer im Strafprozess
(2. Opferschutzgesetz)

d) zu dem Antrag der Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Rainer
Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/936 –

Opferrechte stärken und verbessern

Drucksache 15/2609 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

A. Problem
Der soziale Rechtsstaat im Sinne der verfassungsmäßigen Ordnung des Grund-
gesetzes ist im Falle einer Straftat nicht nur zur Aufklärung des Sachverhaltes
sowie dazu verpflichtet, den mutmaßlichen Täter in einem fairen Verfahren sei-
nem gesetzlichen Richter zuzuführen. Vielmehr gilt es gleichzeitig, die Belange
des Opfers zu wahren, sich schützend und fördernd vor dessen Grundrechte zu
stellen und dem Opfer zu ermöglichen, seine Interessen justizförmig und in an-
gemessener Frist durchzusetzen. Die grundsätzliche Abkehr von einer Betrach-
tungsweise, die im Opfer vornehmlich seine Stellung als Zeuge im Strafverfah-
ren und damit letztlich als Beweismittel sah, erfolgte zwar bereits 1986 mit dem
Ersten Gesetz zur Verbesserung der Stellung des Verletzten im Strafverfahren
(Opferschutzgesetz), doch besteht Konsens darüber, dass die Interessen der
Opfer im Strafverfahren nach der geltenden Rechtslage noch nicht ausreichend
berücksichtigt werden.

B. Lösung
Sowohl die Gesetzentwürfe zum Opferschutz als auch der Antrag zur Verbesse-
rung der Opferrechte schlagen daher vor, die Belastungen für das Opfer durch
das Strafverfahren so gering wie möglich zu halten und gleichzeitig eine aktive
Teilnahme am Verfahren durch die Wahrnehmung eigener Rechte zu ermög-
lichen. Auch die Information des Verletzten durch die Justiz sowohl über seine
Rechte als auch über den Ablauf des Strafverfahrens soll intensiviert werden.
Schließlich sollen die Möglichkeiten der Geschädigten verbessert werden, ver-
mögensrechtliche Ansprüche bereits im Strafverfahren geltend zu machen.
Hierzu enthalten insbesondere die Gesetzentwürfe der Bundesregierung und
der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine umfassende
Regelung des Adhäsionsverfahrens.
a) Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 15/2536 in der Fassung

der Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
der CDU/CSU

b) Erledigterklärung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 15/1976
c) Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 15/814 mit den Stim-

men der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU

d) Ablehnung des Antrags auf Drucksache 15/936 mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Mitglieder der Fraktion
der CDU/CSU

C. Alternativen
Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 15/814.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2609

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
a) den Gesetzentwurf – Drucksache 15/2536 – in der aus der nachstehenden

Zusammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen,
b) den Gesetzentwurf – Drucksache 15/1976 – für erledigt zu erklären,
c) den Gesetzentwurf – Drucksache 15/814 – abzulehnen,
d) den Antrag – Drucksache 15/936 – abzulehnen.

Berlin, den 3. März 2004

Der Rechtsausschuss
Andreas Schmidt (Mühlheim)
Vorsitzender

Joachim Stünker
Berichterstatter

Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)
Berichterstatter

Irmingard Schewe-Gerigk
Berichterstatterin

Jörg van Essen
Berichterstatter

Drucksache 15/2609 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

En twu r f


Be s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s


Zusammenstellung
des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Verletzten
im Strafverfahren (Opferrechtsreformgesetz – OpferRRG)
– Drucksache 15/2536 –
mit den Beschlüssen des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der
Rechte von Verletzten im Strafverfahren
(Opferrechtsreformgesetz – OpferRRG)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt
geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. u n v e r ä n d e r t

2. u n v e r ä n d e r t

3. § 81d wird wie folgt gefasst:
㤠81d

(1) Kann die körperliche Untersuchung das Schamge-
fühl verletzen, so wird sie von einer Person gleichen Ge-
schlechts oder von einer Ärztin oder einem Arzt vorge-
nommen. Bei berechtigtem Interesse soll dem Wunsch,
die Untersuchung einer Person oder einem Arzt bestimm-
ten Geschlechts zu übertragen, entsprochen werden. Auf
Verlangen der betroffenen Person soll eine Person des
Vertrauens zugelassen werden. Die betroffene Person ist
auf ihre Befugnisse nach Satz 2 und 3 hinzuweisen.
(2) u n v e r ä n d e r t

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der
Rechte von Verletzten im Strafverfahren
(Opferrechtsreformgesetz – OpferRRG)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt
geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. § 48 wird wie folgt gefasst:

㤠48
Die Ladung der Zeugen geschieht unter Hinweis auf

verfahrensrechtliche Bestimmungen, die dem Interesse
des Zeugen dienen, auf vorhandene Möglichkeiten der
Zeugenbetreuung und auf die gesetzlichen Folgen des
Ausbleibens.“

2. § 58a Abs. 2 Satz 2 wird durch folgende Sätze ersetzt:
„§ 100b Abs. 6 gilt entsprechend. Die §§ 147, 406e sind
entsprechend anzuwenden, mit der Maßgabe, dass den
zur Akteneinsicht Berechtigten Kopien der Aufzeich-
nung überlassen werden können. Die Kopien dürfen we-
der vervielfältigt noch weitergegeben werden. Sie sind
an die Staatsanwaltschaft herauszugeben, sobald kein
berechtigtes Interesse an der weiteren Verwendung be-
steht. Die Überlassung der Aufzeichnung oder die Her-
ausgabe von Kopien an andere als die vorbezeichneten
Stellen bedarf der Einwilligung des Betroffenen.“

3. § 81d wird wie folgt gefasst:
㤠81d

(1) Kann die körperliche Untersuchung das Schamge-
fühl verletzen, so wird sie von einer Person gleichen Ge-
schlechts oder von einer Ärztin oder einem Arzt vorge-
nommen. Bei berechtigtem Interesse soll dem Wunsch,
die Untersuchung einer Person oder einem Arzt bestimm-
ten Geschlechts zu übertragen, entsprochen werden. Auf
Verlangen der betroffenen Person soll eine Person des
Vertrauens zugelassen werden. Die betroffene Person ist
auf ihre Rechte nach Satz 2 und 3 hinzuweisen.
(2) Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn die betrof-

fene Person in die Untersuchung einwilligt.“

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/2609

En twu r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s
4. In § 136 Abs. 1 wird Satz 4 wie folgt gefasst:

„In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch dar-
auf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die
Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewie-
sen werden.“

5. In § 138c Abs. 2 Satz 4 werden die Wörter „Der Vertei-
diger“ durch das Wort „Dieser“ ersetzt.

6. Nach § 160 wird folgende Vorschrift eingefügt:
㤠160a

Die Staatsanwaltschaft soll den Beteiligten Gelegen-
heit zu einer mündlichen Anhörung geben, soweit dies
geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern.“

7. Nach § 202 wird folgende Vorschrift eingefügt:
㤠202a

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Verfahrens, so
soll es den Beteiligten Gelegenheit zu einer mündli-
chen Anhörung geben, soweit dies geeignet erscheint,
das Verfahren zu fördern.“

8. § 214 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Die zur Hauptverhandlung erforderlichen
Ladungen ordnet der Vorsitzende an. Zugleich ord-
net er an, dass Verletzte, die nach § 395 Abs. 1 und
Abs. 2 Nr. 1 zur Nebenklage berechtigt sind und
deren Anschriften aktenkundig sind, Mitteilungen
vom Termin erhalten. Sonstige Verletzte erhalten
Mitteilungen, wenn sie dies beantragt haben. § 406d
Abs. 3 gilt entsprechend. Die Geschäftsstelle sorgt
dafür, dass die Ladungen bewirkt und die Mitteilun-
gen versandt werden.“

b) In Absatz 2 wird das Wort „kann“ durch das Wort
„soll“ ersetzt.

9. In § 247a Satz 1 werden die Wörter „und kann sie nicht
in anderer Weise, namentlich durch eine Entfernung
des Angeklagten sowie den Ausschluss der Öffentlich-
keit, abgewendet werden,“ gestrichen.

10. Dem § 273 Abs. 2 werden folgende Sätze angefügt:
„Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der
Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse
in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusam-
menhang auf Tonträger aufgezeichnet werden. Der
Tonträger ist zu den Akten zu nehmen oder bei der
Geschäftsstelle mit den Akten aufzubewahren. § 58a
Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.“

11. Dem § 323 Abs. 2 werden folgende Sätze angefügt:
„Sofern es erforderlich erscheint, ordnet das Beru-
fungsgericht die Übertragung eines Tonbandmit-
schnitts einer Vernehmung gemäß § 273 Abs. 2 Satz 2
in ein schriftliches Protokoll an. Wer die Übertragung
hergestellt hat, versieht die eigene Unterschrift mit
dem Zusatz, dass die Richtigkeit der Übertragung be-
stätigt wird. Der Staatsanwaltschaft, dem Verteidiger
und dem Angeklagten ist eine Abschrift des schriftli-
chen Protokolls zu erteilen. Der Nachweis der Unrich-

4. u n v e r ä n d e r t

5. u n v e r ä n d e r t

6. u n v e r ä n d e r t

7. u n v e r ä n d e r t

8. u n v e r ä n d e r t

9. u n v e r ä n d e r t

10. u n v e r ä n d e r t

11. u n v e r ä n d e r t

Drucksache 15/2609 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

En twu r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s
tigkeit der Übertragung ist zulässig. Das schriftliche
Protokoll kann nach Maßgabe des § 325 verlesen wer-
den.“

12. § 395 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Der erhobenen öffentlichen Klage oder dem
Antrag im Sicherungsverfahren kann sich mit der
Nebenklage anschließen, wer
1. durch eine rechtswidrige Tat

a) nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 181a und
182 des Strafgesetzbuches,

b) nach den §§ 221, 223 bis 226 und 340 des
Strafgesetzbuches,

c) nach den §§ 234 bis 235 und 239 Abs. 3 und
den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbu-
ches,

2. durch eine versuchte rechtswidrige Tat nach den
§§ 211 und 212 des Strafgesetzbuches verletzt
ist oder

3. durch einen Antrag auf gerichtliche Entschei-
dung (§ 172) die Erhebung der öffentlichen
Klage herbeigeführt hat.“

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:
aa) Nummer 2 wird aufgehoben.
bb) Die bisherige Nummer 3 wird zu Nummer 2.

13. In § 397a Abs. 1 Satz 1 wird nach der Angabe „Buch-
stabe a“ ein Komma eingefügt und wird die Angabe
„oder Nr. 2“ durch die Angabe „Nr. 2 oder Abs. 2
Nr. 1“ ersetzt.

14. § 403 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 werden die Absatzbezeichnung gestri-

chen und nach dem Wort „Gerichte“ die Wörter
„oder der Arbeitsgerichte“ eingefügt.

b) Absatz 2 wird aufgehoben.
15. § 404 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 2 wird folgender Satz 2 angefügt:
„Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht
ein.“

b) In Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 wird die Angabe
„Satz 1“ gestrichen.

16. § 405 wird wie folgt gefasst:
㤠405

(1) Auf Antrag des Verletzten oder seines Erben und
des Angeklagten nimmt das Gericht einen Vergleich
über die aus der Straftat erwachsenen Ansprüche in das
Protokoll auf. Es soll auf übereinstimmenden Antrag
der in Satz 1 Genannten einen Vergleichsvorschlag un-
terbreiten.

12. § 395 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Der erhobenen öffentlichen Klage oder dem
Antrag im Sicherungsverfahren kann sich mit der
Nebenklage anschließen, wer
1. durch eine rechtswidrige Tat

a) nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 181a und
182 des Strafgesetzbuches,

b) nach den §§ 185 bis 189 des Strafgesetz-
buches,

c) nach den §§ 221, 223 bis 226 und 340 des
Strafgesetzbuches,

d) nach den §§ 234 bis 235 und 239 Abs. 3
und den §§ 239a und 239b des Strafgesetz-
buches,

2. durch eine versuchte rechtswidrige Tat nach den
§§ 211 und 212 des Strafgesetzbuches verletzt
ist oder

3. durch einen Antrag auf gerichtliche Entschei-
dung (§ 172) die Erhebung der öffentlichen
Klage herbeigeführt hat.“

b) u n v e r ä n d e r t

13. u n v e r ä n d e r t

14. u n v e r ä n d e r t

15. u n v e r ä n d e r t

16. u n v e r ä n d e r t

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/2609

En twu r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s
(2) Ist das Hauptverfahren noch nicht eröffnet, gilt

Absatz 1 mit der Maßgabe, dass die Beurkundung des
Vergleichs über die rechtshängig gewordenen Ansprü-
che durch das für die Eröffnung des Hauptverfahrens
zuständige Gericht erfolgt.
(3) Für die Entscheidung über Einwendungen gegen

die Rechtswirksamkeit des Vergleichs ist das Gericht
der bürgerlichen Rechtspflege zuständig, in dessen Be-
zirk das Strafgericht des ersten Rechtszuges seinen Sitz
hat.“

17. § 406 wird wie folgt geändert:
a) Die Absätze 1 und 2 werden wie folgt gefasst:

„(1) Das Gericht gibt dem zulässigen Antrag in
dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen ei-
ner Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn
eine Maßregel der Besserung und Sicherung ange-
ordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straf-
tat begründet ist. Die Entscheidung kann sich auf
den Grund oder einen Teil des geltend gemachten
Anspruchs beschränken; § 318 der Zivilprozessord-
nung gilt entsprechend. Im Übrigen kann das Ge-
richt von einer Entscheidung nur absehen, wenn
sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der
berechtigten Belange des Antragstellers, insbeson-
dere an der Zuerkennung eines angemessenen
Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen
Gesetzbuches), zur Erledigung im Strafverfahren
nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur
Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn
seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entschei-
dung nur über den Grund oder einen Teil des An-
spruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich
verzögern würde.

(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragstel-
ler gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz
oder teilweise an, ist er gemäß dem Anerkenntnis
zu verurteilen.“

b) In Absatz 3 wird nach Satz 1 folgender Satz einge-
fügt:
„Das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig
vollstreckbar; §§ 708 bis 712 sowie §§ 714 und 716
der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.“

c) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz angefügt:
„(5) Erwägt das Gericht, von einer Entscheidung

über den Antrag abzusehen, weist es die Verfah-
rensbeteiligten so früh wie möglich darauf hin. So-
bald das Gericht nach Anhörung des Antragstellers
die Voraussetzungen für eine Entscheidung über
den Antrag für nicht gegeben erachtet, sieht es
durch Beschluss von einer Entscheidung über den
Antrag ab.“

17. § 406 wird wie folgt geändert:
a) Die Absätze 1 und 2 werden wie folgt gefasst:

„(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil
statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat
schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel
der Besserung und Sicherung angeordnet wird, so-
weit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist.
Die Entscheidung kann sich auf den Grund oder ei-
nen Teil des geltend gemachten Anspruchs be-
schränken; § 318 der Zivilprozessordnung gilt ent-
sprechend. Das Gericht sieht von einer Entschei-
dung ab, wenn der Antrag unzulässig ist oder so-
weit er unbegründet erscheint. Im Übrigen kann
das Gericht von einer Entscheidung nur absehen,
wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung
der berechtigten Belange des Antragstellers, insbe-
sondere an der Zuerkennung eines angemessenen
Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen
Gesetzbuches), zur Erledigung im Strafverfahren
nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur
Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn
seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entschei-
dung nur über den Grund oder einen Teil des An-
spruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich
verzögern würde.
(2) u n v e r ä n d e r t

b) u n v e r ä n d e r t

c) u n v e r ä n d e r t

Drucksache 15/2609 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

En twu r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s
18. § 406a wird wie folgt gefasst:

㤠406a
(1) Gegen den Beschluss, mit dem nach § 406 Abs. 5

Satz 2 von einer Entscheidung abgesehen wird, ist so-
fortige Beschwerde zulässig. Im Übrigen steht dem
Antragsteller ein Rechtsmittel nicht zu.

(2) Soweit das Gericht dem Antrag stattgibt, kann
der Angeklagte die Entscheidung auch ohne den straf-
rechtlichen Teil des Urteils mit dem sonst zulässigen
Rechtsmittel anfechten. In diesem Falle kann über das
Rechtsmittel durch Beschluss in nichtöffentlicher Sit-
zung entschieden werden. Ist das zulässige Rechtsmit-
tel die Berufung, findet auf Antrag des Angeklagten
oder des Antragstellers eine mündliche Anhörung der
Beteiligten statt.
(3) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung ist

aufzuheben, wenn der Angeklagte unter Aufhebung
der Verurteilung wegen der Straftat, auf welche die
Entscheidung über den Antrag gestützt worden ist, we-
der schuldig gesprochen noch gegen ihn eine Maßregel
der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Dies
gilt auch, wenn das Urteil insoweit nicht angefochten
ist.“

19. In § 406b
a) werden in Satz 1 nach dem Wort „Urteilen“ die

Wörter „und Prozessvergleichen“,
b) wird in Satz 2 vor der Zahl „731“ die Angabe

„323,“ und
c) werden in Satz 3 vor dem Wort „Anspruch“ die

Wörter „im Urteil festgestellten“ eingefügt.
20. § 406d wird wie folgt gefasst:

㤠406d
(1) Dem Verletzten sind auf Antrag die Einstellung

des Verfahrens, die Entscheidung über die Eröffnung
des Hauptverfahrens und der Ausgang des gerichtli-
chen Verfahrens sowie auf Anfrage in angemessenem
Umfang der jeweilige Sachstand mitzuteilen, soweit es
ihn betrifft.
(2) Dem Verletzten ist auf Antrag mitzuteilen, ob

freiheitsentziehende Maßnahmen gegen den Beschul-
digten oder Verurteilten angeordnet, beendet oder erst-
malig gelockert werden, wenn er ein berechtigtes Inte-
resse darlegt und kein überwiegendes schutzwürdiges
Interesse des Betroffenen am Ausschluss der Mittei-
lung vorliegt. In den in § 395 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ge-
nannten Fällen bedarf es der Darlegung eines berech-
tigten Interesses nicht.

(3) Mitteilungen können unterbleiben, sofern sie
nicht unter einer Anschrift möglich sind, die der Ver-
letzte angegeben hat. Hat der Verletzte einen Rechtsan-
walt als Beistand gewählt, ist ihm ein solcher beigeord-

18. § 406a wird wie folgt gefasst:
㤠406a

(1) Gegen den Beschluss, mit dem nach § 406 Abs. 5
Satz 2 von einer Entscheidung über den Antrag abge-
sehen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig, wenn
der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung ge-
stellt worden und solange keine den Rechtszug ab-
schließende Entscheidung ergangen ist. Im Übrigen
steht dem Antragsteller ein Rechtsmittel nicht zu.
(2) u n v e r ä n d e r t

(3) u n v e r ä n d e r t

19. u n v e r ä n d e r t

20. § 406d wird wie folgt gefasst:
㤠406d

(1) u n v e r ä n d e r t

(2) Dem Verletzten ist auf Antrag mitzuteilen, ob
freiheitsentziehende Maßnahmen gegen den Beschul-
digten oder Verurteilten angeordnet oder beendet oder
ob erstmalig Vollzugslockerungen oder Urlaub ge-
währt werden, wenn er ein berechtigtes Interesse dar-
legt und kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse
des Betroffenen am Ausschluss der Mitteilung vorliegt.
In den in § 395 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, c und d und
Nr. 2 genannten Fällen bedarf es der Darlegung eines
berechtigten Interesses nicht.
(3) u n v e r ä n d e r t

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/2609

En twu r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s
net worden oder wird er durch einen solchen vertreten,
so gilt § 145a entsprechend.“

21. § 406f Abs. 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Wird der Verletzte als Zeuge vernommen, so ist,

wenn er dies beantragt, einer Person seines Vertrauens
die Anwesenheit zu gestatten, es sei denn, die Anwe-
senheit könnte den Untersuchungszweck gefährden.
Die Entscheidung trifft derjenige, der die Vernehmung
leitet; sie ist nicht anfechtbar. Die Gründe einer Ableh-
nung sind aktenkundig zu machen.“

22. § 406h wird wie folgt gefasst:
„406h

(1) Der Verletzte ist auf seine Befugnisse nach den
§§ 406d, 406e, 406f und 406g sowie auf seine Befug-
nis, sich der erhobenen öffentlichen Klage als Neben-
kläger anzuschließen (§ 395) und die Bestellung oder
Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als Beistand zu be-
antragen (§ 397a), hinzuweisen.
(2) Der Verletzte oder sein Erbe ist in der Regel und

so früh wie möglich darauf hinzuweisen, dass und in
welcher Weise er einen aus der Straftat erwachsenen
vermögensrechtlichen Anspruch nach den Vorschriften
des Dritten Abschnitts geltend machen kann.
(3) Der Verletzte soll auf die Möglichkeit, Unterstüt-

zung und Hilfe auch durch Opferhilfeeinrichtungen zu
erhalten, hingewiesen werden.
(4) § 406d Abs. 3 Satz 1 gilt jeweils entsprechend.“

23. In § 468 werden die Wörter „oder Körperverletzun-
gen“ gestrichen.

Artikel 2
Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

Das Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt
geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. In § 24 Abs. 1 Nr. 3 werden nach dem Wort „besonde-

ren“ die Wörter „Schutzbedürftigkeit von Verletzten der
Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des beson-
deren Umfangs oder der besonderen“ eingefügt.

2. In § 74 Abs. 1 Satz 2 werden die Wörter „wegen der be-
sonderen Bedeutung des Falles Anklage beim Landge-
richt erhebt (§24 Abs.1 Nr. 3)“ durch die Wörter „in den
Fällen des § 24 Abs. 1 Nr. 3 Anklage beim Landgericht
erhebt“ ersetzt.

3. In § 78a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 wird die Angabe „58 Abs. 3“
durch die Angabe „58 Abs. 2“ ersetzt.

21. u n v e r ä n d e r t

22. u n v e r ä n d e r t

23. Dem § 473 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
„Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwen-
digen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2
entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofor-
tige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch
eine den Rechtszug abschließende Entscheidung
unzulässig geworden ist.“

Artikel 2
unv e r ä n d e r t

Drucksache 15/2609 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

En twu r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s
4. Nach § 186 wird folgende Vorschrift eingefügt:

㤠187
(1) Das Gericht zieht für den Beschuldigten oder Ver-

urteilten, der der deutschen Sprache nicht mächtig, hör-
oder sprachbehindert ist, einen Dolmetscher oder Über-
setzer heran, soweit dies zur Ausübung seiner strafpro-
zessualen Rechte erforderlich ist.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Personen, die nach § 395

der Strafprozessordnung zum Anschluss mit der Neben-
klage berechtigt sind.“

Artikel 3
Änderung des Gerichtskostengesetzes

In Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 9005 der Anlage
1 zum Gerichtskostengesetz in der Fassung der Bekannt-
machung vom 15. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3047), zuletzt
geändert durch …, wird nach den Wörtern „zu seiner Vertei-
digung angewiesen“ das Wort „ist“ durch die Wörter „oder
soweit dies zur Ausübung seiner strafprozessualen Rechte
erforderlich war“ ersetzt.

Artikel 4
Änderung der Bundesgebührenordnung

für Rechtsanwälte
§ 89 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte in

der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer
368-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geän-
dert durch ..., wird wie folgt geändert:
1. In Absatz 2 Satz 1 werden die Wörter „werden zwei Drit-

tel“ durch die Wörter „wird ein Drittel“ ersetzt.
2. Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt:

„(2a) Im Verfahren über die sofortige Beschwerde
nach § 406a Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung er-
hält der Rechtsanwalt die Hälfte der vollen Gebühr.“

3. In Absatz 3 Satz 1 werden die Wörter „bestimmte Ge-
bühr“ durch die Wörter „und Absatz 2a bestimmten Ge-
bühren“ ersetzt.

Artikel 3
Änderung des Gerichtskostengesetzes

In Absatz 4 der Anmerkung zu Nummer 9005 der Anlage 1
zum Gerichtskostengesetz vom … 2004 (BGBl. I S. …)1)
wird nach den Wörtern „zu seiner Verteidigung angewie-
sen“ das Wort „ist“ durch die Wörter „oder soweit dies zur
Ausübung seiner strafprozessualen Rechte erforderlich war“
ersetzt.

Artikel 4
Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes

Die Anlage 1 (Vergütungsverzeichnis) zum Rechtsan-
waltsvergütungsgesetz vom … (BGBl. I S. …)1) wird wie
folgt geändert:

1. Nach Nummer 4144 wird folgende neue Nummer
4145 eingefügt:

2. Die bisherigen Nummern 4145 und 4146 werden die
Nummern 4146 und 4147.

Nr. Gebührentatbestand

Gebühr oder Satz derGebühr nach § 13 oder§ 49 RVG

Wahl-anwalt
gerichtlichbestellteroder beige-ordneterRechtsanwalt

„4145 Verfahrensgebühr fürdas Verfahren über dieBeschwerde gegenden Beschluss, mitdem nach § 406 Abs. 5Satz 2 StPO voneiner Entscheidungabgesehen wird 0,5 0,5“

1) Vom Deutschen Bundestag am 12. Februar 2004 beschlossen, jedoch
noch nicht verkündet (Bundesratsdrucksache 116/04).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 11 – Drucksache 15/2609

En twu r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s

Artikel 5
Änderung des Einführungsgesetzes zur

Strafprozessordnung
Die §§ 10 bis 12 des Einführungsgesetzes zur Strafpro-

zessordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliede-
rungsnummer 312-1, veröffentlichten bereinigten Fassung,
das zuletzt durch … geändert worden ist, werden durch fol-
gende Vorschrift ersetzt:

㤠10
(1) War beim Inkrafttreten des Opferrechtsreformgeset-

zes die öffentliche Klage bereits erhoben, so bleibt die Be-
fugnis, sich nach § 395 Abs. 1 Nr. 1 b), Abs. 2 Nr. 2 der
Strafprozessordnung in der bisherigen Fassung der erhobe-
nen öffentlichen Klage als Nebenkläger anzuschließen, auch
nach dem Inkrafttreten des Opferrechtsreformgesetzes er-
halten.

(2) Artikel 2 Nr. 1 des Opferrechtsreformgesetzes gilt
nicht für Verfahren, in denen die Staatsanwaltschaft vor In-
krafttreten der Änderung die öffentliche Klage erhoben hat.

(3) § 10 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2014 außer
Kraft.“

Artikel 6
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am … [einsetzen: erster Tag des
dritten auf die Verkündung folgenden Monats] in Kraft.

3. In der Vorbemerkung 4.3 Abs. 2 wird die Angabe
„Nummern 4143 und 4144“ durch die Angabe „Num-
mern 4143 bis 4145“ ersetzt.

Artikel 5
Änderung des Einführungsgesetzes zur

Strafprozessordnung
Die §§ 10 bis 12 des Einführungsgesetzes zur Strafpro-

zessordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliede-
rungsnummer 312-1, veröffentlichten bereinigten Fassung,
das zuletzt durch … geändert worden ist, werden durch fol-
gende Vorschrift ersetzt:

㤠10
(1) War beim Inkrafttreten des Opferrechtsreformgeset-

zes die öffentliche Klage bereits erhoben, so bleibt die Be-
fugnis, sich nach § 395 Abs. 2 Nr. 2 der Strafprozessord-
nung in der bisherigen Fassung der erhobenen öffentlichen
Klage als Nebenkläger anzuschließen, auch nach dem In-
krafttreten des Opferrechtsreformgesetzes erhalten.

(2) u n v e r ä n d e r t

(3) u n v e r ä n d e r t

Artikel 6
unv e r ä n d e r t

Drucksache 15/2609 – 12 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Joachim Stünker, Siegfried Kauder (Bad Dürrheim),
Irmingard Schewe-Gerigk und Jörg van Essen

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat die Gesetzentwürfe auf Druck-
sachen 15/2536 und 15/1976 in seiner 93. Sitzung am
3. März 2004 bzw. in seiner 75. Sitzung am 13. November
2003 in erster Lesung beraten und zur federführenden Bera-
tung jeweils dem Rechtsausschuss und zur Mitberatung je-
weils dem Innenausschuss und dem Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend überwiesen. Den Gesetzent-
wurf auf Drucksache 15/814 und den Antrag auf Druck-
sache 15/936 hat der Deutsche Bundestag in seiner 43. Sit-
zung am 8. Mai 2003 in erster Lesung beraten und zur
federführenden Beratung jeweils dem Rechtsausschuss und
zur Mitberatung jeweils dem Innenausschuss, dem Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe über-
wiesen. Den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/814 hat der
Deutsche Bundestag zusätzlich dem Haushaltsausschuss zur
Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Innenausschuss hat die Vorlagen in seiner 31. Sitzung
am 3. März 2004 beraten und mit den Stimmen der Fraktio-
nen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion der CDU/CSU beschlossen, die An-
nahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 15/2536 zu
empfehlen. Der Ausschuss hat weiterhin empfohlen, den
Gesetzentwurf auf Drucksache 15/1976 für erledigt zu
erklären. Hinsichtlich des Gesetzentwurfs auf Drucksache
15/814 hat der Innenausschuss mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung
der Mitglieder der Fraktion der FDP die Ablehnung emp-
fohlen. Hinsichtlich des Antrags auf Drucksache 15/936 hat
der Innenausschuss mit den Stimmen der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Mitglieder der
Fraktion der CDU/CSU ebenfalls die Ablehnung empfoh-
len.
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend hat die Vorlagen in seiner 28. Sitzung am 3. März
2004 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen
der Fraktion der CDU/CSU beschlossen, die Annahme des
Gesetzentwurfs auf Drucksache 15/2536 in der Fassung der
oben abgedruckten Zusammenstellung zu empfehlen. Der
Ausschuss hat weiterhin einstimmig empfohlen, den
Gesetzentwurf auf Drucksache 15/1976 für erledigt zu
erklären. Hinsichtlich des Gesetzentwurfs auf Drucksache
15/814 hat der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Mitglieder der
Fraktion der FDP die Ablehnung empfohlen. Hinsichtlich
des Antrags auf Drucksache 15/936 hat der Ausschuss mit

den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei
Stimmenthaltung der Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU
ebenfalls die Ablehnung empfohlen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre
Hilfe hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/814 und
den Antrag auf Drucksache 15/936 in seiner 20. Sitzung am
2. Juli 2003 beraten und beschlossen, die Ablehnung der
Vorlagen zu empfehlen. Der Gesetzentwurf auf Drucksache
15/814 wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Mitglieder
der Fraktion der FDP abgelehnt. Der Antrag auf Drucksache
15/936 wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP bei Stimmenthaltung der Mitglieder der Frak-
tion der CDU/CSU abgelehnt.
Der Haushaltsausschuss hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 15/814 in seiner 42. Sitzung am 3. März 2004 beraten
und mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der
CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP be-
schlossen, die Ablehnung des Gesetzentwurfs zu empfeh-
len.

III. Beratung im Rechtsausschuss
Der Rechtsausschuss hat in seiner 36. Sitzung am 10. De-
zember 2003 eine öffentliche Anhörung zu den Gesetzent-
würfen auf Drucksachen 15/814 und 15/1976 durchgeführt.
An dieser Anhörung haben folgende Sachverständige teilge-
nommen:
Siegfried Bielefeld
Amtsgerichtspräsident a. D., Essen
Heinz Frese
Rechtsanwalt, Arbeitskreis der Opferhilfen in der Bundes-
republik Deutschland e. V., Berlin
August-Wilhelm Marahrens
Vorsitzender Richter am Landgericht, Deutscher Richter-
bund, Berlin
Prof. Dr. Bernd-Dieter Meier
Universität Hannover
Georg Prasser
Rechtsanwalt, Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins
e. V., Berlin
Prof. Dr. Cornelius Prittwitz
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Prof. Dr. Dieter Rössner
Philipps-Universität Marburg
Ulrike Stahlmann-Liebelt
Oberstaatsanwältin, Flensburg

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13 – Drucksache 15/2609

Hinsichtlich der Ergebnisse der Anhörung wird auf das Pro-
tokoll der 36. Sitzung des Rechtsausschusses mit den anlie-
genden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.
Der Rechtsausschuss hat die Vorlagen in seiner 41. Sitzung
am 3. März 2004 abschließend beraten. Er hat beschlossen
zu empfehlen, den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/2536
in der Fassung der oben abgedruckten Zusammenstellung
anzunehmen. Diese Entscheidung wurde mit den Stimmen
der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
FDP gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU ge-
fasst. Der von der Fraktion der FDP zu diesem Gesetzent-
wurf eingebrachte Änderungsantrag wurde mit den Stim-
men der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP
abgelehnt. Den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/1976
empfiehlt der Rechtsausschuss für erledigt zu erklären. Der
Rechtsausschuss hat weiterhin mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU beschlossen zu
empfehlen, den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/814 ab-
zulehnen. Hinsichtlich des Antrags auf Drucksache 15/936
beschloss der Ausschuss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Mitglieder
der Fraktion der CDU/CSU, die Ablehnung zu empfehlen.
Die Fraktion der SPD warb dafür, den Gesetzentwurf der
Bundesregierung in der Fassung der Zusammenstellung an-
zunehmen, da mit den dort vorgeschlagenen Änderungen
die in der öffentlichen Anhörung geltend gemachten Beden-
ken aufgegriffen worden seien. So sei auf den berechtigten
Einwand hinsichtlich der Möglichkeit der sofortigen Be-
schwerde gegen einen Beschluss, von einer Entscheidung
über den Antrag auf Schadensersatz im Strafverfahren abzu-
sehen, insoweit reagiert, als diese nunmehr nur möglich sei,
wenn der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt
wurde. Diese Regelung, die für den Verletzten auch zumut-
bar sei, gewährleiste, dass die Hauptverhandlung ungestört
bleibe. Da es sich bei den geplanten Änderungen im Adhäsi-
onsverfahren um einen Paradigmenwechsel handele, dessen
Umsetzung in der Praxis nicht ganz einfach sein werde,
wäre es von besonderer Bedeutung, wenn hinsichtlich der
Stärkung der Opferrechte Einigkeit bestünde.
Die Fraktion der FDP begrüßte sowohl den Gesetzentwurf
der Bundesregierung als auch den der Fraktion der CDU/
CSU. Ersterer sei jedoch insofern vorzuziehen, als er die
Möglichkeit, ein Adhäsionsverfahren zu beantragen, nicht
nur dem Nebenklageberechtigten eröffne, sondern allen
durch die Straftat Verletzten. Aus diesem Grunde werde die
Fraktion der FDP dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
zustimmen. Auch das „Mainzer Modell“ lehne die Fraktion
der FDP ab. Weiterhin bitte sie um Zustimmung zu ihrem
Änderungsantrag mit folgendem Wortlaut:
Der Bundestag wolle beschließen:
1. Nach Artikel 5 wird folgender Artikel neu eingeführt:

Artikel 6
Änderung des Jugendgerichtsgesetzes

Das Jugendgerichtsgesetz in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I

S. 3427), zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geän-
dert:
1. § 80 Abs. 3 wird gestrichen.
2. § 81 wird gestrichen.
3. In § 104 Abs. 1 Nr. 14 wird die Angabe „§§ 79 bis

81“ durch die Angabe „§§ 79, 80“ ersetzt.
4. In § 109 Abs. 1 Satz 1 wird die Angabe „§§ 43 bis

81“ durch die Angabe „§§ 43 bis 80“ ersetzt.
5. In § 109 Abs. 2 Satz 1 wird die Angabe „§§ 55 bis 66,

74, 79 Abs. 1 und § 81“ durch die Angabe „§§ 55 bis
66, 74 und § 79 Abs. 1“ ersetzt.

2. Artikel 6 wird Artikel 7.
Begründung
Bei den verschiedenen opferschutzpolitischen Initiativen,
denen sich der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren an-
genommen hat, ist das Jugendstrafverfahren meist ausge-
blendet worden. Der Erziehungsgedanke des Jugendstraf-
verfahrens darf jedoch nicht dazu führen, dass dem Opfer
wesentliche Rechte versagt werden. Das Verhältnis zwi-
schen dem jugendlichen Straftäter auf der einen Seite und
dem Opfer auf der anderen Seite bedarf einer neuen Ba-
lance. Gerade Jugendliche sollen erkennen, was sie dem
Opfer konkret angetan haben. Es kann gerade dem Erzie-
hungs- und Resozialisierungsgedanken dienen, wenn dem
jugendlichen Straftäter im Verfahren deutlich vor Augen ge-
führt wird, welche Folgen seine Tat für das Opfer hat. Es ist
auch wichtig für den Täter zu sehen, dass der Staat die
Rechtsposition des Opfers stärkt. Ebenso wichtig ist es für
das Opfer zu sehen, dass die Rechtsordnung ihm Schutz-
und Verteidigungsrechte zur Verfügung stellt. Eine stärkere
Akzentuierung der Opferinteressen ist geeignet, die Einsicht
und das Verantwortungsbewusstsein beim jugendlichen
Straftäter zu fördern.
Die Nebenklage ist gemäß § 80 Abs. 3 JGG gegen Jugend-
liche unzulässig. Diese Regelung ist bislang als Jugend-
schutzvorschrift verstanden worden. Die Möglichkeit der
Nebenklage hat für das Opfer eine wichtige Genugtuungs-
funktion. Die besonderen Umstände des Jugendgerichtsver-
fahrens und die Berücksichtigung des Persönlichkeitsschut-
zes müssen dabei gewährleistet werden. Eine Einschrän-
kung dieser Grundsätze ist durch die Zulassung der Neben-
klage im Jugendgerichtsverfahren jedoch nicht zu erkennen.
Aus diesen Gründen muss auch die Bereitstellung eines Op-
feranwalts im Jugendstrafverfahren möglich sein. Die Ver-
sagung dieser Möglichkeit stellt eine unangemessene Be-
nachteiligung des Opfers im Jugendstrafverfahren dar. Die
Zulassung der Nebenklage im Jugendstrafverfahren ermög-
licht damit auch die Bereitstellung eines Opferanwalts ge-
mäß § 397a StPO.
Der Ausschluss des Adhäsionsverfahrens im Jugendge-
richtsverfahren ist nicht sachlich zu begründen. Im regulä-
ren Strafprozess ist das Adhäsionsverfahren vorgesehen, da-
mit das Opfer seine Ansprüche auf Schadensersatz oder
Schmerzensgeld bereits im Strafverfahren geltend machen
kann. Es ist nicht sachlich zu begründen, warum dem Opfer
ein Nachteil aus der Anwendung des Jugendstrafrechts ent-
stehen soll. Das Adhäsionsverfahren im Jugendstrafrecht
führt dazu, dass dem jugendlichen Straftäter das gesamte

Drucksache 15/2609 – 14 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Unrecht seiner Tat vor Augen geführt wird. Er wird auch mit
den materiellen Folgen seiner Tat konfrontiert. Dies ist aus
pädagogischer Sicht wünschenswert und entspricht dem
Grundgedanken des Jugendgerichtsverfahrens. (siehe un-
ten)
Mit diesem Antrag strebe die Fraktion der FDP eine stärkere
Einbeziehung des Opfers auch in das Jugendstrafverfahren
an. Dabei solle selbstverständlich an der grundsätzlichen
Ausrichtung des Jugendgerichtsverfahrens am Erziehungs-
gedanken festgehalten werden. Nach Auffassung der Frak-
tion der FDP stärke aber die Einbeziehung des Opfers in
dieses Verfahren gerade den Erziehungsgedanken dadurch,
dass dem Jugendlichen deutlich gemacht werde, welche
Wirkungen seine Tat auf das Opfer gehabt habe. Aus dieser
Überlegung heraus sollten Nebenklage und Beiordnung
eines Opferanwaltes auch im Jugendstrafverfahren möglich
sein.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte zum
Änderungsantrag der Fraktion der FDP, dass die Forderung
zunächst plausibel erscheine, in der Fachwelt jedoch durch-
aus auf Widerstand gestoßen sei. Sie empfehle daher, im
Rahmen der geplanten Reform des Jugendstrafrechts den
Vorschlag der Einbeziehung des Opfers auch in das Jugend-
strafverfahren aufmerksam zu prüfen. Hinsichtlich der Ge-
setzentwürfe begründete die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, warum es trotz einer sehr weit gehenden inhalt-
lichen Übereinstimmung der Gesetzentwürfe nicht zu einem
gemeinsamen Entwurf gekommen sei. Dies liege daran,
dass der Wunsch der Fraktion der CDU/CSU, den Opfer-
schutz zu stärken, häufig über das gesetzte Ziel hinaus-
schieße und stattdessen in das gesamte Verfahren zu Lasten
anderer Verfahrensbeteiligter eingreife. Beispielhaft seien
hier drei Punkte genannt. Zum einen die von der Fraktion
der CDU/CSU vorgeschlagene Regelung des § 247a StPO.
Dieser Vorschlag, das so genannte Mainzer Modell, müsse
zurückgewiesen werden, da bei einer Geltung dieser Rege-
lung nicht mehr gewährleistet sei, dass das Wesentliche der
Hauptverhandlung sich auch innerhalb der Hauptverhand-
lung abspiele. Auch beim Adhäsionsverfahren bestehe der
übereinstimmende Wunsch, dieses zugunsten der Opfer
weiter auszugestalten. Nach dem Gesetzentwurf der Frak-
tion der CDU/CSU solle das Gericht jedoch dazu gezwun-
gen werden, in allen Verfahren wegen Körperverletzung das
Adhäsionsverfahren auf Antrag zuzulassen. Auf diese
Weise werde dem Gericht die Möglichkeit genommen, einen
solchen Antrag im Einzelfall mit Begründung abzulehnen.
Schließlich stehe einem gemeinsamen Gesetzentwurf auch
die von der Fraktion der CDU/CSU vorgeschlagene Rege-
lung des § 241a StPO entgegen. Danach solle auch bei er-
wachsenen verletzten Zeugen in allen Fällen des sexuellen
Missbrauchs, der Vergewaltigung, des Menschenhandels
und der Körperverletzung das unmittelbare Fragerecht der
Staatsanwaltschaft und der Verteidigung ausgeschlossen
werden. Diese Regelung schieße weit über das Ziel des
Opferschutzes hinaus. In sich unschlüssig sei es darüber
hinaus, dass in diesen Fällen alle erwachsenen Zeugen vor
dem direkten Fragerecht der Staatsanwaltschaft und der
Verteidigung geschützt werden sollten, eine Gruppe aber
von diesem Schutz ausgenommen werde, nämlich die der
Prostituierten.

Die Fraktion der CDU/CSU entgegnete, dass dies nur
belege, dass ein gemeinsamer Gesetzentwurf möglich ge-
wesen wäre. Denn wo der eine über das Ziel hinausschieße,
sei der andere in bestimmten Regelungen nicht ausreichend.
So bleibe für die Fraktion der CDU/CSU die Regelung des
Adhäsionsverfahrens, wie sie im Gesetzentwurf der Bundes-
regierung vorgesehen sei, weiterhin unbefriedigend. Denn
so, wie sie nun geplant sei, wären die Rechtsmittelmöglich-
keiten im Adhäsionsverfahren kaputt saniert und besser in
ihrem alten Zustand belassen worden. Die Regelung, dass
derjenige, der den Antrag auf Durchführung eines Adhä-
sionsverfahrens vor der Hauptverhandlung gestellt habe, ein
Beschwerderecht habe, sei nur eine stumpfe Waffe. So be-
kämen viele Opfer ihren Anwalt erst in der Hauptverhand-
lung, so dass sie nicht mehr rechtzeitig hierüber aufgeklärt
werden könnten. Es sei kein Grund ersichtlich, warum der-
jenige, der früh reagiere, Rechtsschutzmöglichkeiten erhal-
ten solle, die einem anderen nicht mehr offen stünden. Aus
rechtstechnischer Hinsicht sei hier daher geboten, eine
Revision gegen die ablehnende Entscheidung zuzulassen.
Zu kritisieren sei schließlich auch die Vorschrift des § 58a
StPO. Hier gebe der Bundesdatenschutzbeauftragte der Auf-
fassung der Fraktion der CDU/CSU Recht. Es sollte nicht
zulässig sein, Videoaufzeichnungen an den Verteidiger he-
rauszugeben, da es derzeit noch keinen wirksamen Kopier-
schutz gebe. Zu beklagen sei auch, dass keiner der beiden
Entwürfe eine Regelung enthalte, der zufolge Wohnort und
Arbeitsort des Opfers in der Hauptverhandlung nicht ge-
nannt werden müssten. In der Tat verbleibe ein weites Feld,
das konsensual hätte abgearbeitet werden können. Zum Än-
derungsantrag der Fraktion der FDP erklärte die Fraktion
der CDU/CSU, dass es sich hierbei um eine Forderung han-
dele, die der Weiße Ring seit langem zu Recht erhebe. Denn
zu den Befugnissen des Opferbeistands im Jugendstrafver-
fahren gebe es noch immer keine gefestigte Rechtsspre-
chung. Einzuwenden sei aber, dass die von der Fraktion der
FDP vorgeschlagene Zulassung des Adhäsionsverfahrens
im Jugendstrafverfahren nicht für Jugendliche gelten sollte.
Vielmehr sollte sie nur für Heranwachsende gelten, die wei-
terhin nach Jugendstrafrecht behandelt würden, da andern-
falls die Eltern des Jugendlichen als gesetzliche Vertreter
hinzuzuladen seien und hiermit das Strafverfahren über-
frachtet würde.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung
Soweit der Rechtsausschuss den Gesetzentwurf unverändert
angenommen hat, wird auf die Begründung auf Drucksache
15/2536 in Verbindung mit der Drucksache 15/1976, S. 9 ff.
verwiesen. Die vom Ausschuss empfohlenen Änderungen
des Gesetzentwurfs werden wie folgt begründet.

Zu Artikel 1 (Änderung der Strafprozessordnung)
Zu Nummer 3 (§ 81d StPO)
Die Ersetzung des Begriffes „Rechte“ durch „Befugnisse“
in Absatz 1 Satz 4 dient der Herstellung eines einheitlichen
Sprachgebrauches und entspricht der in § 406h StPO für
vergleichbare Sachverhalte verwendeten Terminologie.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 15 – Drucksache 15/2609

Zu Nummer 12 (§ 395 StPO)
Die in den Entwürfen vorgeschlagene Streichung der Belei-
digungsdelikte aus dem Katalog der zum Anschluss mit der
Nebenklage berechtigenden Straftaten in Absatz 1 der Vor-
schrift soll nicht aufgegriffen werden. Beleidigungen kön-
nen mitunter eine erhebliche Breitenwirkung entfalten. Es
sollte dem Verletzten weiterhin möglich bleiben, solchen
Rufschädigungen mit der Nebenklage entgegenwirken zu
können.
Zu Nummer 17 (§ 406 StPO)
Mit der Ergänzung von Absatz 1 um einen neuen Satz 3
wird klargestellt, dass entsprechend dem geltenden Recht
(§ 405 Satz 1 StPO) eine Entscheidung über den geltend ge-
machten Anspruch unterbleibt, soweit dieser unbegründet
erscheint. Gleiches gilt entsprechend dem geltenden Recht
(§ 405 Satz 2 StPO) für einen unzulässigen Antrag. Auch
dies wird im neuen Satz 3 ausdrücklich klargestellt, so dass
die das gleiche Ziel verfolgende Bestimmung in Absatz 1
Satz 1 des Entwurfs, dass das Gericht dem „zulässigen“ An-
trag stattgibt, überflüssig wird und gestrichen werden
konnte.
Zu Nummer 18 (§ 406a StPO)
Mit den Änderungen in Absatz 1 Satz 1 werden ergänzende
Festlegungen zur Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde
gegen Absehensentscheidungen nach § 406 Abs. 5 Satz 2
StPO mit dem Ziel der Verfahrenseffizienz und der Klarstel-
lung getroffen.
1. Der Antrag auf Schadensersatz im Strafverfahren kann

nach geltendem Recht, das der Gesetzentwurf unverän-
dert lässt, in der Hauptverhandlung bis zum Beginn der
Schlussvorträge gestellt werden. Das ist grundsätzlich
sachgerecht, weil je nach Verfahrensverlauf eine Antrag-
stellung auch erst zu einem späten Zeitpunkt sinnvoll
sein kann, z. B. um in geeigneten Fällen einen Vergleich
abzuschließen oder ein Anerkenntnisurteil zu erreichen.
Folge ist aber auch, dass eine eventuelle Absehensent-
scheidung erst zu einem späten Zeitpunkt ergehen
würde. Auch wenn mit der sofortigen Beschwerde gegen
die Absehensentscheidung keine hemmende Wirkung
auf den weiteren Fortgang des Strafverfahrens verbun-
den ist, könnte ihre Erhebung zu einem sehr späten Zeit-
punkt dazu führen, dass eine Befassung des Beschwerde-
gerichts eingeleitet wird, auch wenn dessen Entschei-
dung absehbar nicht mehr wird rechtzeitig ergehen kön-
nen (hierzu unter 2.). Die Zulässigkeit der sofortigen
Beschwerde soll daher davon abhängig sein, dass der
Antrag auf Schadensersatz vor Beginn der Hauptver-
handlung gestellt worden ist. Damit wird auf ein Krite-
rium abgestellt, das der Verletzte selbst in der Hand hat,
so dass aus von ihm nicht beeinflussbaren Gründen erst
spät ergehende Absehensentscheidungen sein Beschwer-
derecht nicht beeinträchtigen. Dem Verletzten wird so
auch ein Anreiz gegeben, seinen Antrag zu einem mög-
lichst frühen Zeitpunkt zu stellen. Dies trägt für alle Be-
teiligten zu einer frühzeitigen Transparenz über den Ent-
scheidungsbedarf bei.

2. Die sofortige Beschwerde soll zulässig sein, solange
keine den Rechtszug abschließende Entscheidung ergan-

gen ist. Mit Ergehen einer solchen Entscheidung wird sie
– auch wenn sie bereits zuvor erhoben worden ist – un-
zulässig. Diese Regelung ist eine Klarstellung der im
Entwurf bereits angelegten und durch die Besonderhei-
ten des Adhäsionsverfahrens bedingten Systematik. Eine
Entscheidung über den vom Antragsteller geltend ge-
machten Anspruch ist davon abhängig, dass ein Strafver-
fahren – noch oder wieder – in einer Tatsacheninstanz
des Erkenntnisverfahrens anhängig ist. Ist eine den
Rechtszug abschließende Entscheidung ergangen, kann
jedenfalls in diesem Rechtszug keine Entscheidung mehr
über den geltend gemachten Anspruch, der im den
Rechtszug beendenden Urteil zuzusprechen ist, ergehen.
Eine Entscheidung des Beschwerdegerichts nach einer
den Rechtszug abschließenden Entscheidung ginge so-
mit ins Leere. Dem Antragsteller ist es damit jedoch kei-
neswegs benommen, seinen Anspruch im Strafverfahren
an dafür geeigneter Stelle wieder zu verfolgen. Denn es
ist allgemein anerkannt, dass dem Absehen von einer
Entscheidung über den geltend gemachten Schadenser-
satzanspruch weder eine formelle noch materielle
Rechtskraftwirkung zukommt und der Verletzte nicht ge-
hindert ist, in demselben Strafverfahren einen neuen An-
trag zu stellen (Löwe/Rosenberg/Hilger, StPO, 25. Aufl.,
§ 405 Rn. 1, 14 m. w. N.). Wird gegen die den Rechtszug
abschließende Entscheidung Berufung eingelegt, kann
der Antragsteller seinen Anspruch im Berufungsverfah-
ren – erneut – geltend machen. Gleiches gilt, wenn das
Verfahren vom Revisionsgericht zu neuer Sachverhand-
lung zurückverwiesen worden ist.

In der neuen Nummer 23 zu Artikel 1 wird durch eine Er-
gänzung von § 473 Abs. 1 StPO für den Fall der unzulässig
gewordenen sofortigen Beschwerde eine angemessene Kos-
tenregelung getroffen (vgl. die Begründung dort).
Zu Nummer 20 (§ 406d StPO)
Mit dem Unterrichtungsanspruch nach § 406d Abs. 2 Satz 1
StPO soll sich der Verletzte darüber informieren können, ob
er aufgrund von Vollzugslockerungen oder Haftentlassun-
gen mit einer Begegnung mit dem auf freiem Fuß befind-
lichen Verurteilten rechnen muss. Mit der Ergänzung in Ab-
satz 2 Satz 1 werden die Fälle der erstmaligen Gewährung
von Hafturlaub (§§ 13, 43, 124 StVollzG) in den Unterrich-
tungsanspruch einbezogen, da hier die Sach- und Interessen-
lage den im Entwurf bereits erfassten Fällen entspricht.
Die Änderung in Absatz 2 Satz 3 ist eine Folgeänderung im
Hinblick darauf, dass entgegen dem Entwurf die Belei-
digungsstraftaten nicht aus dem Katalog der Nebenklage-
delikte des § 395 Abs. 1 StPO gestrichen werden sollen
(vgl. Nummer 12).
Zu Nummer 23 (§ 473 Abs. 1 StPO)
Die in den Entwürfen unter Nummer 23 vorgeschlagene
Änderung von § 468 StPO soll im Justizmodernisierungs-
gesetz aufgegriffen werden. Die in der neuen Nummer 23
vorgeschlagene Ergänzung von § 473 Abs. 1 StPO ist eine
kostenrechtliche Folgeregelung zu den Regelungen über die
Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde nach § 406a Abs. 1
Satz 1 StPO (vgl. die Ausführungen zu Nummer 18 unter
2.). Wird eine zunächst zulässig erhobene sofortige Be-
schwerde gegen die Absehensentscheidung unzulässig, weil

Drucksache 15/2609 – 16 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

zwischenzeitlich eine den Rechtszug abschließende Ent-
scheidung ergangen ist, wäre es unbillig, wenn der Be-
schwerdeführer in jedem Fall nach der Grundregel des § 473
Abs. 1 Satz 1 StPO die Kosten des erfolglos eingelegten
Rechtsmittels tragen müsste. Vielmehr ist es sachgerecht,
hier eine Entscheidung des Gerichts nach pflichtgemäßem
Ermessen darüber vorzusehen, wer die Kosten des Rechts-
mittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten trägt.
Eine entsprechende Regelung ist für Entscheidungen im
Adhäsionsverfahren im geltenden Recht in § 472a Abs. 2
StPO enthalten. Mit der vorgeschlagenen Ergänzung von
§ 473 Abs. 1 StPO wird diese Regelung im Wege einer
Rechtsfolgenverweisung für die Fälle der nachträglich un-
zulässig gewordenen sofortigen Beschwerde für entspre-
chend anwendbar erklärt. Soweit die Verweisung für die
„Kosten des Rechtsmittels“ gilt, umfasst sie sowohl die Ge-
bühren als auch die Auslagen der Staatskasse, so dass auch
die gerichtlichen Gebühren im Wege der in § 472a Abs. 2
Satz 2 eröffneten Billigkeitsentscheidung der Staatskasse
auferlegt werden können.

Zu Artikel 3 (Änderung des Gerichtskosten-
gesetzes)

Die Änderung in Nummer 9005 der Anlage 1 zum Gerichts-
kostengesetz wird redaktionell an die am 12. Februar 2004
vom Deutschen Bundestag beschlossene, aber noch nicht
verkündete Neufassung des Gerichtskostengesetzes ange-
passt (Bundesratsdrucksache 116/04), die zum 1. Juli 2004

(und damit in keinem Fall später als das Opferrechtsreform-
gesetz – vgl. Artikel 6) in Kraft treten soll.
Zu Artikel 4 (Änderung des Rechtsanwalts-

vergütungsgesetzes)
Die bisher in Artikel 4 vorgesehenen Änderungen bei der
Vergütung der Rechtsanwälte beziehen sich auf die Bundes-
gebührenordnung für Rechtsanwälte. Die Vergütung der
Rechtsanwälte wird künftig jedoch im noch nicht verkünde-
ten Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geregelt, das der Deut-
sche Bundestag am 12. Februar 2004 beschlossen hat (Bun-
desratsdrucksache 116/04) und das am 1. Juli 2004 in Kraft
treten soll. Die Änderungen in Artikel 4 werden an diese
künftige Rechtslage angepasst. Eine der im Entwurf vor-
gesehenen Änderung von § 89 Abs. 1 Satz 2 BRAGO ent-
sprechende Regelung war dabei entbehrlich, weil die
Anrechnung nur noch von einem Drittel der Gebühr für die
Vertretung im Adhäsionsverfahren im darauf folgenden
Zivilprozess bereits im vom Deutschen Bundestag beschlos-
senen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz enthalten ist.
Zu Artikel 5 (Änderung des Einführungsgesetzes

zur Strafprozessordnung)
Die in § 10 Abs. 1 enthaltene Übergangsvorschrift ist für die
Fälle des § 395 Abs. 1 Nr. 1b StPO nicht mehr erforderlich,
nachdem diese Straftaten nicht wie in den Entwürfen vorge-
schlagen aus dem Katalog der Nebenklagedelikte gestrichen
werden (vgl. zu Artikel 1 Nr. 12).

Berlin, den 3. März 2004
Joachim Stünker
Berichterstatter

Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)
Berichterstatter

Irmingard Schewe-Gerigk
Berichterstatterin

Jörg van Essen
Berichterstatter

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