BT-Drucksache 14/8888

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -14/8527- Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes vom 17. Juli 1998

Vom 24. April 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8888
14. Wahlperiode 24. 04. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 14/8527 –

Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Römischen Statuts
des Internationalen Strafgerichtshofes vom 17. Juli 1998

A. Problem
Die Bundesrepublik Deutschland hat am 10. Dezember 1998 das Römische
Statut des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) vom 17. Juli 1998 ge-
zeichnet und am 11. Dezember 2000 ratifiziert. Das Gesetz zum Römischen
Statut des Internationalen Strafgerichtshofes vom 17. Juli 1998 (BGBl. 2000 II
S. 1393) ist am 8. Dezember 2000 in Kraft getreten. Das Statut enthält zahlrei-
che Regelungen, aus denen sich ein Anpassungsbedarf für die bestehende in-
nerstaatliche Rechtslage ergibt. In erster Linie betrifft dies den Bereich der
strafrechtlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und dem Gerichtshof
in allen ihren Formen, der Überstellung oder Durchbeförderung von Personen,
der Vollstreckung von Entscheidungen des Gerichtshofes, der Leistung von
sonstiger Rechtshilfe sowie der Duldung von Verfahrenshandlungen auf deut-
schem Territorium. Das deutsche Recht muss daher in einer Weise ergänzt und
geändert werden, die es mit diesen Regelungen in Einklang bringt.

B. Lösung
Zur Umsetzung der sich aus dem Statut ergebenden Verpflichtungen enthält der
Gesetzentwurf eine zusammenhängende Regelung des Rechts der strafrecht-
lichen Zusammenarbeit mit dem IStGH. Hierbei wird, soweit dies möglich
ist, bewährten Regelungen des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in
Strafsachen (IRG) gefolgt. Daneben enthält der Entwurf notwendige Änderun-
gen der Strafprozessordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes, des Gesetzes
über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen sowie weiterer Gesetze.
Einstimmige Annahme

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 14/8888 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf – Drucksache 14/8527 – mit folgenden Maßgaben,
im Übrigen unverändert, anzunehmen:
I. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

1. § 11 Abs. 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Der vorläufige Überstellungshaftbefehl nach

Absatz 2 wird aufgehoben, wenn der Gerichtshof er-
klärt, ein entsprechendes Ersuchen nicht stellen zu
wollen oder der Verfolgte seit dem Tag der Ergrei-
fung oder der vorläufigen Festnahme insgesamt einen
Monat zum Zweck der Überstellung in Haft ist, ohne
dass ein Ersuchen des Gerichtshofes um Festnahme
und Überstellung oder um vorläufige Festnahme bei
der nach § 68 Abs. 1 zuständigen Stelle eingegangen
ist. Mit Eingang eines Ersuchens des Gerichtshofs
um Festnahme und Überstellung oder um vorläufige
Festnahme ist die in Absatz 1 Satz 2 genannte Frist
anzuwenden.“

2. § 14 Abs. 2 Satz 3 wird wie folgt gefasst:
„Sodann belehrt er den Verfolgten, dass er die Aus-
setzung des Vollzuges des Überstellungshaftbefehls
beantragen sowie sich wegen des Haftbefehls des
Gerichtshofes jederzeit an diesen wenden kann und
befragt ihm, ob und gegebenenfalls aus welchen
Gründen er Einwendungen gegen die Überstellung
erheben will; § 41 Abs. 5 Satz 1 findet entsprechende
Anwendung.

3. § 17 Satz 4 wird wie folgt gefasst:
㤠16 Abs. 2 und Abs. 3 ist entsprechend anzuwen-
den.“

4. § 31 Abs. 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Dem Verfolgten, der noch keinen Beistand

gewählt hat, ist spätestens nach seiner ersten Verneh-
mung nach § 14 Abs. 2, auch in Verbindung mit § 15
Abs. 2, ein Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen.“

5. § 49 Abs. 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Zuständig für die gerichtliche Entscheidung

über die Herausgabe von Gegenständen nach § 50
Abs. 1 Satz 2, für die Anordnung einer Beschlag-
nahme und Durchsuchung von Gegenständen (§ 52
Abs. 1 und 2), und einer Vermögensbeschlagnahme
(§ 52 Abs. 4), für die Haftentscheidungen im Falle
einer vorübergehenden Übernahme (§ 55 Abs. 1) und
einer Verbringung (§ 55 Abs. 6) sowie für die ge-
richtlichen Anordnungen im Falle einer Telekommu-
nikationsüberwachung (§ 59 Abs. 1) und einer Maß-
nahme ohne Wissen des Betroffenen (§ 59 Abs. 2) ist
das Oberlandesgericht. Im Falle einer vorübergehen-
den Übernahme ist das Oberlandesgericht örtlich zu-
ständig, in dessen Bezirk die Stelle ihren Sitz hat,
welche die Rechtshilfehandlung vornehmen soll. Im
Falle einer Verbringung findet § 36 Abs. 2 und 3 ent-
sprechende Anwendung.“

6. § 54 Satz 1 Nr. 3 wird wie folgt gefasst:
„3. gewährleistet ist, dass der Betroffene während der

Zeit seinerÜbergabemitAusnahme vonMaßnah-
men wegen Taten nach Artikel 70 und 71 des
Römischen Statuts nicht bestraft, einer sonstigen
Sanktion unterworfen oder durch Maßnahmen,
die nicht auch in seiner Abwesenheit getroffen
werden können, verfolgt werden wird und dass er
im Fall seiner Freilassung den Gaststaat oder den
vom Gerichtshof bezeichneten Staat verlassen
darf, und“

7. An § 68 Abs. 1 wird folgender Satz 5 angefügt:
„Die Landesregierungen können die ihnen nach
Satz 4 übertragene Befugnis auf eine andere nach
Landesrecht zuständige Behörde übertragen.“

8. § 70 wird wie folgt gefasst:
„Benachrichtigung

(Zu Artikel 27 des Römischen Statuts)
Richtet sich ein Ersuchen des Gerichtshofes um

Überstellung oder sonstige Rechtshilfe gegen ein
Mitglied des Deutschen Bundestages oder eines Ge-
setzgebungsorgans eines Landes oder auf Ermitt-
lungshandlungen in deren Räumen, so unterrichtet
das Bundesministerium der Justiz oder die sonst nach
§ 68 Abs. 1 zuständige Stelle den Präsidenten der
Körperschaft, welcher der Betroffene angehört oder
die von der erbetenen Ermittlungshandlung betroffen
wird, über den Eingang des Ersuchens. Durch geeig-
nete Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Durch-
führung des Verfahrens vor dem Gerichtshof oder des
Überstellungsverfahrens infolge der Unterrichtung
nicht gefährdet wird.“

II. Artikel 3 wird wie folgt gefasst:
Artikel 3

Änderung der Strafprozessordnung
„Die Strafprozessordnung in der Fassung der Be-

kanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074,
1319), zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geän-
dert:
1. In § 154b Abs. 2 der Strafprozessordnung werden

nach dem Wort „ausgeliefert“ die Wörter „oder an
einen internationalen Strafgerichtshof überstellt“ ein-
gefügt.

2. § 456a wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 werden nach dem Wort „ausgeliefert“

die Wörter „,an einen internationalen Strafge-
richtshof überstellt“ eingefügt.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8888

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:
aa) In Satz 1 werden nach dem Wort „Ausgelie-

ferte“ die Wörter „, der Überstellte“ einge-
fügt;

bb) In Satz 3 wird nach dem Wort „Ausgelie-
ferte“ das Wort „, Überstellte“ eingefügt.“

III. Artikel 11 Nr. 2 wird wie folgt gefasst:
„2. § 106 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Für die Beistandsleistungen nach dem

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in
Strafsachen und nach dem IStGH-Gesetz erhält

der Rechtsanwalt die Hälfte der Gebühr des § 83
Abs. 1 Nr. 1.“

b) In Absatz 2 Satz 2 wird die Angabe 㤠83 Abs. 2
Nr. 1“ durch die Angabe „§ 83 Abs. 2 Satz 1
Nr. 1“ ersetzt.“

IV. Artikel 12 Nr. 1 Buchstabe b wird wie folgt gefasst:
,b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) § 4 Abs. 8, § 5 Abs. 2 bis 4, § 6 Abs. 3 und
§ 13 sind auch dann anzuwenden, wenn von Justiz-
behörden der Länder Kosten in den in Absatz 1
Satz 1 Nr. 1 bis 3 genannten Angelegenheiten erho-
ben werden.“‘

Berlin, den 24. April 2002

Der Rechtsausschuss
Dr. Rupert Scholz
Vorsitzender

Dr. Jürgen Meyer (Ulm)
Berichterstatter

Dr. Norbert Röttgen
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Dr. Evelyn Kenzler
Berichterstatterin

Drucksache 14/8888 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Jürgen Meyer (Ulm), Dr. Norbert Röttgen,
Volker Beck (Köln), Jörg van Essen und Dr. Evelyn Kenzler
I. Zum Beratungsverfahren
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 14/8527 in seiner 228. Sitzung vom 22. März 2002 in
erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem
Rechtsausschuss und zur Mitberatung dem Auswärtigen
Ausschuss, dem Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität
und Geschäftsordnung, dem Innenausschuss, dem Aus-
schuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und dem
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse
Der Auswärtige Ausschuss hat die Vorlage in seiner
100. Sitzung vom 24. April 2002 beraten und einstimmig
beschlossen zu empfehlen, den Gesetzentwurf anzunehmen.
Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung hat die Vorlage in seiner 62. Sitzung vom
18. April 2002 beraten und empfiehlt den Gesetzentwurf
mit der Maßgabe anzunehmen, dass § 70 in der Fassung der
Beschlussempfehlung gefasst wird.
Der Innenausschuss hat die Vorlage in seiner 95. Sitzung
vom 24. April 2002 beraten und einstimmig beschlossen zu
empfehlen, den Gesetzentwurf anzunehmen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat die Vorlage in seiner 86. Sitzung vom 24. April
2002 beraten und einstimmig bei Abwesenheit der Fraktion
der PDS beschlossen zu empfehlen, den Gesetzentwurf an-
zunehmen.
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union hat die Vorlage in seiner 95. Sitzung vom
24. April 2002 beraten und einstimmig beschlossen zu emp-
fehlen, den Gesetzentwurf anzunehmen.

III. Beratung im federführenden Ausschuss
Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 125. Sitzung
vom 24. April 2002 beraten und einstimmig beschlossen zu
empfehlen, den Gesetzentwurf mit den oben genannten
Maßgaben anzunehmen.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung
Zu den einzelnen Vorschriften
Im Folgenden werden lediglich die vomRechtsausschuss be-schlossenen Änderungen gegenüber der ursprünglichen Fas-sung des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Ausschuss denGesetzentwurf unverändert angenommen hat, wird auf diejeweilige Begründung in der Drucksache 14/8527, S. 40 ff.verwiesen.

Zu Artikel 1
Zu § 11 Abs. 3
Klarstellung des Gewollten (Festnahme und Überstellung
sind betroffen).
Zu § 14 Abs. 2 Satz 3
Die ausdrückliche Belehrung, sich wegen des Haftbefehls
des IStGH an diesen selbst wenden zu können, erscheint im
Hinblick auf die ausdrückliche Regelung hierzu in Regel
117 Abs. 3 VBO angezeigt; aus klarstellenden Gründen er-
folgt auch die Bezugnahme auf § 41 Abs. 5 Satz 1 über den
ungehinderten und freien Verkehr mit dem Gerichtshof.
Zu § 17 Satz 4
Redaktionelle Klarstellung.
Zu § 31 Abs. 2
Redaktionelle Klarstellung zur Ausräumung möglicher
Missverständnisse (zuständig ist das Oberlandesgericht,
nicht das Amtsgericht).
Zu § 49 Abs. 3
Klarstellung des Gewollten entsprechend § 59 Abs. 2 des
Gesetzes.
Zu § 54 Satz 1 Nr. 3
Redaktionelle Klarstellung.
Zu § 68 Abs. 1
Übernahme des Vorschlags des Bundesrates.
Zu § 70
Durch die Änderung soll der Stellung der Parlamente durch
eine weitreichendere Unterrichtungspflicht mit Eingehen ei-
nes Ersuchens des IStGH Rechnung getragen werden, das
auf Überstellung eines Abgeordneten gerichtet ist oder das
Rechtshilfehandlungen betrifft, die sich auf einen Abgeord-
neten oder die Räume des Parlaments (vgl. z. B. Artikel 40
Abs. 2 GG) beziehen.
Zu Artikel 3
Ergänzung der notwendigen Folgeänderungen in § 456a
StPO.
Zu Artikel 11 Nr. 2
Redaktionelle Klarstellung zu § 106 Abs. 2 Satz 2.
Zu Artikel 12 Nr. 1 Buchstabe b
Übernahme des Vorschlags des Bundesrates zur Kosten-
regelung; Klarstellung des Gewollten.

Berlin, den 24. April 2002
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)
Berichterstatter

Dr. Norbert Röttgen
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Dr. Evelyn Kenzler
Berichterstatterin

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