BT-Drucksache 14/9132

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs (Kommunale Rechte bei Windkraftanlagen stärken)

Vom 16. Mai 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9132
14. Wahlperiode 16. 05. 2002

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten, Georg Brunnhuber, Marita
Sehn, Ulrich Adam, Norbert Barthle, Dr. Wolf Bauer, Dr. Joseph-Theodor Blank,
Dr. Heribert Blens, Antje Blumenthal, FriedrichBohl, Sylvia Bonitz, KlausBrähmig,
Hildebrecht Braun (Augsburg), Monika Brudlewsky, Klaus Bühler (Bruchsal),
Hartmut Büttner (Schönebeck), Dankward Buwitt, Cajus Caesar, Leo Dautzenberg,
Marie-Luise Dött, Rainer Eppelmann, Dr. Hans Georg Faust, Albrecht Feibel, Axel
E. Fischer (Karlsruhe-Land), Ulrike Flach, Klaus Francke, Jochen-Konrad Fromme,
Dr. Reinhard Göhner, Horst Günther (Duisburg), Joachim Günther (Plauen),
Manfred Heise, Hans Jochen Henke, Peter Hintze, Joachim Hörster, Martin
Hohmann, Dr. Karl-Heinz Hornhues, Georg Janovsky, Dr. Harald Kahl, Steffen
Kampeter, Irmgard Karwatzki, Volker Kauder, Dr. Paul Laufs, Karl-Josef Laumann,
Werner Lensing, Dr. Michael Luther, Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn), Meinolf
Michels, Dr. Gerd Müller, Friedhelm Ost, Norbert Otto (Erfurt), Ruprecht Polenz,
Hans Raidel, Helmut Rauber, Christa Reichard (Dresden), Erika Reinhardt, Adolf
Roth (Gießen), Dr. Wolfgang Schäuble, Hartmut Schauerte, Norbert Schindler,
Dietmar Schlee, Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke), Michael von Schmude,
Gerhard Schulz, Wilhelm Josef Sebastian, Bärbel Sothmann, Magarete Späte,
Carl-Dieter Spranger, Wolfgang Steiger, Erika Steinbach, Thomas Strobl
(Heilbronn), Jürgen Türk, Dr. Hans-Peter Uhl, Arnold Vaatz, Andrea Voßhoff,
Heinz Wiese (Ehingen), Klaus-Peter Willsch, Bernd Wilz, Elke Wülfing,
Wolfgang Zeitlmann, Wolfgang Zöller

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs
(Kommunale Rechte bei Windkraftanlagen stärken)

A. Problem und Ziel
Die Neufassung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 von 1995 des Baugesetzbuchs (BauGB)
sollte den Bau von Windkrafträdern grundsätzlich in windreichen Regionen er-
möglichen. Nicht vorhergesehen hingegen war die Errichtung von Windparks
auch an Standorten, die unter ökologischen und wettbewerblichen Gesichts-
punkten nie in Frage gekommen wären. Durch das beschlossene Erneuer-
bare-Energien-Gesetz vom 29. März 2000 und die Festlegung der Vergütung
von 9,1 Cent pro Kilowattstunde Windenergiestrom über einen sehr langen
Zeitraum, ist die Aufstellung von Windkraftanlagen auch in windarmen Re-
gionen lukrativ geworden. Viele Gemeinden, Regionalverbände und andere
Planungsgemeinschaften werden aufgrund dieser verzerrten Ausgangslage und
unstimmiger Rechtsprechung empfindlich in ihrer Planungshoheit verletzt, weil

Drucksache 14/9132 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

sie im guten Glauben, nicht tangiert zu sein, die Möglichkeiten der Überlei-
tungsvorschriften für Vorhaben im Außenbereich, gemäß § 245b Abs. 1 Bauge-
setzbuch, nicht genutzt haben. Kurzfristige Gewinnmitnahmen der Windkraft-
betreiber durch bauliche Privilegierung und steuerliche Subventionierung
gehen einseitig zu Lasten des Landschaftsschutzes, der Landschaftsästhetik und
des Erholungswertes vieler Regionen.
Trotzdem ist die Erforschung, Entwicklung und Nutzung regenerativer Ener-
gien grundsätzlich zu befürworten. Dabei ist insbesondere an die Förderung
von Wasserkraft-, Biogas-, Solar- und Holzhackschnitzelanlagen zu denken, da
diese neben den Vorteilen erneuerbarer Energien, keine Nachteile für Land-
schaft und Umwelt bringen. Ziel dieses Gesetzes ist es daher, den Gemeinden,
Regionalverbänden oder anderen Planungsgemeinschaften die ihnen zugespro-
chene Planungshoheit zu stärken und so vor Ort eine ausgewogene Energiepoli-
tik zu ermöglichen.

B. Lösung
Um den Gemeinden, Regionalverbänden oder anderen Planungsgemeinschaf-
ten einen fairen und geordneten Ablauf der Prüfung und Planung zu gewähr-
leisten werden § 35 Abs. 3 Satz 3 und § 245b Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuchs
(BauGB) geändert.

C. Alternativen
Keine

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
Keine

E. Sonstige Kosten
Keine

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/9132

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
1. § 35 Abs. 3 Satz 3 (Bauen im Außenbereich) wird wie

folgt gefasst:
„Raumbedeutsame Vorhaben nach den Absätzen 1 und 2
dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widerspre-
chen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vor-
haben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange
bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raum-
ordnung im Sinne von § 8 oder § 9 des Raumordnungs-
gesetzes abgewogen worden sind. Öffentliche Belange
stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nr. 2 bis 5 in der
Regel, nach Absatz 1 Nr. 6, auch dann entgegen, soweit
hierfür durch Darstellung im Flächennutzungsplan oder
als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer
Stelle erfolgt ist.“

2. § 245b Abs. 1 Satz 1 (Überleitungsvorschriften für Vor-
haben im Außenbereich) wird wie folgt gefasst:
„Auf Antrag der Gemeinde hat die Baugenehmigungs-
behörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von
Windenergieanlagen im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 6 bis
längstens zum 31. Dezember 2003 auszusetzen, wenn
die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungs-
plan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und be-
absichtigt zu prüfen, ob Darstellungen zu Windenergie-
anlagen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 in Betracht
kommen. Satz 1 gilt entsprechend für einen Antrag der
für Raumordnung zuständigen Stelle, wenn diese die
Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Zielen der
Raumordnung zu Windenergieanlagen eingeleitet hat.“

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in
Kraft.

Berlin, den 16. Mai 2002
Dr. Wolfgang Freiherr
von Stetten

Georg Brunnhuber
Marita Sehn
Ulrich Adam
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Dr. Joseph-Theodor Blank
Dr. Heribert Blens
Antje Blumenthal
Friedrich Bohl
Sylvia Bonitz
Klaus Brähmig
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Monika Brudlewsky
Klaus Bühler (Bruchsal)
Hartmut Büttner (Schönebeck)
Dankward Buwitt
Cajus Caesar
Leo Dautzenberg
Marie-Luise Dött
Rainer Eppelmann
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Axel E. Fischer
(Karlsruhe-Land)

Ulrike Flach
Klaus Francke

Jochen-Konrad Fromme
Dr. Reinhard Göhner
Horst Günther (Duisburg)
Joachim Günther (Plauen)
Manfred Heise
Hans Jochen Henke
Peter Hintze
Joachim Hörster
Martin Hohmann
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Georg Janovsky
Dr. Harald Kahl
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Werner Lensing
Dr. Michael Luther
Dr. Martin Mayer
(Siegertsbrunn)

Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Friedhelm Ost
Norbert Otto (Erfurt)
Ruprecht Polenz
Hans Raidel
Helmut Rauber

Christa Reichard (Dresden)
Erika Reinhardt
Adolf Roth (Gießen)
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Norbert Schindler
Dietmar Schlee
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
(Halsbrücke)

Michael von Schmude
Gerhard Schulz
Wilhelm Josef Sebastian
Bärbel Sothmann
Magarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Wolfgang Steiger
Erika Steinbach
Thomas Strobl (Heilbronn)
Jürgen Türk
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Andrea Voßhoff
Heinz Wiese (Ehingen)
Klaus-Peter Willsch
Bernd Wilz
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller

Drucksache 14/9132 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemeiner Teil
1995 wurde der § 35 BauGB novelliert, um die Erfor-
schung, Entwicklung und Nutzung von Windkraft zu för-
dern (§ 35 Abs. 1 Nr. 6). Mit der Ergänzung in Absatz 3
Satz 2 und 3 wurde unter anderem das Ziel verfolgt, den Ge-
meinden, Regionalverbänden und anderen Planungsgemein-
schaften ein Instrument an die Hand zu geben, um eine
praktikable Abwägung zwischen der Förderung der Winde-
nergie und dem Landschaftsschutz zu finden. Diese Rege-
lung ist seit In-Kraft-Treten (1. April 2000) des Erneuer-
bare-Energien-Gesetzes (EEG) empfindlich gestört. Auf-
grund gesetzlicher Privilegierung, steuerlicher Subventio-
nierung und des hohen Einspeisungspreises sind viele
Flächen betroffen, die unter ökologischen und wettbewerb-
lichen Gesichtspunkten für die Aufstellung von Windkraft-
rädern nicht in Frage kommen dürften. Windkraft war dort
gedacht, wo kontinuierlich starker Wind herrscht und insbe-
sondere auf dem Meer, wo die Natur nicht beeinträchtigt
wird.

B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 Nr. 1
Die Änderung des § 35 BauGB gewährleistet, dass die Pri-
vilegierung der Windkraft nicht aufgehoben wird. Sie dient
in erster Linie dazu, die kommunalen Rechte zu stärken, in-
dem die Ausweisung von Flächen im Binnenland in den Re-
gionalplanungen, Flächennutzungsplänen oder Bebauungs-
plänen durch Gemeinden, Regionalverbände oder andere
Planungsgemeinschaften so vorgenommen werden kann,
dass eine ordnungsgemäße Aufstellung von Windkrafträ-
dern gewährleistet ist und der Wildwuchs (Verspargelung
der Landschaft) verhindert werden kann.
Zu Artikel 1 Nr. 2
Um Gemeinden, Regionalverbänden oder anderen Pla-
nungsgemeinschaften genügend Möglichkeiten zur Vorbe-
reitung von Ausweisungen zu geben, wird in § 245b BauGB
das Datum 31. Dezember 1998 durch den 31. Dezember
2003 ersetzt.

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