BT-Drucksache 15/2587

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums

Vom 3. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2587
15. Wahlperiode 03. 03. 2004

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Reinhard Schultz (Everswinkel), Marion Caspers-Merk,
Klaus Kirschner, Sabine Bätzing, Jella Teuchner, Ingrid Arndt-Brauer,
Peter Dreßen, Gabriele Frechen, Renate Gradistanac, Angelika Graf (Rosenheim),
Dieter Grasedieck, Kerstin Griese, Reinhold Hemker, Stephan Hilsberg,
Eike Hovermann, Christel Humme, Lothar Ibrügger, Dr. Hans-Ulrich Krüger,
Christine Lehder, Eckhart Lewering, Götz-Peter Lohmann, Erika Lotz, Caren
Marks, Hilde Mattheis, Dr. Erika Ober, Joachim Poß, Dr. Carola Reimann, Marlene
Rupprecht (Tuchenbach), Anton Schaaf, Bernd Scheelen, Horst Schmidbauer
(Nürnberg), Silvia Schmidt (Eisleben), Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Karsten
Schönfeld, Fritz Schösser, Dr. Margit Spielmann, Jörg-Otto Spiller, Rolf Stöckel,
Rita Streb-Hesse, Franz Thönnes, Simone Violka, Dr. Marlies Volkmer, Andreas
Weigel, Lydia Westrich, Jürgen Wieczorek (Böhlen), Dr. Wolfgang Wodarg, Franz
Müntefering und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Birgitt Bender, Ulrike Höfken, Michaele Hustedt,
Fritz Kuhn, Christine Scheel, Petra Selg, Hubert Ulrich, Volker Beck (Köln),
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor
Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums

A. Problem und Ziel
Alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops) stellen nach einer aktuellen Repräsen-
tativerhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu „Bekannt-
heit, Konsum und Kauf von Alcopops 2003“ eine dramatisch zunehmende Ge-
fahr für junge Menschen dar, der es mit allen Mitteln vorzubeugen gilt. Es ist
deshalb erforderlich, die Preise von Alkopops durch Einführung einer zusätz-
lichen steuerlichen Belastung in Form einer Sondersteuer so zu verteuern, dass
sie von jungen Menschen nicht mehr gekauft werden. Das bestehende Abgabe-
verbot von Alkopops an Kinder und Jugendliche nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Jugend-
schutzgesetz kann damit über den Preis dieser Getränke wirkungsvoll unter-
stützt werden. Außerdem ist es notwendig, dass diese Erzeugnisse mit einem
deutlichen Hinweis auf das Abgabeverbot an Jugendliche nach § 9 Abs. 1 Nr. 1
Jugendschutzgesetz gekennzeichnet werden.
Auch Zigarettenkonsum gefährdet die Gesundheit von jungen Menschen in
besonderem Maße. Um den Einstieg in das Rauchen zu erschweren, ist deshalb
die kostenlose Abgabe von Zigaretten zu verbieten sowie bei Zigarettenpa-
ckungen eine Mindestgröße vorzuschreiben, um Kinder und Jugendliche durch
einen hohen Packungspreis vom Rauchen abzuhalten. Damit wird auch das

Drucksache 15/2587 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

bestehende Abgabeverbot von Tabakwaren an Kinder und Jugendliche unter
16 Jahren – § 10 Jugendschutzgesetz – wirkungsvoll unterstützt.

B. Lösung
Einführung einer Sondersteuer auf alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops) und
Änderung des Jugendschutzgesetzes sowie des Tabaksteuergesetzes.

C. Alternativen
Keine

D. Finanzielle Auswirkungen
1. Haushaltseinnahmen/-ausgaben ohne Vollzugsaufwand
Für den Bundeshaushalt ergeben sich in den Rechnungsjahren 2004 bis 2007
die nachfolgend dargestellten Auswirkungen.

2. Vollzugsaufwand
Nicht quantifizierbar.

Maßnahme Gebiets-körperschaft
Haushaltsentlastung bzw. -belastung (–)

in Mio. Euro
2004 2005 2006 2007

Zu Artikel 1 (Alkopopsteuergesetz) 1)
Einnahmen Alkopopsteuer Bund

Länder
Gemeinden

21



42



42



42



insgesamt 21 42 42 42
Mindereinnahmen
Branntweinsteuer

Bund
Länder
Gemeinden

– 15



– 30



– 30



– 30



insgesamt – 15 – 30 – 30 – 30
Zu Artikel 2 (Änderung des Tabaksteuergesetzes)

Bund
Länder
Gemeinden
insgesamt – – – –

Zu Artikel 3 (Änderung des Jugendschutzgesetzes)
Bund
Länder
Gemeinden
insgesamt – – – –

Summe der finanziellen
Auswirkungen

Bund
Länder
Gemeinden

6



12



12



12



insgesamt 6 12 12 12
1) Bei den Berechnungen wird davon ausgegangen, dass der Absatz von Alkopops um 75 Prozent zurück geht und es keine Substitution durch andere

alkoholische Getränke gibt.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2587

E. Sonstige Kosten
Auf die Unternehmen, die Alkopops in den Verkehr bringen, kommen die Kos-
ten der Steuererhöhung, soweit sie nicht auf die Verbraucher abgewälzt werden
können, sowie die Kosten der Kennzeichnung zu. Diese Kosten sind angesichts
des dringend notwendigen Gesundheitsschutzes junger Menschen gerechtfer-
tigt.
Durch das Gesetz sind bei vollständiger oder teilweiser Weitergabe der Steuer-
erhöhung und der Kosten für die Kennzeichnung an die Verbraucher, unmittel-
bare preisliche Auswirkungen auf die Alkopops zu erwarten.

Drucksache 15/2587 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor
Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Gesetz über die Erhebung einer Sondersteuer auf

alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops) zum
Schutz junger Menschen (Alkopopsteuergesetz –

AlkopopStG)
§ 1

Steuergebiet, Steuergegenstand
(1) Alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops) unterliegen

im Steuergebiet einer Sondersteuer zum Schutz junger
Menschen (Alkopopsteuer). Steuergebiet ist das Gebiet der
Bundesrepublik Deutschland ohne das Gebiet Büsingen und
ohne die Insel Helgoland. Die Alkopopsteuer ist eine Ver-
brauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung.

(2) Alkopops im Sinne dieses Gesetzes sind Getränke
– auch in gefrorener Form –, die
– aus einer Mischung von Getränken mit einem Alkohol-

gehalt von 1,2 vol. % oder weniger mit Erzeugnissen
nach § 130 Abs. 1 des Gesetzes über das Branntweinmo-
nopol bestehen,

– einen Alkoholgehalt von mehr als 1,2 vol. %, aber weni-
ger als 10 vol. % aufweisen und

– trinkfertig gemischt in verkaufsfertigen, verschlossenen
Behältnissen abgefüllt sind.
(3) Als Alkopops gelten auch industriell vorbereitete Mi-

schungskomponenten von Getränken nach Absatz 2, die in
einer gemeinsamen Verpackung enthalten sind.

§ 2Steuertarif
Die Steuer bemisst sich nach der in dem Alkopop enthal-

tenen Alkoholmenge. Sie beträgt für einen Hektoliter reinen
Alkohol, gemessen bei einer Temperatur von 20 °C: 5 550
Euro.

§ 3Besteuerung, Steuerverfahren
(1) Für die Herstellung, die Lagerung und die Beförde-

rung von Alkopops unter Steueraussetzung, für die Entste-
hung der Alkopopsteuer und den Zeitpunkt, der für ihre Be-
messung maßgebend ist, für die Person des Steuerschuld-
ners, für die Fälligkeit, das Erlöschen, die Nacherhebung,
den Erlass, die Erstattung, die Vergütung und die Steuerbe-
freiungen sowie das Steuerverfahren gelten vorbehaltlich
des Absatzes 2 die Vorschriften für die Branntweinsteuer
nach dem Zweiten Teil des Gesetzes über das Branntwein-
monopol sowie den dazu ergangenen Durchführungsbestim-
mungen sinngemäß.

(2) Für den innergemeinschaftlichen Verkehr mit Alko-
pops sowie für die Ausfuhr von Alkopops aus dem Steuer-
gebiet über andere Mitgliedstaaten gelten die diesbezügli-
chen Vorschriften für die Kaffeesteuer nach dem Kaffee-

steuergesetz sowie den dazu ergangenen Durchführungsbe-
stimmungen sinngemäß.

§ 4Aufkommensverwendung, Aufkommensverteilung
Das Netto-Mehraufkommen aus der Alkopopsteuer ist

zur Finanzierung von Maßnahmen zur Suchtprävention der
gesetzlichen Krankenkassen zu verwenden. Das Netto-Mehr-
aufkommen der Alkopopsteuer ergibt sich aus der Differenz
zwischen dem Aufkommen der Alkopopsteuer und den Min-
dereinnahmen bei der Branntweinsteuer, die sich durch die
Einführung der Alkopopsteuer ergeben. Die Bundesregie-
rung wird ermächtigt, das Verfahren zur Berechnung sowie
zur Zuweisung des Netto-Mehraufkommens an die gesetz-
lichen Krankenkassen durch Rechtsverordnung zu regeln.

Artikel 2
Änderung des Jugendschutzgesetzes

Das Jugendschutzgesetz vom 23. Juli 2002 (BGBl. I
S. 2730, 2003 I S. 476), zuletzt geändert durch Artikel 3 des
Gesetzes vom 29. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3076), wird
wie folgt geändert:
1. Nach § 9 Abs. 3 wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) Alkoholhaltige Süßgetränke im Sinne des § 1
Abs. 2 und 3 des Alkopopsteuergesetzes dürfen ge-
werbsmäßig nur mit dem Hinweis „Abgabe an Personen
unter 18 Jahren verboten, § 9 Jugendschutzgesetz“ in
den Verkehr gebracht werden. Dieser Hinweis ist auf der
Fertigpackung in der gleichen Schriftart und in der glei-
chen Größe und Farbe wie die Marken- oder Phantasie-
namen oder, soweit nicht vorhanden, wie die Verkehrs-
bezeichnung zu halten und bei Flaschen auf dem Fronte-
tikett anzubringen.“

2. Nach § 28 Abs. 1 Nr. 11 wird folgende neue Nummer
eingefügt:
„11a. entgegen § 9 Abs. 4 alkoholhaltige Süßgetränke in

den Verkehr bringt,“.

Artikel 3
Änderung des Tabaksteuergesetzes

Das Tabaksteuergesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I
S. 2150), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom
23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2924), wird wie folgt geän-
dert:
1. § 23 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
aa) In Satz 2 wird nach den Wörtern „vorzeigen

oder“ die Angabe „, mit Ausnahme von Zigaret-
tenpackungen,“ eingefügt.

bb) In Satz 3 wird die Angabe „Zigaretten,“ gestri-
chen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/2587

b) Folgender Absatz 3 wird angefügt:
„(3) Die Mindestgröße für Zigarettenpackungen

beträgt bei Abgabe zum Verbrauch im Steuergebiet
17 Stück. Ein Stückverkauf ist unzulässig.“

2. In § 30 Abs. 2 Nr. 3 wird die Angabe „Abs. 1 Satz 1
oder 4 oder Abs. 2“ gestrichen.

Artikel 4
Übergangsbestimmung

Abweichend von Artikel 2 dürfen alkoholhaltige Süßge-
tränke, die nach den vor dem Inkrafttreten des Artikels 2
geltenden Vorschriften gekennzeichnet sind, noch drei Mo-
nate nach dem Inkrafttreten des Artikels 2 in den Verkehr
gebracht werden.

Artikel 5
Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 2004 in Kraft.
(2) Abweichend von Absatz 1 tritt Artikel 2 an dem Tag

in Kraft, an dem die Kommission der Europäischen Ge-
meinschaften die hierfür erforderliche Genehmigung erteilt
hat. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend gibt das Datum des Inkrafttretens des Artikels 2
im Bundesgesetzblatt bekannt.

Berlin, den 3. März 2004

Franz Müntefering und Fraktion
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 6 – Drucksache 15/2587

Begründung

I. Allgemeiner Teil
Alkopopsteuer
Alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops), die auch als Pre-
mixes oder Ready-to-Drinks (RTD) bezeichnet werden, sind
schwach alkoholhaltige Getränke, die unter Verwendung
von branntweinsteuerpflichtigen Waren sowie Zusatz von
Limonaden und Zucker oder anderen Süßgetränken (Cola)
hergestellt werden. Sie werden bevorzugt von jungen Men-
schen getrunken.
Die aktuelle Repräsentativerhebung der Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung zu „Bekanntheit, Konsum und
Kauf von Alcopops 2003“ lässt im Vergleich mit den erst-
mals im Jahr 1998 erhobenen Daten eine dramatische Ent-
wicklung des Konsums bei Jugendlichen erkennen. Im Jahre
2003 kauften viermal so viele Jugendliche Alkopops als
1998. In der Gruppe der 14 bis 17-Jährigen sind Alkopops
die beliebtesten alkoholischen Getränke und liegen damit
vor allen anderen alkoholischen Getränken. Nach dieser
Befragung hatten 52 Prozent der 16 bis 17-Jährigen in den
letzten vier Wochen Alkopops gekauft. Besonders bemer-
kenswert daran ist, dass mehr als die Hälfte angab, eigent-
lich keine hochprozentigen Alkoholika zu trinken. Diese
Entwicklung wird durch eine weitere Untersuchung an
10 000 Schülerinnen und Schülern der 9. und 10. Klassen
bestätigt (Die Europäische Schülerstudie zu Alkohol und
anderen Drogen, 2003, Befragung von Schülerinnen und
Schüler der 9. und 10. Klassen in Bayern, Berlin, Branden-
burg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen –
ESPAD). Die vorliegenden Untersuchungen zeigen, dass
Alkopops trotz des Abgabeverbotes Ursache dafür sind,
dass Jugendliche immer früher mit einem regelmäßigen
Alkoholkonsum beginnen.
Der süße Geschmack überdeckt den Alkohol und beseitigt
somit die natürliche Hemmschwelle von Kindern und
Jugendlichen gegenüber Alkohol. Zunächst unbemerkt trin-
ken sie somit oft größere, völlig unverträgliche Mengen
Alkohol. Der hohe Zuckergehalt der Getränke führt zu einer
schnellen Aufnahme des Alkohols in den Körper. Besonders
weibliche Jugendliche, bei denen sich Alkohol aufgrund
biologischer Unterschiede etwa 20 Prozent stärker auswirkt,
geben bei Alkopops ihre bisherige Zurückhaltung beim Al-
koholkonsum auf. Bei ihnen sind diese Getränke inzwischen
deutlich beliebter als herkömmliche alkoholische Getränke.
Trunkenheit und weitere alkoholbedingte Probleme sind
keine Seltenheit in der Gruppe der unter 18-Jährigen. Nach
einer Untersuchung an Schülerinnen und Schülern der
9. und 10. Klasse (ESPAD), nach der bis zu 60 Prozent aller
Schülerinnen und Schüler Alkopops vor allen anderen
alkoholischen Getränken konsumierten, berichteten fast
40 Prozent von Trunkenheitserfahrung im Monat vor der
Befragung; auch andere Schwierigkeiten wie Unfälle und
Verletzungen wurden berichtet. Durchweg knüpfen die
Schülerinnen und Schüler positive Erwartungen an den
Alkoholkonsum wie Spaß haben, Entspannung und Glücks-
gefühle sowie das Vergessen von Problemen. Nur etwa
6 Prozent befürchten durch den Alkoholkonsum krank zu

werden. Dagegen ist wissenschaftlich und empirisch belegt,
je früher mit dem Alkoholkonsum begonnen wird, um so
schneller treten alkoholbedingte Probleme und Abhängig-
keit auf und um so schwieriger und langwieriger ist die Be-
handlung.
Alkopops stellen deshalb für junge Menschen eine beson-
dere Gefährdung dar, der es mit allen Mitteln vorzubeugen
gilt. Eine Preiserhöhung ist gerade für junge Menschen eine
geeignete Maßnahme, den Konsum zu senken.
Der in einer handelsüblichen Flasche mit 275 ml enthaltene
Alkohol von durchschnittlich 5,5 Volumprozenten ent-
spricht etwa 2 Standardgläsern (2 cl) Schnaps. Alkopops
dürfen deshalb nach dem Jugendschutzgesetz wegen ihres
Branntweingehalts an Jugendliche unter achtzehn Jahren
nicht abgegeben werden, § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Jugendschutz-
gesetzes. Es hat sich aber gezeigt, dass die Einhaltung die-
ses Abgabeverbots nicht in dem notwendigen Maße durch
Kontrollen sichergestellt werden kann, zumal sich Jugend-
liche bei der Beschaffung von Alkopops oftmals dritter „be-
zugsberechtigter“ Personen bedienen. Es ist deshalb erfor-
derlich, die Preise von Alkopops durch Einführung einer
zusätzlichen steuerlichen Belastung in Form eine Sonder-
steuer so zu verteuern, dass sie von Jugendlichen nicht mehr
gekauft werden. Das bestehende Abgabeverbot von Alko-
pops an Kinder und Jugendliche nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Ju-
gendschutzgesetz kann damit über den Preis dieser Ge-
tränke wirkungsvoll unterstützt werden.
Alkoholhaltige Süßgetränke, deren alkoholische Kompo-
nenten ausschließlich aus Bier, Wein oder Fruchtwein beste-
hen und die den Alkopops ähnlich sein können, werden
nicht in diese Regelung einbezogen. Denn diese alkoholi-
schen Getränke dürfen – anders als Branntwein und brannt-
weinhaltige Getränke – an Jugendliche über sechzehn Jah-
ren abgegeben werden, § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Jugendschutz-
gesetzes. Außerdem sind bei bier- und weinhaltigen Mixge-
tränken die jeweils bier- oder weintypischen Geruchs- und
Geschmacksstoffe im Mischgetränk noch wahrnehmbar,
während bei spirituosenhaltigen Mixgetränken der süße
Geschmack den Alkohol überdeckt. Dies hängt auch damit
zusammen, dass bei spirituosenhaltigen Süßgetränken als
alkoholische Komponente ein neutral schmeckender Ethyl-
alkohol (z. B. Wodka) oder ein Destillat mit schwach ausge-
prägten Geruchs- und Geschmacksmerkmalen (z. B. „light“
Rum) verwendet wird.
Kennzeichnungspflicht für Alkopops
Im Hinblick auf die besondere Gefährdung von Kindern und
Jugendlichen durch Alkopops ist es notwendig, dass diese
Erzeugnisse mit einem deutlichen Hinweis auf das Abgabe-
verbot an Kinder und Jugendliche nach § 9 Abs. 1 Nr. 1
Jugendschutzgesetz gekennzeichnet werden. Dieser Hin-
weis richtet sich nicht nur an die Verbraucherinnen und Ver-
braucher von Alkopops, sondern auch an Eltern, Lehrkräfte
sowie insbesondere an das Verkaufspersonal. Vielfach wird
fälschlicherweise davon ausgegangen, dass spirituosenhal-
tige Süßgetränke – vergleichbar Bier oder Wein – schon ab
16 Jahren käuflich erworben werden können.

Drucksache 15/2587 – 7 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Der Bund hat für die dahin gehende Änderung des Jugend-
schutzgesetzes die Gesetzgebungskompetenz nach Arti-
kel 74 Abs. 1 Nr. 7 des Grundgesetzes („öffentliche
Fürsorge“). Diese Kompetenz nimmt der Bund mit dem
Artikel 2 wahr.
Die bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der
Rechtseinheit gemäß Artikel 72 Abs. 2 des Grundgesetzes
erforderlich. Der Kinder- und Jugendschutz in der Öffent-
lichkeit macht eine bundesgesetzliche Regelung notwendig,
damit ein übergreifender wirksamer Kinder- und Jugend-
schutz ermöglicht werden kann. Insbesondere beim gesund-
heitlichen Kinder- und Jugendschutz handelt es sich um eine
Materie, bei der die Wahrung der Rechtseinheit im gesamt-
staatlichen Interesse überaus dringlich ist.
Verbot der kostenlosen Abgabe von Zigaretten,Mindestpackungsgröße
Zigarettenkonsum gefährdet die Gesundheit, kann süchtig
und krank machen und letztlich zum Tode führen. Junge
Menschen sind in besonderem Maße gesundheitlich gefähr-
det. Das Zigarettenrauchen beginnt häufig in der Kinder-
oder Jugendzeit. Das Durchschnittsalter, in dem junge Men-
schen ihre erste Zigarette rauchen, liegt zwischen 13 und 14
Jahren (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Die
Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutsch-
land, 2001). Von den heute 12 bis 25-jährigen Rauchern ha-
ben 80 Prozent bereits im Alter zwischen 11 und 16 Jahren
ihre erste Raucherfahrung gemacht. Ganz besonders Be-
sorgnis erregend ist die Zunahme des Rauchens unter jun-
gen Mädchen. Den Einstieg in das Rauchen zu verhindern,
ist deshalb eine der wichtigsten Zielsetzungen. Neben Auf-
klärung und Information ist auch die Verringerung der Ver-
fügbarkeit von Zigaretten ein wichtiger Faktor, Kinder und
Jugendliche vom Rauchen abzuhalten.
Das Abgabeverbot von Tabakwaren an Kinder und Jugend-
liche unter 16 Jahren, wie es jetzt in § 10 des Jugendschutz-
gesetzes geregelt ist, war dabei ein wichtiger Schritt, der je-
doch durch weitere Maßnahmen unterstützt werden muss.
Als solche weiteren Schritte sind die kostenlose Abgabe von
Zigaretten zu verbieten sowie eine Mindestpackungsgröße
für Zigaretten vorzuschreiben, um Jugendliche durch einen
hohen Packungspreis vom Rauchen abzuhalten.
Nach der Tabakrahmenkonvention, einem globalen Gesund-
heitsabkommen zur Verringerung des Tabakkonsums, das
Deutschland mit unterzeichnet hat, soll entsprechend Arti-
kel 16 Abs. 2 und 3 die kostenlose Abgabe von Zigaretten
verboten und eine Mindestgröße vorgeschrieben werden.
Deutschland setzt mit den hier vorgesehenen Maßnahmen
diese Vorgaben um.

II. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Alkopopsteuergesetz)
Zu § 1
Zu Absatz 1
Alkoholhaltige Süßgetränke, die branntweinsteuerpflich-
tige Waren enthalten, so genannte Alkopops (auch als Pre-
mixes oder Ready-to-Drinks – RTD – bezeichnet), sollen
einer Sondersteuer unterworfen werden, die neben der

Branntweinsteuer erhoben wird. Das Steuergebiet wird ent-
sprechend den Regelungen in den anderen Verbrauchsteuer-
gesetzen definiert. Danach sind die bisherigen so genannten
Zollausschlüsse vom Geltungsbereich des Gesetzes ausge-
nommen. Außerdem wird klargestellt, dass es sich um eine
Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung handelt.
Damit folgt das Alkopopsteuergesetz der einheitlichen Dik-
tion der übrigen Verbrauchsteuergesetze.
Zu Absatz 2
Ziel der Festlegung des Steuergegenstandes ist es, die Alko-
popsteuer auf alkoholhaltige Süßgetränke zu beschränken,
die unter Verwendung von branntweinsteuerpflichtigen Wa-
ren mit oder ohne Zusatz weiterer alkoholischer Getränke
hergestellt werden und die von ihrer Zusammensetzung,
Aufmachung und Werbung her ganz überwiegend auf die
Verbrauchergruppe der jungen Menschen abzielen. Es ist
deshalb erforderlich, diese von den traditionellen oder klas-
sischen Spirituosen (z. B. Korn, Wodka, Obstbrand, Liköre)
bzw. klassischen niedriggrädigen Spirituosenmischgeträn-
ken (z. B. Whisky Soda, Gin Tonic) abzugrenzen, die nicht
dieser Sondersteuer unterworfen werden sollen.
Dies kann dadurch erreicht werden, dass auf einen Zusatz
von Alkohol abgestellt wird, der nach dem Gesetz über das
Branntweinmonopol (§ 130 Abs. 1) der Branntweinsteuer
unterliegt und im Ergebnis einen Alkoholgehalt aufweist, der
unter dem für traditionelle oder klassische Spirituosen sowie
Spirituosenmischgetränke liegt (weniger als 10 vol. %).
Zusätzliche Voraussetzung ist, dass die Getränke trinkfertig
und in verkaufsfertigen, verschlossenen Behältnissen abge-
füllt sind, um auszuschließen, dass alkoholische Mischge-
tränke, die vom Gastwirt in der Gaststätte für den Gast ge-
mischt werden, zum Steuergegenstand werden.
Getränke in gefrorener Form sollen in die Besteuerung ein-
bezogen werden, um möglichen Umgehungen entgegenzu-
wirken.
Zu Absatz 3
Um zu verhindern, dass die Sondersteuer dadurch umgan-
gen wird, dass die beiden Hauptkomponenten eines Alko-
pop (alkoholfreies Getränk + Spirituose) getrennt in einer
einzigen Verpackung mit dem Hinweis auf eine Mischung
angeboten werden, sollen solche Produkte ebenfalls der
Sondersteuer unterworfen werden.
Zu § 2
Bemessungsgrundlage für die Alkopopsteuer ist – wie bei
der Branntweinsteuer – die in dem Erzeugnis enthaltene Al-
koholmenge. Dies ist erforderlich, um den Anforderungen
gerecht zu werden, die das EG-Recht an die Einführung
einer – neben der harmonisierten Verbrauchsteuer
(hier: Branntweinsteuer) erhobenen – indirekten Steuer mit
anderer Zielsetzung stellt (Verbrauchsteuersystemrichtlinie
Nr. 92/12/EWG vom 25. Februar 1992, ABl. EG Nr. L 76
S. 1, ber. ABl. EG 1995 Nr. L 17, S. 20; Artikel 3 Abs. 2).
Der Steuersatz ist so bemessen, dass das Ziel einer Verteue-
rung von Alkopops mit der Folge eines Konsumverzichts bei
Kindern und Jugendlichen aus Preisgründen (die Höhe der
Sondersteuer beträgt bei einem 0,275-l-Behältnis mit einem
Alkoholgehalt von 5,5 vol. % rd. 84 Cent) erreicht werden
kann.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 8 – Drucksache 15/2587

Zu § 3
Die Alkopopsteuer soll grundsätzlich nach den für die har-
monisierte Branntweinsteuer geltenden Steuervorschriften
im Zweiten Teil des Gesetzes über das Branntweinmonopol
sowie den dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen
erhoben werden. Dies einmal, um die bei einer solchen Son-
dersteuer zu beachtenden gemeinschaftsrechtlichen Besteue-
rungsgrundsätze bei den Verbrauchsteuern (vgl. zu § 2) auch
in Bezug auf die Steuerentstehung, die Berechnung und die
steuerliche Überwachung zu erfüllen. Andererseits kann da-
durch der Verwaltungsaufwand für die Erhebung in Grenzen
gehalten werden. Da es sich bei der Alkopopsteuer aber um
eine nicht harmonisierte Verbrauchsteuer handelt, können
die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen bei Lieferungen
aus und nach anderen Mitgliedstaaten sowie bei der Ausfuhr
über andere Mitgliedstaaten hier nicht angewendet werden.
In diesen Fällen sind deshalb die für die ebenfalls nicht
harmonisierte Kaffeesteuer geltenden Steuervorschriften zu-
grunde zu legen.
Zu § 4
Die effektiven Mehreinnahmen aus der Alkopopsteuer sol-
len zu einem bestimmten, mit der Besteuerungsmaßnahme
in engem Zusammenhang stehenden Zweck verwendet wer-
den. Zwar ist die Zwecksetzung des Gesetzentwurfs bereits
eindeutig auf Suchtprävention fokussiert; im Übrigen ließe
sich eine fiskalische Motivation im Rahmen der Brannt-
weinsteuer direkt realisieren. Die Zweckbindung ist aber
aus EG-rechtlichen Gründen erforderlich (vgl. zu § 2), um
nachhaltig deutlich zu machen, dass das zusätzlich erzielte
Aufkommen zu anderen als Haushaltszwecken verwendet
wird. Die Berechnung des tatsächlich erzielten Mehrauf-
kommens, das sich als Differenz aus dem Aufkommen der
Alkopopsteuer und den Mindereinnahmen bei der Brannt-
weinsteuer ergibt, und die Zuweisung des Aufkommens
sollen durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung
geregelt werden.
Zu Artikel 2 (Änderung des Jugendschutz-

gesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 9)
Alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops), die im Alkopop-
steuergesetz definiert werden, verzeichneten in den letzten
Jahren einen erheblichen Absatzanstieg. Nach Angaben der
Alkohol- bzw. Spirituosenindustrie stieg der Absatz um bis
zu 341 Prozent an. Insbesondere unter jungen Menschen
sind Alkopops sehr attraktiv, da der Alkoholgeschmack in
diesen Getränken durch die vorherrschend süße Ge-
schmacksnote verdeckt wird. Um den immer früheren Ein-
stieg von Kindern und Jugendlichen in den regelmäßigen
Alkoholkonsum, insbesondere durch diese Getränke, zu
verhindern, ist es notwendig, dass Alkopops mit einem gut
sichtbaren Hinweis auf das Abgabeverbot des § 9 Abs. 1
Nr. 1 Jugendschutzgesetz gekennzeichnet sind. Dieser Hin-
weis dient nicht nur zur Aufklärung der jungen Menschen,
die Alkopops konsumieren wollen, sondern vor allem auch
zur Aufklärung von Eltern, Lehrern und des Verkaufsperso-
nals über die geltende gesetzliche Regelung des Jugend-
schutzes. Unter den Begriff „Fertigpackung“ fallen nach der
geltenden Begriffsbestimmung im Eichgesetz alle denkbaren
Verpackungen, also nicht nur die Flaschen oder sonstigen

Behältnisse, sondern auch alle anderen denkbaren Ver-
packungen wie z. B. Umhüllungen. Die besondere Kenn-
zeichnungsregelung, die über die Mindestanforderungen der
EG-Lebensmittel-Kennzeichnungsrichtlinie 13/2000 hin-
ausgeht, lehnt sich an die geltende EG-rechtliche Kenn-
zeichnungsregelung für Rum-Verschnitt an (Artikel 9 Abs. 2
der EG-Spirituosen-Grundverordnung Nr. 1576/89), die im
Interesse einer umfassenden Verbraucheraufklärung restrik-
tivere Regeln festlegt.
Zu Nummer 2
Folgeänderung in den Bußgeldvorschriften zur Änderung
von § 9 (vgl. zu Nummer 1).
Zu Artikel 3 (Änderung des Tabaksteuergesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 23)
Zu Buchstabe a
Die Möglichkeiten der unentgeltlichen Abgabe von Zigaret-
tenpackungen als Proben oder zu Werbezwecken sollen zum
Schutz junger Menschen ausgeschlossen werden.
Zu Buchstabe b
Die Mindestgröße für Zigarettenpackungen soll zum Schutz
junger Menschen 17 Stück betragen. Das Erfordernis einer
Mindestgröße ist auf die Abgabe zum Verbrauch im Steuer-
gebiet zu beschränken, um die Abgabe von Zigarettenpa-
ckungen mit geringerer Stückzahl, die für den Verbrauch in
anderen Mitgliedstaaten oder Drittländern vorgesehen sind,
weiterhin zu ermöglichen und dadurch dem Prinzip eines
freien Handels ohne Beschränkungen Rechnung zu tragen.
Außerdem soll der Stückverkauf von Zigaretten zum Schutz
junger Menschen verboten werden.
Zu Nummer 2 (§ 30)
Die Regelung des § 23 wird durch die in Nummer 1 Buch-
stabe a und b beschriebenen Änderungen zukünftig in Gänze
vom Ordnungswidrigkeitenkatalog des § 30 erfasst.
Zu Artikel 4 (Übergangsregelung)
Nach dem Inkrafttreten der Kennzeichnungsregelung für
Alkopops wird eine dreimonatige Übergangsfrist für das In-
verkehrbringen eingeräumt, um sowohl der Industrie eine
Umstellung der Etiketten zu ermöglichen, die erst nach Ge-
nehmigung durch die EU-Kommission neu in Auftrag gege-
ben werden können, als auch den Abverkauf von Erzeugnis-
sen sicherzustellen, die sich bereits im Handel befinden.
Zu Artikel 5 (Inkrafttreten)
Zu Absatz 1
Das Gesetz tritt hinsichtlich der Artikel 1 und 3 zum 1. Juli2004 in Kraft.
Zu Absatz 2
Die Einführung der Kennzeichnung von Alkopops steht un-
ter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Kommission
der Europäischen Gemeinschaften und kann deshalb erst in
Kraft treten, wenn diese vorliegt. Zur Rechtsklarheit wird
eine Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt vorgeschrieben.

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